JudikaturVfGH

U544/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
28. April 2009

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.380,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

I. 1. Der Beschwerdeführer, ein 1973 geborener indischer Staatsangehöriger, stellte am 18. Dezember 2005 einen Asylantrag, den das Bundesasylamt mit Bescheid vom 1. August 2007 abwies. Es erklärte die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Indien für zulässig und wies den Asylwerber aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Indien aus.

2. Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 15. September 2008 gemäß §§7 und 8 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (im Folgenden: AsylG 1997), abgewiesen.

In den Entscheidungsgründen wird zunächst auf das Vorbringen des Beschwerdeführers eingegangen, indem die anlässlich der Ersteinvernahme am 29. Dezember 2005 niederschriftlich festgehaltenen Angaben des Beschwerdeführers zu den Fluchtgründen in direkter Rede wiedergegeben werden, und mit folgendem Absatz abgeschlossen:

"Am 01.08.2007 fand vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, eine weitere Einvernahme des Beschwerdeführers statt. Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.08.2007, Z (...), richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird."

Danach nimmt der Asylgerichtshof Bezug auf den Bescheid des Bundesasylamtes und gibt in indirekter Rede wesentliche Teile der Begründung wieder:

"Begründend führte das Bundesasylamt im Wesentlichen aus, das Vorbringen des Asylwerbers sei als unglaubwürdig zu qualifizieren. Der Asylwerber habe weder Beweismittel zum Nachweis seiner Identität noch zu den Sachverhalten, auf die er seinen Asylantrag stütze, beigebracht. Es stehe außer Zweifel, dass dies im Falle Indiens logistisch ohne Weiteres möglich und dem Asylwerber auch zumutbar gewesen wäre. Die diesbezüglich mangelnde Mitwirkung des Asylwerbers an der Wahrheitsfindung werfe bereits erste Schatten auf die Glaubwürdigkeit des Vorbringens. Vor der Erstaufnahmestelle sei der Beschwerdeführer zumindest noch ansatzweise in der Lage gewesen, sein an sich stereotypes Vorbringen durch lose Aneinanderreihung von einzelnen Geschehnissen und Nennung von Daten zu manifestieren. Bei der späteren Befragung vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, sei jedoch der zwingende Eindruck entstanden, dem Asylwerber seien die wenigen - vor der Erstaufnahmestelle noch vorgetragenen - Anhaltspunkte seiner Geschichte beinahe vollends entfallen. In keiner Phase der Befragung sei er mehr in der Lage gewesen konkrete, detaillierte und differenzierte Angaben zum Sachverhalt darzulegen. Die Befragung sei mühsam gewesen, da der Beschwerdeführer von sich aus kaum dazu beigetragen habe einen konkreten Sachverhalt zu erarbeiten und die ihm gestellte Fragen nur stereotyp beantwortet habe. So seien nach beinahe jeder Nachfrage Widersprüche aufgetreten.

Beispielsweise habe der Asylwerber vor der Erstaufnahmestelle geschildert, sich im Juli 2005 von seinem Heimatdorf aus auf Wanderschaft durch viele Städte und Bundesstaaten begeben zu haben (Haryana, Andaur, Tulisahib, Bombay, Rajastan, Bikaner), ehe er zuletzt im November 2005 von New Delhi ausgereist sei. Widersprüchlich dazu habe er vor dem Bundesasylamt, Außenstelle Wien, auf die Frage hin, wo er sich vor seiner Ausreise aufgehalten habe, lediglich angegeben, er sei nach New Delhi gefahren, habe dort einen Monat zugebracht und habe dann das Land verlassen.

Auch in Bezug auf seinen Reisepass seien Widersprüche aufgetreten. So habe der Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt angegeben, dieser sei vor etwa 5 Jahren ausgestellt worden, sei ihm jedoch vom Schlepper in New Delhi abgenommen worden. Davor jedoch habe er ausgesagt, sein Reisepass sei vor über 10 Jahren ausgestellt und zum Zeitpunkt der geplanten Ausreise bereits abgelaufen gewesen. Aus diesem Grund habe der Schlepper neue Papiere besorgen müssen.

Weiters habe der Beschwerdeführer bei seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Erstaufnahmezentrum Ost am 29.12.2005 den Ort des Geschehens, wo es zu Problemen mit der Polizei gekommen sei, nach Amritsar verlegt, während er vor dem Bundesasylamt am 01.08.2007 angegeben habe, die Demonstrationen und die daraus resultierenden Probleme seinen in Mehta gewesen. Zwar habe er über Vorhalt angegeben, Mehta liege nur 10 bis 15 Kilometer von Amritsar entfernt und gehöre zum Verwaltungsbezirk Amritsar. Trotzdem stelle sich die Frage, warum der Beschwerdeführer dann nicht gleich bei der Erstbefragung Mehta angegeben habe.

Auf die Frage hin, warum ein einfacher Landwirt, der lediglich die Grundschule besucht habe, überhaupt dazu käme, sich für die Studentenvereinigung AISSF zu engagieren - dies habe er vor der Erstaufnahmestelle ausgesagt - sei der Asylwerber sofort dahingehend ausgewichen, für die Akali Dal und nicht für die AISSF tätig gewesen zu sein.

Aus dem Zusammenhalt des gesamten Vorbringens sei die Feststellung zu treffen, dass es sich bei der Schilderung der behaupteten Geschehnisse um ein vollkommen vages, formularmäßig vorgetragenes und auf keinerlei Beweismittel gestütztes Gedankengebäude handle, bei dem sich jeweils auf Nachfrage hin umgehend Widersprüche und Ungereimtheiten auftaten und welches augenscheinlich keine Basis in der erlebten Wirklichkeit des Lebens des Asylwerbers hatte. Der Asylwerber habe keine begründete Furcht vor Verfolgung glaubhaft machen können."

Schließlich geht der Asylgerichtshof auf die "Berufung" des Beschwerdeführers ein und gibt die darin enthaltenen Ausführungen in indirekter Rede wieder.

Die rechtlichen Erwägungen des Asylgerichtshofes lauten wie folgt:

"Gemäß §75 Abs7 des Asylgesetzes 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 idF BGBl. I Nr. 4/2008 (AsylG 2005) sind Verfahren, die am 1. Juli 2008 beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig sind, vom Asylgerichtshof weiterzuführen.

Gemäß §23 des Asylgerichtshofgesetzes, BGBl. 14/2008 (AsylGHG), sind, soweit sich aus dem Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, dem Asylgesetz 2005 - AsylG 2005, BGBl. I Nr. 100, und dem Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, nicht anderes ergibt, auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt.

Gemäß §75 Abs1 AsylG 2005 sind alle am 31. Dezember 2005 anhängigen Verfahren nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen. Da das gegenständliche Verfahren zu obgenanntem Zeitpunkt anhängig war, ist es sohin nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997 zu Ende zu führen.

Gemäß §44 Abs2 des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 idF BGBl. I Nr. 101/2003 (AsylG 1997) werden Asylanträge, die ab dem 1. Mai 2004 gestellt wurden, nach den Bestimmungen des Asylgesetzes 1997, BGBl. I Nr. 76/1997, in der jeweils geltenden Fassung geführt.

Flüchtling im Sinne des AsylG 1997 ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die 'begründete Furcht vor Verfolgung'. Die begründete Furcht vor Verfolgung liegt dann vor, wenn objektiver Weise eine Person in der individuellen Situation des Asylwerbers Grund hat eine Verfolgung zu fürchten. Verlangt wird eine 'Verfolgungsgefahr', wobei unter Verfolgung ein Eingriff von erheblicher Intensität in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen ist, welcher geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorherigen Aufenthalts zu begründen. Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen haben und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb 'ihres Heimatlandes bzw. des Landes ihres vorherigen Aufenthaltes' befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein. Zurechenbarkeit bedeutet nicht nur ein Verursachen, sondern bezeichnet eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr. Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung vorliegen muss. Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen stellen im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende pro futuro zu erwartende Verfolgungsgefahr dar.

Gemäß §8 Abs1 AsylG hat die Behörde im Falle einer Abweisung eines Asylantrages, von amtswegen bescheidmäßig festzustellen, ob eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

§8 Abs1 AsylG verweist auf §57 Fremdengesetz (FrG). Gem. §124 Abs2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005, treten, soweit in anderen Bundesgesetzen auf Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 verwiesen wird, an deren Stelle die entsprechenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Gem. §50 Absl FPG ist die Zurückweisung, die Hinderung an der Einreise, Zurückschiebung oder Abschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn dadurch Art2 EMRK, Art3 EMRK oder das Protokoll Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten über die Abschaffung der Todesstrafe verletzt würde oder für sie als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts verbunden wäre.

Überdies ist gemäß §50 Abs2 FPG die Zurückweisung oder die Zurückschiebung Fremder in einen Staat unzulässig, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass dort ihr Leben oder ihre Freiheit aus Gründen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder ihrer politischen Ansichten bedroht wäre (Art33 Z1 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1955/55, in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. 1974/78).

Der Prüfungsrahmen des §50 FPG wurde durch §8 AsylG auf den Herkunftsstaat beschränkt.

Gemäß §8 Abs2 AsylG hat die Behörde den Bescheid mit einer Ausweisung zu verbinden, wenn der Asylantrag abgewiesen ist und die Überprüfung gem. §8 Abs1 AsylG ergeben hat, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat zulässig ist.

Das Bundesasylamt hat sowohl betreffend Spruchteil I., Spruchteil II. als auch betreffend Spruchteil III. in der Begründung des Bescheides vom 01.08.2007, Z (...), die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Der Asylgerichtshof als Rechtsmittelbehörde schließt sich den diesbezüglichen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenen Bescheid vollinhaltlich an und erhebt diese zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses.

Der Beschwerde ist entgegenzuhalten, dass das Bundesasylamt in völlig schlüssiger Weise ausgeführt hat, dass das Vorbringen des Asylwerbers betreffend eine individuelle Bedrohungssituation nicht den Tatsachen entspricht. In der Beschwerde wurde den aufgezeigten Widersprüchen nicht in ausreichend konkreter Weise entgegengetreten, sondern lediglich Rechtsausführung erstattet und sein Vorbringen wiederholt ohne auf die vom BAW aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten konkret einzugehen. Somit konnte der Asylwerber die vom Bundesasylamt aufgezeigten Widersprüche und Ungereimtheiten nicht entkräften und die schlüssige Beweiswürdigung durch das Bundesasylamt letztlich nicht in Zweifel ziehen. Vor diesem Hintergrund - nämlich den unwiderlegten Widersprüchen und der daraus resultierenden Unglaubwürdigkeit des Vorbringens - war auch dem Antrag auf Einholung eines allgemeinen Gutachtens über die zur Zeit vorherrschende Menschenrechtslage sowie dem Antrag auf Beiziehung eines Amtssachverständigen zur fallspezifischen Überprüfung im Herkunftsstaat nicht stattzugeben.

Aus der allgemeinen Situation allein lässt sich - auf die Ausführungen im angefochtenen Bescheid betreffend die allgemeine Situation wird nochmals verwiesen - keine asylrelevante bzw. im Bereich des §50 FPG relevante Verfolgungsgefahr erkennen, wobei zu betonen ist, dass der Beschwerdeführer diesbezüglich in der Beschwerde auch keine Gegendarstellung der Situation in Indien vorlegt, sondern sich darauf beschränkt allgemein auf die 'rückständige Menschenrechtssituation und die überdurchschnittliche hohe Korruption' zu verweisen. Wenngleich nicht verkannt wird, dass es in Indien zu Menschenrechtsverletzungen kommen kann, ist hiebei auch der Bevölkerungsreichtum Indiens in Betracht zu ziehen, womit sich aber die Anzahl der berichteten Übergriffe relativiert, sodass daraus für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen ist.

Mit Abweisung des Asylantrages kommt dem Asylwerber kein Aufenthaltsrecht (mehr) zu und es bestehen auch keinerlei sonstige Gründe, die gegen eine Ausweisung sprächen. Wie das Bundesasylamt treffend festgestellt hat, sind auch keine weiteren Umstände ersichtlich, die für eine gegenteilige Entscheidung zugunsten des Asylwerbers sprechen könnten und wurde auch diesbezüglich in der Beschwerdeschrift keinerlei Vorbringen erstattet.

Insgesamt bleibt festzuhalten, dass das Vorbringen des Asylwerbers nicht den Tatsachen entspricht, womit weder die Gewährung von Asyl noch eine Schutzgewährung iSd §50 FPG in Betracht kommt, und bestehen auch keine Gründe, die gegen eine Ausweisung des Beschwerdeführers nach Indien sprächen.

Sohin war spruchgemäß zu entscheiden."

3. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte, insbesondere auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander in Gestalt eines Willkürverbotes, geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.

Der Asylgerichtshof hat den Akt des Bundesasylamtes vorgelegt, von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen und auf seine Begründung in der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsbestimmung enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist. Eine Verletzung dieses Grundrechts liegt unter anderem vor, wenn die Behörde Willkür geübt hat.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (s. etwa VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein willkürliches Vorgehen liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

2. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem Asylgerichtshof unterlaufen:

2.1. Gemäß dem - aus dem Blickwinkel des Falles verfassungsrechtlich unbedenklichen - §23 AsylGHG sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof ua. die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs "Berufung" der Begriff "Beschwerde" tritt. Nach §60 AVG sind in der Begründung eines Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Der Asylgerichtshof ist - ungeachtet der sinngemäßen Anwendbarkeit des AVG - nicht als Berufungsbehörde eingerichtet. Anders als die Unabhängigen Verwaltungssenate und insbesondere noch der Unabhängige Bundesasylsenat ist der Asylgerichtshof nicht eine Verwaltungsbehörde, sondern ein Gericht; anders als die Bescheide jener Behörden unterliegen seine Entscheidungen nicht der nachprüfenden Kontrolle des Verwaltungsgerichtshofes.

Bereits aus diesen Unterschieden wird deutlich, dass die zu §67 iVm §60 AVG ergangene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt ihrer Entscheidung zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (s. etwa VwGH 4.10.1995, 95/01/0045; 24.11.1999, 99/01/0280; 8.3.1999, 98/01/0278; 25.3.1999, 98/20/0559; 30.11.2000, 2000/20/0356), auf Entscheidungen des Asylgerichtshofes nicht übertragbar ist.

Mag eine entsprechende Verweisung auf unterinstanzliche Bescheide in Bescheiden von Berufungsbehörden noch im Interesse der Verfahrensökonomie gelegen sein, so ist diese Begründungstechnik dann nicht mehr hinnehmbar, wenn die verweisende Entscheidung von einem (nicht im Instanzenzug übergeordneten) Gericht erlassen wird, welches überdies seinerseits nicht mehr der Kontrolle durch ein weiteres Gericht unterliegt.

2.2. Wenn der Asylgerichtshof die Begründung, des bei ihm angefochtenen Bescheides im Wege der Verweisung zum Inhalt seiner eigenen Entscheidung macht, ohne diese Begründung zumindest in seiner Entscheidung wiederzugeben, so kommt er nicht nur den Anforderungen des §60 AVG nicht nach, sondern entspricht er auch den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung einer gerichtlichen Entscheidung nicht. Zwar ist es nicht unzulässig, Teile der Begründung der Bescheide der Verwaltungsbehörde wörtlich wiederzugeben. Es widerspricht aber grundlegenden rechtsstaatlichen Anforderungen an die Begründung von Entscheidungen eines (insoweit erstinstanzlich entscheidenden) Gerichts, wenn sich der Sachverhalt, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung nicht aus der Gerichtsentscheidung selbst, sondern erst aus einer Zusammenschau mit der Begründung der Bescheide ergibt. Die für die bekämpfte Entscheidung maßgeblichen Erwägungen müssen aus der Begründung der Entscheidung hervorgehen, da nur auf diese Weise die rechtsstaatlich gebotene Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof möglich ist (s. etwa VfSlg. 17.901/2006, 18.000/2006, VfGH 7.11.2008, U67/08).

2.3. In der angefochtenen Entscheidung hat der belangte Asylgerichtshof den Anforderungen des §60 AVG nicht entsprochen: Der Asylgerichtshof gibt in seiner Entscheidungsbegründung zwar zunächst das vom Beschwerdeführer im Rahmen seiner Ersteinvernahme am 29. Dezember 2005 erstattete Vorbringen in direkter Rede und die Begründung des erstinstanzlichen Bescheides in indirekter Rede wieder. An keiner Stelle ist der Entscheidung aber das Vorbringen des Beschwerdeführers in seiner Gesamtheit zu entnehmen; der Asylgerichtshof fasst es weder inhaltlich zusammen noch gibt er es in direkter oder indirekter Rede wieder, vielmehr begnügt er sich mit einer Verweisung (vgl. Seite 2, 2. Absatz der angefochtenen Entscheidung: "Sein damaliges Vorbringen wurde im Bescheid des Bundesasylamtes vom 01.08.2007, ..., richtig und vollständig wiedergegeben, sodass der diesbezügliche Teil des erstinstanzlichen Bescheides auch zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses erhoben wird."). Insbesondere nur kursorisch verweist der Asylgerichtshof auf das vom Beschwerdeführer vor dem Bundesasylamt am 1. August 2007 erstattete - offenbar von jenem der Erstbefragung am 19. Dezember 2005 abweichende - Vorbringen, das dem Asylgerichtshof aber als Grundlage dient, das Vorbringen des Beschwerdeführers als widersprüchlich, ungereimt und für nicht glaubwürdig zu erachten. Damit macht er dem Verfassungsgerichtshof eine nachprüfende Kontrolle in der Sache unmöglich. Schließlich verneint der Asylgerichtshof bloß formelhaft eine Verletzung der Rechte nach Art3 und 8 EMRK; denn zur Frage der Ausweisung gemäß §8 Abs2 AsylG 1997 fehlen Feststellungen zu den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens und den bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen.

Damit hat der Asylgerichtshof nicht nur gegen das Willkürverbot des Gebots der Gleichbehandlung von Fremden untereinander, sondern auch gegen das Rechtsstaatsprinzip in Gestalt des rechtsstaatlichen Gebots der Begründung gerichtlicher Entscheidungen verstoßen.

Die Entscheidung ist daher aufzuheben.

III. Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§88a iVm 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 360,-- enthalten.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

Rückverweise