U429/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtene Entscheidung des Asylgerichtshofes, soweit damit der Antrag auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters zurückgewiesen wird, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.
Die Entscheidung wird hinsichtlich Spruchpunkt I insoweit und hinsichtlich Spruchpunkt II zur Gänze aufgehoben.
Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, dem Beschwerdeführer zuhanden seines Rechtsvertreters die mit € 2.400,-- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
Der Antrag auf vorläufige Berichtigung von Barauslagen und Fahrtkosten aus Amtsgeldern wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1.1. Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Gambia, reiste illegal nach Österreich ein und brachte am 26. Februar 2008 einen (ersten) Antrag auf internationalen Schutz ein.
1.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 13. Juni 2008 wurde dieser Antrag gemäß §§3 Abs1, 8 Abs1 Z1 Asylgesetz 2005, BGBl. I 100, (im Folgenden: AsylG 2005) abgewiesen; zugleich wurde der Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen.
In Erledigung der dagegen erhobenen Beschwerde behob der Asylgerichtshof mit Entscheidung vom 5. September 2008 den Bescheid des Bundesasylamtes und verwies die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an das Bundesasylamt zurück.
Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 29. Oktober 2008 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gemäß §§3 Abs1, 8 Abs1 iVm §2 Abs1 Z13 AsylG 2005 abgewiesen; zugleich wurde der Beschwerdeführer gemäß §10 Abs1 Z2 AsylG 2005 aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde wurde mit Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 16. Jänner 2009 gemäß §§3, 8 und 10 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen.
2.1. Am 13. November 2009 stellte der Beschwerdeführer einen zweiten Antrag auf internationalen Schutz.
2.2. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 2. Dezember 2009 wurde dieser Antrag gemäß §68 Abs1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen und der Beschwerdeführer aus dem österreichischen Bundesgebiet nach Gambia ausgewiesen.
2.3. Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid Beschwerde an den Asylgerichtshof und stellte unter einem die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe und auf Beigebung eines Flüchtlingsberaters.
Mit der angefochtenen Entscheidung des Asylgerichtshofes vom 12. Jänner 2010 wurden die Anträge als unzulässig zurückgewiesen (Spruchpunkt I), was jeweils mit der fehlenden rechtlichen Grundlage begründet wurde. Die Beschwerde selbst wurde gemäß §68 Abs1 AVG, §10 Abs1 Z1 AsylG 2005 als unbegründet abgewiesen (Spruchpunkt II).
3. In der gegen diese Entscheidung gemäß Art144a B-VG erhobenen Beschwerde wird die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte geltend gemacht und die kostenpflichtige Aufhebung der angefochtenen Entscheidung beantragt.
4. Der Asylgerichtshof legte die Verwaltungsakten des Bundesasylamtes sowie die Gerichtsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher er (u.a.) darauf hinwies, dass der Beschwerdeführer in seinen Asylverfahren rechtsfreundlich vertreten gewesen und mehrfach über die Gesetzeslage manuduziert worden sei.
5. Mit Schriftsatz vom 16. Februar 2011 stellte der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers den Antrag, die ihm erwachsenen "Barauslagen und Fahrtkosten gemäß §393 Abs2 StPO bzw. §64 Abs1 Z1 litf ZPO vorläufig aus Amtsgeldern zu berichtigen".
II. Erwägungen
1. Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1.1. Was die Zurückweisung des Antrages auf Beigabe eines Flüchtlingsberaters betrifft, entspricht die vorliegende Beschwerde sowohl im entscheidungswesentlichen Sachverhalt als auch in der maßgeblichen Rechtsfrage der zu U 3078, 3079/09 protokollierten Beschwerde, weshalb sich der Verfassungsgerichtshof darauf beschränken kann, auf die Entscheidungsgründe seines in dieser Beschwerdesache ergangenen Erkenntnisses hinzuweisen (vgl. VfGH 2.10.2010, U 3078, 3079/09).
Da die Behörde von vornherein eine Sachentscheidung zu Unrecht verweigert hat, ist es unerheblich, ob der Beschwerdeführer im Verfahren vor dem Asylgerichtshof rechtsfreundlich vertreten war.
Die angefochtene Entscheidung war daher im genannten Umfang aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
1.2. Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit damit die Zurückweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe bekämpft wird, aus folgenden Gründen abgelehnt:
Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde gemäß Art144a B-VG ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (Art144a Abs2 B-VG).
Die Beschwerde enthält hinsichtlich der Zurückweisung des Antrages auf Verfahrenshilfe kein substantiiertes Vorbringen. Vor dem Hintergrund der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erscheint die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes als so wenig wahrscheinlich, dass die Beschwerde diesbezüglich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (vgl. VfSlg. 18.809/2009).
1.3. Die Kostenentscheidung beruht auf §88a iVm §88 VfGG. Die teilweise Erfolglosigkeit der Beschwerde konnte dabei außer Betracht bleiben, da dieser Teil keinen zusätzlichen Prozessaufwand verursacht hat (vgl. VfSlg. 16.760/2002). In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,-- enthalten.
2. Der Antrag auf vorläufige Berichtigung von "Barauslagen und Fahrtkosten gemäß §393 Abs2 StPO bzw. §64 Abs1 Z1 litf ZPO" war abzuweisen, da die verzeichneten Barauslagen im zugesprochenen Kostenbetrag enthalten sind (vgl. VfSlg. 14.422/1996 sowie zuletzt VfGH 26.4.2010, U525/09 ua.).
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG, §19 Abs4 erster Satz VfGG sowie §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.