JudikaturVfGH

B1123/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
15. Juni 2011

Spruch

Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt in Wien. Im Jahr 2002 wurde ihm durch den Verwalter einer Liegenschaft in Wien 3. eine schriftliche Prozessvollmacht zur Vertretung der Eigentümergemeinschaft dieser Liegenschaft erteilt. Mit Erkenntnis des Disziplinarrates der Rechtsanwaltskammer Wien (im Folgenden: RAK Wien) vom 10. Juli 2007 wurde der Beschwerdeführer der Disziplinarvergehen der Berufspflichtenverletzung sowie der Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes für schuldig erkannt. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit - als Bescheid zu wertendem - Erkenntnis der Obersten Berufungs- und Disziplinarkommission (im Folgenden: OBDK) vom 7. April 2008 teilweise Folge gegeben. Mit Erkenntnis vom 16. Juni 2009 (vgl. VfSlg. 18.768/2009) gab der Verfassungsgerichtshof der dagegen erhobenen Beschwerde statt und hob den Bescheid der OBDK vom 7. April 2008, soweit der Berufung keine Folge gegeben worden war, auf. Der Bescheid der OBDK entspreche nicht den rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung eines Bescheides und verletze daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz.

2. Mit Ersatzbescheid der OBDK vom 15. März 2010 wurden

1.) die in der mündlichen Verhandlung vor der OBDK gestellten Beweisanträge abgewiesen und es wurde 2.) der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge gegeben. Er wurde schuldig gesprochen, a) der Wohnungseigentümergemeinschaft der genannten Liegenschaft in Wien 3. zu Unrecht Honorare für Leistungen verrechnet zu haben, die er für den Hausverwalter dieser Liegenschaft erbracht hat, b) trotz Vollmachtswiderrufs der bevollmächtigten Hausverwaltung und der Aufforderung ab sofort keine weiteren Aktivitäten mehr zu setzen im Zeitraum von 4. Oktober 2005 bis 1. Juni 2006 Vertretungshandlungen für die Eigentümergemeinschaft gesetzt zu haben, c) als bevollmächtigter Vertreter der Eigentümergemeinschaft einerseits die Vertretung von vier Wohnungseigentümern gegenüber den restlichen Wohnungseigentümern übernommen zu haben und anderseits die Eigentümergemeinschaft gegen einzelne Wohnungseigentümer vertreten zu haben. Da darin eine Berufspflichtenverletzung sowie eine Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes zu sehen sei, werde über den Beschwerdeführer eine Geldbuße in Höhe von € 2.500,-

verhängt. Vom Vorwurf, er habe die Eigentümergemeinschaft im Zeitraum von 26. Jänner 2005 bis 3. Oktober 2005 ohne Auftrag vertreten, wurde der Beschwerdeführer freigesprochen.

2.1. Begründend führte die belangte Behörde aus, die Verrechnung von Leistungen ohne Zustimmung der Eigentümergemeinschaft stelle eine Berufspflichtenverletzung dar. Ein Verwalter könne sich zwar einen Rechtsanwalt als Beistand hinzuziehen, die entstandenen Kosten dürften aber nicht auf die Eigentümergemeinschaft überwälzt werden. In Anbetracht des großen Personenkreises, dem dieses Verhalten des Beschwerdeführers bekannt geworden ist, sei es auch als Beeinträchtigung von Ehre und Ansehen des Standes zu werten. Gleiches gelte für die Vertretungstätigkeit ohne entsprechenden Auftrag der Eigentümergemeinschaft. Bereits mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 sei klar gestellt gewesen, dass ein neuer Verwalter bestellt worden war und der Beschwerdeführer jede Aktivität einzustellen habe. Die Vertretung sowohl der Eigentümergemeinschaft als auch einzelner Wohnungseigentümer stelle nach der ständigen Rechtsprechung der OBDK einen Fall der Doppelvertretung dar. Diese sei auch als "formelle" Kollision disziplinär zu ahnden. Auch aus dem Hinweis des Beschwerdeführers auf die "CCBE Berufsregeln der europäischen Rechtsanwälte" sei nichts zu gewinnen, weil diese für rein innerstaatliche Sachverhalte andere (strengere) Standesregeln zuließen. Darüber hinaus sei auch nach den Bestimmungen der Berufsregeln der europäischen Rechtsanwälte das Verhalten des Beschwerdeführers disziplinär, weil auch nach diesen Bestimmungen das Interesse des Rechtsanwaltes hinter dem seines Mandanten zurückzutreten hat.

Bei der Strafbemessung seien die Unbescholtenheit und die lange Verfahrensdauer mildernd zu berücksichtigen gewesen, erschwerend jedoch das Zusammentreffen mehrerer Disziplinarvergehen sowie die beharrliche Fortsetzung der Vergehen. Der Freispruch sei erfolgt, weil der Beschwerdeführer tatsächlich davon habe ausgehen dürfen, dass sein Mandant, der ihm im Jahre 2002 die Vollmacht erteilt hatte, bis zur Bestellung eines neuen Verwalters noch die Liegenschaft verwalte. Es bestand daher nach den Bestimmungen des WEG für ihn sogar die Pflicht, die Betriebskostenakonti einzuklagen.

2.2. Die Beweisanträge seien abzuweisen, weil einerseits der Beschwerdeführer vom Vorwurf, er sei in der Zeit von 26. Jänner 2005 bis 3. Oktober 2005 ohne Auftrag eingeschritten, freigesprochen wurde und anderseits, weil das Beweisanbot ausschließlich die Rechtsfrage der Subsumtion seines Verhaltens unter die dargestellten Standesregeln betroffen habe.

3. Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, auf rechtliches Gehör und Art7 EMRK geltend gemacht wird.

4. Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt, aber keine Gegenschrift erstattet.

II. Rechtslage

1. §10 Abs1 Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO), RGBl. 96/1998, in der maßgeblichen Fassung lautet:

"§10. (1) Der Rechtsanwalt ist nicht verpflichtet, die Vertretung einer Partei zu übernehmen, und kann dieselbe ohne Angabe der Gründe ablehnen; allein er ist verpflichtet, die Vertretung oder auch nur die Ertheilung eines Rathes abzulehnen, wenn er die Gegenpartei in derselben oder in einer damit zusammenhängenden Sache vertreten hat oder in solchen Angelegenheiten früher als Richter oder als Staatsanwalt thätig war. Ebenso darf er nicht beiden Theilen in dem nämlichen Rechtsstreite dienen oder Rath ertheilen."

III. Erwägungen

Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:

1. Bedenken gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Bestimmungen wurden vom Beschwerdeführer nicht vorgebracht und sind beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieses Beschwerdefalles auch nicht entstanden.

Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.

2. Der Beschwerdeführer behauptet die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten:

2.1. Der Beschwerdeführer behauptet die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter. Die belangte Behörde habe nämlich "völlig überraschend" ausgesprochen, dass eine materielle Doppelvertretung vorliege, obwohl der Einleitungsbeschluss von einer formellen Doppelvertretung ausgehe. Sie habe über Anschuldigungen abgesprochen, die nicht Gegenstand des Einleitungsbeschlusses waren.

2.1.1. Das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wird durch den Bescheid einer Verwaltungsbehörde verletzt, wenn die Behörde eine ihr gesetzlich nicht zukommende Zuständigkeit in Anspruch nimmt (zB VfSlg. 15.372/1998, 15.738/2000, 16.066/2001, 16.298/2001 und 16.717/2002) oder wenn sie in gesetzwidriger Weise ihre Zuständigkeit ablehnt, etwa indem sie zu Unrecht eine Sachentscheidung verweigert (zB VfSlg. 15.482/1999, 15.858/2000, 16.079/2001 und 16.737/2002). Zum Disziplinarverfahren der Rechtsanwälte hat der Verfassungsgerichtshof wiederholt ausgesprochen, dass Gegenstand des Disziplinarverfahrens nur die im Einleitungsbeschluss konkret umschriebene Tat ist (vgl. zB VfSlg. 5523/1967). Spricht die Behörde über Anschuldigungen ab, die nicht Gegenstand des Einleitungsbeschlusses waren, so wird eine Zuständigkeit in Anspruch genommen, die der Behörde nicht zukommt (vgl. VfSlg. 16.438/2002). Dennoch kommt dem Einleitungsbeschluss nicht die Funktion einer Anklageschrift nach der Strafprozessordnung zu (vlg. VfSlg. 9425/1982). Er legt vielmehr den Gegenstand des Disziplinarverfahrens fest und zieht der disziplinären Verfolgung Grenzen, weil damit dem Disziplinarbeschuldigten der Verfahrensgegenstand zur Kenntnis gebracht wird. Der Disziplinarbeschuldigte kann sich somit Klarheit darüber verschaffen, welcher disziplinäre Vorwurf gegen ihn erhoben wird.

2.1.2. Mit Einleitungsbeschluss des Disziplinarrates der RAK Wien vom 25. April 2007 wurde dem Beschwerdeführer vorgehalten, er habe einerseits im Verfahren über die Nichtigerklärung des Abberufungsbeschlusses betreffend den Hausverwalter einzelne Miteigentümer der Liegenschaft gegenüber der Mehrheit der Miteigentümer vertreten und anderseits gleichzeitig die Wohnungseigentümergemeinschaft in Verfahren vor dem BG Innere Stadt gegen einzelne Miteigentümer vertreten und somit eine unzulässige Doppelvertretung bewirkt.

Der Spruch des angefochtenen Bescheides gibt genau diesen Vorwurf wieder. In der Begründung wird ausgeführt, es handle sich "in Wahrheit" um eine materielle Doppelvertretung. Der Einleitungsbeschluss für sich nimmt aber (noch) keine Qualifikation der Handlungen des Beschwerdeführers als "materielle" oder "formelle" Doppelvertretung vor. Der angefochtene Bescheid ist also durch den Einleitungsbeschluss gedeckt, weil dem Beschwerdeführer klar sein musste, dass Gegenstand des Disziplinarverfahrens unter anderem der Vorwurf der Doppelvertretung (im genannten Zusammenhang) ist. Der Disziplinarbehörde oblag es im Zuge des Disziplinarverfahrens zu untersuchen, ob der im Einleitungsbeschluss erhobene Vorwurf zutrifft, und zu konkretisieren, inwiefern Ehre und Ansehen des Standes verletzt wurden (vgl. VfSlg. 13.762/1994).

Die Formulierung "wenngleich vom Einleitungsbeschluss nicht umfasst" bezieht sich nicht auf den Vorwurf der Doppelvertretung, sondern auf die Tatsache, dass der Beschwerdeführer auch den Verwalter der Liegenschaft im Verfahren zur Bekämpfung des Abberufungsbeschlusses vertreten hat. Dies ist vom Spruch des angefochtenen Bescheides aber nicht umfasst. Es dient vielmehr als verstärkendes Begründungselement für die Verwerflichkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers und wird nicht zur Begründung der Doppelvertretung herangezogen. Da rechtsverbindlich - grundsätzlich - nur der Spruch eines Bescheides wird, nicht aber seine Begründung (vgl. Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 222 mwN), ergibt sich auch daraus keine Überschreitung des Einleitungsbeschlusses. Ein allfälliger Begründungsmangel ist als einfachgesetzliche Frage nicht vom Verfassungsgerichtshof aufzugreifen (vgl. Punkt III. 5.).

2.1.3. Der Beschwerdeführer ist daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

2.2. Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt, weil die belangte Behörde seine Beweisanträge ohne ausreichende Begründung abgewiesen habe. In weiterer Folge habe die belangte Behörde auch das ihm vorgeworfene disziplinäre Verhalten falsch beurteilt. Sie sei nämlich davon ausgegangen, dass die Verfahren vor dem BG Innere Stadt noch nicht abgeschlossen sind, hätte aber bei Berücksichtigung dieses Umstandes zu einem anderen Ergebnis kommen müssen. Die belangte Behörde habe daher Willkür geübt.

2.2.1. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.

Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.

Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).

2.2.2. Ein solcher, in die Verfassungssphäre reichender Fehler ist der OBDK aber nicht vorzuwerfen: Nach den Bestimmungen der Strafprozessordnung (im Folgenden: StPO) hat der Beschuldigte das Recht, die Aufnahme von Beweisen zu beantragen. Dabei sind Beweisthema und Beweismittel anzugeben. Weiters ist zu begründen, inwiefern das Beweisthema durch die Aufnahme des Beweises geklärt werden kann. Ein Beweisantrag darf abgewiesen werden, wenn das Beweisthema offenkundig ist. Die Behörde hat dabei das Verhältnis von Verfahrensverzögerung durch die Beweisaufnahme und den daraus gezogenen Nutzen für die Wahrheitsfindung abzuwägen (vgl. zu §55 StPO Fabrizy, Die österreichische Strafprozessordnung, Kurzkommentar10, 2008, 125). Wie aus dem Protokoll zur mündlichen Verhandlung vor der OBDK hervorgeht, erachtete die Behörde die Beischaffung der Gerichtsakten des BG Innere Stadt nicht für erforderlich, um Kenntnis über den Ausgang der Verfahren zu erlangen. Der Beschwerdeführer könne dazu auch Kopien der von ihm angeführten Gerichtsentscheidungen vorlegen. Auch die weiteren Beweisanträge zur Frage der Doppelvertretung waren aus Sicht der belangten Behörde nicht zielführend. Da der Beschwerdeführer für die Honorarforderung für Leistungen, die nach Beginn der gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem Verwalter und den Miteigentümern erbracht wurden, bestraft wird, ist der Ausgang der Verfahren vor dem BG Innere Stadt nicht von Bedeutung. Der belangten Behörde ist insoweit kein in die Verfassungssphäre reichender Fehler vorzuwerfen. Ob die Abweisung der Beweisanträge den Vorgaben der hier maßgeblichen StPO entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen (vgl. Punkt III. 5.).

2.2.3. Auch sonst ist der OBDK kein willkürliches Verhalten anzulasten. Der angefochtene Bescheid ist ausreichend begründet. Die belangte Behörde hat dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 18.768/2009 entsprochen und die rechtsstaatlichen Mindestanforderungen an die Begründung eines Bescheides nunmehr erfüllt. Dem angefochtenen Bescheid ging ein den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügendes Ermittlungsverfahren voraus. Der Beschwerdeführer ist daher nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.

2.3. In der Beschwerde wird weiters vorgebracht, der Beschwerdeführer werde durch die Abweisung der Beweisanträge in seinem Recht auf rechtliches Gehör gemäß Art6 EMRK verletzt. In diesem Zusammenhang kann auf das oben (Punkt III. 2.2.) Gesagte verwiesen werden. Die vom Beschwerdeführer beantragten Beweise hätten keinen maßgeblichen Einfluss auf das Ergebnis des Verfahrens gehabt, insoweit ist ihre Abweisung zulässig. Ob die Begründung der Abweisung der Beweisanträge in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, hat der Verfassungsgerichtshof nicht zu beurteilen.

2.3.1. Darüber hinaus stellt der EGMR in seiner Rechtsprechung nur darauf ab, ob das Verfahren insgesamt fair war (vgl. auch EKMR 30.6.1993, ÖJZ 1994, 137; sowie EGMR 16.11.2006, Fall Klimentyev, Appl. 46.503/99; EGMR 9.1.2007, Fall Gossa, Appl. 47.986/99). Die lange Verfahrensdauer wurde bei der Strafbemessung als mildernd berücksichtigt.

2.3.2. Der Beschwerdeführer ist daher nicht in seinem verfassungesetzlich gewährleisteten Recht auf ein faires Verfahren verletzt worden.

2.4. Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters im durch Art7 EMRK garantierten Recht "nulla poena, sine lege" verletzt, weil die Bestrafung wegen unechter Doppelvertretung gegen das Bestimmtheitsgebot des Art7 EMRK verstoße.

2.4.1. Beginnend mit dem Erkenntnis VfSlg. 11.776/1988 hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass sich eine Verurteilung wegen Berufspflichtenverletzung und wegen eines Verstoßes gegen Ehre und Ansehen des Standes auf gesetzliche Regelungen oder auf gefestigte Standesauffassungen - wozu Richtlinien oder die bisherige (Standes )Judikatur von Bedeutung sind - stützen muss, die in einer dem Klarheitsgebot entsprechenden Bestimmtheit feststehen. Dem aus Art7 EMRK erfließenden Gebot entspricht die Behörde dann nicht, wenn sie sich - statt zu benennen, gegen welche konkrete Standespflicht ein inkriminiertes Verhalten verstößt - nur mit Rechtsprechungshinweisen begnügt.

2.4.2. Die OBDK hat im Verhalten des Beschwerdeführers insofern den Tatbestand der Doppelvertretung (§10 Abs1 RAO) als erfüllt angesehen (zur Spruchpraxis der OBDK zur Doppelvertretung vgl. Feil/Wennig, Anwaltsrecht6, 2010, 132 ff.), als der Beschwerdeführer einerseits einige Miteigentümer im Verfahren über die Abberufung des Verwalters gegen die Mehrheit der Miteigentümer vertreten hat und anderseits die Wohnungseigentümergemeinschaft gegenüber einzelnen Miteigentümern in Verfahren über die Zahlung von Betriebskostenakonti. Die belangte Behörde begründet dies unter Anführung der einschlägigen Rechtsprechung der Disziplinarbehörden der Rechtsanwälte und der gefestigten Standesauffassung. Ein Verstoß gegen das aus Art7 EMRK erfließende Bestimmtheitsgebot ist nicht zu erkennen. Darüber hinaus setzt auch nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes das Vorliegen einer Doppelvertretung keine konkrete Gefahr einer Interessenkollision voraus. Die Beurteilung des Verhaltens des Beschwerdeführers als Doppelvertretung iSd §10 Abs1 RAO und der dazu ergangenen Judikatur ist also auch aus verfassungsrechtlicher Sicht vertretbar.

2.4.3. Der Beschwerdeführer ist daher auch nicht im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht gemäß Art7 EMRK verletzt.

3. Es ist auch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer in einem anderen, von ihm nicht geltend gemachten, verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden ist.

Der Beschwerdeführer ist daher durch den angefochtenen Bescheid nicht in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt worden.

4. Die Beschwerde war daher abzuweisen.

5. Ob der angefochtene Bescheid in jeder Hinsicht dem Gesetz entspricht, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).

6. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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