WI-4/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Die Wahlanfechtung wird zurückgewiesen.
II. Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
III. Der Antrag auf Abtretung an den Verwaltungsgerichtshof wird zurückgewiesen.
Begründung:
1.1.1. Am 28. September 2008 fand die von der Bundesregierung durch Verordnung gemäß §1 Abs2 der Nationalrats-Wahlordnung 1992, BGBl. 471/1992 idF BGBl. I 28/2007, ausgeschriebene Wahl zum Nationalrat statt.
1.1.2. Das endgültige Ergebnis der Nationalratswahl wurde von der Bundeswahlbehörde am 17. Oktober 2008 festgestellt.
1.2.1. Mit wortidenten Eingaben vom 13. Oktober 2008 und 24. Oktober 2008 stellen die Anfechtungswerber - im Wesentlichen - den Antrag, die Nationalratswahl 2008 für ungültig zu erklären.
1.2.2. Zur "Beschwerdelegitimation" bringen die Anfechtungswerber Folgendes vor:
"Aus dem gültigen Rechtssatz zu WI-15/86 (RIS-Justiz) ergibt sich die Anfechtungslegitimation, denn eine rechtswirksame Einbringung des Wahlvorschlages ist nicht erforderlich. Nach §67 Abs2 VfGG 1953 idF der Novelle BGBl. 1958/18 sind zur Anfechtung der Wahl grundsätzlich jene Wählergruppen berechtigt, die der Wahlbehörde rechtzeitig Wahlvorschläge vorlegten. Dazu nimmt der Verfassungsgerichtshof seit dem Erk. VfSlg. 4992/1965 in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt ein, daß die Anfechtungslegitimation, jedenfalls soweit die Frage der Gültigkeit des eingereichten Wahlvorschlags das Ergebnis der Wahlanfechtung - wie hier - mitbestimmt, nicht zusätzlich davon abhängt, ob dieser Vorschlag rechtswirksam eingebracht wurde (so VfSlg. 7387/1974, 10217/1984; siehe auch VfSlg. 6087/1969, 10.178/1984)."
Weiters wird zur Person des Erstanfechtungswerbers noch Folgendes vorgebracht:
"Als laut Vereinsregister aktives und vereinsregistriertes
Organ (Kassier) des "Unterstützungsvereins ... und passiver
Wahlwerber hat der Beschwerdeführer 1 seine Unterstützungserklärung
eingereicht. Damit verweigert die MA 62 nachweislich einem NRW-
(passivem) Wahlwerber, seine eigene Wahlgruppierung ... zu
unterstützen."
1.3. Mit Schreiben vom 10. Februar 2009 teilte das Bundesministerium für Inneres (im Folgenden: BMI) dem Verfassungsgerichtshof mit, dass bei der Nationalratswahl 2008 weder ein Bundeswahlvorschlag noch - in einem der neun Landeswahlkreise - ein Landeswahlvorschlag eingebracht worden ist, der auf die Bezeichnung "Elite humanes Recht" (im Folgenden: EhRe) gelautet hat.
3.1. Die Wahlanfechtung ist unzulässig:
Gemäß §67 Abs2 Satz 2 VfGG sind nur solche Wählergruppen (Parteien) zur Anfechtung berechtigt, die bei einer durch die Wahlordnung vorgeschriebenen Wahlbehörde Wahlvorschläge für die angefochtene Wahl rechtzeitig vorgelegt haben, und zwar durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter. Nach dem letzten Satz der genannten Bestimmung ist darüber hinaus auch der Wahlwerber berechtigt eine Wahlanfechtung einzubringen, der behauptet, dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt worden sei.
Der Erstanfechtungswerber bringt weder vor, dass er ein zustellungsbevollmächtigter Vertreter einer Wählergruppe, noch dass ihm die Wählbarkeit im Wahlverfahren rechtswidrig aberkannt worden sei.
Die Zweitanfechtungswerberin EhRe hat - wie sich aus dem Schreiben des BMI ergibt - keinen Wahlvorschlag eingebracht. Zur Sicherung des Rechts auf Wahlanfechtung hätte die Zweitanfechtungswerberin ihr Interesse, an dieser Wahl als kandidierende Wählergruppe teilzunehmen, durch Einbringung eines Wahlvorschlages bekunden müssen, um die Richtigkeit ihrer Rechtsauffassung in einem Wahlanfechtungsverfahren nachprüfen lassen zu können; die Einbringung eines Wahlvorschlages ist jedenfalls eine unabdingbare Anfechtungsvoraussetzung (VfSlg. 13.174/1992). Soweit die anfechtenden Parteien in ihren Ausführungen auf die im Punkt 1.2.2. zitierten Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes verweisen, ist darauf hinzuweisen, dass all diesen Sachverhalten gemeinsam war, dass die anfechtenden Parteien bei der Wahlbehörde einen Wahlvorschlag rechtzeitig vorgelegt haben, welcher dann - mangels ausreichender Unterstützungserklärungen - zurückgewiesen wurde. Dieses entscheidende Sachverhaltselement liegt bei der Zweitanfechtungswerberin eben gerade nicht vor.
Die Anfechtungswerber sind daher zur Anfechtung allein schon aus diesem Grund nicht legitimiert (vgl. VfSlg. 11.875/1988, 16.477/2002, 18.009/2006). Ihre Wahlanfechtung war folglich zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage des Vorliegens der sonstigen Prozessvoraussetzungen einzugehen war.
4. Damit erweist sich die von den Antragstellern angestrebte Rechtsverfolgung als offenbar aussichtslos, sodass ihr unter einem mit der Beschwerde gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG abzuweisen war.
5. Der Antrag auf Abtretung der "Beschwerde" an den Verwaltungsgerichtshof musste zurückgewiesen werden, da Art144 Abs3 B-VG (vgl. §87 Abs3 VfGG) nur die Abtretung einer Beschwerde, nicht aber einer Wahlanfechtung vorsieht.
6. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und e VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.