JudikaturVfGH

B446/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
14. Juni 2010

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung:

I. 1. Nach Aufhebung eines gegen den Beschwerdeführer ergangenen

Disziplinarerkenntnisses in seinem Strafausspruch mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. September 2008, B1381/07, führte die Oberste Berufungs- und Disziplinarkommission (OBDK) im fortgesetzten Verfahren am 15. Juni 2009 eine mündliche Verhandlung durch. In der Folge beantragte der Beschwerdeführer mit näherer Begründung die Berichtigung des Verhandlungsprotokolls, dem die OBDK mit Beschluss vom 2. November 2009 nur teilweise Folge gab.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der diese ohne weiteres Verfahren mit Beschluss vom 25. Februar 2010, 2009/06/0268, und der Begründung zurückwies, Entscheidungen der OBDK unterlägen gemäß §64 Abs1 letzter Satz des Disziplinarstatutes für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter, BGBl. 474/1990 (DSt), nicht der Aufhebung oder Abänderung im Verwaltungsweg, weil es sich bei der entscheidenden Behörde um eine Behörde im Sinne des Art20 Abs2 Z3 B-VG handle und die Beschwerde gemäß Art133 Z4 B-VG unzulässig sei.

Der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes wurde dem Beschwerdeführer am 15. März 2010 zugestellt.

2. Mit dem vorliegenden, am 29. März 2010 zur Post gegebenen Schriftsatz begehrt der Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof unter Nachholung der versäumten Prozesshandlung die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art144 B-VG.

Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag damit, er und sein Rechtsvertreter hätten aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 14.974/1997 den Schluss gezogen, von einer Kollegialbehörde könne immer nur dann die Rede sein, wenn mehr als ein Organwalter an der Willensbildung beteiligt sei. Im vorliegenden Fall habe über den Protokollberichtigungsantrag ein einzelnes Senatsmitglied der OBDK entschieden, sodass sie die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für zulässig erachtet hätten. Erst mit Zustellung des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofes seien sie dieses Irrtums gewahr geworden.

II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist zulässig, jedoch nicht begründet:

Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Im vorliegenden Fall liegt kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis im Sinne der zitierten Gesetzesbestimmung vor.

Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung betont hat, bildet ein Rechtsirrtum über das Bestehen einer Beschwerdemöglichkeit, dem ein Beschwerdeführer unterlegen ist, kein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis, das nach den §§33 und 35 Abs1 VfGG iVm §146 Abs1 Satz 1 ZPO die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand rechtfertigen würde (vgl. VfSlg. 15.246/1998 mwH).

Dem Beschwerdeführer wäre es - wie er im Antrag ohnehin einräumt - offen gestanden, unabhängig von der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, den Beschluss der OBDK vom 2. November 2009 gemäß §82 Abs1 VfGG auch beim Verfassungsgerichtshof anzufechten. Gerade das vom Beschwerdeführer zur Begründung seines Antrages herangezogene Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 14.974/1997 hätte diese Vorgehensweise nahe gelegt, geht daraus doch hervor, dass die OBDK auch in diesem Fall als Kollegialbehörde mit richterlichem Einschlag entschieden hat.

Der Antrag ist daher mangels der gesetzlichen Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung abzuweisen (§35 VfGG iVm §§46 ff ZPO).

III. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der bekämpfte Bescheid wurde dem Beschwerdeführer am 9. November 2009 zugestellt. Die sechswöchige Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (§82 Abs1 VfGG) endete daher am 21. Dezember 2009.

Die am 29. März 2010 zur Post gegebene Beschwerde ist sohin wegen Versäumung der sechswöchigen Beschwerdefrist gemäß §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

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