U591/08 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden.
Die Entscheidung wird aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seiner Rechtsvertreter die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Der Beschwerdeführer, ein am 2. Dezember 1982 geborener Staatsangehöriger Armeniens, brachte am 30. August 2007 einen Antrag auf internationalen Schutz ein. Das Bundesasylamt (im Folgenden: BAA) wies mit Bescheid vom 27. November 2007 den Antrag gemäß §3 Abs1 Asylgesetz 2005 (im Folgenden: AsylG) ab (Spruchpunkt I.), erkannt gemäß §8 Abs1 Z1 AsylG den Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Armenien nicht zu (Spruchpunkt II.) und wies den Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z2 AsylG aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Armenien aus (Spruchpunkt III.).
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes (im Folgenden: AsylGH) vom 16. Oktober 2008 gemäß §§3, 8 Abs1 Z1 und 10 Abs1 Z2 AsylG abgewiesen.
2. In den Entscheidungsgründen des Asylgerichtshofes werden der Verfahrensablauf und das Fluchtvorbringen zusammengefasst dargestellt, sowie die Spruchpunkte des Bescheides des Bundesasylamtes samt den wesentlichen Gründen der erstinstanzlichen Entscheidung und dem Beschwerdevorbringen wiedergegeben.
3.1. Die Erwägungen des Asylgerichtshofes zu Spruchpunkt I. der Entscheidung des BAA lauten wie folgt:
"II. Der Asylgerichtshof hat erwogen:
Der Asy1GH hat durch den vorliegenden Verwaltungsakt Beweis erhoben. Der festgestellte Sachverhalt steht aufgrund der außer Zweifel stehenden Aktenlage (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524) fest.
Soweit der BF in seiner Beschwerde nunmehr vorbringt, dass in der Niederschrift der ersten Einvernahme falsch bzw. unvollständig protokolliert wurde (da die Dolmetscherin nicht alles übersetzte), sowie des weiteren, dass er das Auto nicht selbst gefahren habe, ist festzustellen, dass er bei jeder der drei Einvernahmen erklärte, die Rückübersetzung sowie die Vollständigkeit seiner Angaben wäre gegeben. Weiters wurden ihm die jeweiligen vorhergehenden Aussagen vor der neuerlichen Einvernahme vorgetragen bzw. befragt, ob er bei diesen Aussagen bleibt.
Ebenso fand die letzte Einvernahme vor dem BAA am 21.11.2007 statt und der Bescheid wurde erst am 27.11.2007 erlassen. Wäre es dem BF tatsächlich ein ernsthaftes Bedürfnis gewesen, sich in der o.a. Art zu äußern, wäre ihm dies somit auch noch nach Beendigung der letzten Einvernahme bis zur Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides möglich gewesen. Von einem durchschnittlich sorgfältigen Asylwerber mit dem Wissen und Fähigkeiten des BF wäre daher ein solches Verhalten zu erwarten gewesen, etwa durch die ehest mögliche Einbringung eines Schriftsatzes beim BAA, allenfalls unter Beiziehung einer in Asylfragen versierter Person oder Organisation. Dass der BF zur Kontaktaufnahme zu einer solchen Person oder Organisation befähigt ist, beweist etwa die Konzeption der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid, welche nur unter Beiziehung einer solchen Person oder Organisation zustande kommen konnte.
Da das im vorgenannten Absatz geschilderte, dem BF mögliche und zumutbare Verhalten unterblieb, geht der AsylGH davon aus, dass der BF durch diese Beschwerdeangaben lediglich seinen - durch das nicht rechtskräftig abgeschlossene Asylverfahren legalisierten - Aufenthalt missbräuchlich zu verlängern versucht (VwGH 27.9.2005, 2005/01/0313).
III. Rechtliche Beurteilung:
...
Das erkennende Gericht ist berechtigt, näher bezeichnete Teile des angefochtenen Bescheides zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses zu erheben, ohne sie wiederholen zu müssen (vgl. z.B. das Erk. d. VwGH vom 4.10.1995, 95/01/0045; VwGH 24.11.1999, 99/01/0280; auch VwGH 8.3.1999, 98/01/0278), weshalb im gegenständlichen Fall im bereits genannten Umfang auf den erstinstanzlichen Bescheid verwiesen wird.
Ebenso ist das erkennende Gericht berechtigt, auf die außer Zweifel stehende Aktenlage (VwGH 16.12.1999, 99/20/0524) zu verweisen, weshalb auch hierauf im gegenständlichen Umfang verwiesen wird.
Das Bundesasylamt hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Die Erstbehörde hat sich sowohl mit dem individuellen Vorbringen auseinander gesetzt, als auch ausführliche Sachverhaltsfeststellungen zur allgemeinen Situation in Armenien auf Grundlage ausreichend aktuellen und unbedenklichen Berichtsmaterials getroffen und in zutreffenden Zusammenhang mit der Situation des BF gebracht. Auch die rechtliche Beurteilung begegnet keinen Bedenken.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtene[n] Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6 [Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Sofern in der Beschwerde seitens des Beschwerdeführers die Beweiswürdigung des BAA moniert wird, wird festgestellt, dass nach Ansicht des AsylGH wie bereits oben ausgeführt das Bundesasylamt ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung in der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst hat. Dem BF ist es nicht gelungen, der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes dermaßen konkret und substantiiert entgegen zu treten, dass Zweifel an der Beweiswürdigung des Bundesasylamtes aufgekommen wären. Vom BF konnten keine nachvollziehbaren Ausführungen dargelegt werden, welche geeignet waren, vom Vorliegen einer mangelhaften Ermittlungstätigkeit durch das BAA auszugehen. Die Bekämpfung erfolgt im Wesentlichen dergestalt, dass das Ergebnis bloß bestritten wird. Auf die im umfassenden ordnungsgemäß durchgeführten erstinstanzlichen Ermittlungsverfahren aufgetretenen Widersprüche bzw. Implausibilitäten wird nur dahingehend eingegangen, dass bei den durchgeführten Einvernahmen falsch bzw. unvollständig protokolliert wurde (sh. Pkt. II). Dieser Versuch ist jedoch nicht dazu geeignet, die Glaubwürdigkeit des BF zu bestärken, da dem BF die jeweiligen Angaben rückübersetzt und die Möglichkeit der Berichtigung und Ergänzung eingeräumt wurde. Nach der Judikatur ist ein bloßes - nicht näher substantiiertes - Behaupten bzw. Bestreiten, von Umständen in einer Beschwerde, von vornherein nicht geeignet der Beweiswürdigung konkret und substantiiert entgegen zu treten und dadurch eine ergänzende Ermittlungspflicht der Berufungsbehörde auszulösen (vg. ZB. VwGH 30.1.2000, 2000/20/0356).
Die gesteigerte Wiederholung seines erstinstanzlichen Vorbringens in der Beschwerde und die bloße Behauptung, seine Fluchtgründe wären glaubhaft, ist nicht tauglich um die Pflicht des Asylgerichtshofes zur Durchführung eines ergänzenden Ermittlungsverfahrens bzw. einer mündlichen Verhandlung zu begründen. Nach der Judikatur des VwGH reicht eine allgemeine Behauptung für eine Glaubhaftmachung nicht aus (VwGH 24.2.1993, 92/03/0011, 1.10.1997, 96/09/0007). Weder im erstinstanzlichen Verfahren noch in der Beschwerde wurden konkrete Beweisanbote erstattet bzw. konkrete Bescheinigungsmittel, aus denen sich ergibt, dass der BF die geschilderten fluchtkausalen Ereignisse, die er in wesentlichen Punkten derart vage und unsubstantiiert schilderte, dass ihm die Glaubhaftmachung folgerichtig versagt werden musste, tatsächlich selbst erlebt hätte.
Die Beschwerde versucht dem vagen und unsubstantiierten Vorbringen damit entgegenzutreten, dass der BF entscheidungsrelevante Details nicht ausdrücklich vorbrachte, da er nicht befragt wurde.
Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass gerade derartig gravierende Ereignisse, die einen sogar zum Verlassen seines Heimatlandes motivieren, und wie sie der BF behauptetermaßen persönlich erlebt haben will, einprägsam sind und in den wesentlichen Punkten auch nach längerer Zeit substantiiert erzählt werden können. Dieser Erklärungsversuch ist im Ergebnis nicht dergestalt konkret und substantiiert, dass der Asylgerichtshof zu einem ergänzenden Ermittlungsverfahren verpflichtet wäre.
Die freie Beweiswürdigung ist ein Denkprozess der den Regeln der Logik zu folgen hat und im Ergebnis zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten historisch-empirischen Sachverhalts, also von Tatsachen, führt. Der Verwaltungsgerichtshof führt dazu präzisierend aus, dass eine Tatsache in freier Beweiswürdigung nur dann als erwiesen angenommen werden darf, wenn die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefern (VwGH 28.09.1978, Zahl 1013, 1015/76). Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens,
5. Auflage, §45 AVG, E 50, Seite 305, führen beispielsweise in Zitierung des Urteils des Obersten Gerichtshofs vom 29.02.1987, Zahl 13 Os 17/87, aus: 'Die aus der gewissenhaften Prüfung aller für und wider vorgebrachten Beweismittel gewonnene freie Überzeugung der Tatrichter wird durch eine hypothetisch denkbare andere Geschehensvariante nicht ausgeschlossen. Muss doch dort, wo ein Beweisobjekt der Untersuchung mit den Methoden einer Naturwissenschaft oder unmittelbar einer mathematischen Zergliederung nicht zugänglich ist, dem Richter ein empirisch-historischer Beweis genügen. Im gedanklichen Bereich der Empirie vermag daher eine höchste, ja auch eine (nur) hohe Wahrscheinlichkeit die Überzeugung von der Richtigkeit der wahrscheinlichen Tatsache zu begründen,
(...)'.
Aufgrund der Feststellungen des Bundesasylamtes ist von auf ausreichend aktuelle Quellen (vgl. Erk. d. VwGHs. vom 9. März 1999, Zl. 98/01/0287 und sinngemäß im Zusammenhang mit Entscheidungen nach §4 AsylG 1997 das E. vom 11. November 1998, 98/01/0284, bzw. auch das E. vom 7. Juni 2000, Zl. 99/01/0210) basierenden Feststellungen auszugehen, welche den weiteren Ausführungen zu Grunde gelegt werden. Es ist allgemein zu den Feststellungen auszuführen, dass es sich bei den herangezogenen Quellen zum Teil um staatliche bzw. staatsnahe Institutionen handelt, die zur Objektivität und Unparteilichkeit verpflichtet sind.
Aus den Feststellungen ergibt sich, dass der armenische Staat grundsätzlich schutzfähig und schutzwillig ist. Auch sind demzufolge weder Jesiden noch andere Minderheiten Ziel systematischer und zielgerichteter staatlicher Repressionen. Im Falle von Straftaten gegen Angehörige von Minderheiten sind die Behörden schutzbereit. Strafanzeigen werden aufgenommen. Die Ermittlungen dauern zwar häufig sehr lange, aber dies ist grundsätzlich oft der Fall, auch bei Verfahren, die nur armenische Volkszugehörige betreffen.
Der AsylGH schließt sich diesen Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtene[n] Bescheid an und erhebt sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses (vgl. für viele exemplarisch VwGH 25.3.1999, 98/20/0559; 8.6.2000, 99/20/0366; 30.11.2000, 2000/20/0356; 22.2.2001, 2000/20/0557; 21.6.2001, 99/20/046; 01.3.2007, 2006/20/0005; 21.3.2007, 2007/19/0085-3
[Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]; 31.5.2007 2007/20/0488-6
[Ablehnung der Behandlung der Beschwerde]).
Nichtgewährung von Asyl gemäß §3 Asylgesetz
Gemäß §3 Abs1 Asylgesetz 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art1, Abschnitt A, Z. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Flüchtling i.S.d. Asylgesetzes ist, wer aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, sich außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.
Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffs ist die 'wohlbegründete Furcht vor Verfolgung'.
Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Licht der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist (vgl. zB. VwGH E vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011). Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation (aus Konventionsgründen) fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht. (VwGH E vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131; VwGH E vom 25.1.2001, Zl. 2001/20/0011).
Für eine 'wohlbegründete Furcht vor Verfolgung' ist es nicht erforderlich, dass bereits Verfolgungshandlungen gesetzt worden sind; sie ist vielmehr bereits dann anzunehmen, wenn solche Handlungen zu befürchten sind (VwGH E vom 26.2.1997, Zl. 95/01/0454, VwGH E vom 09.04.1997, Zl. 95/01/055), denn die Verfolgungsgefahr - Bezugspunkt der Furcht vor Verfolgung - bezieht sich nicht auf vergangene Ereignisse (vgl. VwGH E 18.4.1996, 95/20/0239; VwGH E vom 16.02.2000, Zl. 99/01/0397), sondern erfordert eine Prognose.
Verfolgungshandlungen die in der Vergangenheit gesetzt worden sind, können im Rahmen dieser Prognose ein wesentliches Indiz für eine Verfolgungsgefahr sein (vgl. VwGH E vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318).
Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in einem der Gründe haben, welche Art1 Abschnitt A Z2 GFK nennt (VwGH E vom 09.09.1993, Zl. 93/01/0284; VwGH E vom 15.03.2001, Zl. 99/20/0128); sie muss Ursache dafür sein, dass sich der Asylwerber außerhalb seines Heimatlandes bzw. des Landes seines vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein (VwGH E vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183, VwGH E vom 18.02.1999, Zl. 98/20/0468).
Relevant kann darüber hinaus nur eine aktuelle Verfolgungsgefahr sein; sie muss bei Bescheiderlassung vorliegen, auf diesen Zeitpunkt hat die der Asylentscheidung immanente Prognose abzustellen, ob der Asylwerber mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung aus den in Art1 Abschnitt A Z2 Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen zu befürchten habe (VwGH vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233).
Eine Verfolgung, d.h. ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des Einzelnen, kann weiters nur dann asylrelevant sein, wenn sie aus den in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründen (Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung) erfolgt, und zwar sowohl bei einer unmittelbar von staatlichen Organen ausgehenden Verfolgung als auch bei einer solchen, die von Privatpersonen ausgeht (VwGH 27.01.2000, Zl. 99/20/0519, VwGH 22.03.2000, Zl. 99/01/0256, VwGH 04.05.2000, Zl. 99/20/0177, VwGH 08.06.2000, Zl. 99/20/0203, VwGH 21.09.2000, Zl. 2000/20/0291, VwGH 07.09.2000, Zl. 2000/01/0153, u.a.).
Im gegenständlichen Fall sind nach Ansicht der erkennenden Richter die dargestellten Voraussetzungen, nämlich eine aktuelle Verfolgungsgefahr aus einem in der GFK angeführten Grund nicht gegeben.
Der BF vermochte nämlich keine asylrelevante Verfolgung glaubhaft zu machen bzw. darzutun.
Angesichts der getroffenen Feststellungen, wonach das Vorbringen des BF zu seiner konkreten Bedrohungssituation als unglaubwürdig beurteilt wurde und des Umstandes, dass im gesamten Verfahren auch keine andere konkret den BF betreffende individuelle, auf Konventionsgründen beruhende Gefahr in Armenien festgestellt werden konnte, war der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides der Erfolg versagt.
Selbst wenn man die Angaben der BF für wahr erachten würde, drohe dem BF in Armenien keine Verfolgung im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention.
Würde der BF in Armenien aufgrund seiner Volksgruppenzugehörigkeit - Verfassung garantiert Minderheitenrechte - tatsächlich von Mitgliedern der HANRABEDAGAN-Partei verfolgt werden, wären die staatlichen Behörden - wie auch aus den dem BF vorgehaltenen Länderfeststellungen hervorgeht -jedenfalls fähig und willens dem BF wirksamen Schutz zu gewähren. Es ist nicht bekannt, dass Yeziden in den letzten Jahren staatlicher Diskriminierung unterzogen worden wären. Es gibt eigene Yeziden Sendungen im Fernsehen. Weiters werden eigene Schulbücher für Yeziden erarbeitet.
Auch das Vorliegen eines Nachfluchtgrundes ist im gegenständlichen Fall zu verneinen. Nach den getroffenen Feststellungen gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Fremde, die aus dem Ausland nach Armenien zurückkehren, nunmehr asylrelevanten Verfolgungshandlungen ausgesetzt wären.
Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I des Bescheides des Bundesasylamtes war somit abzuweisen."
3.2. Die Erwägungen des AsylGH zur Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten lauten auszugsweise wie folgt:
"Wie bereits oben ausgeführt, gelang es dem BF nicht, eine Verfolgung im Sinne der GFK darzutun, daher bleibt zu prüfen, ob es im vorliegenden Fall begründete Anhaltspunkte dafür gibt, der BF liefe Gefahr, in Armenien einer Bedrohung im Sinne des §50 Abs1 FPG unterworfen zu werden.
Weder aus den Angaben des BF zu den Gründen die für die Ausreise maßgeblich gewesen sind, noch aus den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens ist im konkreten Fall ersichtlich, dass jene gemäß der Judikatur des EGMR geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegen würde, um die Außerlandesschaffung eines Fremden im Hinblick auf außerhalb staatlicher Verantwortlichkeit liegende Gegebenheiten im Zielstaat im Widerspruch zu Art3 EMRK erscheinen zu lassen (VwGH E vom 21.08.2001, Zl. 2000/01/0443).
Die seitens des BF geltend gemachten Fluchtgründe wurden mit näherer Begründung für unglaubwürdig erachtet. Der BF hat - wie bereits ausgeführt - keine Fluchtgründe im Sinne der GFK glaubhaft gemacht. Die Drohungen bzw. Misshandlungen von Mitgliedern der HANRABEDAGAN-Partei an den BF wurden für unglaubwürdig erachtet und ist es daher grundsätzlich nicht erforderlich, zu prüfen, ob der armenische Staat fähig bzw. willig ist dem BF im Falle seiner Rückkehr vor weiteren Übergriffen zu schützen. Trotzdem ist darauf hinzuweisen, dass auch im Falle krimineller Delikte bzw. Übergriffe von einer ausreichenden Schutzfähigkeit und Schutzwilligkeit der Sicherheitskräfte in Armenien ausgegangen werden kann und besteht kein hinreichender Anhalt für eine Duldung von Übergriffen oder für eine mangelnde Bereitschaft bzw. Fähigkeit der Sicherheitskräfte, Schutz zu gewähren."
4. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144 B-VG (richtig wohl: Art144a B-VG) erhobenen Beschwerde wird die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (richtig wohl: auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander) geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
5. Der AsylGH hat die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie die Gerichtsakten vorgelegt, die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt und von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand genommen.
II. Der Verfassungsgerichthof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Nach der mit VfSlg. 13.836/1994 beginnenden, nunmehr ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (s. etwa VfSlg. 14.650/1996 und die dort angeführte Vorjudikatur; weiters VfSlg. 16.080/2001 und 17.026/2003) enthält ArtI Abs1 des Bundesverfassungsgesetzes zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, das allgemeine, sowohl an die Gesetzgebung als auch an die Vollziehung gerichtete Verbot, sachlich nicht begründbare Unterscheidungen zwischen Fremden vorzunehmen. Diese Verfassungsnorm enthält ein - auch das Sachlichkeitsgebot einschließendes - Gebot der Gleichbehandlung von Fremden untereinander; deren Ungleichbehandlung ist also nur dann und insoweit zulässig, als hiefür ein vernünftiger Grund erkennbar und die Ungleichbehandlung nicht unverhältnismäßig ist.
Diesem einem Fremden durch ArtI Abs1 leg.cit. gewährleisteten subjektiven Recht widerstreitet eine Entscheidung, wenn sie auf einem gegen diese Bestimmung verstoßenden Gesetz beruht (vgl. zB VfSlg. 16.214/2001), wenn der Asylgerichtshof dem angewendeten einfachen Gesetz fälschlicherweise einen Inhalt unterstellt hat, der - hätte ihn das Gesetz - dieses als in Widerspruch zum Bundesverfassungsgesetz zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl. 390/1973, stehend erscheinen ließe (s. etwa VfSlg. 14.393/1995, 16.314/2001) oder wenn er bei Fällung der Entscheidung Willkür geübt hat (zB VfSlg. 15.451/1999, 16.297/2001, 16.354/2001 sowie VfGH 7.11.2008, U67/08).
2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 15.451/1999, 15.743/2000, 16.354/2001, 16.383/2001).
Ein willkürliches Verhalten liegt insbesondere dann vor, wenn die Behörde den Bescheid mit Ausführungen begründet, denen jeglicher Begründungswert fehlt (s. etwa VfSlg. 13.302/1992 mit weiteren Judikaturhinweisen, 14.421/1996, 15.743/2000). Für Entscheidungen des Asylgerichtshofes gelten sinngemäß dieselben verfassungsrechtlichen Schranken.
3. Derartige in die Verfassungssphäre reichende Fehler sind dem AsylGH unterlaufen (vgl. VfGH 7.11.2008, U67/08; 3.12.2008, U131/08; 11.3.2009, U132/08):
Im angefochtenen Erkenntnis hat der belangte Gerichtshof nicht selbst den Anforderungen des §60 AVG entsprochen, sondern der Sache nach lediglich die Begründung des BAA mit den Worten des §60 AVG qualifiziert und erklärt, dass er sich den "Ausführungen des Bundesasylamtes im angefochtenem [wohl richtig: angefochtenen] Bescheid an[schließt] und ... sie zum Inhalt des gegenständlichen Erkenntnisses [erhebt]". Hinsichtlich der Beweiswürdigung, wird unter wiederholter Verweisung auf die Beweiswürdigung des BAA, die Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens wegen Widersprüchen und Implausibilitäten betont, ohne eigene nachvollziehbare beweiswürdigende Ausführungen vorzunehmen oder die Argumente des BAA konkret aufzuzeigen. Vielmehr begnügt sich der AsylGH diesbezüglich mit Ausführungen allgemeiner Art, denen jeglicher auf den konkreten Anlassfall bezogener Begründungswert fehlt. Er setzt sich selbst lediglich mit dem Vorbringen der Beschwerde auseinander, nimmt jedoch keine eigene Beurteilung des Fluchtsachverhaltes vor. Das Erkenntnis des AsylGH ist daher insgesamt wegen des Fehlens einer hinlänglichen Auseinandersetzung mit den für die Beweiswürdigung maßgeblichen Argumenten nicht in einer Weise nachvollziehbar, dass es den dargestellten verfassungsrechtlichen Erfordernissen genügt.
Die bekämpfte Entscheidung verstößt deshalb gegen das Willkürverbot des Gebotes der Gleichbehandlung von Fremden untereinander und gegen das rechtsstaatliche Gebot der Begründung gerichtlicher Entscheidungen.
Die Entscheidung ist daher aufzuheben.
III. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.
Die Kostenentscheidung gründet auf §§88a iVm 88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.