V110/09 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 18. März 2003 betreffend Einschränkungen der Freizeitnutzung am Bregenzer Seeufer, kundgemacht durch Anschlag an der Amtstafel vom 3. April 2003 bis 6. Mai 2003, wird als gesetzwidrig aufgehoben.
Die Vorarlberger Landesregierung ist zur unverzüglichen Kundmachung dieses Ausspruches im Landesgesetzblatt verpflichtet.
Die Landeshauptstadt Bregenz ist schuldig, dem Antragsteller zuhanden seiner Rechtsvertreterin die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
I. 1. Mit dem vorliegenden Antrag gemäß Art139 Abs1 B-VG begehrt
der Einschreiter, die Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vom 18. März 2003 betreffend Einschränkungen der Freizeitnutzung am Bregenzer Seeufer, zur Gänze, in eventu teilweise wegen Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit aufzuheben. Diese Verordnung wurde gemäß §32 Vbg. Gesetz über die Organisation der Gemeindeverwaltung, LGBl. 40/1985 idF LGBl. 58/2001, durch Anschlag an der Amtstafel vom 3. April 2003 bis 6. Mai 2003 kundgemacht.
Diese gemäß §50 Abs1 lita Z10 iVm §18 Vbg. Gesetz über die Organisation der Gemeindeverwaltung erlassene Verordnung hat folgenden Wortlaut:
"§1 Geltungsbereich
Der Geltungsbereich dieser Verordnung umfasst die in der [dem Verordnungstext beigefügten] Anlage rot dargestellten Flächen laut Lageplan des Amtes der Landeshauptstadt Bregenz, die sich vom Fischerhafen (Bilgeribach) bis zum Wocherhafen erstrecken (im Folgenden 'Seeuferbereich').
Der Seeuferbereich erstreckt sich auch auf jene Wasserfläche, in der die Ausübung der Sportfischerei ohne Boot noch möglich ist.
§2 Verbote
Im Seeuferbereich ist das Fischen mit Fanggeräten zwischen dem 01. Juni und dem 30. September eines jeden Jahres, in der Zeit von 10.00 Uhr bis 20.00 Uhr, verboten. Die Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee bleibt unberührt.
§3 Verwaltungsübertretung
Das Nichtbefolgen der Bestimmungen dieser Verordnung wird von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung bestraft.
§4 Wirksamkeit
Diese Verordnung tritt mit dem auf die Kundmachung folgenden Tag in Kraft."
2. Der Antragsteller - ein Fischereiberechtigter hinsichtlich einiger von der angefochtenen Verordnung erfassten Uferbereiche des Bodensees - bringt vor, dass die Gemeinde zur Erlassung der ortspolizeilichen Verordnung nicht zuständig gewesen sei und dass durch die Verordnung in seine verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte eingegriffen werde, weil die Sportfischerei in den erfassten Bereichen zu den von der Verordnung angeführten Zeiten verboten würde.
2.1.1. Zur Antragslegitimation bringt der Einschreiter Folgendes vor:
"Zum Nachweis der Antragslegitimation verweist der Antragsteller darauf, dass ihm ein dingliches Fischereirecht betreffend den von der Verordnung bzw. von dem deren integrierenden Bestandteil bildenden Lageplan erfassten Flächen zusteht. Durch die angefochtene Verordnung einschließlich deren einen integralen Bestandteil bildenden Lageplan wird dem Antragsteller seine Möglichkeit zur Fischereiausübung einschließlich deren Weitergabe an Dritte beschnitten, wobei die Verordnung in das Fischereirecht des Antragstellers unmittelbar und aktuell eingreift, ohne dass es hierfür einer behördlichen Entscheidung bedarf. Für den Fall des Zuwiderhandelns muss der Antragsteller mit der Verhängung einer Verwaltungsstrafe rechnen, was dem Antragsteller nicht zumutbar ist (VfSlg. 8396). Es steht dem Antragsteller auch ein anderer zumutbarer Weg nicht zur Verfügung, um sich gegen die gesetz- und verfassungswidrige Verordnung zur Wehr setzen zu können. Die Antragslegitimation ist daher gegeben."
2.1.2. Der Antragsteller behauptet zunächst, dass der Landeshauptstadt Bregenz die Kompetenz zur Erlassung der angefochtenen Verordnung fehle:
"Nach §4 Abs1 lita des Gesetzes über die Bodenseefischerei, LGBl. Nr. 1/2002, 38/2002, 36/2004, 1/2008 hat die Landesregierung zur Durchführung der Bestimmungen des §3 Abs2 leg. cit. durch Verordnung nähere Vorschriften zu erlassen über die Art, Beschaffenheit und Verwendung der Fischereigeräte, insbesondere über die zeitliche Beschränkung oder das Verbot von Fangarten und der Verwendung von Fischereigeräten sowie über Ausmaß, Maschenweite und Fadenstärke der Netze, wobei nach §3 Abs2 leg. cit. die Fischerei so auszuüben ist, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet, den Grundsätzen des Tierschutzes und den fischereikundlichen Erkenntnissen entsprochen, ein wertvoller und artenreicher Bestand an Fischen einschließlich ihrer Lebensgrundlagen erhalten und die sonst im und am Bodensee lebende Tierwelt nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird. Im Hinblick auf die durch den Landesgesetzgeber der Landesregierung eingeräumte Ermächtigung zum Erlass einer entsprechenden Durchführungsverordnung verbleibt im Hinblick auf das verfassungsrechtliche Kompetenzgefüge den Gemeindeorganen kein Raum zum Erlass einer ortspolizeilichen Verordnung über denselben Regelungsgegenstand.
Oder anders: ein im selbständigen Wirkungsbereich der Gemeinde gelegener Regelungsgegenstand liegt im Hinblick auf die kumulativen Voraussetzungen des Art118 Abs2 B-VG, Art74 Abs2 des Verfassungsgesetzes über die Verfassung des Landes Vorarlberg, LGBl. Nr. 9/1999 idgF (im Folgenden: Vbg. Landesverfassung) - entsprechende Gelegenheit, Geeignetheit und Bezeichnungspflicht der Angelegenheit als vom gemeindeeigenen Wirkungsbereich umfasst - dann nicht vor, wenn der Gesetzgeber diesen Regelungsgegenstand ausdrücklich anders dahingehend regelt, dass er ihn zur näheren verordnungsmäßigen Ausgestaltung den Landesbehörden zuweist. Über diese Vorgabe des Verfassungsgesetzgebers kann sich die belangte Behörde beim Verordnungserlass nicht hinwegsetzen, ohne eine Gesetz- bzw. Verfassungswidrigkeit im Hinblick auf Art118 Abs2 Satz 2 B-VG, Art74 Abs2 Vbg. Landesverfassung zu begründen. Die Gemeinde bzw. die Landeshauptstadt Bregenz kann nicht beim gleichen Regelungsgegenstand verbieten, was der Landesgesetzgeber erlaubt. Der Landesgesetzgeber lässt bezüglich Fangarten und Fischereigeräte[n] nur eingeschränkte Verbote im Verordnungsweg zu. Die Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee, LGBl. Nr. 32/1982 idgF, erlaubt in deren §§3 ff leg. cit., was die Verordnung der Landeshauptstadt Bregenz betreffend Einschränkungen der Freizeitnutzung am Bregenzer Seeufer nun verbietet. Insoferne, als die bekämpfte Verordnung keinen neuen Regelungsgegenstand beinhaltet bzw. den beinhalteten Regelungsgegenstand gesetzwidrig ausgestaltet, ist die bekämpfte Verordnung verfassungs- bzw. gesetzwidrig. Wenn die belangte Behörde vor diesem Hintergrund die Wendung 'unbeschadet bestehender Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes Vorarlberg' in die Präambel der bekämpften Verordnung aufnimmt, so vermag das den Verstoß gegen das verfassungsrechtlich gebotene Kompetenzgefüge im Hinblick auf Art118 B-VG nicht zu retten, denn Präambeln kommt keine Rechtsqualität, in concreto keine Verordnungsqualität, zu."
Im Weiteren behauptet der Antragsteller mit näherer Begründung die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf Unversehrtheit des Eigentums und auf Freiheit der Erwerbsbetätigung sowie die Gesetzwidrigkeit des §3 der angefochtenen Verordnung, da "es unter Legalitätsaspekten eines genau determinierten Strafrahmens in der Norm selbst, in concreto in der Verordnung (bedürfe), aufgrund derer die Bezirksverwaltungsbehörde Vollzugsmaßnahmen setzt. Ein solcher rechtsstaatlich gebotener Strafrahmen fehlt. Es liegt ein Verstoß gegen das Rechtsstaatsprinzip (Art18 B-VG) vor."
Auch aus kompetenzrechtlichen Gründen sei es - so der Antragsteller - unzulässig, dass die vollziehende Behörde selbst den Strafrahmen anstelle des Verordnungsgebers aufstelle, den sie dann in einem vollziehen würde. §3 der bekämpften Verordnung verstoße daher gegen das Rechtsstaatsgebot sowie gegen kompetenzrechtliche (bundesstaatliche) Vorgaben.
2.2. Die verordnungserlassende Behörde erstattete eine Äußerung, in der sie die kostenpflichtige Zurück- bzw. Abweisung beantragt.
Im Einzelnen führt sie zur Frage der Antragslegitimation Folgendes aus:
"Dem Beschwerdeführer steht unbestritten das verdinglichte
Dienstbarkeitsrecht der Berufsfischerei zu, im Grundbuch als
Fischerei bezeichnet. Die Urkunden TZI 489/1908 und 585/1908, auf
deren Grundlage das Recht verbüchert wurde, sind - wie das BG Bregenz
als Grundbuchsgericht mitteilt - unauffindbar. Alle seine
Rechtsvorgänger - bis hin zu seinem Vater ... - waren aber
Berufsfischer. Die Verordnung schränkt nur die Freizeitnutzung (in
bestimmten Uferabschnitten zu bestimmten Zeiten) ein, nicht die
Berufsnutzung. Soweit der Beschwerdeführer ... nicht mehr als
Berufsfischer arbeitet[,] sondern Sportfischerkarten verkauft, ist dies von der Dienstbarkeit nicht gedeckt. Die von der Verordnung angesprochenen Sportfischer fischen mit Ruten vom Ufer aus. Berufsfischer angeln ihre Fische aber nicht einzeln. Die Verordnung hindert den Beschwerdeführer nicht an der korrekten Ausübung seiner Dienstbarkeit (Patente vorausgesetzt). Die Antragslegitimation wird daher bestritten."
Zur Frage der fehlenden Verordnungskompetenz und den behaupteten Verstößen gegen verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte führt die verordnungserlassende Behörde Folgendes aus:
"Der Beschwerdeführer bestreitet die Verordnungskompetenz der Landeshauptstadt Bregenz und begründet dies damit, das Landesgesetz über die Bodenseefischerei ordne diese Kompetenz ausschließlich dem Land zu. In den Schutzzweck des Bodenseefischereigesetzes fallen Fischerei und Fischereiaufsicht, insbesondere die Erhaltung eines gesunden und artenreichen Fischbestandes. Die bekämpfte ortspolizeiliche Verordnung regelt also gerade nicht denselben Gegenstand, die Verordnungskompetenz fehlt keineswegs (§18 Gemeindegesetz iVm Art118 (6) B-VG), weil in diesem Bereich ein gesetzesfreier Raum gegeben war. Diese unsere Rechtsauffassung wird vom Land Vorarlberg, das eine eigene Gegenäußerung erstattet, geteilt. Wenn der Beschwerdeführer ausführt, es liege eine Angelegenheit des übertragenen Wirkungsbereiches vor, übersieht er §17 Gemeindegesetz. Wir sind im eigenen Wirkungsbereich tätig geworden.
Verletzung des Grundrechtes der Gleichheit vor dem Gesetz:
Die angefochtene Verordnung schränkt die Freizeitnutzung am Bregenzer Seeufer ein, und zwar in planlich dargestellten Teilen des Seeuferbereiches, worunter die Verordnung die Wasserflächen versteht, in deren Bereich die Ausübung der Sportfischerei ohne Boot möglich ist. Es wird das Fischen mit Fanggeräten in bestimmten Zeiträumen verboten. Fanggeräte sind gemäß §16 der Bodenseefischereiverordnung in der Sportfischerei verwendete Geräte. Berufsfischerei wird (notorische Tatsache) nur vom Boot aus ausgeübt. Auch aus dem Motivenbericht ergibt sich, dass die Verordnung nur Freizeitfischer (=Sportfischer) meint. Eine unsachliche Differenzierung liegt daher nicht vor. Gegen den Gleichheitsgrundsatz wurde nicht verstoßen.
Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass die ... aufgestellte Behauptung, der Beschwerdeführer habe die Fischerei regelmäßig und ununterbrochen ausgeübt, nicht zutrifft. Die Ausübung der Berufsfischerei auf dem Bodensee erfordert nämlich ein sogenanntes 'Hochseepatent', das Martin Bilgeri, Vater und Rechtsvorgänger des Beschwerdeführers, wegen mehrfachen Verstoßes gegen fischereirechtliche Vorschriften jahrelang nicht hatte (...). Der Beschwerdeführer selbst übt die Berufsfischerei überhaupt nicht aus, jedenfalls nicht am Bodensee. Auch ihm fehlen jegliche Fischerpatente. Er lebt in Spanien.
Verletzung des Grundrechtes auf Unverletzlichkeit des Eigentums:
Verfassungsrechtlich ist eine Beschränkung von Privatrechten möglich, um einem Gebot des allgemein Besten zu entsprechen. Ortspolizeiliche Verordnungen dürfen in das Eigentum eingreifen. Die Beschränkung darf nicht unverhältnismäßig sein und muss im öffentlichen Interesse liegen. Beides trifft zu. Das Fischereirecht Bilgeri erstreckt sich über eine Uferlänge von 11,159 km. Die bekämpfte Verordnung wirkt nur in Teilbereichen davon, insgesamt 1,684 km, das sind diejenigen 15,1 % des Uferbereiches, in denen es zuvor zu Konflikten zwischen Erholungssuchenden und Sportfischern gekommen war, insbesondere Badestrände, Badewiesen und Hafenbereiche, wo die Sportfischer ihre Ruten bevorzugt ausgelegt hatten. Bedenkt man, dass Berufsfischerei ohnedies nicht im Uferbereich[,] sondern vom Boot aus ausgeübt wird, wird deutlich, dass die Verordnung für die Ausübung der den Gegenstand der Dienstbarkeit bildenden Berufsfischerei keine praktische Bedeutung hat. Von Unverhältnismäßigkeit kann daher keine Rede sein. Die Verordnung soll dem oben dargelegten Nutzungskonflikt entgegenwirken, dient also dem Interesse einer breiten Öffentlichkeit, die das Bodenseeufer als Erholungsgebiet (Baden, Segeln, Rudern, etc) nutzt. Der Schutz der Interessen einer Erholung suchenden Bevölkerung rechtfertigt die Verordnung, dies umso mehr, als - siehe oben - die Ausübung der Dienstbarkeit nur noch durch den Verkauf von Sportfischerkarten ohnedies nicht zulässig ist.
Wir haben durchaus nach dem gelindesten Mittel zur Zielerreichung gesucht und gerade deswegen den Geltungsbereich der Verordnung zeitlich und räumlich stark eingeschränkt.
Verletzung des Grundrechtes auf Erwerbsfreiheit:
Die Dienstbarkeit der Fischerei - gemeint Berufsfischerei - bildet für die vom Beschwerdeführer geübte Praxis, Sportfischerkarten in großer Anzahl zu verkaufen (selbst aber nicht mehr als Berufsfischer tätig zu sein), keine Rechtsgrundlage. Die Verordnung beschränkt nur die Sportfischerei. Eine Einschränkung der Erwerbsfreiheit kann daher nicht gegeben sein.
Der wiederholte Hinweis auf die Möglichkeit, eine Haftpflichtversicherung zu verlangen, geht ins Leere: Es geht nicht um die Deckung von Schadensrisiken[,] sondern um die Vermeidung von Nutzungskonflikten."
Dem Vorbringen hinsichtlich der Gesetzwidrigkeit des §3 der angefochtenen Verordnung wird Folgendes entgegengehalten:
"Der Beschwerdeführer übersieht Art118 (6) B-VG, wonach der Verstoß gegen die Verordnung zur Verwaltungsübertretung erklärt werden darf, und §98 (3) Gemeindegesetz, welche Bestimmung den Strafrahmen für die Verletzung ortspolizeilicher Verordnungen vorsieht."
2.3. Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Äußerung, in der sie zur Frage der Verfassungskonformität der angefochtenen Verordnung u.a. Folgendes ausführt:
"1. Die angefochtene Verordnung stützt sich auf die Bestimmung des §18 Gemeindegesetz (GG), LGBl. Nr. 40/1985, die ihrerseits auf Art118 Abs6 B-VG beruht. Nach §18 Abs1 GG hat die Gemeinde in Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches das Recht, ortspolizeiliche Verordnungen nach freier Selbstbestimmung zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder zur Beseitigung bestehender, das örtliche Gemeinschaftsleben störender Missstände zu erlassen sowie deren Nichtbefolgung als Verwaltungsübertretung zu erklären. Nach Abs2 dürfen solche Verordnungen nicht gegen bestehende Gesetze und Verordnungen des Landes und des Bundes verstoßen.
Wie dem Motivenbericht zur ortspolizeilichen Verordnung zu entnehmen ist, habe das Bedürfnis nach Erholung am Wasser in den letzten Jahren stetig zugenommen. Während den Sommermonaten würden vermehrt Badegäste den freien Uferbereich des Bodensees sowie der Achmündung aufsuchen und diesen stadtnahen Erholungsraum nutzen. Gleichzeitig werde dieser wertvolle Erholungsraum vermehrt von Freizeitfischern genutzt. Das Ziel der Verordnung sei es, das unerlässliche Maß an Regelungen zu treffen, um Kollisionen der einzelnen Erholungssuchenden und Freizeitnutzer sowie die Gefährdung ihrer Sicherheit zu verhindern. Das verhängte 'Angelverbot' solle der Beseitigung eines Nutzungskonflikts zwischen Badegästen, Erholungssuchenden, Freizeitnutzern und Freizeitfischern während der Sommermonate im umfassten Bereich dienen.
Die angefochtene Verordnung dient daher der Vermeidung von Nutzungskonflikten zwischen Badegästen, Erholungssuchenden, Freizeitnutzern einerseits und Freizeitfischern andererseits während der Sommermonate.
2. Die Behauptung des Antragstellers, dass es der Landeshauptstadt Bregenz an der Zuständigkeit mangle, die angefochtene Verordnung zu erlassen, trifft nicht zu.
Nur wenn der Gesetzgeber des Landes oder Bundes eine Materie selbst umfassend regelt, entzieht er damit der Gemeinde die Zuständigkeit zur Erlassung einer ortspolizeilichen Verordnung. Eine derartige umfassende Regelung für die Vermeidung von den erwähnten Nutzungskonflikten liegt jedoch nicht vor.
Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass die angefochtene Verordnung weder gegen das Bodenseefischereigesetz noch gegen die Bodenseefischereiverordnung verstößt."
2.4. Der Antragsteller erstattete eine Replik, in der er an seinem Vorbringen festhält.
II. Zur Rechtslage:
1. Die im vorliegenden Zusammenhang relevanten Bestimmungen des Gesetzes über die Bodenseefischerei, LGBl. 1/2002 idF LGBl. 57/2009 (im Folgenden: Bodenseefischereigesetz), lauten wie folgt:
"1. Abschnitt
Allgemeine Bestimmungen
§1
Allgemeines
(1) Die Fischerei und die Fischereiaufsicht am Bodensee ist nach den Bestimmungen dieses Gesetzes auszuüben. Die Landesregierung kann durch Verordnung den Geltungsbereich dieses Gesetzes auf Teile der Bodenseezuflüsse und sonstige Gewässer im Leiblachtal, in Gemeinden am Bodensee und in deren Nahebereich ausdehnen, soweit deren Bewirtschaftung auf die Bewirtschaftung des Bodensees Einfluss hat.
(2) Dieses Gesetz findet
a) im Bereich des Hohen Sees auf Personen, die sich auf Berechtigungen zu berufen vermögen, die von anderen Bodenseeuferstaaten ausgestellt und mit den in diesem Gesetz vorgesehenen vergleichbar sind, nur insoweit Anwendung, als dies ohne Verletzung der Fischereihoheit anderer Bodenseeuferstaaten möglich ist;
b) im Bereich des Überlinger Sees und des Konstanzer Trichters nur auf Inhaber von Berechtigungen, die aufgrund dieses Gesetzes ausgestellt sind, Anwendung.
(3) Soweit Vereinbarungen, übereinstimmende Übungen oder gemeinsame Empfehlungen der Bodenseeuferstaaten über die Ausübung der Fischerei und der Fischereiaufsicht am Bodensee bestehen, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes und der hiezu erlassenen Vorschriften im Zweifel im Sinne solcher Vereinbarungen, Übungen oder Empfehlungen auszulegen.
...
2. Abschnitt
Ausübung der Fischerei
1. Unterabschnitt
Allgemeines
§3
Berechtigung, Art der Ausübung
(1) Die Fischerei darf nur aufgrund eines Haldenpatentes (§6 Abs1), eines Hochseepatentes (§6 Abs1), einer Gehilfenkarte (§9 Abs1) oder einer Erlaubnis zur Sportfischerei (§10 Abs1) ausgeübt werden. Überdies kann die Behörde nach Anhörung des Fischereiberechtigten für Zwecke der künstlichen Fischzucht oder für wissenschaftliche Zwecke durch schriftlichen Bescheid die Ausübung der Fischerei im erforderlichen Ausmaß bewilligen.
(2) Die Fischerei ist so auszuüben, dass das Leben und die Gesundheit von Menschen nicht gefährdet, den Grundsätzen des Tierschutzes und den fischereikundlichen Erkenntnissen entsprochen, ein wertvoller und artenreicher Bestand an Fischen einschließlich ihrer Lebensgrundlagen erhalten und die sonst im und am Bodensee lebende Tierwelt nicht mehr als notwendig beeinträchtigt wird.
(3) Fischarten, die im Bodensee oder in seinen Zuflüssen nicht heimisch sind, dürfen dort nur mit Bewilligung der Landesregierung eingesetzt werden. Die Bewilligung darf nur erteilt werden, wenn durch das Einsetzen Vorteile für den Fischbestand im Bodensee zu erwarten sind und weder die natürlichen Lebensräume in ihrem natürlichen Verbreitungsgebiet noch die einheimischen wild lebenden Tier- und Pflanzenarten geschädigt werden.
§4
Besondere fischereipolizeiliche Vorschriften
(1) Die Landesregierung hat zur Durchführung der Bestimmungen des §3 Abs2 durch Verordnung nähere Vorschriften zu erlassen über
a) die Art, Beschaffenheit und Verwendung der Fischereigeräte, insbesondere über die zeitliche Beschränkung oder das Verbot von Fangarten und der Verwendung von Fischereigeräten sowie über Ausmaß, Maschenweite und Fadenstärke der Netze;
b) die Ausübung der Fischerei zur Vermeidung gegenseitiger Störungen der Fischer;
c) die Kennzeichnung der Fischereigeräte;
d) die mengenmäßige Beschränkung der Fänge der Berufs- und Sportfischer;
e) die Schonzeiten für die einzelnen Fischarten einschließlich des Verbotes oder der Beschränkung der Fischerei während der Schonzeiten;
f) die Mindestmaße der Fische sowie die Behandlung untermaßiger oder während der Schonzeit gefangener Fische und des Beifanges;
g) den Schutz der Fischlaichplätze, des Fischlaichs, der Fischbrut und des Winterlagers der Fische, die Festsetzung von Schongebieten und die Art des Laichfischfanges;
h) die Fischereiruhezeiten;
i) den Einsatz von Fischen (Jungfischen, Setzlingen, Brut), insbesondere über Art, Zeit und Menge des Einsatzes einzelner Fischarten;
j) die Bekanntgabe der Fangergebnisse und der Fischeinsätze;
k) die Beseitigung von Fischereiabfällen.
(2) In Verordnungen gemäß Abs1 kann die Behörde ermächtigt werden, für Zwecke der künstlichen Fischzucht, für wissenschaftliche Zwecke oder aus sonstigen besonders wichtigen Gründen durch schriftlichen Bescheid Ausnahmen von den Vorschriften gemäß Abs1 zu bewilligen. In solchen Bescheiden ist erforderlichenfalls durch Auflagen und Bedingungen sicherzustellen, dass die Bestimmungen des §3 Abs2 nicht verletzt werden.
(3) Soweit es zur Erhaltung eines wertvollen und artenreichen Bestandes an Fischen im Bodensee erforderlich ist, hat die Landesregierung für die Ausübung der Fischerei in den Zuflüssen des Bodensees durch Verordnung nähere Vorschriften im Sinne des Abs1 zu erlassen.
(4) Vor der Erlassung von Verordnungen gemäß Abs1 und 3 hat die Landesregierung den Fischereirevierausschuss für den Bodensee anzuhören.
(5) Zur Durchführung der Bestimmungen des §3 Abs2 kann die Landesregierung in Fällen, in denen die Kundmachung im Landesgesetzblatt nicht abgewartet werden kann, die gemäß Abs1 erlassenen Vorschriften durch Verordnung befristet ändern oder ergänzen. Sie kann nähere Vorschriften erlassen über
a) die Anzahl und Maschenweite der Netze,
b) zeitliche und örtliche Beschränkungen der Verwendung von Netzen,
c) die mengenmäßige Beschränkung der Fänge.
(6) Auf Abs5 gestützte Verordnungen sind durch Anschlag an der Amtstafel des Amtes der Landesregierung kundzumachen. Sie treten an dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft und, sofern nicht in der Verordnung eine kürzere Geltungsdauer festgelegt ist, nach acht Wochen außer Kraft. Die Verordnungen sind überdies an der Amtstafel der Bezirkshauptmannschaft Bregenz sowie der Gemeinden Bregenz, Hard, Fußach, Höchst und Gaißau anzuschlagen. Der Anschlag ist während der Geltungsdauer der Verordnungen aufrechtzuerhalten.
§5
Mitführen von Urkunden
Bei der Ausübung der Fischerei sind die aufgrund dieses Gesetzes ausgestellten Urkunden (§§3 Abs1 und 3, 6 Abs1, 9 Abs1 und 10 Abs1) und, soweit sie kein Lichtbild enthalten, ein Identitätsausweis mitzuführen und den Organen der Fischereiaufsicht auf Verlangen vorzuweisen. Diese Ausweispflicht besteht auf dem Hohen See auch gegenüber Fischereiaufsichtsorganen der anderen Bodenseeuferstaaten.
2. Unterabschnitt
Berufsfischerei
§6
Haldenpatent, Hochseepatent
(1) Die Berufsfischerei darf, soweit im §9 nichts anderes bestimmt ist, nur aufgrund eines von der Behörde ausgestellten Haldenpatentes oder Hochseepatentes ausgeübt werden.
(2) Das Haldenpatent berechtigt zur Ausübung der Berufsfischerei auf jenem Teil der inländischen Halde, für den der Besitz des Fischereirechtes oder die privatrechtliche Erlaubnis des Fischereiberechtigten nachgewiesen ist (§8 Abs1 litf).
(3) Das Hochseepatent berechtigt zur Ausübung der Berufsfischerei auf dem Hohen See. Es darf nur gleichzeitig mit einem Haldenpatent ausgestellt werden.
(4) Die Landesregierung hat nach Maßgabe der fischereiwirtschaftlichen Verhältnisse am Bodensee und unter Berücksichtigung der fischereitechnischen Entwicklung nach Anhörung des Fischereirevierausschusses für den Bodensee durch Verordnung Art und Anzahl der Fischereigeräte zu bestimmen, die aufgrund eines Patentes zur Ausübung der Berufsfischerei benützt werden dürfen.
...
3. Unterabschnitt
Sportfischerei
§10
Erlaubnis
(1) Die Sportfischerei darf nur aufgrund einer vom Fischereiberechtigten schriftlich erteilten privatrechtlichen Erlaubnis ausgeübt werden. Der Fischereiberechtigte kann andere Personen, insbesondere Fischereivereine, zur Erteilung der Erlaubnis ermächtigen.
(2) Die Erlaubnis ist für die Fischerei vom Ufer aus, von einem Boot aus oder für beides zu erteilen. Sie berechtigt, sofern der Fischereiberechtigte nicht Einschränkungen verfügt, zur Ausübung der Sportfischerei im Gebiet des Fischereiberechtigten, der die Erlaubnis erteilt hat. Eine Erlaubnis für die Fischerei vom Boot aus berechtigt auch zur Ausübung der Sportfischerei auf dem Hohen See außerhalb der Gebiete der Fischereiberechtigten.
(3) Die Landesregierung hat nach Maßgabe der fischereiwirtschaftlichen Verhältnisse am Bodensee und unter Berücksichtigung der fischereitechnischen Entwicklung nach Anhörung des Fischereirevierausschusses für den Bodensee durch Verordnung Art und Anzahl der Fischereigeräte zu bestimmen, die aufgrund einer Erlaubnis zur Ausübung der Sportfischerei benützt werden dürfen.
(4) Soweit es die fischereiwirtschaftlichen Verhältnisse am Bodensee erfordern, hat die Landesregierung nach Anhörung des Fischereirevierausschusses für den Bodensee durch Verordnung festzulegen, an wie viel Personen die Erlaubnis von den einzelnen Fischereiberechtigten höchstens erteilt werden darf.
§11
Erteilung der Erlaubnis
Untersagung der Sportfischerei
(1) Die Erlaubnis ist für bestimmte Tage oder Wochen oder für ein bestimmtes Kalenderjahr zu erteilen. An Personen, die das 7. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, darf keine Erlaubnis erteilt werden. An Personen, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, darf eine Erlaubnis nur bei Vorliegen einer schriftlichen Zustimmungserklärung des gesetzlichen Vertreters erteilt werden. Die Erlaubnis für die Fischerei vom Boot aus darf an Personen, die das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, überdies nur erteilt werden, wenn eine schriftliche Erklärung vorliegt, in der sich der gesetzliche Vertreter verpflichtet, dafür zu sorgen, dass der Inhaber der Erlaubnis die Fischerei vom Boot aus nur unter Aufsicht einer über 18 Jahre alten Person ausüben wird.
(2) Die Erlaubnis hat den Namen, die Geburtsdaten und den Wohnort des Inhabers, die Bezeichnung des Fischereiberechtigten sowie Angaben über das Gebiet, in dem die Sportfischerei ausgeübt werden darf, und die Gültigkeitsdauer zu enthalten. Für die Erteilung der Erlaubnis sind Vordrucke zu verwenden, die den Fischereiberechtigten von der Behörde gegen Ersatz der Kosten zur Verfügung zu stellen sind.
(3) Über die erteilten Erlaubnisse sind Aufzeichnungen zu führen, in die der Behörde und den Organen der Fischereiaufsicht auf Verlangen Einsicht zu gewähren ist. Die Eintragungen haben die im Abs2 erster Satz genannten Angaben zu enthalten. Werden für diese Aufzeichnungen von der Behörde amtliche Vordrucke aufgelegt, so sind diese zu verwenden.
(4) Die Behörde kann Personen, welche die Voraussetzungen im Sinne des §8 Abs1 litg und h nicht erfüllen, mit Bescheid die Ausübung der Sportfischerei für die Dauer des Vorliegens dieser Gründe untersagen. Die Untersagung ist den Fischereiberechtigten und den zur Erteilung der Erlaubnis ermächtigten Personen (§10 Abs1 zweiter Satz) mitzuteilen. Personen, denen die Ausübung der Sportfischerei untersagt ist, darf keine Erlaubnis erteilt werden. Inhaber einer gültigen Erlaubnis haben diese im Falle der Untersagung unverzüglich der Behörde zurückzustellen. Zur Durchsetzung dieser Verpflichtung ist die Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt zulässig."
2. Die Verordnung der Vbg. Landesregierung über die Ausübung der Bodenseefischerei, LGBl. 32/1982 idF LGBl. 91/2009 (im Folgenden: Bodenseefischereiverordnung), lautet auszugsweise wie folgt:
"3. Abschnitt
Gemeinsame Bestimmungen für die Berufs- und Sportfischerei
§21 - §21a ...
§22
Fischereizeiten
(1) Das Setzen und Heben der Fanggeräte für die Berufsfischerei sowie die Ausübung der Sportfischerei sind von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang erlaubt. Maßgeblich sind die Sonnenaufgangs- und Sonnenuntergangszeiten, die von der Wetterwarte Konstanz herausgegeben werden. Vom 15. September bis zum 15. Oktober gilt die Zeitangabe des Sonnenaufganges vom 15. September.
(2) Der Aalfang vom Ufer aus ist bis 1.00 Uhr gestattet.
§23
Mitführen von Fanggeräten
Bei Ausübung der Fischerei dürfen verwendungsbereit nur Fanggeräte mitgeführt werden, die nach ihrer Art, Beschaffenheit und Anzahl den Bestimmungen dieser Verordnung oder aufgrund derselben erlassener Bescheide entsprechen und deren Verwendung im betreffenden Zeitpunkt erlaubt ist.
§24
Fischereiabfälle
Beim Fischfang anfallende Abfälle, wie verdorbene Fische und Fischeingeweide, dürfen nicht in das Gewässer gegeben oder am Ufer zurückgelassen werden."
III. Der Verfassungsgerichtshof hat erwogen:
A. Zur Zulässigkeit des Antrags:
1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
2. Die angefochtene ortspolizeiliche Verordnung der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz verbietet nach ihrem eindeutigen Wortlaut die Sportfischerei in bestimmten Bereichen des Bregenzer Bodenseeufers. Wie im Verfahren unstrittig geblieben ist, ist der Antragsteller als Fischereiberechtigter prinzipiell berechtigt, im Rahmen der gesetzlichen und verordnungsmäßigen Regelung des Landes Vorarlberg an den von der angefochtenen Verordnung betroffenen Stellen selbst die Sportfischerei zu betreiben oder durch eine privatrechtliche Erlaubnis anderen Personen die Sportfischerei zu ermöglichen (vgl. §10 Abs1 Bodenseefischereigesetz). Durch die Verordnungsregelung wird daher unmittelbar in seine Rechtsposition eingegriffen, weil kein weiterer Akt vorgesehen ist, der das verordnungsmäßige Verbot weiter konkretisieren würde. In Anbetracht des Umstandes, dass es dabei um mehr als bloß wirtschaftliche Möglichkeiten, nämlich um die Ausübung einer aus dem Fischereirecht resultierenden Befugnis und nicht bloß um eine wirtschaftliche Reflexwirkung geht, findet durch die ortspolizeiliche Verordnung ein Eingriff in die Rechtssphäre des Antragstellers statt.
Die Verordnung verbietet - wie die Behörde selbst zutreffend hervorhebt - nach ihrem Wortlaut und dem systematischen Zusammenhang der §§1 und 2 unter den in ihr genannten Voraussetzungen die Sportfischerei, und zwar in einem konkret umschriebenen örtlichen Bereich, zu bestimmten Uhrzeiten und in einem bestimmten Zeitraum des Kalenderjahres bei sonstiger Strafe. Sie greift daher aktuell und umfänglich bestimmt sowie unmittelbar in die Rechtssphäre des Antragstellers ein, ohne dass dieser Eingriff einer näheren Konkretisierung durch einen Bescheid bedürfte oder auch nur zugänglich wäre.
Auch steht und stand dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um die Frage der Gesetzmäßigkeit der Verordnung an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, zumal es einem Normunterworfenen nicht zumutbar ist, ein verwaltungsbehördliches Strafverfahren zu provozieren und in diesem die Rechtswidrigkeit der Verbotsnorm einzuwenden (vgl. etwa VfSlg. 14.260/1995).
3. Der Antragsteller begehrt in seinem Hauptantrag die Aufhebung der angefochtenen Verordnung zur Gänze. Da die Bestimmungen der §§1 und 2 der angefochtenen Verordnung untrennbar mit den in §§3 und 4 leg.cit. enthaltenen Regelungen (über die Verwaltungsübertretung und den zeitlichen Geltungsbereich der Verordnung) zusammenhängen, wird der Umfang der zur Aufhebung beantragten Norm zutreffend und nicht zu weit umschrieben (s. dazu VfSlg. 14.068/1995).
4. Auch die übrigen Prozessvoraussetzungen liegen vor, weshalb sich der Antrag als zulässig erweist.
B. In der Sache:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist in einem auf Antrag eingeleiteten Verfahren auf Prüfung der Gesetzmäßigkeit einer Verordnung auf die Erörterung der geltend gemachten Bedenken beschränkt (vgl. VfSlg. 11.580/1987, 14.044/1995, 16.674/2002). Er hat sohin ausschließlich zu beurteilen, ob die angefochtene Verordnung aus den in der Begründung des Antrags dargelegten Gründen gesetzwidrig ist (VfSlg. 15.644/1999, 17.222/2004, 18.305/2007).
Im vorliegenden Zusammenhang stellt sich im Wesentlichen die Frage, ob die angefochtene ortspolizeiliche Verordnung die Ermächtigung des Art118 Abs6 B-VG zur Erlassung ortspolizeilicher Verordnungen überschreitet.
2.1. Wie der Verfassungsgerichtshof in ständiger Judikatur (VfSlg. 7960/1976, 9762/1983, 10.614/1985, 11.726/1988 und 18.305/2007) ausgesprochen hat, ist die Gemeinde - ohne durch die (generelle) Bestimmung des Art118 Abs2 B-VG beschränkt zu sein - kraft Art118 Abs6 B-VG und den übereinstimmenden Vorschriften des Gemeinderechts der Länder (im vorliegenden Zusammenhang §18 Gesetz über die Organisation der Gemeindeverwaltung, LGBl. 40/1985 idF LGBl. 58/2001) ermächtigt, ortspolizeiliche Verordnungen nach freier Selbstbestimmung unter folgenden drei Voraussetzungen zu erlassen:
Zum einen muss die ortspolizeiliche Verordnung in einer Angelegenheit erlassen werden, deren Besorgung im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde nach Art118 Abs2 und 3 B-VG gewährleistet ist, zum zweiten muss die Verordnung den Zweck verfolgen, das örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände abzuwehren oder zu beseitigen, und zum dritten darf die Verordnung nicht gegen bestehende Gesetze oder Verordnungen des Bundes und des Landes verstoßen.
Zur Frage des Verstoßes ortspolizeilicher Verordnungen gegen bestehende Gesetze folgte der Verfassungsgerichtshof bislang der Auffassung, dass "eine ortspolizeiliche Verordnung dann nicht gegen bestehende Gesetze im Sinne des Art118 Abs6 B-VG verstößt, wenn zwar für bestimmte Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde Gesetze erlassen wurden, diese gesetzlichen Regelungen aber nicht ausreichen, dem mit der ortspolizeilichen Verordnung bekämpften Mißstand, bzw. der 'aktuellen und konkreten Gefährdungssituation' abzuhelfen" (so VfSlg. 11.726/1988, 18.305/2007, mwN).
Der Gerichtshof sah einen Verstoß gegen bestehende Gesetze demgegenüber dann als gegeben an, wenn bereits eine "grundsätzlich abschließende gesetzliche Regelung" der Materie unter den maßgeblichen Regelungsgesichtspunkten vorlag und eine "aktuelle und konkrete Gefährdungssituation, die besondere Regelungen allenfalls deshalb erforderlich machen würde, weil die vorhandenen gesetzlichen Regelungen dafür nicht ausreichen", nicht gegeben war (VfSlg. 8601/1979).
Es kommt nach der bisherigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes also bestimmend darauf an, ob die betreffende Angelegenheit bereits insoweit abschließend gesetzlich geregelt ist, als der (auch) mit der ortspolizeilichen Verordnung bekämpfte Missstand schon von einer bestehenden gesetzlichen Regelung erfasst ist. Eine ortspolizeiliche Verordnung kann diesfalls nur bei Vorliegen eines konkreten kommunalen Missstandes zum Gesetz hinzutreten (vgl. dazu mwN VfSlg. 18.305/2007).
2.2. Nach Maßgabe der von der Stadtvertretung der Landeshauptstadt Bregenz vorgelegten Verordnungsakten lagen der Erlassung der angefochtenen Verordnung folgende Erwägungen zugrunde (Motivenbericht zur ortspolizeilichen Verordnung):
"Das zunehmende Freizeitangebot und das damit verbundene Bedürfnis nach Erholung am Wasser hat in den letzten Jahren stetig zugenommen. Während den Sommermonaten suchen vermehrt Badegäste den freien Uferbereich des Bodensees sowie der Achmündung auf und nutzen diesen stadtnahen Erholungsraum. Gleichzeitig wird dieser wertvolle Erholungsraum vermehrt von Freizeitfischern genutzt. Rechtsgrundlage für die Fischerei ist das Gesetz über die Bodenseefischerei sowie die Verordnung der Vorarlberger Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am Bodensee.
Zur Abwehr unmittelbar zu erwartender oder zur Beseitigung bestehender, das örtliche Gemeinschaftsleben störender Missstände ist es nun erforderlich, eine Regelung im Verordnungswege zu erlassen, welche spezifisch diese Unzulänglichkeiten regelt.
Die zunehmenden Beschwerden, vornehmlich an die Dienststelle der Stadtpolizei sowie an das Amt der Landeshauptstadt Bregenz[,] liefern Beweis dafür, dass eine solche Regelung dringend geboten erscheint. Ziel der Verordnung ist es, das unerlässliche Maß an Regelungen zu treffen, um Kollisionen der einzelnen Erholungssuchenden und Freizeitnutzer sowie die Gefährdung ihrer Sicherheit zu verhindern. Durch die Verordnung ist zu erwarten, dass die bisher aufgetretenen Missstände hintangehalten werden können."
2.3. Hinsichtlich der zeitlichen Modalitäten (auch) der Sportfischerei am Bodenseeufer enthält §22 der Bodenseefischereiverordnung eine abschließende Regelung, derzufolge diese "von einer Stunde vor Sonnenaufgang bis eine Stunde nach Sonnenuntergang erlaubt" ist, wobei für die Bestimmung dieser Zeiten die Angaben der Wetterwarte Konstanz maßgeblich sind. Mit der Verbotsregelung des §2 der angefochtenen Verordnung wird in der Sommersaison von 1. Juni bis 30. September eines jeden Jahres das Fischen mit Fanggeräten von 10.00 bis 20.00 Uhr, also für den Großteil der dafür nach der Regelung in der Bodenseefischereiverordnung in Betracht kommenden Zeiten, untersagt. Damit wird in der ortspolizeilichen Verordnung eine gegenstandsgleiche Regelung wie in der Verordnung der Landesregierung vorgenommen und diese Regelung für die davon erfassten Gebiete bedeutend eingeschränkt. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach dem letzten Satz des §2 der angefochtenen Verordnung die "Verordnung der Landesregierung über die Ausübung der Fischerei am
Bodensee ... unberührt (bleibt)", weil dieser Verweis im Allgemeinen
bleibt. Mit der angefochtenen Verordnung wird daher eine verwaltungspolizeiliche Regelung vorgenommen, die nicht im Einklang mit einer für sich genommen abschließend formulierten landesrechtlichen Bestimmung steht.
2.4. Kein anderer Befund ergibt sich aus dem Blickwinkel des Wasserrechts (vgl. §8 WRG 1959).
Bei diesem Ergebnis war auf das weitere Vorbringen des Antragstellers nicht mehr einzugehen.
IV. 1. Die Verpflichtung der Vorarlberger Landesregierung zur
unverzüglichen Kundmachung der Aufhebung erfließt aus Art139 Abs5 erster Satz B-VG und §60 Abs2 VfGG.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §61a VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- und eine Eingabengebühr in der Höhe von € 220,-- enthalten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.