JudikaturVfGH

B1072/09 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
11. März 2010

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Begründung:

I. Mit Schriftsatz vom 28. Jänner 2010, beim

Verfassungsgerichtshof eingelangt am 29. Jänner 2010, begehrt die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Behebung eines Mangels der Beschwerde gegen den Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 15. Juli 2009, Z DS - 116/2009, und holt unter einem die versäumte Prozesshandlung - das ist die Berufung auf die erteilte Vollmacht - nach.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages führt die Antragstellerin im Wesentlichen Folgendes aus:

"Dazu wird ausgeführt, dass ich durch meinen ausgewiesenen Rechtsvertreter rechtzeitig die Beschwerde nach Art144 BVG eingebracht habe. In weiterer Folge wurde vom V[f]GH mit Beschluss vom 23. September 2009 der Auftrag erteilt, entweder eine urkundliche Vollmacht vorzulegen, bzw. eine Berufung auf die erteilte Vollmacht gem. §30 Abs2 ZPO vorzunehmen. Die Frist endete am 12.10.2009.

Diesem Auftrag wurde insbesondere nachgekommen, indem der

Schriftsatz vom 12.10.2009, welcher mit gegenständlichem Antrag auf

Wiedereinsetzung vorgelegt wird, von der Sekretärin ... am 1.10.2009

(fälschlicherweise bezeichnet mit 1.9.2009) geschrieben wurde und zur

Abfertigung am 12.10.2009 vorbereitet wurde. Dazu wird ausgeführt,

dass in der Kanzlei meines Rechtsvertreters die postalisch

abgefertigten Schriftstücke mit einer eigenen Frankiermaschine

frankiert werden und kuvertiert werden. Dies wird mit dem Vermerk

versehen 'abgefertigt am: 12.10.2009, ... = Kürzel f. ...). Dies

bedeutet, dass das Schreiben entsprechend abgefertigt und zur Post

gebracht wird. An diesem Tag, hat das von Frau ... eingepackte

Kuvert, Mag. ... persönlich zur Post gebracht, in welchem sich die

Verbesserung befand und die mir erteilte Vollmacht nach §30 Abs2 ZPO dargelegt wurde. Dabei wurde das Schreiben zur Postfiliale nach Mistelbach gebracht und auch per Einschreiben an den Verfassungsgerichtshof, per Adresse Judenplatz 11, 1010 Wien aufgegeben.

Dieser Vorgang ist Herrn Mag. ... gerade deswegen derart in

Erinnerung, da es kaum vorkommt, dass dieser Briefe zur Post bringt

und dies beinahe ausschließlich vom Sekretariat der Kanzlei erledigt

wird. An diesem Tag verließ jedoch Mag. ... früher die Kanzlei, da er

an diesem Tag Geburtstag hatte und daher die Kanzleitätigkeit an

diesem Tag früher beendet wurde. Ferner handelt es sich bei mir um

eine Stammklientin, welche bereits seit Jahren den Dienste[n] der

Kanzlei ... vertraut. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen konnte

jedoch der Einschreibzettel, der damals ausgestellt wurde, nicht

aufgefunden werden. Aus nicht näher nachvollziehbaren Gründen hat

daher offensichtlich der V[f]GH diese Verbesserung, die per

12.10.2009 zur Post gegeben wurde, nicht erhalten. Es ist insoferne

außergewöhnlich, als derartiges in der Kanzlei meines

Rechtsvertreters noch nie passiert ist und Frau ... betreffend

Abfertigungsvermerk[en] besondere Sorgfalt an den Tag legt und dieser

Sekretärin diesbezüglich auch noch nie ein Fehler unterlief. RA

Mag. ... ging daher davon aus, dass dieses Einschreiben de[n]

Verfassungsgerichtshof erreichen werde und damit klargestellt ist,

dass sich die ausgewiesene Kanzlei auf die mündlich erteilte

Vollmacht nach §30 ... Abs2 ZPO beruft.

Tatsache ist, dass Nachforschungen nunmehr ergeben haben, dass durch die Postfiliale Mistelbach nicht mehr nachvollzogen werden kann, ob bzw. wie allenfalls dieses Einschreiben den V[f]GH nicht erreicht hat. Jedenfalls ist diese Verbesserung durch ein unvorhergesehenes bzw. offensichtlich unabwendbares Ereignis beim V[f]GH nicht angekommen und kann auf Grund der verstrichenen Zeit nach Bekanntwerden dieser Tatsache auch nicht mehr nachvollzogen werden, da erst am 14.1.2010 die Kanzleipartnerschaft davon Kenntnis erlangt hat, dass dieser Schriftsatz offensichtlich postalisch den V[f]GH nicht erreicht hat."

II. 1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144 B-VG wegen

Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 VfGG die entsprechenden Bestimmungen der §§146 ff. ZPO sinngemäß anzuwenden.

2. Nach §146 ZPO ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für die Partei den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte.

3. Der Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung muss gemäß §148 Abs2 ZPO innerhalb von 14 Tagen gestellt werden. Diese Frist beginnt mit dem Tag, an welchem das Hindernis, welches die Versäumung verursachte, weggefallen ist.

Die Frist - sie begann mit Zustellung des Beschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom 1. Dezember 2009, B1072/09-5, am 14. Jänner 2010 zu laufen - wurde im vorliegenden Fall gewahrt (der Antrag auf Wiedereinsetzung langte am 29. Jänner 2010 beim Verfassungsgerichtshof ein).

4. Nach §149 Abs1 ZPO hat die Partei, welche die Wiedereinsetzung beantragt, im bezüglichen Schriftsatz (insbesondere) die Mittel zur Glaubhaftmachung aller den Wiedereinsetzungsantrag begründenden Umstände anzugeben.

4.1. Der Antragstellerin ist es mit ihren Ausführungen nicht gelungen, das Vorliegen eines Wiedereinsetzungsgrundes darzutun:

4.2. Beim Verfassungsgerichtshof sind zu den Geschäftszahlen B1071/09 und B1072/09 zwei Bescheidbeschwerdeverfahren derselben Beschwerdeführerin, eingebracht durch denselben Rechtsanwalt, anhängig. In beiden Verfahren berief sich der Rechtsanwalt bei Einbringung der Beschwerden nicht auf die ihm erteilt Vollmacht. In beiden Verfahren erteilte der Verfassungsgerichtshof mit Verfügung vom 22. September 2009 - dem Rechtsanwalt jeweils am 28. September 2009 zugestellt - den Auftrag, diese Mängel zu beheben.

Im Verfahren B1071/09 erfolgte mit rechtzeitig zur Post gegebenem Schriftsatz vom 12. Oktober 2009 (auf der ersten Seite fälschlicherweise als Schreiben vom "2009-09-01" bezeichnet) - beim Verfassungsgerichtshof am 14. Oktober 2009 eingelangt - eine Behebung des Mangels. Im Verfahren B1072/09 langte beim Verfassungsgerichtshof keine Mängelbehebung ein, weshalb mit Beschluss vom 1. Dezember 2009, B1072/09-5, die Beschwerde wegen nicht behobenen Mangels formeller Erfordernisse zurückgewiesen wurde.

Der einschreitende Rechtsanwalt legt nun dem Wiedereinsetzungsantrag zu B1072/09 eben jene "Verbesserung" als Bescheinigungsmittel bei, die der Verfassungsgerichtshof bereits am 14. Oktober 2009 im Verfahren B1071/09 erhalten hat und welche sich eindeutig nur auf das Verfahren "1071/09" bezieht. Auf diesem Schreiben befindet sich der zusätzliche handschriftliche Vermerk, dass es sich um eine "KOPIE der am 12.10.2009 überreichten Verbesserung, die in entsprechender Ausfertigung im Akt zurückblieb", handle.

Das Vorbringen des einschreitenden Rechtsanwaltes im Wiedereinsetzungsantrag, wonach "aus nicht nachvollziehbaren Gründen

... jedoch der Einschreibzettel, der damals ausgestellt wurde, nicht

aufgefunden werden" könne, kann außer Betracht bleiben, weil der einschreitende Rechtsanwalt selbst angibt, dass es sich bei dem nun vorgelegten Schreiben um eine Kopie der zu B1071/09 eingebrachten "Verbesserung" handelt. Diese "Verbesserung" hat der Verfassungsgerichtshof erhalten und - der angegebenen Aktenzahl entsprechend - zur Zahl B1071/09 zum Akt genommen. Der Antragstellerin ist es sohin nicht gelungen glaubhaft zu machen, dass der aufgetragenen Mängelbehebung in diesem Verfahren nachgekommen wurde. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher abzuweisen.

4.3. Dieser Beschluss konnte gemäß §33 zweiter Satz bzw. §19 Abs4 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.

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