A2160/90 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
1. Die beklagte Partei ist schuldig, dem Kläger den Betrag von
S 3.240,-- samt 4 % Zinsen von S 5.040,-- vom 15. Juni 1990 bis zum 31. Juli 1990 und 4 % Zinsen von S 3.240,-- seit dem 1. August 1990 sowie die mit S 2.710,59 bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
3. Die Einrede der Gegenforderung von S 3.240,-- wird zurückgewiesen.
Entscheidungsgründe:
1. Der Kläger begehrte mit einer beim Verfassungsgerichtshof am 5. Juli 1990 eingelangten, auf Art137 B-VG gestützten Klage vom Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) zunächst die Rückzahlung von zu Unrecht entrichteten Geldstrafen samt Verfahrenskosten in der Höhe von insgesamt S 6.620,-- zuzüglich 4 % Zinsen seit dem 15. Juni 1990 sowie den Ersatz der Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens. Begründet wurde diese Klage damit, der Verwaltungsgerichtshof habe mit Erkenntnis vom 2. April 1990, Zl. 90/19/0071, den angefochtenen Bescheid hinsichtlich zahlreicher, näher bezeichneter Fakten teils wegen Gesetzwidrigkeit des Inhalts des angefochtenen Bescheides, teils wegen relevanter Verfahrensmängel aufgehoben. Die Aufforderung zur Rückzahlung der zu Unrecht entrichteten Strafen sei mit dem der Klage in Kopie angeschlossenen Schreiben vom 30. Mai 1990 mit Fristsetzung von 2 Wochen erfolgt.
Mit Schriftsatz vom 21. August 1990 gab der Kläger bekannt, daß ein Teilbetrag von S 1.800,-- am 31. Juli 1990 bezahlt worden sei; er schränkte das Klagebegehren auf S 4.820,-- samt 4 % Zinsen aus S 6.620,-- vom 15. Juni 1990 bis 31. Juli 1990 und 4 % Zinsen aus S 4.820,-- seit 1. August 1990 ein; ferner wurden zusätzliche Kosten des verfassungsgerichtlichen Verfahrens begehrt.
2. Der Bund (Bundesminister für Arbeit und Soziales) als beklagte Partei beantragt mit der Begründung die Abweisung der Klage, aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes vom 2. April 1990 habe die Berufungsbehörde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt und den Ersatzbescheid vom 13. Juli 1990, Zl. 5-212 Ri 9/23-89, erlassen, mit welchem der Berufung des Klägers dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens teils keine Folge gegeben, teils jedoch Folge gegeben und das Strafverfahren eingestellt worden sei; die Berufungsbehörde habe dem Kläger die Zahlung einer Strafe sowie Verfahrenskosten von insgesamt S 6.720,-- vorgeschrieben (eingerechnet sind dabei auch jene Strafen zuzüglich Verfahrenskosten, hinsichtlich derer der Verwaltungsgerichtshof den zunächst erlassenen Berufungsbescheid bestätigt hatte). Der Kläger sei somit aufgrund eines gültigen Rechtstitels zur Bezahlung des genannten Betrages verpflichtet. Die "Überzahlung" gegenüber dem zunächst verhängten Strafbetrag samt Verfahrenskosten von
S 8.520,-- sei durch die Rücküberweisung von S 1.800,-- weggefallen. In einem Verfahren nach Art137 B-VG sei dem Verfassungsgerichtshof keine Möglichkeit gegeben, einen rechtskräftigen Bescheid zu beheben oder unbeachtet zu lassen.
3. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige (vgl. VfSlg. 8666/1979, 8812/1980, 9498/1982, 10.497/1985, 10.498/1985, 10.990/1986) - Klage erwogen:
3.1. Der Klagsanspruch besteht dem Grunde nach zu Recht.
3.1.1. Daß dieser Anspruch aufgrund des aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an sich bestanden hat, bestreitet auch die beklagte Partei nicht. Sie vermeint jedoch, dieser sei durch die Erlassung des - letztinstanzlichen und auch rechtskräftigen - Ersatzbescheides und durch die Rückerstattung eines Teilbetrages von S 1.800,-- insgesamt weggefallen.
3.1.2. Die damit der Sache nach von der beklagten Partei geltend gemachte Einrede von Gegenforderungen ist aber unzulässig. Dieser Einrede liegt nämlich der Ersatzbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 13. Juli 1990, Zl. 5-212 Ri 9/23-89, zu Grunde, mit welchem der seinerzeitigen Berufung des Klägers dieses verfassungsgerichtlichen Verfahrens teilweise keine Folge gegeben worden ist. Bei den durch diesen Ersatzbescheid verhängten Verwaltungsstrafen handelt es sich aber um vermögensrechtliche Ansprüche, die durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind und, wie dargetan, auch schon erledigt wurden. Eine Zuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes gemäß Art137 B-VG zur Entscheidung über diese Ansprüche ist deshalb nicht gegeben (s. VfSlg. 8954/1980). Die Einrede der Gegenforderung war deshalb zurückzuweisen.
3.2. Der Klagsanspruch besteht mit S 3.240,-- zu Recht:
3.2.1. Der Kläger begehrte zunächst die Zahlung von S 6.620,--, welchen Betrag er dadurch errechnete, daß er von dem ursprünglich bezahlten Betrag (Strafen und Verfahrenskosten zweier Instanzen) von S 8.520,-- jene Beträge abzog, hinsichtlich derer nach seiner Meinung durch das mehrfach bezogene aufhebende Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes der Rechtstitel zugunsten der beklagten Partei weggefallen war. Aus der Zahlungsaufforderung des Klägers vom 30. Mai 1990 ergibt sich, daß dieser vermeint, die rechtskräftig verhängten Geldstrafen reduzierten sich auf insgesamt S 1.900,--, Verfahrenskosten nach §64 VStG würden nicht angefallen sein.
Dem hält die beklagte Partei zutreffend entgegen, daß die Berechnung des Strafbetrages von S 1.900,-- auf einem Rechenfehler des Klägers beruhe. Durch das mehrfach genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes wurde der angefochtene Berufungsbescheid nämlich insoferne bestätigt, als dieser die Spruchpunkte 3)a), 5)b), 6)b), 5)c) und 8)c) des erstinstanzlichen Strafbescheides aufrecht erhalten hatte. Damit aber waren Strafen in der Höhe von S 2.900,-- verhängt worden.
Ferner wendet die beklagte Partei im Ergebnis zu Recht ein (verfehlt ist allerdings die Bezugnahme auf den Ersatzbescheid des Landeshauptmannes der Steiermark, der eine abermalige Bestrafung auch hinsichtlich jener Fakten ausspricht, hinsichtlich derer der Verwaltungsgerichtshof den seinerzeitigen Berufungsbescheid bestätigt hatte), daß der Verwaltungsgerichtshof den angefochtenen Bescheid hinsichtlich der genannten Fakten auch bezüglich der Verfahrenskosten erster und zweiter Instanz bestätigt hat. Die klagende Partei ist danach schon seinerzeit durch rechtskräftigen Bescheid dazu verhalten worden, S 2.900,-- zuzüglich zweimal S 290,-- an Verfahrenskosten, insgesamt also S 3.480,-- zu bezahlen.
Zieht man diesen Betrag von dem ursprünglich vom Kläger einbezahlten Betrag von S 8.520,-- ab, bestand der Klagsanspruch zunächst in der Höhe von S 5.040,-- zu Recht.
3.2.2. Am 31. Juli 1990 wurde der klagenden Partei, zuhanden ihres Rechtsvertreters, der Betrag von S 1.800,-- angewiesen; die Höhe dieses Betrages errechnete die beklagte Partei unter - unzulässiger (vgl. dazu oben 3.1.2.) - Berücksichtigung des Ersatzbescheides des Landeshauptmannes der Steiermark. Daraufhin schränkte der Kläger das Klagebegehren auf S 4.820,-- (S 6.620,-- minus S 1.800,--) ein. Wie sich aus 3.2.1. ergibt, hatte demgegenüber die klagende Partei zunächst einen Anspruch auf S 5.040,--. Abzüglich des überwiesenen Betrages von S 1.800,-- waren ihr deshalb S 3.240,-- zuzusprechen.
Das Mehrbegehren war abzuweisen.
3.3. Auch ein Anspruch auf Zinsen ist gegeben.
Er tritt bei der Rückzahlung einer eingehobenen Geldstrafe, deren Titel durch ein nachfolgendes Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes weggefallen ist, mit dem Zeitpunkt ein, für den die Rückgängigmachung der Vermögensverschiebung begehrt wurde (s. VfSlg. 8954/1980, 10.496/1985, 10.499/1985, VfGH 11. Juni 1990, A1945/90 uva.).
Aus den vorgelegten Verwaltungsakten ebenso wie aus der der Klage angeschlossenen Beilage ergibt sich, daß die klagende Partei den beklagten Bund mit Schriftsatz vom 30. Mai 1990 aufforderte, binnen zwei Wochen die Überzahlung zurückzuzahlen.
Angesichts der - nicht bestrittenen - Angemessenheit der vom Kläger gesetzten Frist (vgl. VfSlg. 10.496/1986, 10.990/1986) waren antragsgemäß demnach dem Kläger die gesetzlichen Zinsen von 4 % ab dem 15. Juni 1990 bis zum 31. Juli 1990, allerdings nur von S 5.040,-- ebenso zuzusprechen wie seit dem 1. August 1990 hinsichtlich des Klagsanspruches von S 3.240,--.
3.4. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §41 VerfGG iVm.
§43 Abs1 ZPO und §35 VerfGG. In dem zugesprochenen Betrag sind S 405,96 an Umsatzsteuer und S 274,80 für den Ersatz der Barauslagen enthalten.
3.5. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VerfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.