B382/09 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird abgewiesen.
II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. 1.1. Mit Schreiben vom 7. Oktober 2008 stellte der
Einschreiter beim Verfassungsgerichtshof einen Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 11. September 2008, der zu B1696/08 protokolliert wurde. Mit Verfügung des Verfassungsgerichtshofes vom 9. Oktober 2008 - zugestellt am 15. Oktober 2008 - wurde der Einschreiter gemäß §§66, 84, 85 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG unter Hinweis auf die Säumnisfolgen aufgefordert, innerhalb von vier Wochen ein Vermögensbekenntnis beizubringen, bekanntzugeben, ob der Rechtsanwalt für die Einbringung der Beschwerde allein oder für das gesamte Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof beigegeben werden soll und den Tag der Zustellung des angefochtenen Bescheides anzugeben.
1.2. Mit Schreiben vom 21. Oktober 2008, eingelangt beim Verfassungsgerichtshof am 24. Oktober 2008, legte der Einschreiter ein Vermögensbekenntnis vor. Dieses Vermögensbekenntnis enthielt keine Angaben zum Zustelldatum des bekämpften Bescheides.
1.3. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 2. Dezember 2008, B1696/08, wurde der Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe wegen nicht ordnungsgemäßer Verbesserung zurückgewiesen. Dieser Beschluss wurde dem Einschreiter nachweislich am 16. Jänner 2009 zugestellt.
1.4. Mit Schreiben vom 25. März 2009 stellte der Einschreiter einen Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens sowie, für den Fall, dass dem Antrag auf Wiederaufnahme nicht stattgegeben werden sollte, einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumnis der Frist zur Verbesserung des Antrages vom 7. Oktober 2008.
2. Der Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wird wie folgt begründet:
"Dem Antragsteller ist es nunmehr am 12.03.2009 gelungen, den Aufgabeschein bzw. die Rechnung der Österreichischen Post AG vom 23.10.2008 auszuheben. Aus diesem Aufgabeschein ist zwingend der Schluss abzuleiten, dass der Antragsteller seinerzeit, ausgehend von der Zustellung des Verbesserungsauftrages am 15.10.2008 fristgerecht am 23.10.2008 diesem Verbesserungsauftrag vollinhaltlich nachgekommen ist.
Der Antragsteller hat am 23.10.2008 das Vermögensbekenntnis an den Verfassungsgerichtshof übermittelt. Zur vorliegenden Abschrift ist festzuhalten, dass der Antragsteller zunächst handschriftlich die beigeschlossene Abschrift ausgefüllt hat, in weiterer Folge hat seine Gattin nach dieser handschriftlichen Vorlage das Formular nochmals völlig gleich ausgefüllt und wurde dieses Exemplar dann an den Verfassungsgerichtshof abgefertigt.
Auf dem Formular ist im Punkt II. angekreuzt worden, dass die Bewilligung der Verfahrenshilfe für das gesamte Verfahren beantragt wird.
Weiters ist bereits dem Antrag vom 07.10.2008 der ursprüngliche Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates vom 11.09.2008 beigefügt gewesen, auf dem oben das Zustelldatum '24.9.08' deutlich sichtbar vermerkt war.
Der Antragsteller ist sohin sämtlichen Aufforderungen zur Behebung von Formgebrechen gemäß Aufforderung vom 09.10.2008 fristgerecht nachgekommen.
Da der Antragsteller erst jetzt in der Lage war, den oben genannten Postaufgabeschein bzw. die Rechnung der Post AG vom 23.10.2008 auszuheben, ist der vorliegende Antrag auf Wiederaufnahme im Sinne des §530 (1) Zif 7 ZPO zulässig und rechtzeitig."
II. 1. Im verfassungsgerichtlichen Verfahren gelten für die Wiederaufnahme, weil §34 VfGG eine nähere Regelung nicht enthält, nach §35 VfGG sinngemäß die Bestimmungen der ZPO (vgl. VfSlg. 9126/1981; VfGH 8.6.1988, B818/87).
Demnach kann ein Verfahren, das durch eine die Sache erledigende Entscheidung abgeschlossen worden ist, auf Antrag einer Partei wieder aufgenommen werden, "wenn die Partei in Kenntnis von neuen Tatsachen gelangt oder Beweismittel auffindet oder zu benützen in den Stand gesetzt wird, deren Vorbringen und Benützung in früheren Verfahren eine ihr günstigere Entscheidung herbeigeführt haben würde" (§530 Abs1 Z7 ZPO).
2. Die vom Einschreiter vorgebrachten Tatsachen, dass er das Schreiben vom 21. Oktober 2008 am 23. Oktober 2008 zur Post gegeben habe und die Bewilligung der Verfahrenshilfe für das gesamte Verfahren beantragt habe, waren dem Verfassungsgerichtshof bereits bekannt; nicht jedoch das Zustelldatum des angefochtenen Bescheides. Die Übermittlung des angefochtenen Bescheides mit dem handschriftlichen Vermerk "24.9.08" auf der ersten Seite des Bescheides kann die ordnungsgemäße Angabe des Zustelldatums nicht ersetzen.
3. Der Antrag war daher abzuweisen.
III. 1. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO idF BGBl. 135/1983, sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde, und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
2. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand liegen nicht vor: Gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §146 Abs1 ZPO ist eine Wiedereinsetzung nur bei Versäumung einer Frist, also bei vollständiger Unterlassung einer Parteihandlung, zulässig. Die vom Antragsteller vorgenommene Verbesserung war nicht vollständig (vgl. Punkt I.1.2.). Dieser nicht verbesserungsfähige Mangel kann nicht im Wege der Wiedereinsetzung beseitigt werden (vgl. VfSlg. 15.119/1998, 16.420/2002).
3. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher schon aus diesem Grund zurückzuweisen (§35 VfGG iVm §§146 ff ZPO).
IV. Diese Beschlüsse konnten gemäß §§33 und 34 jeweils zweiter Satz VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.