JudikaturVfGH

U556/09 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
03. September 2009

Spruch

Die Beschwerdeführerin ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.

Die Entscheidung wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, der Beschwerdeführerin zuhanden ihres Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Entscheidungsgründe:

I. 1. Die Beschwerdeführerin, eine am 12. November 2008 in

Österreich geborene Staatsangehörige des Irak, stellte am 2. Dezember 2008 durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin einen Antrag auf internationalen Schutz. Mit Bescheid vom 9. Dezember 2008 wies das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA), Außenstelle Innsbruck, den Antrag gemäß §3 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100/2005, (im Folgenden: AsylG 2005) ab (Spruchpunkt I.), erkannte gemäß §8 Abs1 iVm §34 Abs3 AsylG 2005 den Status der subsidiär Schutzberechtigten zu (Spruchpunkt II.) und erteilte der Beschwerdeführerin gemäß §8 Abs4 AsylG 2005 eine bis 17. Juni 2009 befristete Aufenthaltsberechtigung (Spruchpunkt III.).

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2008 brachte die Beschwerdeführerin - ebenfalls durch ihre Mutter als gesetzliche Vertreterin - beim Asylgerichtshof einen "Antrag auf Gewährung einer kostenlosen Rechtsvertretung/Flüchtlingsberatung" ein. Darin wird u. a. wörtlich ausgeführt:

"Am 16.12.2008 erhielt ich den Bescheid vom Bundesasylamt Innsbruck vom 9.12.2008, AZl: 08 12.178-BAI für meine neugeborene Tochter, A I. Der Bescheid besteht aus 38 Seiten und beinhaltet mehrere Sprüche.

Auf der Suche nach einer rechtlichten Beratung landete ich in der Flüchtlingsstelle der Caritas in Innsbruck, Klostergasse 1. Dort erklärte mir Frau I., dass die Flüchtlingsstelle keine rechtliche Unterstützung im Asylverfahren mehr tätigt und dass es zur Zeit in Tirol keine Einrichtung gibt, welche kostenlose Rechtsberatung im Asylverfahren anbietet. Sie machte mich darauf aufmerksam, dass ich entweder die Flüchtlingsberatung beim Bundesasylamt oder einen Rechtsanwalt aufsuchen muss. Mein Mann ist zwar erwerbstätig, aber das Einkommen reicht kaum um die Miete zu begleichen und wir können uns keinen Rechtsanwalt leisten, deswegen bat ich Frau I., einen Termin bei der Flüchtlingsberatung auszumachen. Nach einem Telefonat mit dem Bundesasylamt Innsbruck teilte Frau I. mir mit, dass die Flüchtlingsberaterin erst am 7.1.2009 wieder bei Bundesasylamt erreichbar sein wird. Ich soll vorläufig auf einem Zettel, 'ich lege gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 9.12.2008 in deren gesamten Umfang Berufung ein', schreiben und es an den Asylgerichtshof schicken und im Januar die Flüchtlingsberaterin am Bundesasylamt wegen des Verfassens einer Berufungsergänzung aufsuchen, hat die Sachbearbeiterin vom Bundesasylamt gesagt. Ich zweifle, dass dies die richtige Vorgehensweise ist, zumal eine Beschwerde zu begründen ist und ich gegen Spruch II und Spruch III des oben genannten Bescheides keine Beschwerde einreichen möchte, deswegen stelle ich den Antrag auf Gewährung einer kostenlosen Rechtsvertretung.

Gem. §66 AsylG 2005 Abs1 hat der Bundesminister für Inneres zur Unterstützung von Fremden in Angelegenheiten des Asylrechts Flüchtlingsberater in der notwendigen Anzahl zu bestellen. Flüchtlingsberater haben gem. §66 Abs2 Zi. 1 bis 4 Fremde auf Verlangen über alle das Asylrecht betreffenden Fragen zu informieren, bei der Stellung oder Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz zu unterstützen, in Verfahren nach dem Asylgesetz zu vertreten, bei der Übersetzung von Schriftstücken und Bereitstellung von Dolmetschern behilflich zu sein.

Gem. Artikel 15 der Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass im Falle einer ablehnenden Entscheidung einer Asylbehörde, auf Antrag kostenlose Rechtsberatung und/oder -vertretung gewährt wird.

Der Verfassungsgerichtshof hält fest, dass Rechtsschutzeinrichtungen ihrer Zweckbestimmung nach ein bestimmtes Mindestmaß an faktischer Effizienz für den Rechtsschutzwerber

aufweisen müssen ... .

...

Ich mache jedenfalls von meinem Recht gebrauch, mir eine Rechtsvertretung beizustellen, da ich kein hinrechendes Einkommen und Vermögen habe, um einen gewählten berufsmäßigen Parteienvertreter beizuziehen. Aufgrund meiner geringen Kenntnis der Amtsprache und aufgrund der bisherigen Dauer meines Aufenthaltes in Österreich war ich nicht in der Lage, mich hinreichend über die Rechtslage in diesem Land und die dazu ergangene Rechtsprechung zu informieren. Auch konnte ich das nicht vor meinem Grenzübertritt machen, da ich bis kurz vor meiner Einreise gar nicht wusste, dass ich nach Österreich kommen werde.

Ich behalte mir ausdrücklich vor, die Nichterfüllung dieses Antrages als Verfahrensmangel in einer allfälligen Beschwerde geltend zu machen."

2. Der Asylgerichtshof deutete diesen Antrag (ausschließlich) als solchen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und wies ihn mit Beschluss vom 16. Jänner 2009 gemäß §23 Abs1 Asylgerichtshofgesetz, BGBl. I 4/2008 idF BGBl. I 147/2008, (im Folgenden: AsylGHG), als unzulässig zurück.

Die rechtlichen Erwägungen lauten insbesondere:

"II.2. Welches Verfahrensrecht der Asylgerichtshof anzuwenden hat, ergibt sich aus §23 Abs1 AsylGHG. Soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, sind die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt. Durch die Novelle BGBl. I Nr. 147/2008 wurde nunmehr klargestellt, dass die in §23 - anscheinend missverständliche (vgl. Rohrböck in Muzak/Rohrböck, Asylgerichtshof [2008], 147 [148 ff]) - Bezugnahme auf das Bundes-Verfassungsgesetz - B-VG, BGBl. Nr. 1/1930, und das Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 - VwGG, BGBl. Nr. 10, entfallen soll. An der Anwendbarkeit der in diesen Gesetzen enthaltenen, den Asylgerichtshof betreffenden Bestimmungen (zB §72 zweiter Satz VwGG) ändert diese Klarstellung nichts.

Der Asylgerichtshof hat somit in der Regel das AVG mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt, anzuwenden; es gilt demnach eine zweiwöchige Beschwerdefrist und existiert das Instrument der Verfahrenshilfe nicht. Diese Rechtsansicht entspricht im Ergebnis der ständigen Judikatur des Asylgerichtshofes (...). Hier ist auch der Vollständigkeit halber festzuhalten, dass der Verfassungsgerichtshof zum gegenwärtigen Zeitpunkt bereits in verschiedenen Verfahren, die Erkenntnisse des AsylGH betrafen, denen bezüglich der (weiten) Anwendbarkeit des AVG (jedenfalls implizit) dieselbe Rechtsansicht zugrunde gelegt worden war, wie im vorliegenden Fall, die Behandlung dagegen gerichteter Beschwerden abgelehnt hat.

II.3. Weiters ist dem gegenständlichen Antrag auch deshalb kein Erfolg beschieden, da bei Verfahren vor dem Asylgerichtshof kein Anwaltszwang besteht. Hätte der Gesetzgeber einen Anwaltszwang begründen wollen, wäre angesichts der diesbezüglich detaillierten und je nach Gerichtshof und diesen betreffenden Verfahren differenzierenden Einzelregelungen in §24 Abs2 VwGG und §17 Abs2 und 3 VfGG nämlich zu erwarten gewesen, dass der Gesetzgeber diesbezüglich anlässlich der Einrichtung des Asylgerichtshofes eine

Sonderregelung getroffen hätte, was jedoch unterblieben ist ... .

II.4. Der Vollständigkeit halber ist auszuführen, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Stellung eines - unzulässigen - Verfahrenshilfeantrages auch nicht geeignet ist, die gesetzliche Berufungsfrist (hier: Beschwerdefrist) zu

wahren ... ."

3. In der gegen diesen Beschluss gemäß Art144a B-VG erhobenen Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wird die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten (auf ein faires Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf eine wirksame Beschwerde gemäß Art13 EMRK sowie auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander) geltend gemacht.

Wörtlich heißt es (unter durchgängig irriger Bezeichnung der Beschwerdeführerin als Beschwerdeführer):

"ad 1.)

a.) Der Asylgerichtshof hat die Beschwerde inhaltlich gar nicht vollständig behandelt. Er deutete den Antrag als Verfahrenshilfeantrag und wies ihn ab, obwohl er inhaltlich auch auf Beigebung eines kostenlosen Rechtsbeistandes gerichtet war, der im Asylverfahren zumindest für das Zulassungsverfahren gesetzlich vorgesehen ist.

Ausserdem ist der Anfechtungswille bezüglich den den Asylantrag abweisenden Bescheid der ersten Instanz aus dem Antrag der mit der angefochtenen Entscheidung angefochten wurde, klar erkennbar, dass der Beschwerdeführer sich gegen die Abweisung des Asylantrages beschweren will und hätte daher die belangte Behörde - nach allfälligem Verbesserungsverfahren - in der Sache selbst entscheiden müssen.

ad 2.) Durch die Verweigerung eines kostenlosen professionellen Rechtsbeistand im Verfahren wurde dem Beschwerdeführer das Recht genommen, den Bescheid auf Abweisung seines Asylantrages wirksam oder zumindest mit Aussicht auf Erfolg vor dem Asylgerichtshof zu bekämpfen.

Denn selbst wenn die Ansicht des Asylgerichtshofes richtig wäre, dass gemäß Art1 §23 Asylgerichtshofeinrichtungsgesetz das AVG Anwendung findet, und dort die Institution der Verfahrenshilfe nicht ausdrücklich geregelt sei und dies auch im Asylgesetz oder im Asylgerichtshofeinrichtungsgesetz so sei, so wäre diese Gesetzeslücke planwidrig, da das Recht auf Verfahrenshilfe für mittellose Asylwerber sich schon aus dem Grundsatz des Art6 MRK der Gewährung eines fairen Verfahrens und aus dem Legalitätsprinzip Diskriminierungsverbot und dem Gleichheitsgrundsatz ergibt. Aus letzterem deshalb, weil wohl der Ausländer nicht in den Genuss des Gleichheitsgrundsatzes kommt, aber rein verfahrensrechtliche Bestimmungen den gleichen hohen rechtsstaatlichen Standard gegenüber allen Normunterworfenen aufweisen müssen, so dass die Frage ob Verfahrenshilfe gewährt wird oder nicht darauf abzustellen hat, ob es im Asylverfahren erforderlich ist, zur Sicherstellung eines hohen rechtsstaatlichen Standards den die Verfassung von allen Staatsorganen fordert, die mittellose Partei in den Genuss professioneller rechtlicher Hilfe gelangen zu lassen. Schließlich geht es bei der Frage ob Asyl gewährt wird um den Anträge auf Schutz des Lebens, des Schutzes vor Folter, auf Schutz der Freiheit und auf Schutz vor gravierender Diskriminierung, und Schutz der persönlichen Sicherheit, also der höchsten Rechtsgüter die unsere Rechtsordnung zu verteidigen bereit steht.

Auch war das geltende Verfahrenshilfegesetz BGBl. Nr. 569/1973 das auch Regelungen im AVG vorsah, eindeutig von diesem Gedanken getragen, nur stellte sich damals die Frage der rechtsstaatliche Notwendigkeit einer Verfahrenshilfe durch Beigebung eines Rechtsanwaltes in Verwaltungssachen offenbar noch nicht. Betreffend das Verwaltungsstrafrecht, das ebenso auf das AVG verweist, hat der Gesetzgeber diese Problematik explizit aufgegriffen und schon aus verfassungsrechtlichen Gründen die Verfahrenshilfe mit Beigebung eines Verteidigers eingeführt. Und dabei muss darauf hingewiesen werden, dass ein rechtswidrig zustande gekommenes verurteilendes Erkenntnis im Verwaltungsstrafrecht in der Regel weit geringfügigere Grundrechtsverletzungen beim Betroffenen mit sich bringt, als ein rechtswidrig zustande gekommenes Erkenntnis in einer Asylsache.

Der Asylwerber hat schon begriffstypisch geringere bis keine Kenntnis des österreichischen Rechtes. Ihm fehlt begriffstypisch die Inlandsintegration und Sprachkenntnis, was die Beratung in Asylsachen erheblich erschwert ebenso sie das Aneignen der deutschen Rechtstexte geradezu unmöglich macht. Denn zwischen der Setzung des Asylgrundes und einer Erledigung seines Antrages in angemessener Frist sollte so viel Zeit, die nötig wäre, sich die erforderlichen Kenntnisse des österreichischen Rechtes anzueignen gar nicht zur Verfügung stehen, insbesondere dann wenn der gesetzgeberische Wille, das Asylverfahren zu straffen auch realisiert wird.

Die finanzielle Möglichkeit sich entsprechend entgeltlich rechtlich beraten zu lassen, ist aufgrund der typischen Einkommens und Vermögenssituation eines Asylwerbers (idR. Grundversorgung) extrem beschränkt.

Die Möglichkeit qualifizierte, oder gar anwaltliche Beratung unentgeltlich zu bekommen ist ebenfalls limitiert. Auf die Problematik der limitierten vom Staat zur Verfügung gestellten Möglichkeiten einer unentgeltlichen und professionellen Rechtsberatung in Asylsachen und die mangelnde tatsächliche Ausstattung um der Manduduktionspflicht nachzukommen wurde bereits im von der Antragstellerin gestellten Antrag an den Asylgerichtshof der abgewiesen wurde, hingewiesen.

Verfahrenshilfe ist nicht begriffsnotwendig mit Anwaltszwang verbunden wie der Asylgerichthof in seiner Begründung offenbar meint, sondern ist in den österreichischen Verfahrensgesetzen idR. an die Voraussetzung gebunden, dass nicht ganz einfache Rechtsfragen zu lösen sind, und auch im Tatsachenbereich mit schwierigere Beweisfragen in der Regel zu lösen sind.

Beide dieser Voraussetzungen sind im Asylverfahren typischerweise gegeben, so dass anwaltliche Hilfe dort auch für den Mittellosen dringend erforderlich ist.

Es wird auch darauf hingewiesen, dass - wie sich in zahlreichen Asylverfahren zeigt und gezeigt hat, wohl viele Aufhebungsbeschlüsse im Beschwerdeverfahren vermieden werden könnten, wären Vorbringen und Anträge professionell formuliert, wäre für entsprechendes Vorbringen gesorgt, und würden zielgerichtete und juristisch schlüssige Fragen in der Verhandlung gestellt.

Und - nebenbei - es wurden in der Vergangenheit auch zahlreiche in sich unbegründete und unschlüssige Asylanträge von Asylwerbern zurückgezogen, nachdem sie anwaltlich beraten wurden.

Auch würde ein Adressat einer rechtsrichtigen erstinstanzlichen Entscheidung eher akzeptieren, dass dagegen ein Rechtsmittel aussichtslos ist, wenn ihm das von einer in jeder Hinsicht unabhängigen (diese Unabhängigkeit liegt bei Personen die einem öffentlichen Besoldungssystem unterliegen, und nicht unabsetzbar sind, nicht vor) parteiischen, mit dem Vertrauen des Mandanten und mit Verschwiegenheitspflicht ausgestatteten rechtskundigen Person, wie es eben der Anwalte kraft Gesetzes ist, erklärt wird, dass es nichts bringt, eine aussichtslose Sache weiterzuverfolgen, was insgesamt betrachtet zur Vereinfachung und Beschleunigung der Verfahren beiträgt.

Zumindest aber muss nach Ansicht der Beschwerdeführer eine professionelle parteiische Rechtsberatung und Vertretung im Asylverfahren gewährt sein, und das war im konkreten Fall aus den dargelegten Gründen offenbar nicht gegeben.

Sonst wäre im konkreten Fall wohl gemeinsam mit dem Verfahrenshilfeantrag zumindest so weit ein Berufungsvorbringen erstattet worden, dass die Entscheidung erster Instanz vom Asylgerichtshof geprüft werden hätte können. Schließlich ist ja noch das Asylverfahren des Vaters A A zu GZ 0310.444 BAI anhängig, mit welchem das Verfahren verbunden hätte werden müssen.

Auch dieser Verfahrensmangel im konkreten Verfahren zeigt, wie dringlich es ist, dass für professioneller unentgeltlicher Rechtsvertretung mittelloser Asylwerber sorge zu tragen ist.

Denn genau solche Fehler wie der geschilderte verhindern die zügige rechtsrichtige Erledigung von Asylanträgen, und führen zu überlangen Verfahrensdauern, mit allen damit verbundenen (verfassungs-)rechtlichen, politischen und menschlichen Problemen.

Gerade durch die Ausbildung des aktuellen Rechtsmittelverfahrens im Asylverfahren, das Neuerungen eingeschränkt ist die Kunst gefordert, eine Rechtsmittel prozessordnungskonform unter Bezugnahme auf die in erster Instanz vorgebrachten Tatsachen und Beweise auszuführen.

Dieses Gebot stellt einen nicht durch einen professionellen Rechtsbeistand vertretenen Asylwerber vor ein schier unlösbares Problem und nimmt ihm sein Beschwerderecht nach Art13 MRK.

ad 3.) §64 AsylG trifft eine sachlich nicht gerechtfertigte Unterscheidung indem es einen Anspruch auf die Beistellung rechtskundiger Personen im Zulassungsverfahren, durch quasiunabhängige - da vom BMI also von der Behörde selbst ausgewählten und bestellten Rechtsberatern (vgl. §65 AsylG), während im Asylverfahren selbst nicht einmal diese Form von Rechtsbeistand gewährt ist.

Daher hätte der Asylgerichtshof bei verfassungskonformer Auslegung einen Rechtsberater iSd. §65 AsylG in analoger Anwendung bestellen müssen.

Denn es ist kein sachlicher Grund zu erkennen, weshalb es im Zulassungsverfahren zwingend einen Rechtsberater an der Seite des Asylwerbers gibt, wohingegen im Hauptverfahren ein solcher kostenloser Rechtsbeistand nicht vorgesehen ist.

Gerade aber im Hauptverfahren selbst wäre professionelle Rechtsberatung und Vertretung essentiell und dringend geboten. Denn während im Zulassungsverfahren nur Zuständigkeitsfragen zu klären sind, geht es im Asylverfahren darum die Fluchtgründe unter Beweis zu stellen. Dort ist klassische rechtsfreundliche Vertretung weit dringender geboten als im Zulassungsverfahren. Denn eine professionelle rechtsfreundliche Vertretung hat im Asylverfahren abgesehen von der Aufgabe die Einhaltung der Verfahrensregeln zu überwachen und einzumahnen die Aufgabe, die Entscheidungsgrundlage durch Beweisanträge zu verbreitern, also beispielsweise Anträge zu stellen auf Einholung konkreter Informationen aus dem Ursprungsland, nämlich nicht nur der Länderberichte, die ohnehin amtswegig immer in die Entschiedungen hineinkopiert werden, sondern Anträge auf Einholung konkreter Recherchen zum Fluchtvorbringen im Rechtshilfeweg durch die österreichischen Vertretungsbehörden vor Ort, er hat dafür Sorge zu tragen, dass der Asylwerber selbst, Beweise für wesentliche Tatsachen soweit er über sie verfügen kann oder sie selbst beschaffen kann beibringt und dass diese der Asylbehörde vorgelegt werden.

Dadurch dass zwar im Zulassungsverfahren wenn schon kein Verfahrenshelfer vorgesehen ist, so zumindest ein Rechtsberater iSd.

§65 AsylG, in weiterer Folge aber der Rechtsberater diese Funktion nicht mehr wahrnimmt, weil er vom Gesetz nicht vorgesehen ist, wird eine unsachliche Unterscheidung in diesen beiden Verfahrensarten gemacht, die eben dem Beschwerdeführers die Möglichkeit ein Verfahren mit Aussicht auf Erfolg zu führen genommen hat."

4. Der Asylgerichtshof legte die Akten des BAA sowie den Gerichtsakt vor und beantragte unter Abstandnahme von der Erstattung einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

II. Zur maßgeblichen Rechtslage:

1. Die §§23 und 28 AsylGHG samt Überschriften haben folgenden

Wortlaut:

"Verfahren

§23. (1) Soweit sich aus dem Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100, nicht anderes ergibt, sind auf das Verfahren vor dem Asylgerichtshof die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51, mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass an die Stelle des Begriffs 'Berufung' der Begriff 'Beschwerde' tritt.

(2) Die Erkenntnisse sind im Namen der Republik zu verkünden und auszufertigen."

"Inkrafttreten

§28. (1) - (4) ...

(5) In der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 147/2008 treten in Kraft:

1. das Inhaltsverzeichnis, §13 Abs2 und Abs4 letzter Satz, §14 Abs3, §17 Abs5, §23 und §29 Abs6 mit 1. Juli 2008;

2. §24 mit Ablauf des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes. Auf vor diesem Zeitpunkt ergangene, zu vollstreckende Entscheidungen Abs2 dieser Bestimmung mit der Maßgabe sinngemäß anzuwenden, dass der Asylgerichtshof mit Beschluss nachträglich eine Vollstreckungsbehörde bestimmen kann.

(6) ..."

2. Die §§64, 66 und 70 AsylG 2005 lauten samt Überschrift wie folgt:

"Rechtsberatung im Zulassungsverfahren

§64. (1) Im Zulassungsverfahren sind Asylwerbern rechtskundige Personen mit Spezialwissen im Bereich Asyl- und Fremdenwesen (Rechtsberater) zur Seite zu stellen; sie sind in Wahrnehmung ihrer Aufgaben zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet.

(2) Rechtsberater sind unabhängig und haben ihre Aufgaben weisungsfrei wahrzunehmen.

(3) Die Kosten für die Rechtsberatung trägt der Bund.

(4) Rechtsberater haben Asylwerber vor jeder einer Mitteilung nach §29 Abs3 Z3 bis 5 folgenden Einvernahme im Zulassungsverfahren über ihr Asylverfahren und ihre Aussichten auf Zuerkennung des Status des Asylberechtigten oder des subsidiär Schutzberechtigten zu beraten; ihnen sind zu diesem Zweck bei Bedarf vom Bundesasylamt Dolmetscher beizugeben und das bisherige Ermittlungsergebnis im gesamten Umfang zur Verfügung zu stellen. Rechtsberater sind verpflichtet, an allen Einvernahmen zur Wahrung des Parteiengehörs im Zulassungsverfahren teilzunehmen.

(5) Bei unbegleiteten minderjährigen Asylwerbern hat der Rechtsberater als gesetzlicher Vertreter im Zulassungsverfahren bei jeder Befragung in der Erstaufnahmestelle und bei jeder Einvernahme im Zulassungsverfahren teilzunehmen."

"Flüchtlingsberater

§66. (1) Zur Unterstützung von Fremden in Angelegenheiten des Asylrechts hat der Bundesminister für Inneres Flüchtlingsberater in der notwendigen Anzahl zu bestellen. Diese haben ihre Tätigkeit objektiv und nach bestem Wissen durchzuführen.

(2) Flüchtlingsberater haben Fremde auf Verlangen

1. über alle das Asylrecht betreffenden Fragen zu informieren, soweit diese nicht in die Beratungspflicht der Rechtsberater fallen;

2. bei der Stellung oder Einbringung eines Antrags auf internationalen Schutz zu unterstützen;

3. in Verfahren nach diesem Bundesgesetz oder - soweit es sich um Asylwerber handelt - nach dem FPG zu vertreten, soweit nicht die Zuziehung eines Rechtsanwaltes gesetzlich vorgeschrieben ist;

4. bei der Übersetzung von Schriftstücken und Bereitstellung von Dolmetschern behilflich zu sein und

5. gegebenenfalls Rückkehrberatung zu leisten.

(3) Die Auswahl der Flüchtlingsberater obliegt dem Bundesminister für Inneres. Er kann hierbei auf Vorschläge des Hochkommissärs der Vereinten Nationen für Flüchtlinge (UNHCR), der Länder und Gemeinden sowie des Beirates für Asyl- und Migrationsfragen (§18 NAG) Bedacht nehmen.

(4) Flüchtlingsberater, die Bedienstete des Bundes sind, haben Anspruch auf Ersatz von Reisekosten nach Maßgabe der Reisegebührenvorschrift 1955, BGBl. Nr. 133, andere Flüchtlingsberater auf Vergütung von Reisekosten, wie sie einem auf einer Dienstreise befindlichen Bundesbeamten der Gebührenstufe 3 nach der Reisegebührenvorschrift 1955 zusteht sowie auf eine Entschädigung für den Zeit- und Arbeitsaufwand, die vom Bundesminister für Inneres im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Finanzen festzusetzen ist."

III. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.

Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie VfGH 7.11.2008, U67/08).

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).

Ein willkürliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.

2. Soweit die Beschwerde der Sache nach eine Verfassungswidrigkeit der das Verfahren vor dem Asylgerichtshof regelnden Bestimmungen darin erblickt, dass dem Asylwerber in diesem Verfahren kein Anspruch auf unentgeltliche Beigabe eines Rechtsanwaltes eingeräumt wird, ist Folgendes anzumerken:

Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 25. Juni 2009, U561/09, mit Blick auf das rechtsstaatliche Prinzip klargestellt, dass es im Verfahren vor dem Asylgerichtshof keiner Vertretung durch einen Rechtsanwalt bedarf. In diesem Erkenntnis wurde ausgeführt, dass der Gesetzgeber den besonderen Bedürfnissen von Asylwerbern vor allem hinsichtlich des sprachlichen und rechtlichen Verständnisses der im Verfahren vor dem Asylgerichtshof zu berücksichtigenden (rechtlichen) Fragestellungen durch die in den §§64 f. AsylG 2005 normierten Rechtsberatung - eingeschränkt auf das Zulassungsverfahren - und der im §66 leg.cit. vorgesehenen Einrichtung eines Flüchtlingsberaters Rechnung getragen hat. Die für alle Verfahren zuständigen Flüchtlingsberater haben den rechtsschutzsuchenden Fremden auf sein Verlangen u.a. über das Asylrecht betreffende Fragen zu informieren, bei der Einbringung von Anträgen zu unterstützen, bei der Übersetzung von Schriftstücken und Bereitstellung von Dolmetschern behilflich zu sein, sowie den Fremden auch in Verfahren vor dem Asylgerichtshof zu vertreten, soweit nicht die Zuziehung eines Rechtsanwaltes gesetzlich vorgeschrieben ist. In Zusammenschau dieser Bestimmungen ist es daher auch einem Asylwerber möglich, in einem Verfahren vor dem Asylgerichtshof seine Interessen und Rechte entsprechend geltend zu machen, ohne dass eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich ist.

3. Da der Verfassungsgerichtshof gegen die die angefochtene Entscheidung tragenden Rechtsvorschriften keine verfassungsrechtlichen Bedenken hegt und die Begründung des Beschlusses des Asylgerichtshofes keinen Anhaltspunkt dafür liefert, dass den angewendeten Rechtsvorschriften ein verfassungswidriger Inhalt beigemessen wurde, könnte die Beschwerdeführerin durch die bekämpfte Entscheidung im genannten Grundrecht nur verletzt worden sein, wenn dem Asylgerichtshof Willkür zum Vorwurf zu machen wäre.

4. Ein solcher in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist dem Asylgerichtshof allerdings in der Tat unterlaufen:

4.1. Zwar ist die Beschwerdeführerin mit ihrem Einwand, dass der vorliegende Antrag bereits als Beschwerde gegen den angeführten Bescheid des BAA zu beurteilen sei, weshalb der Asylgerichtshof insoweit eine Sachentscheidung zu treffen gehabt hätte, nicht im Recht: Dem Asylgerichtshof kann aus verfassungsrechtlicher Sicht nämlich nicht entgegengetreten werden, wenn er den Antrag bei Berücksichtigung seines Gesamtkontextes, insbesondere mit Blick auf den letzten Absatz, dahin deutete, dass darin lediglich die allfällige künftige Einbringung einer Beschwerde (abhängig vom Ergebnis der erwarteten Rechtsbelehrung) in Erwägung gezogen wird.

4.2. Allerdings begehrte die Beschwerdeführerin in ihrem (nicht weiter untergliederten) Antrag - wie dargelegt - schon nach dessen hervorgehobener Überschrift die Gewährung "einer kostenlosen Rechtsvertretung/Flüchtlingsberatung"; aus dem oben wörtlich wiedergegebenen Inhalt der Eingabe geht hinlänglich hervor, dass die Beschwerdeführerin auf "kostenlose Rechtsvertretung" zur Erwirkung einer sachkundigen Belehrung über die asylrelevante Rechtslage in Österreich sowie auf Beratung und Vertretung zwecks (allfälliger) Erhebung einer Beschwerde gegen den abweislichen Teil der Entscheidung des BAA abzielt, und nicht - wie der Asylgerichtshof irrig vermeint - (allein) auf die Bewilligung der Verfahrenshilfe durch Beigabe eines Rechtsanwalts.

Der Asylgerichtshof hat den Antrag - in Anbetracht des gerade in Asylangelegenheiten gegebenen engen Konnexes zwischen den Instituten eines rechtskundigen Beraters einerseits und eines sachkundigen Beistandes andererseits - verfehlt nur unter dem Aspekt eines Verfahrenshilfeantrags behandelt, ohne sich mit dem darüber hinausgehenden, auch auf gemeinschaftsrechtliche Vorgaben (Richtlinie 2005/85/EG des Rates vom 1. Dezember 2005 über Mindestnormen für Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Zuerkennung und Aberkennung der Flüchtlingseigenschaft) gestützten Begehren der Beschwerdeführerin, rechtliche Beratung und Vertretung (auch) durch Beistellung eines Flüchtlingshelfers gemäß §66 AsylG 2005 zu erhalten, auseinanderzusetzen. Das Fehlen jeglicher Erörterung des diesbezüglichen, mit dem Antrag auf Verfahrenshilfe in engem Zusammenhang stehenden (wesentlichen) Vorbringens belastet die bekämpfte Entscheidung aber mit in die Verfassungssphäre reichender Willkür.

Der Beschluss des Asylgerichtshofes war daher schon aus diesem Grund aufzuheben.

IV. Die Kostenentscheidung beruht auf §§88a iVm 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten. Die von der beschwerdeführenden Partei zusätzlich verzeichneten Kosten iHv insgesamt € 400,-- waren nicht zuzuerkennen, da der als Kostenersatz zuzusprechende Pauschalsatz im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof € 2.000,-- zuzüglich Umsatzsteuer beträgt.

Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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