B1345/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
II. Der Bescheid wird aufgehoben.
III. Der Bund (Bundesministerin für Justiz) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.620,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt
1. Der Beschwerdeführer hat an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck u.a. von November 2007 bis Dezember 2009 das Diplomstudium "Wirtschaftsrecht" absolviert. Ihm wurde am 22. Dezember 2009 der akademische Grad "Magister des Rechts der Wirtschaft" verliehen.
2. Mit Schreiben vom 1. Februar 2010 begehrte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Innsbruck unter Hinweis darauf, die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst nicht anzustreben, die Zulassung zur Gerichtspraxis. Der Präsident des Oberlandesgerichtes Innsbruck wies diesen Antrag mit Bescheid vom 15. Februar 2010 ab.
3. Der vom Beschwerdeführer dagegen erhobenen Berufung gab die Bundesministerin für Justiz mit Bescheid vom 30. Juni 2010 keine Folge: Gemäß §1 Abs1 des Bundesgesetzes über die Gerichtspraxis der Rechtspraktikanten (Rechtspraktikantengesetz - RPG) setze die Zulassung zur Gerichtspraxis den Abschluss der wissenschaftlichen Berufsvorbildung und die Berechtigung zur Führung des akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften voraus. §3 RAO idF des Berufsrechts-Änderungsgesetzes 2008 (BRÄG 2008), BGBl. I 111/2007, (im Folgenden: RAO idnF) sei nach der Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 BRÄG 2008 jedoch erst auf solche rechtswissenschaftliche Studien anzuwenden, die nach dem 31. August 2009 begonnen wurden. Nach der aktuellen Rechtslage sei daher eine Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer bereits absolvierten Ausbildung im Rahmen der Beurteilung der Voraussetzungen für die Zulassung als Rechtsanwaltsanwärter bzw. zur Rechtsanwaltsprüfung wie auch für die Zulassung zum Beruf des Rechtsanwaltes nicht möglich, weshalb auch kein Rechtsanspruch gemäß §2 RPG auf Zulassung zur Gerichtspraxis gemäß §1 RPG bestehe. Der Beschwerdeführer habe allerdings gemäß §3 Abs4 RAO idnF die Möglichkeit, die Prüfung der Gleichwertigkeit der Ausbildung zu veranlassen, welche nach der Übergangsbestimmung des ArtXVII §7 BRÄG 2008 auch für "Altabsolventen" der Studienrichtung Wirtschaftsrecht zur Anwendung komme. Mit dieser Bestimmung werde die Möglichkeit eingeräumt, sachlich gleichwertige Ausbildungsalternativen zu berücksichtigen. Eine Zulassung des Beschwerdeführers zur Gerichtspraxis in sinngemäßer Anwendung des (grundsätzlich für Absolventen eines rechtswissenschaftlichen Studiums im Ausland geltenden) §25 RPG komme aufgrund der budgetären Situation des Justizressorts nicht in Betracht.
Im Übrigen sei der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid nicht mehr beschwert, weil er zwischenzeitig vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (im Sinne eines nachfolgend bei diesem eingebrachten Antrags) mittels Bescheides vom 18. Mai 2010 mit Wirkung vom 1. Juni 2010 im Sprengel des genannten Oberlandesgerichtes zur Gerichtspraxis zugelassen worden sei.
4. In der gegen diesen Bescheid gemäß Art144 Abs1 B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Berufsausbildung behauptet sowie die amtswegige Prüfung des §1 RPG "hinsichtlich des Erfordernisses für die Zulassung als Rechtspraktikant des akademischen Grades eines Mag. der Rechtswissenschaft" angeregt.
4.1. Begründend verweist der Beschwerdeführer insbesondere auf das in einem vergleichbaren Fall ergangene (aufhebende) Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2010, B271/10. Da es die belangte Behörde auch hier unterlassen habe, Überlegungen zur wesentlichen Frage anzustellen, ob das vom Beschwerdeführer zwischen 2007 und 2009 an der Universität Innsbruck absolvierte und mit Magisterium abgeschlossene Diplomstudium "Wirtschaftsrecht" nach dem hiefür maßgeblichen Studienplan dem Erfordernis für die Zulassung zur Gerichtspraxis entspreche, liege in die Verfassungssphäre reichende Willkür vor.
4.2. Die Annahme mangelnder Beschwer sei ebenfalls willkürlich. Das (erste) Ansuchen des Beschwerdeführers um Zulassung zur Gerichtspraxis im Sprengel des Oberlandesgerichts Innsbruck habe dessen Präsident in Verkennung der Rechtslage sowie ohne Durchführung eines ordentlichen Ermittlungsverfahrens abgewiesen. Zwar habe der Beschwerdeführer noch vor Erlassung des bekämpften Bescheides der belangten Behörde beim Präsidenten des Oberlandesgerichtes Wien (aufgrund eines weiteren, bei diesem eingebrachten Antrags) die Zulassung zur Gerichtspraxis in diesem Sprengel für die Dauer von neun Monaten mit Wirksamkeit ab 1. Juni 2010 erreicht; es bestehe jedoch keine Verpflichtung, einen vom familiären und wirtschaftlichen Lebensmittelpunkt weit entfernten Oberlandesgerichtssprengel "zu suchen", um eine verfassungskonforme Zulassung zur Gerichtspraxis zu erwirken.
5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, nahm aber von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.
II. Rechtslage
1. Die §§1 bis 3 und 14 Rechtspraktikantengesetz, BGBl. 644/1987 idF BGBl. I 52/2009, lauten (auszugsweise):
"Gerichtspraxis
§1. (1) Die Gerichtspraxis soll Personen, die die wissenschaftliche Berufsvorbildung abgeschlossen haben und zur Führung des akademischen Grades eines Magisters der Rechtswissenschaften berechtigt sind, die Möglichkeit geben, ihre Berufsvorbildung durch eine Tätigkeit bei Gericht fortzusetzen und dabei ihre Rechtskenntnisse zu erproben und zu vertiefen.
(2) - (3) ...
Zulassung zur Gerichtspraxis
§2. (1) Auf die Zulassung zur Gerichtspraxis besteht in dem Ausmaß ein Rechtsanspruch, in dem die Gerichtspraxis gesetzlich als Berufs-, Ernennungs- oder Eintragungserfordernis vorgesehen ist. Die Zulassung für einen längeren Zeitraum kann nach Maßgabe der budgetären, personellen und räumlichen Möglichkeiten erfolgen.
(2) ...
(3) Dem Antrag auf Zulassung zur Gerichtspraxis sind die Nachweise über die Zulassungsvoraussetzungen, ein Lebenslauf und zwei Lichtbilder des Zulassungswerbers anzuschließen. Der Antrag hat die Erklärung zu enthalten, ob der Zulassungswerber die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt. Der Rechtspraktikant kann die Erklärung, ob er die Aufnahme in den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebt, jederzeit schriftlich abändern.
(4) Durch die Zulassung zur Gerichtspraxis und deren Ableistung wird kein Dienstverhältnis, sondern ein Ausbildungsverhältnis begründet.
Beginn der Gerichtspraxis
§3. (1) Die Gerichtspraxis beginnt mit dem im Zulassungsbescheid festgesetzten Monatsersten. Wird die Gerichtspraxis nicht an diesem Tag angetreten oder wird die Leistung der Angelobung verweigert, so tritt der Zulassungsbescheid rückwirkend außer Kraft. Diese Rechtsfolge tritt nicht ein, wenn der Nichtantritt innerhalb einer Woche gerechtfertigt (§10) und die Gerichtspraxis am Tag nach Wegfall des Hinderungsgrundes, spätestens aber am zwölften Arbeitstag nach dem im Zulassungsbescheid festgesetzten Tag angetreten wird.
(2) Die Gerichtspraxis gilt auch dann als an einem Monatsersten angetreten, wenn sie am ersten Arbeitstag des Monats angetreten wird."
"Unterbrechung und Beendigung durch Erklärung
§14. (1) Der Rechtspraktikant kann die Gerichtspraxis durch schriftliche Erklärung unterbrechen oder auch vor Ausschöpfung der im Zulassungsbescheid festgelegten Dauer beenden. Die schriftliche Erklärung ist spätestens zehn Arbeitstage vor der beabsichtigten Unterbrechung oder Beendigung beim Vorsteher des Gerichtes, dem der Rechtspraktikant zur Ausbildung zugewiesen ist, einzubringen. Die Erklärung ist unverzüglich an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes weiterzuleiten.
(2) Eine unterbrochene Gerichtspraxis kann vom Rechtspraktikanten nach vorheriger schriftlicher Meldung an den Präsidenten des Oberlandesgerichtes bis zur Ausschöpfung der im Zulassungsbescheid festgelegten Dauer fortgesetzt werden, wobei die fortzusetzende Gerichtspraxis nach einer frei gewählten Unterbrechung jeweils nur am ersten Arbeitstag eines Kalendermonates, ansonsten an dem vom Präsidenten des Oberlandesgerichtes bestimmten Arbeitstag angetreten werden darf.
(3) Ist eine Gerichtspraxis 27 Monate unterbrochen, so gilt sie als beendet."
2. Die relevanten Regelungen der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868 idF des BRÄG 2008, BGBl. I 111/2007 (RAO idnF), lauten:
"I. Abschnitt.
Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft.
§1. (1) Zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Republik Österreich bedarf es keiner behördlichen Ernennung, sondern lediglich der Nachweisung der Erfüllung der nachfolgenden Erfordernisse und der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§§5 und 5a).
(1a) ...
(2) Diese Erfordernisse sind:
a) - b) ...
c) der Abschluss eines Studiums des österreichischen Rechts (§3);
d) - g) ...
(3) - (5) ...
...
§3. (1) Das zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderliche Studium des österreichischen Rechts ist an einer Universität zurückzulegen und mit einem rechtswissenschaftlichen akademischen Grad abzuschließen, wobei diesem auch mehrere Studien (§§54 ff Universitätsgesetz 2002) zu Grunde liegen können. Die Studiendauer hat mindestens vier Jahre mit einem Arbeitsaufwand von zumindest 240 ECTS-Anrechnungspunkten (§51 Abs2 Z26 Universitätsgesetz 2002) zu betragen.
(2) - (4) ..."
3. Die (am 29. Dezember 2007 in Kraft getretene) Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 des (grundsätzlich am 1. Jänner 2008 in Kraft getretenen) BRÄG 2008 normiert, dass u.a. die §§1 Abs2 und 3 RAO idnF erst auf rechtswissenschaftliche Studien anzuwenden sind, die nach dem 31. August 2009 begonnen werden, wobei die Fortsetzung des Studiums an einer anderen Universität keinen Einfluss auf den schon begonnenen Fristenlauf hat. Mit dem BRÄG 2010, BGBl. I 141/2009, wurde in die Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 BRÄG 2008 ein weiterer - hier nicht relevanter - Satz betreffend den Fall des Vorliegens mehrerer Studien eingefügt.
4. Der von der Behörde zur Beurteilung herangezogene §1 RAO idF vor In-Kraft-Treten des BRÄG 2008 (RAO idaF) lautete (auszugsweise):
"I. Abschnitt.
Erfordernisse zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft.
§1. (1) Zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft in der Republik Österreich bedarf es keiner behördlichen Ernennung, sondern lediglich der Nachweisung der Erfüllung der nachfolgenden Erfordernisse und der Eintragung in die Liste der Rechtsanwälte (§§5 und 5a).
(2) Diese Erfordernisse sind:
a) - b) ...
c) die Zurücklegung der rechts- und staatswissenschaftlichen Studien sowie der nach Ablegung der vorgeschriebenen strengen Prüfungen an einer in der Republik Österreich befindlichen Universität erlangte akademische Grad eines Doktors der Rechte oder die Zurücklegung des rechtswissenschaftlichen Diplomstudiums nach dem Bundesgesetz vom 2. März 1978, BGBl. Nr. 140, über das Studium der Rechtswissenschaften und der auf Grund dieses Studiums erlangte akademische Grad eines Magisters der Rechtswissenschaften;
d) - g) ...
(3) - (5) ..."
5. Das in §1 Abs2 litc RAO idaF genannte Bundesgesetz vom 2. März 1978 über das Studium der Rechtswissenschaften wurde mit dem (ebenfalls bereits außer Kraft getretenen) Universitäts-Studiengesetz (UniStG), BGBl. I 48/1997, aufgehoben und trat mit dem In-Kraft-Treten der Studienpläne der jeweiligen Studienrichtung an der jeweiligen Universität oder Hochschule, spätestens jedoch mit Ablauf des 30. September 2002 außer Kraft (§75 Abs3 und 4 iVm Anlage 3 UniStG).
III. Erwägungen
1. Zur Zulässigkeit der Beschwerde
1.1. Die Erhebung einer auf Art144 Abs1 B-VG gestützten Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde hat unter anderem zur Voraussetzung, dass der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in einem subjektiven Recht verletzt werden konnte (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 13.433/1993, 16.462/2002 mwH). Die Möglichkeit der Verletzung eines derartigen Rechtes ist dann gegeben, wenn der Bescheid subjektive Rechte oder Pflichten begründet, verändert oder feststellt. Eine Rechtsverletzungsmöglichkeit ist dann zu verneinen, wenn es für die Rechtsstellung des Beschwerdeführers keinen Unterschied macht, ob der Bescheid einer Verwaltungsbehörde aufrecht bleibt oder aufgehoben wird (vgl. VfSlg. 16.462/2002).
1.2. Die Beschwerdeerhebung an den Verfassungsgerichtshof setzt sohin ein Interesse des Beschwerdeführers an der Beseitigung des angefochtenen Bescheides voraus. Ein solches Interesse ist im Fall eines auf Antrag des Beschwerdeführers erlassenen Bescheides nur dann gegeben, wenn nach Aufhebung des Bescheides ein durch diesen bewirkter Rechtsnachteil des Beschwerdeführers vermieden wird. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Beurteilung durch den Beschwerdeführer, sondern darauf an, ob der angefochtene Bescheid bei Anlegung eines objektiven Maßstabes die Rechtsposition des Beschwerdeführers nachteilig verändert (vgl. VfSlg. 11.764/1988, 12.087/1989, 12.452/1990, 13.433/1993, 14.413/1996).
1.3. Da mit dem angefochtenen Bescheid der Antrag des (in Innsbruck wohnhaften) Beschwerdeführers auf Zulassung zur Gerichtspraxis im Sprengel des Oberlandesgerichtes Innsbruck abgewiesen wurde, ist sein rechtliches Interesse an einer positiven Erledigung dieses Begehrens trotz zwischenzeitig (in Erledigung eines späteren Ansuchens) erfolgter Zulassung zur Gerichtspraxis im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien nicht weggefallen: Wie vom Verfassungsgerichtshof erhoben wurde, hat der Beschwerdeführer seine am 1. Juni 2010 im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien angetretene Gerichtspraxis bereits am 15. Juli 2010 durch Erklärung gemäß §14 Abs1 RPG (zulässigerweise) unterbrochen und seither nicht wieder aufgenommen, weshalb - auch bei objektiver Betrachtung - davon auszugehen ist, dass ihn der bekämpfte Bescheid nach wie vor beschwert und sein berechtigtes Interesse an der Fortsetzung seiner Ausbildung bei Gericht im Sprengel des Oberlandesgerichtes Innsbruck (jedenfalls innerhalb der Frist des §14 Abs3 RPG) nur durch Aufhebung des ihn benachteiligenden Bescheides durchgesetzt werden kann.
1.4. Da auch sonst keine Prozesshindernisse hervorgekommen sind, ist die Beschwerde zulässig.
2. In der Sache:
2.1. Vor dem Hintergrund des in der Beschwerde zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom 23. Juni 2010, B271/10, - dem ein in allen wesentlichen Punkten gleich gelagerter Fall zugrunde lag - bestehen gegen die von der belangten Behörde angewendeten und auch im vorliegenden verfassungsgerichtlichen Verfahren anzuwendenden Rechtsvorschriften (einschließlich des §1 Abs1 RPG sowie der Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 BRÄG 2008) angesichts dessen, dass diese der im angeführten Erkenntnis erörterten verfassungskonformen Auslegung zugänglich sind, keine verfassungsrechtlichen Bedenken.
2.2. Ausgehend von der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998, 16.488/2002 und 17.858/2006) eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur vorliegen, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
2.3. Ein solcher Fehler ist der belangten Behörde auch hier (wie schon im Fall B271/10) vorzuwerfen:
2.3.1. Auf Grund der Übergangsbestimmung des ArtXVII §6 BRÄG 2008 hat die belangte Behörde in Anbetracht des Umstandes, dass der Beschwerdeführer das Studium Wirtschaftsrecht bereits vor dem Stichtag des 31. August 2009 begonnen und am 22. Dezember 2009 abgeschlossen hat, bei der Prüfung der Zulassung des (nicht den richterlichen Vorbereitungsdienst anstrebenden) Beschwerdeführers zur Gerichtspraxis die Regelungen der §§1 Abs1 und 2 Abs1 RPG iVm §1 Abs2 litc RAO idaF grundsätzlich in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise herangezogen.
2.3.2. §1 Abs2 litc RAO idaF nennt zwar als Erfordernis zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft die "Zurücklegung des rechtswissenschaftlichen Diplomstudiums nach dem Bundesgesetz vom 2. März 1978, BGBl. Nr. 140, über das Studium der Rechtswissenschaften und der auf Grund dieses Studiums erlangte akademische Grad eines Magisters der Rechtswissenschaften". Die belangte Behörde hat die Erlangung eines solchen Grades nach dieser Rechtslage indes verneint, ohne zu berücksichtigen, dass das diesbezügliche Bundesgesetz - wie oben dargelegt (Pkt. II.5.) - mit In-Kraft-Treten der Studienpläne an den einzelnen Universitäten, spätestens jedoch mit Ablauf des 30. September 2002, außer Kraft getreten ist (§75 Abs3 und 4 iVm Anlage 3 UniStG).
2.3.3. Vor diesem Hintergrund wäre die belangte Behörde aber auch im vorliegenden Fall (vgl. erneut VfGH 23.6.2010, B271/10) verpflichtet gewesen, §1 Abs2 litc RAO idaF iVm §2 Abs1 RPG im Rahmen einer verfassungskonformen Auslegung dahin zu prüfen, ob das vom Beschwerdeführer zwischen 2007 und 2009 an der Universität Innsbruck absolvierte und mit dem Magisterium abgeschlossene Diplomstudium "Wirtschaftsrecht" nach dem hiefür maßgeblichen Studienplan dem Erfordernis für die Zulassung zur Gerichtspraxis entspricht.
2.3.4. Da die belangte Behörde keinerlei Überlegungen zu dieser wesentlichen Frage angestellt hat, ist ihr ein in die Verfassungssphäre reichendes willkürliches Verhalten anzulasten.
2.3.5. Der Beschwerdeführer ist deshalb durch den angefochtenen Bescheid in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
2.4. Der angefochtene Bescheid war daher aufzuheben.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- sowie eine Eingabengebühr gemäß §17a VfGG in der Höhe von € 220,-- enthalten.
Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.