JudikaturVfGH

U660/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. April 2009

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer - ein 1982 geborener Staatsangehöriger von Algerien - reiste illegal nach Österreich ein und stellte am 25. März 2008 einen Antrag auf internationalen Schutz. Diesen begründete er anlässlich der Befragung vor dem Stadtpolizeikommando Schwechat im Wesentlichen damit, dass er befürchte, in seinem Herkunftsstaat von Terroristen und Islamisten umgebracht zu werden. Aus diesem Grund habe er sich entschlossen, in die Ukraine zu fahren, um dort zu studieren. Im Rahmen der Einvernahmen vor dem Bundesasylamt gab er an, dass zwei seiner Cousins Terroristen seien und ihm gedroht hätten, ihn zu töten, wenn er den Militärdienst antrete. Drei Freunde seien nach seiner Ausreise festgenommen worden. Als Ausreisegrund äußerte er auch den Wunsch, im Ausland zu studieren.

2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes (im Folgenden: BAA) vom 12. August 2008 wurde der Antrag auf internationalen Schutz gemäß §3 Abs1 AsylG 2005 abgewiesen. Der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Algerien wurde dem Beschwerdeführer gemäß §8 Abs1 Z1 AsylG 2005 nicht zuerkannt; unter einem wurde er gemäß §10 Abs1 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Algerien ausgewiesen.

3. Die dagegen erhobene Beschwerde vom 26. August 2008 wurde mit der nunmehr angefochtenen Entscheidung des Asylgerichtshofes (im Folgenden: AsylGH) vom 9. September 2008 gemäß §§3 Abs1, 8 Abs1 Z1 und 10 Abs1 Z2 AsylG 2005 abgewiesen. Eine mündliche Verhandlung wurde nicht durchgeführt. In seinem Erkenntnis verweist der AsylGH in drei einleitenden Absätzen auf den bisherigen Verfahrensgang und fasst den Bescheid des BAA sowie die dagegen erhobene Beschwerde rudimentär zusammen.

Daran anschließend folgen die Erwägungen des AsylGH:

"A. Gemäß §75 Abs7 AsylG 2005 (in der Folge: AsylG) hat über die Berufung, die gemäß §23 AsylGHG nunmehr als Beschwerde zu gelten hat, der Asylgerichtshof zu entscheiden; da keine der in §61 Abs3 AsylG angeführten Ausnahmen vorliegt, hat der Asylgerichtshof in einem Senat von zwei Richtern zu entscheiden.

Gemäß §3 Abs1 AsylG hat die Behörde einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art1 Abschnitt A Z2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht. Der Status eines Asylberechtigten ist einem Fremden zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass die Voraussetzungen des Art1 Abschnitt A Z2 der Genfer Flüchtlingskonvention vorliegen.

Diese liegen vor, wenn sich jemand aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, der Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen. Ebenso liegen die Voraussetzungen bei Staatenlosen, die sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthalts befinden und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt sind, in dieses Land zurückzukehren. Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist die 'begründete Furcht vor Verfolgung'. Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn in objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat, eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine 'Verfolgungsgefahr', wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthalts zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr dar, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist.

Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 12.08.2008, FZ. 08 02.727-BAE, die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides.

Der Beweiswürdigung wurde nicht substantiiert entgegengetreten, weshalb von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Asylgerichtshof abgesehen werden konnte, da der maßgebende Sachverhalt durch die Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt war (vgl. §41 Abs7, 1. Fall AsylG). Angemerkt wird, dass sich aufgrund des vorliegenden erstinstanzlichen Verwaltungsaktes, insbesondere der Niederschrift der erstinstanzlichen Einvernahme vom 28.03.2008, keine Bedenken an der ordnungsgemäßen Protokollierung der Aussagen des Beschwerdeführers ergeben und der Beschwerdeführer eigenhändig bestätigt hat, dass er den beigezogenen Dolmetscher einwandfrei verstanden und nach Rückübersetzung dieser Einvernahme nichts mehr hinzuzufügen oder abzuändern habe (siehe Seite 49 des erstinstanzlichen Aktes). Demnach sind die Rechtfertigungsversuche des Beschwerdeführers, wonach er bei der niederschriftlichen Einvernahme am 28.03.2008 Verständigungsprobleme mit dem Dolmetscher und er Angst vor dem Dolmetscher gehabt habe, weil ihn dieser unter Druck gesetzt habe, er immer auf sein Studium angesprochen worden und deswegen verwirrt gewesen sei, nicht geeignet, die aufgetretenen zahlreichen sowie gravierenden Widersprüche und das gesteigerte bzw. ergänzende Vorbringen zu entkräften bzw. plausibel erscheinen zu lassen.

Es liegt sohin mangels Glaubwürdigkeit des Vorbringens keine Verfolgung aus den in §3 Abs1 AsylG 2005 erwähnten Verfolgungsgründen des Art1 Abschn. A Z2 der GFK (Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen der politischen Gesinnung) vor.

Demnach war der Berufung auch hinsichtlich der Entscheidung betreffend den Status des Asylberechtigten der Erfolg zu versagen.

B. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten einem Fremden zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art2 EMRK, Art3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Gemäß §8 Abs1 AsylG 2005 ist der Status des subsidiär Schutzberechtigten demnach insbesondere dann zuzuerkennen - und die Rückschiebung eines Fremden folglich unzulässig - wenn dieser dadurch der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen würde (Art3 EMRK), wenn sein Recht auf Leben verletzt würde (Art2 EMRK) oder ihm die Vollstreckung der Todesstrafe drohen würde (Art1 des 13. Zusatzprotokolls zur EMRK).

Zu §8 AsylG 2005 kann die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu §8 Abs1 AsylG 1997 iVm §57 Fremdengesetz 1997 als Auslegungsbehelf herangezogen werden. Nach dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat der Antragsteller das Bestehen einer aktuellen, durch staatliche Stellen zumindest gebilligten Bedrohung der relevanten Rechtsgüter glaubhaft zu machen, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffender, durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerter Angaben darzutun ist (VwGH 26.6.1997, Zl. 95/18/1293, VwGH 17.7.1997, Zl. 97/18/0336). Voraussetzung für das Vorliegen einer relevanten Bedrohung ist sohin auch in diesem Fall, dass eine von staatlichen Stellen zumindest gebilligte oder nicht effektiv verhinderbare Bedrohung der relevanten Rechtsgüter vorliegt oder dass im Heimatstaat des Asylwerbers keine ausreichend funktionierende Ordnungsmacht mehr vorhanden ist und damit zu rechnen wäre, dass jeder dorthin abgeschobene Fremde mit erheblicher Wahrscheinlichkeit der in §50 Abs1 FPG umschriebenen Gefahr unmittelbar ausgesetzt wäre (vgl. VwGH 95/21/0294 vom 26.6.1997). Unter 'außergewöhnlichen Umständen' (z.B. fehlende medizinische Behandlung bei lebensbedrohender Erkrankung) können auch von den Behörden des Herkunftsstaates nicht zu vertretende lebensbedrohende Ereignisse ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art3 EMRK iVm §8 Abs1 AsylG darstellen (Urteil des EGMR in D vs. Vereinigtes Königreich vom 2.5.1997). Eine aktuelle konkrete gegen seine Person gerichtete Bedrohung im Sinne von §8 Abs1 Z1 AsylG 2005 konnte der Berufungswerber nicht glaubhaft machen.

Es besteht auch kein Hinweis auf 'außergewöhnliche Umstände' (lebensbedrohende Erkrankung oder dergleichen), die eine Abschiebung im Sinne von Art3 EMRK und §8 Abs1 AsylG 2005 unzulässig machen könnten. In Algerien herrscht keine Bürgerkriegssituation und hat der Beschwerdeführer im Übrigen weder eine lebensbedrohende Erkrankung noch einen sonstigen auf seine Person bezogenen 'außergewöhnlichen Umstand' behauptet oder bescheinigt, der ein Abschiebungshindernis im Sinne von Art3 EMRK iVm §8 Abs1 AsylG 2005 darstellen könnte. Es besteht auch kein Anhaltspunkt, dass der arbeitsfähige und gesunde Beschwerdeführer im Fall der Rückführung in eine aussichtslose Situation geraten könnte. Es sind auch keine Bürgerkriegsgefahren im Sinne von §8 Abs1 letzter Satzteil AsylG 2005 ersichtlich.

Die Berufung erweist sich sohin auch hinsichtlich des Ausspruches über die Nichtgewährung des Status des subsidiär Schutzberechtigten als nicht berechtigt. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid bezüglich der Refoulement-Entscheidung vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides. Es sind keine Umstände amtsbekannt, dass in Algerien landesweit eine solche extreme Gefährdungslage bestünde, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Art3 EMRK ausgesetzt wäre.

C. Auch die gemäß §10 Abs1 Z2 AsylG verfügte Ausweisung erweist sich als rechtsrichtig. Die in §10 Abs2 AsylG normierten Ausnahmetatbestände liegen nicht vor. Es ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer über kein nicht auf das Asylgesetz gestütztes Aufenthaltsrecht verfügt. Es wurde vom Beschwerdeführer keine besondere Beziehungsintensität im Sinne eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einer in Österreich lebenden Person behauptet. Die Ausweisung stellt daher keinen ungerechtfertigten Eingriff in das durch Art8 EMRK gewährleistete Recht auf Familienleben dar.

Es sind auch keine Umstände hervorgekommen, die auf eine besondere Integration des Beschwerdeführers in Österreich hindeuten. Der Beschwerdeführer ist erst seit kurzer Zeit in Österreich aufhältig. Selbst wenn man davon ausgeht, dass die nunmehrige Ausweisung einen Eingriff in Art8 Abs1 EMRK darstellt, so gelangt die erkennende Behörde im Hinblick auf diese Umstände (kein Anhaltspunkt für besondere Integration, erst kurzer Aufenthalt) doch zum Ergebnis, dass die in Art8 Abs2 EMRK angeführten öffentlichen Interessen an der Aufenthaltsbeendigung, insbesondere das wirtschaftliche Wohl des Landes (Verhinderung ungeordneter Zuwanderung) die Interessen des Beschwerdeführers am weiteren Verbleib überwiegen, dies auch deshalb, weil dem Beschwerdeführer bewusst sein musste, dass er nur über eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung für Asylwerber verfügt und das Land im Falle einer negativen Verfahrensbeendigung zu verlassen hat.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint (§41 Abs7, 1. Fall AsylG).

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden."

4. Gegen diese Entscheidung des AsylGH richtet sich die vorliegende, auf Art144a B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt wird.

5. Der AsylGH hat als belangtes Gericht die Verfahrensakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der er dem Beschwerdevorbringen entgegentritt und beantragt, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt unter anderem vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhalts (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mwN, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des AsylGH gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

2. Ein solches willkürliches Verhalten ist dem belangten AsylGH vorzuwerfen:

2.1. Gemäß §23 Abs1 AsylGHG sind, soweit sich aus dem AsylG 2005 nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem AsylGH die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Nach §60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Wie der Verfassungsgerichtshof bereits in seinen Erkenntnissen vom 7. November 2008, U67/08, und vom 3. Dezember 2008, U131/08, ausgeführt hat, ist der AsylGH - ungeachtet der sinngemäßen Anwendbarkeit des AVG - nicht als Berufungsbehörde eingerichtet. Anders als die Unabhängigen Verwaltungssenate und insbesondere noch der Unabhängige Bundesasylsenat ist der AsylGH nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Gericht; anders als die Bescheide jener Behörden unterliegen seine Entscheidungen nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.

Bereits aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die zu §67 iVm §60 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt ihrer Entscheidung zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (zB VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 24.11.1999, 99/01/0280; 8.3.1999, 98/01/0278; 25.3.1999, 98/20/0559; 30.11.2000, 2000/20/0356), auf Entscheidungen eines Gerichtshofes nicht übertragbar ist.

Mag eine entsprechende Verweisung auf unterinstanzliche Bescheide in Bescheiden von Berufungsbehörden noch im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen sein, so ist diese Begründungstechnik dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die verweisende Entscheidung von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches überdies seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt.

2.2. Wenn der AsylGH die Begründung des bei ihm angefochtenen Bescheides im Wege der Verweisung zum Inhalt seiner eigenen Entscheidung macht, so kommt er nicht nur den Anforderungen des §60 AVG nicht nach, sondern entspricht er auch den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung nicht. Zwar ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung der Bescheide der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichthof möglich ist (vgl. VfSlg. 17.901/2006, 18.000/2006).

2.3. In der angefochtenen Entscheidung hat der belangte AsylGH nicht selbst den Anforderungen des §60 AVG entsprochen, sondern zunächst nur die Begründung des BAA mit den Worten des §60 AVG qualifiziert und erklärt:

"Das Bundesasylamt hat in der Begründung des Bescheides vom 12.08.2008 ... die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage hinsichtlich der behaupteten Flüchtlingseigenschaft klar und übersichtlich zusammengefasst und den rechtlich maßgeblichen Sachverhalt in völlig ausreichender Weise erhoben. Der Asylgerichtshof schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Bescheides."

Darüber hinaus wird - nach Darstellung der maßgeblichen Rechtslage und einem kursorischen Hinweis auf das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerde an den AsylGH - im Wesentlichen ausgeführt, dass die Rechtfertigungsversuche des Beschwerdeführers nicht geeignet seien, "die aufgetretenen zahlreichen sowie gravierenden Widersprüche und das gesteigerte bzw. ergänzende Vorbringen zu entkräften bzw. plausibel erscheinen zu lassen", ohne dass ersichtlich ist, welcher Sachverhalt dieser Beurteilung zugrunde liegt.

Die Begründung ist insgesamt mangels hinreichender Darstellung des Sachverhalts und angesichts dessen, dass sich die Wiedergabe der Begründung des Bescheides des BAA auf einen - das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers nicht umfassenden - Absatz beschränkt, nicht in einer Weise nachvollziehbar, dass dem Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und dem rechtsstaatlichen Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen entsprochen ist.

3. Die Entscheidung war daher aufzuheben.

III. 1. Die Kostenentscheidung stützt sich auf §88a iVm §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von € 400,-

enthalten. Das darüber hinaus gehende Mehrbegehren war nicht zuzusprechen, weil der - mit Wirksamkeit vom 1. Juli 2008 erhöhte - Pauschalsatz die regelmäßig anfallenden Kosten abdeckt und ein Einheitssatz für Nebenleistungen iSd §23 RATG im Verfahren nach Art144a B-VG nicht vorgesehen ist.

2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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