B374/11 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Beschwerden werden zurückgewiesen.
Begründung:
1. Mit seinen an den Verfassungsgerichtshof gerichteten und auf Art144 B-VG gestützten Beschwerden vom 15. März 2011, die am selben Tag zur Post gegeben wurden und am 16. März 2011 beim Verfassungsgerichtshof einlangten, wendet sich der Beschwerdeführer gegen Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom 1. Dezember 2010, mit denen ihm die Rückzahlung von Zuschüssen zum Kinderbetreuungsgeld für die Jahre 2002 bis 2004 gemäß §18 Abs1 Z1 KBGG vorgeschrieben wurde.
2. Auf Anfrage teilte der Unabhängige Finanzsenat, Außenstelle Wien, mit, dass die Berufungsentscheidungen am 6. Dezember 2010 mit Rsb versendet worden seien. Es erlägen im Akt zwar keine Rückscheine betreffend die Zustellung; im Hinblick auf die am 12. Jänner 2011 beim Verwaltungsgerichtshof eingegangenen Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen die genannten Bescheide sei jedoch davon ausgegangen worden, dass eine Zustellung erfolgt sei, und von einer neuerlichen Zustellung abgesehen worden.
3. Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom 13. Jänner 2011 wurde den (zu den Zlen. VH 2011/17/0004 und VH 2011/17/0003 protokollierten) Anträgen auf Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Beschwerdeführung gegen die nunmehr beim Verfassungsgerichtshof bekämpften Bescheide des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, beim Verwaltungsgerichtshof stattgegeben.
4. Im Beschwerdeschriftsatz beruft sich der für den Beschwerdeführer einschreitende Rechtsanwalt darauf, dass er mit Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien vom 21. Jänner 2011, ZVz 110/2011, zum Verfahrenshelfer bestellt worden sei. Als Datum, an welchem dem ausgewiesenen Verfahrenshelfer der Bescheid zugestellt worden ist, wird in der Beschwerde der 2. Februar 2011 angegeben.
5. Der Beschwerdeführer hält die Beschwerde offenbar deswegen als rechtzeitig eingebracht, weil die Bestellung seines Vertreters im verwaltungsgerichtlichen Verfahren durch den Bescheid der Rechtsanwaltskammer Wien auch die Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof unterbrochen habe.
6. Die dieser Auffassung zugrundeliegende Rechtsansicht über den Lauf der Beschwerdefrist im verfassungsgerichtlichen Verfahren ist jedoch verfehlt: Eine auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof kann nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides erhoben werden (§82 Abs1 VfGG). Es besteht keine Rechtsvorschrift, welche die gemäß §61 VwGG iVm §464 Abs3 ZPO eintretende Wirkung der Zustellung des Bescheides über die Bestellung des Rechtsanwaltes auf den Fristenlauf im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof über dieses Verfahren hinaus auf ein anderes Verfahren ausdehnt, insbesondere nicht in der anscheinend angenommenen Weise auf ein denselben Bescheid betreffendes Beschwerdeverfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (vgl. zB VfSlg. 13.747/1994; 14.397/1995; 14.751/1997).
7. Obzwar das genaue Zustelldatum der angefochtenen Bescheide an den Beschwerdeführer weder den Akten noch den Beschwerden zu entnehmen ist, ist dennoch evident, dass die vorliegenden Beschwerden sich als verspätet erweisen. Die die Verfahrenshilfe bewilligenden Beschlüsse des Verwaltungsgerichtshofes datieren vom 13. Jänner 2011; zu diesem Zeitpunkt mussten die Bescheide dem Beschwerdeführer jedenfalls bereits zugekommen sein (§7 Zustellgesetz). Die vorliegenden, am 15. März 2011 eingebrachten Verfassungsgerichtshofbeschwerden erweisen sich demnach wegen der ab Zustellung der angefochtenen Bescheide an den Beschwerdeführer zu berechnenden sechswöchigen Beschwerdefrist des §82 Abs1 VfGG jedenfalls als verspätet und sind sohin zurückzuweisen.
8. Der Antrag, die Beschwerden dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, ist abzuweisen, weil nach Art144 Abs3 B-VG (§87 Abs3 VfGG) eine solche Abtretung nur in den - hier nicht gegebenen - Fällen einer abweisenden Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.
9. Bei diesem Verfahrensergebnis konnte eine Entscheidung über die Anträge, den Beschwerden die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, entfallen.
10. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 litb VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.