JudikaturVfGH

V123/09 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
30. Juni 2011

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung:

I. Sachverhalt

1. Die Ärztekammer für Kärnten begehrt in einem auf Art139 B-VG gestützten Antrag, §2 Abs1 Z5 (Wortfolge: "5. bei im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit.") sowie §3 Abs1 5. Teilstrich (Wortfolge:

"- nach §2 Abs1 Z5 zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte,") der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, BGBl. II 487/2002 idF BGBl. II 239/2009 (im Folgenden: Reihungskriterien-Verordnung),

1.1. Zur Zulässigkeit des Antrages führt die antragstellende Ärztekammer für Kärnten aus:

"Wir haben mit den Trägern der Krankenversicherungen, insbesondere mit der Kärntner Gebietskrankenkasse einen Gesamtvertrag abzuschließen.

Diesfalls ist von uns gemäß §343 Abs1 ASVG die Reihungskriterien-Verordnung des Bundesministers für Soziale Sicherheit und Generationen, nunmehr des Bundesministers für Gesundheit, einzuhalten.

Gemäß §5 Abs2 des zwischen uns und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Kärntner Gebietskrankenkasse, die Betriebskrankenkasse Austria Tabak und die Sozialversicherungsanstalt der Bauern abgeschlossenen Gesamtvertrages … können die Vertragsparteien für die Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren.

Eine solche Richtlinien-Vereinbarung haben wir abgeschlossen …, wobei diese Vereinbarung auf der obzitierten Verordnung beruht.

Durch die Änderung der Reihungskriterien-Verordnung mit BGBl. II Nr. 239/2009, entsprach … unsere Vereinbarung nicht mehr dieser Verordnung. Die Richtlinienvereinbarung war daher dem Inhalt dieser neuen Verordnung anzupassen, was nunmehr am 30.11.2009 mit neuer Reihungskriterienvereinbarung … erfolgte.

Die angefochtene Verordnung greift daher in unsere Rechtssphäre ein.

Selbst wenn man davon ausgeht, dass es uns nach Maßgabe der Bestimmung des §5 Abs2 des Gesamtvertrages nur frei steht, eine solche Vereinbarung abzuschließen, wären wir dennoch durch die bekämpfte Reihungskriterien-Verordnung unmittelbar betroffen.

Wie bereits ausgeführt, hat gemäß §343 Abs1 1. Satz ASVG die Auswahl der Vertragsärzte durch den Krankenversicherungsträger im Einvernehmen mit uns nach Maßgabe der Reihungskriterien-Verordnung zu erfolgen.

Bei der Auswahl der Vertragsärzte sind sowohl der zuständige Träger der Krankenversicherung, als auch wir an diese Reihungskriterien-Verordnung gebunden.

Diese ist auch in diesem Fall unmittelbar auf uns anwendbar. Die angefochtenen Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung haben daher nicht nur bloße faktische Auswirkungen, wie etwa auf unsere wirtschaftliche Interessen, sie greifen vielmehr direkt in unsere Rechtsposition ein.

Wir haben bei der Auswahl eines Facharztes aus dem Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare Vertrauenswürdigkeit insofern zu berücksichtigen, als nach §2 Abs1 Z5 der zitierten Verordnung 10 % der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte hinzu zu schlagen sind. Diesbezüglich steht weder uns, noch dem Träger der Krankenversicherung irgendein Ermessen zu. Die diesbezüglichen Punkte sind zwingend bei der Auswahl zu vergeben. Wir sind daher unmittelbarer Normadressat der Reihungskriterien-Verordnung.

Dieser Eingriff in unsere Rechtssphäre erfolgt auch unmittelbar.

Wir haben bei der Auswahl eines Vertragsarztes im Sonderfach der Frauenheilkunde und Geburtshilfe §2 Abs1 Z5 der Reihungskriterien-Verordnung und §3 Abs1 5. Teilstrich unmittelbar anzuwenden.

Unsere Rechtsposition ist nicht bloß potentiell, sondern auch aktuell beeinträchtigt. Sie ist jedenfalls bestimmt genug, dass sie direkt auf uns angewendet werden kann.

Die Reihungskriterien-Verordnung bedarf keiner näheren Konkretisierung durch eine niederrangige generelle Rechtsvorschrift oder durch einen Akt der Vollziehung.

Sie beeinträchtigt unsere Rechtsposition daher aktuell.

Die angefochtenen Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung wurden mit BGBl. II 239/2009 am 23.7.2009 kundgemacht.

Zwar sind gemäß §8 Abs1 der Reihungskriterien-Verordnung am 1.7.2009 bestehende und der Reihungskriterien-Verordnung idF des BGBl. II Nr. 475/2005 entsprechende Reihungsrichtlinien längstens bis zum Ablauf des 31.12.2009 anzuwenden. Die entsprechenden Bestimmungen sind jedoch bereits in Kraft getreten.

Wir waren verpflichtet, mit unserem Gesamtvertragspartner die Reihungsrichtlinien im Sinne des §5 Abs2 des Gesamtvertrages jedoch schon jetzt anzupassen, damit sie beginnend mit 1.1.2010 der Reihungskriterien-Verordnung entsprechen.

Es liegt daher bereits jetzt eine aktuelle Betroffenheit unsererseits vor.

Die angefochtenen Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung sind bereits jetzt anwendbar.

Die bekämpfte Norm verletzt auch unsere Rechtssphäre.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (vgl. VfSlg. 8009/1977, VfSIg. 16.031/2000) sind wir berechtigt, ausnahmslos jede Rechtswidrigkeit der Norm geltend zu machen. Einerseits wurden bei Erlassung der Verordnung die notwendigen Verfahrensvorschriften nicht eingehalten, andererseits verstößt die Verordnung gegen den Gleichheitsgrundsatz, Art7 Abs2 B-VG und Art141 Abs4 des EG-Vertrages.

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird auf die Ausführung zur Darlegung der Bedenken … verwiesen.

Umwegsunzumutbarkeit:

Uns steht kein zumutbarer Weg zur Geltendmachung der behaupteten Gesetz- und Verfassungswidrigkeit zu.

Wir hatten aufgrund der Änderung der Reihungskriterien-Verordnung die Reihungsrichtlinienvereinbarung mit dem zuständigen Krankenversicherungsträger abzuändern. Selbst wenn wir eine solche Vereinbarung nicht abschließen müssen, sind wir an die Reihungskriterien-Verordnung bei der Auswahl eines Vertragsarztes für das Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' gebunden.

Uns steht keinerlei Möglichkeit offen, ein Gerichtsverfahren in Anspruch zu nehmen, um mittelbar die Kontrolle der angefochtenen Verordnung durch den Verfassungsgerichtshof zu erwirken.

Gleiches gilt für ein Administrativverfahren.

Es liegt keine Zuständigkeit der gemäß §345a ASVG eingerichteten Landesschiedskommission vor. Nach §345a Abs2 leg. cit. ist die Landesschiedskommission zur Schlichtung und Entscheidung von Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages über die Auslegung oder die Anwendung eines bestehenden Gesamtvertrages und zur Entscheidung über die Wirksamkeit der Kündigung gemäß §343 Abs4 ASVG zuständig.

Eine Streitigkeit aus dem Gesamtvertrag liegt jedoch nicht vor. Insbesondere ist die Landesschiedskommission und in weiterer Folge die Bundesschiedskommission nicht dafür zuständig, den Abschluss einer Reihungsrichtlinienvereinbarung im Sinne des §5 Abs2 des Gesamtvertrages zu erzwingen.

Es besteht kein zumutbarer Umweg.

b) Selbst wenn wir uns geweigert hätten, eine entsprechende Änderung der Reihungsrichtlinienvereinbarung vorzunehmen oder die angefochtenen Bestimmungen der Reihungskriterien-Verordnung bei der Auswahl der Vertragsärzte anzuwenden, entstünde kein zumutbarer Umweg.

Würde mangels Herstellung des Einvernehmens zwischen uns und der Kärntner Gebietskrankenkasse eine Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe nicht in Vertrag genommen, so stünde ihr der ordentliche Rechtsweg gegen uns offen (vgl. grundlegend OGH SZ 74/129).

Wir wären daher Schadenersatzansprüchen und/oder wettbewerbsrechtlichen Ansprüchen ausgesetzt. In diesem Verfahren könnten wir zwar die Rechtswidrigkeit der angefochtenen Verordnung einwenden und ein Normenprüfungsverfahren beim Verfassungsgerichtshof anregen, es ist jedoch dem Antragsteller nicht zumutbar, ein zivilgerichtliches Verfahren dadurch zu provozieren, dass er sich rechtswidrig verhält (vgl. VfSlg. 13.659, VfSlg. 16.042). Auch die Provozierung eines Wettbewerbsprozesses wurde vom Verfassungsgerichtshof bereits als nicht zumutbar angesehen (vgl. VfSlg. 12.379). Da uns sohin auch kein zumutbarer Umweg zusteht, erweist sich der gestellte Individualantrag als zulässig."

1.2. Ferner legt die Ärztekammer für Kärnten ihre Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung dar.

2. Der Bundesminister für Gesundheit legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der er den im Antrag geäußerten Bedenken entgegentritt und darüber hinaus auch die Zulässigkeit des Antrages verneint. Zur Frage der Antragslegitimation führt der Bundesminister Folgendes aus:

"Voraussetzung für einen Individualantrag gem. Art139 Abs1 B-VG ist unter anderem, dass die betreffende Verordnung in die Rechtssphäre der antragstellenden Person nachteilig eingreift und diese - im Fall der Rechtswidrigkeit - verletzt (siehe z.B. Öhlinger, Verfassungsrecht6 Rz 1020).

§343 ASVG weist die Auswahl der Vertragsärzte/-ärztinnen grundsätzlich dem Gesamtvertragsregime zu. Zum Zweck der Objektivierung des Auswahlverfahrens ist die Festlegung von Reihungskriterien durch den Bundesminister für Gesundheit vorgesehen (Reihungskriterien-Verordnung). Gemäß §5 Abs2 des Gesamtvertrages zwischen der Ärztekammer für Kärnten und der Kärntner Gebietskrankenkasse können die Vertragsparteien für die Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren. Die genannten Vertragsparteien haben eine gesamtvertragliche Vereinbarung betreffend die Reihungsrichtlinien getroffen und erachten sich nunmehr auf Grund der

3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung verhalten, diese Richtlinien zu ändern. In dieser 'Handlungspflicht' sieht die Ärztekammer für Kärnten einen Eingriff in ihre Rechtssphäre und weiters einen direkten Eingriff in ihre Rechtsposition, da die Reihungskriterien-Verordnung unmittelbar auf die Ärztekammer für Kärnten anzuwenden ist.

Der Ärztekammer für Kärnten ist zuzustimmen, dass die Reihungskriterien-Verordnung unmittelbar gilt. Die gesamtvertraglichen Richtlinien könnten allerdings auch so offen gestaltet sein, dass die angefochtenen Textpassagen unmittelbare Anwendung finden, da ohnedies kein Ermessensspielraum vorgesehen ist. Für eine 'Handlungspflicht' der Ärztekammer für Kärnten, einen neuen Gesamtvertrag mit der Kärntner Gebietskrankenkasse über die Reihungsrichtlinien abzuschließen, ist jedenfalls kein Anhaltspunkt in den angefochtenen Textstellen der Reihungskriterien-Verordnung zu finden.

Allein die Tatsache, dass die Ärztekammer für Kärnten als Selbstverwaltungskörper zur Konkretisierung der Reihungskriterien-Verordnung Richtlinien erlässt bzw. bereits erlassene Richtlinien anpassen muss, damit sie den Vorgaben der Reihungskriterien-Verordnung entsprechen, kann noch keine Beeinträchtigung ihrer Rechtssphäre sein. Der Ärztekammer für Kärnten erwachsen aus der Reihungskriterien-Verordnung keine unmittelbaren Rechte. Die Ärztekammer für Kärnten ist somit nur Punktevergeber, nicht jedoch auch Punkteempfänger. In dieser Rolle kann sie durch die Regelung, dass zehn Prozent der durch die jeweiligen Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte an Bewerberinnen zu vergeben sind, auch nicht in ihren Rechten verletzt sein.

Auch dem Argument, es erfolge ein direkter Eingriff in die Rechtsposition der Ärztekammer für Kärnten[,] kann nicht gefolgt werden. Die Rechtsposition der Kammer bleibt völlig unangetastet, es wird lediglich in einem einzigen speziellen Sonderfach ein zusätzliches Kriterium für die Bepunktung der Bewerberinnen und Bewerber eingeführt. Für die Ärztekammer für Kärnten hat dies die bloße faktische Auswirkung, dass dem Bepunktungsergebnis bei Bewerberinnen für eine Stelle als Gynäkologin die Zahl 6,4 (10 % der zu vergebenden Gesamtsumme) hinzuzurechnen ist. Da die Ärztekammer für Kärnten weder selbst die Punkte erhält, noch danach bewertet wird, ist es für sie (wie auch für die Kärntner Gebietskrankenkasse) ohne Bedeutung, ob sie nun zehn Prozent der insgesamt erreichbaren Punkte oder eine andere Punkteanzahl vergibt. Eine Verletzung der Rechte der Ärztekammer für Kärnten kann daher nicht nachvollzogen werden.

Für die Ärztekammer selbst erwachsen durch die Vergabe von zehn Prozent der durch die Gesamtvertragsparteien festgelegten erreichbaren Punkte an Bewerberinnen weder Vor- noch Nachteile. Ein nachteiliger Eingriff in die Rechtssphäre der Kammer findet keinesfalls statt. Betroffen wäre allenfalls die Rechtssphäre der jeweiligen Bewerberinnen und Bewerber um eine Vertragsarztstelle, an die die Punkte nach den in der Reihungskriterien-Verordnung bzw. den erlassenen Richtlinien vergeben werden.

Nach Ansicht des Bundesministeriums für Gesundheit ist daher bereits der nachteilige Eingriff in die bzw. die Verletzung der Rechtssphäre der Ärztekammer für Kärnten zu verneinen."

3. Auch der Hauptverband der Sozialversicherungsträger erstattete eine Äußerung, in der er zunächst die Antragslegitimation der Ärztekammer für Kärnten verneinte und den vorgebrachten Bedenken der Antragstellerin entgegentrat.

II. Rechtslage

1. Gemäß §343 Abs1 ASVG, BGBl. 189/1955 idF der 58. Novelle zum ASVG BGBl. I Nr. 99/2001, haben die Auswahl der Vertragsärzte und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der sozialen Krankenversicherung und dem Arzt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer zu erfolgen. Zu diesem Zweck sind auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen (bzw. des Bundesministers für Gesundheit) verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerber um Einzelverträge festzulegen. Diese Bestimmung wurde durch die 71. Novelle zum ASVG in §343 Abs1a ASVG transferiert.

§343 Abs1 bis 1b ASVG in der Fassung der 71. Novelle zum ASVG, BGBl. I 147/2009, lauten:

"Aufnahme der Ärzte in den Vertrag und Auflösung des Vertragsverhältnisses

§343. (1) Die Auswahl der Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen und der Abschluß der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt oder der Gruppenpraxis erfolgt nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Zu diesem Zweck sind auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer durch Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen verbindliche Kriterien für die Reihung der Bewerber (Bewerberinnen) um Einzelverträge festzulegen (Reihungskriterien). Dabei sind auch die fachliche Eignung der Bewerber (Bewerberinnen) und die zeitliche Reihenfolge der Bewerbungen um Einzelverträge zu berücksichtigen; die Reihungskriterien haben jedenfalls dem Gleichheitsgebot, der Erwerbsausübungs- und Niederlassungsfreiheit sowie den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958, zu entsprechen. Vor Erlassung dieser Verordnung ist der Hauptverband anzuhören. Diese Einzelverträge sind sodann für alle Gebiets- und Betriebskrankenkassen sowie für die Sozialversicherungsanstalt der Bauern wirksam. Einzelverträge, die nicht im Rahmen der jeweils nach §342 Abs1 Z1 vereinbarten Zahl und örtlichen Verteilung abgeschlossen werden, bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Zustimmung des Hauptverbandes und der zuständigen Ärztekammer, bei Nichteinigung der Zustimmung des Hauptverbandes und der Österreichischen Ärztekammer. Mit approbierten Ärzten (§44 Abs1 des Ärztegesetzes 1998) kann kein Einzelvertrag abgeschlossen werden, es sei denn, der Arzt hat gemäß Artikel 36 Abs2 der Richtlinie 93/16/EWG das Recht erworben, den ärztlichen Beruf als Arzt für Allgemeinmedizin im Rahmen eines Sozialversicherungssystems auszuüben.

(1a) Solange kein Einvernehmen über den Bedarf der Nachbesetzung einer frei werdenden Planstelle zwischen der zuständigen Ärztekammer und dem zuständigen Träger der Krankenversicherung unter Berücksichtigung der Kriterien nach §342 Abs1 Z1 besteht, kann diese Planstelle nicht ausgeschrieben werden. Besteht nach Ablauf eines Jahres nach Beendigung eines Einzelvertrages immer noch kein Einvernehmen, so entscheidet die Landesschiedskommission (§345a) auf Antrag einer der beiden Vertragsparteien über den Bedarf der Nachbesetzung unter Berücksichtigung der Kriterien nach §342 Abs1 Z1. Bis zur Rechtskraft der Entscheidung kann die Planstelle nicht ausgeschrieben werden. Der Stellenplan gilt ab Rechtskraft einer Entscheidung der Nicht-Nachbesetzung als angepasst.

(1b) Im Falle der Stilllegung einer Planstelle (Abs1a) darf der betroffene Sozialversicherungsträger das bisher vom Vertragsarzt/von der Vertragsärztin der jeweiligen Planstelle abzudeckende Leistungsvolumen innerhalb von fünf Jahren ab Freiwerden der Stelle nicht durch einen neuen Vertrag mit anderen Leistungsanbietern/-anbieterinnen abdecken."

2. Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für soziale Sicherheit und Generationen über die Kriterien für die Reihung der der ärztlichen Bewerber um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern, BGBl. II 487/2002 idF der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit, BGBl. II 239/2009 (3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung), lauten wie folgt (angefochtene Bestimmungen hervorgehoben):

"Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte

§1. Die Auswahl der Vertragsärztinnen/Vertragsärzte und der Vertrags-Gruppenpraxen hat im Sinne des §343 Abs1 erster Satz ASVG nach den im §2 genannten Reihungskriterien zu erfolgen.

Reihungskriterien

§2. (1) Die Kriterien für die Reihung der BewerberInnen um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern sind:

1. die fachliche Eignung, die auf Grund der Berufserfahrung als Ärztin/Arzt zu beurteilen ist; dabei sind jedenfalls Tätigkeiten als niedergelassene Ärztin/niedergelassener Arzt, als Praxisvertreterin/Praxisvertreter sowie als angestellte Ärztin/angestellter Arzt zu berücksichtigen; zusätzlich können Tätigkeiten als Notärztin/Notarzt oder als Ärztin/Arzt im Bereitschaftsdienst oder eine Tätigkeit im Rahmen einer Lehrpraxis berücksichtigt werden;

2. zusätzliche fachliche Qualifikationen, die insbesondere durch Vorlage von Diplomen über die erfolgreiche Absolvierung einer fachlichen Fortbildung, die von der Österreichischen Ärztekammer verliehen oder anerkannt werden, nachzuweisen sind;

3. der Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine BewerberInnenliste um Einzelverträge nach Erlangung des Rechtes zur selbständigen Berufsausübung als Ärztin/Arzt für Allgemeinmedizin bzw. als Fachärztin/Facharzt und die allenfalls darauf folgende nach zeitlichen und örtlichen Gesichtspunkten zu beurteilende regelmäßige Bewerbung um Einzelverträge; in Bundesländern, in denen eine derartige BewerberInnenliste bis zum In-Kraft-Treten dieser Verordnung nicht besteht, ist dem Zeitpunkt der ersten Eintragung jener Zeitpunkt gleichzuhalten, zu dem die Bewerberin/der Bewerber die Voraussetzungen für eine Eintragung in die nunmehr zu schaffende BewerberInnenliste erstmals erfüllt hätte;

4. die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis nach den Bestimmungen der ÖNORM B 1600 'Barrierefreies Bauen' sowie der ÖNORM B 1601 'Spezielle Baulichkeiten für behinderte und alte Menschen' bei Vertragsbeginn oder innerhalb einer angemessenen Frist nach Vertragsbeginn zu schaffen;

5. bei im Sonderfach 'Frauenheilkunde und Geburtshilfe' ausgeschriebenen Einzelverträgen die durch das weibliche Geschlecht zusätzlich vermittelbare besondere Vertrauenswürdigkeit.

(2) Als weitere Kriterien für die Reihung können berücksichtigt werden:

1. ein geleisteter Präsenz-, Ausbildungs- oder Zivildienst sowie zurückgelegte Mutterschutzzeiten nach dem Mutterschutzgesetz 1979, zurückgelegte Karenzzeiten, auch wenn diese in einem anderen EG-Mitgliedstaat oder EWR-Staat zurückgelegt wurden und Zeiten, für die ein Anspruch auf Kinderbetreuungsgeld oder gleichartige Leistungen für BewerberInnen aus anderen EG-Mitgliedstaaten oder EWR-Staaten besteht.

2. die soziale Förderungswürdigkeit, etwa auf Grund von bestehenden Sorgepflichten für Kinder oder auf Grund von gegenwärtiger Arbeitslosigkeit.

Bewertung

§3. (1) Die Bewertung der BewerberInnen hat nach einem Punktesystem in der Weise zu erfolgen, dass für die Erfüllung der Kriterien

(2) Der Krankenversicherungsträger und die Ärztekammer können gemeinsam die Invertragnahme der/des Erstgereihten mit Begründung ablehnen, wenn erhebliche Bedenken bestehen, dass der mit dem Einzelvertrag verbundene Versorgungsauftrag durch diese Bewerberin/diesen Bewerber nicht erfüllt werden kann.

(3) Sind zwei oder mehrere BewerberInnen erstgereiht, so gilt jene Bewerberin/jener Bewerber als allein erstgereiht, die/der mehr Punkte für die fachliche Qualifikation (Summe der Punkte nach §2 Abs1 Z1 und 2) erreicht hat. Liegt auch bei der fachlichen Qualifikation Punktegleichstand vor, so ist die Entscheidung über die Vergabe auf Grund eines Hearings der Erstgereihten vor VertreterInnen des Krankenversicherungsträgers und der Ärztekammer zu treffen; die Frauenquote im jeweiligen Versorgungsgebiet ist zu berücksichtigen. Darüber hinaus kann zwischen Krankenversicherungsträger und Ärztekammer vereinbart werden, ein Hearing jener BewerberInnen, deren Punktezahl innerhalb einer Bandbreite von 5% der Punktezahl der/des Erstgereihten liegt, durchzuführen.

(4) Ist im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) des ausgeschriebenen Einzelvertrages der Anteil an Vertragsärztinnen geringer als der Anteil an Bewerberinnen gemäß der BewerberInnenliste nach §2 Abs1 Z3, so ist das Hearing nach Abs3 mit der/dem (den) nach der fachlichen Qualifikation Erstgereihten und mit jener Bewerberin (jenen Bewerberinnen), die ausschließlich wegen der Bewertung nach §2 Abs1 Z3 nicht erstgereiht ist (sind), durchzuführen.

(5) Abs4 findet keine Anwendung, wenn

1. eine Bewerberin bereits nach Abs3 erster Satz allein erstgereiht ist,

2. an einem Hearing der allein Erstgereihten nach Abs3 zweiter Satz mindestens gleich viele Bewerberinnen wie Bewerber teilnehmen oder

3. der Anteil der Vertragsärztinnen im Fachgebiet (Allgemeinmedizin und Sonderfächer) und im regionalen Versorgungsgebiet des ausgeschriebenen Einzelvertrages 50% oder mehr beträgt.

(6) Die Anzahl der Bewerberinnen, die für das Hearing auf Grund der Anwendung des Abs4 in Betracht kommen, kann dadurch begrenzt werden, dass jeweils nur so viele Bewerberinnen zugelassen werden, als notwendig sind, um das Hearing mit gleich vielen Bewerberinnen wie Bewerbern durchzuführen. Die Zulassung erfolgt in der Reihenfolge, die sich aus der Anwendung aller Kriterien ergibt."

3. Die relevanten Bestimmungen des Gesamtvertrages für Kärnten vom 1. August 1972 idF des Zusatzübereinkommens vom 8. November 2006, abgeschlossen zwischen der Ärztekammer für Kärnten und dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, lauten auszugsweise wie folgt:

"Grundlagen

§1

(1) Dieser Gesamtvertrag wird gemäß §§338, 341 und 342 des Bundesgesetzes vom 9. September 1955 über die Allgemeine Sozialversicherung (Allgemeines Sozialversicherungsgesetz - ASVG), BGBl. Nr. 189, sowie gemäß §38 Abs2 Ziff. 8 des Ärztegesetzes, BGBl. 373/84, in der geltenden Fassung, zum Zwecke der Bereitstellung und Sicherstellung der ausreichenden ärztlichen Versorgung der bei den im §2 angeführten Krankenversicherungsträgern Versicherten und ihrer anspruchsberechtigten Angehörigen (im Folgenden unter der Bezeichnung 'Anspruchsberechtigte' zusammengefasst) abgeschlossen.

(2) Vertragsparteien im Sinne dieses Gesamtvertrages sind die Kammer einerseits und die im §2 angeführten Krankenversicherungsträger andererseits.

Geltungsbereich

§2

Dieser Gesamtvertrag wird vom Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für folgende Krankenversicherungsträger mit deren Zustimmung und mit Wirkung für diese abgeschlossen:

Auswahl der Vertragsärzte

§5

(1) Die Kammer überprüft die Voraussetzungen der Bewerber für die vertragsärztliche Tätigkeit. Sie leitet die Anträge samt Beilagen mit ihrer Stellungnahme binnen drei Wochen nach Ablauf der Ausschreibungsfrist an den Versicherungsträger weiter und erstattet einen begründeten Vorschlag. Ist der Versicherungsträger mit dem Vorschlag nicht einverstanden, hat er einen begründeten Gegenvorschlag binnen vier Wochen nach Einlangen des Vorschlages der Kammer zu erstatten. Die Auswahl des Arztes für die freie Vertragsarztstelle bedarf des Einvernehmens zwischen der Kammer und der Versicherungsträger. Kommt innerhalb von zwei Wochen ein Einvernehmen nicht zustande, so entscheidet die Landesschiedskommission auf Antrag einer der Vertragsparteien.

(2) Die Vertragsparteien können für die Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren.

…"

4. Die zwischen der Kärntner Gebietskrankenkasse und der Ärztekammer für Kärnten gemäß §2 Abs2 des Gesamtvertrages für Kärnten idF vom 6. Mai 2008, also vor der 3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung, vereinbarten Richtlinien lauteten auszugsweise wie folgt:

"Richtlinien über die Punktevergabe:

Für einen freien Einzelvertrag wird der Bewerber mit den meisten Punkten vorgeschlagen. Die Punktevergabe erfolgt nach folgenden Kriterien:

A) Fachliche Eignung und berufliche Erfahrung:

maximal 30 Punkte

Für jeweils 2 volle zusammenhänge Kalendermonate ärztlicher Tätigkeit als angestellter oder niedergelassener Arzt oder als Praxisvertreter nach Erhalt des Diploms zum Facharzt oder Arzt für Allgemeinmedizin wird ein Punkt vergeben. Bei der Bewerbung als Arzt für Allgemeinmedizin werden die Zeiten ab Erhalt des Diploms zum Arzt für Allgemeinmedizin bewertet. Bei der Bewerbung als Facharzt werden die Zeiten ab Erhalt des Facharztdiploms bewertet.

B) Zusätzliche fachliche Qualifikation:

maximal 11 Punkte

Für Stellen von Ärzten für Allgemeinmedizin:

Aktuelles Fortbildungsdiplom: 6 Punkte

Notarztdiplom: 3 Punkte

Andere Diplome der ÖÄK je: 1 Punkt

Facharztdiplom: 3 Punkte

Für Stellen von Fachärzten:

Aktuelles Fortbildungsdiplom: 6 Punkte

Diplom zum Arzt für Allgemeinmedizin: 3 Punkte

Andere Diplome der ÖÄK je: 1 Punkt

Weiteres Facharztdiplom oder Additivdiplom: 3 Punkte

C) Rang in der Bewerberliste der Kammer:

maximal 20 Punkte

Der erstgereihte Bewerber erhält 20 Punkte, der zweitgereihte 17 Punkte, der drittgereihte 14 Punkte, der viertgereihte 11 Punkte usw.

D) Behindertengerechte Ordination:

maximal 3 Punkte

Für die Zusage, sich um eine behindertengerechte Ordination im Sinne der Verordnung ernsthaft zu bemühen, werden 3 Punkte vergeben.

..."

III. Erwägungen

1. Der Antrag ist unzulässig:

1.1. Gemäß Art139 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Gesetzwidrigkeit von Verordnungen auch auf Antrag einer Person, die unmittelbar durch diese Gesetzwidrigkeit in ihren Rechten verletzt zu sein behauptet, sofern die Verordnung ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für den Antragsteller wirksam geworden ist. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hierbei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).

1.2. In seiner bisherigen Rechtsprechung hatte der Verfassungsgerichtshof schon wiederholt die Antragslegitimation gesetzlicher Interessenvertretungen, im Besonderen aber auch von Ärztekammern, in Verfahren nach Art139 und 140 B-VG zu beurteilen. Er hat dabei immer danach unterschieden, ob die angegriffene Norm die Rechtsstellung der Interessenvertretung selbst gestaltete oder nur jene der Mitglieder der Interessenvertretung; eine durch die Norm bewirkte bloße Verschiebung der Interessenlage oder der wirtschaftlichen Gewichte (im Sinne der faktischen Auswirkungen auf die Verhandlungsposition mit dem sozialen Gegenspieler) sei kein Eingriff in die Rechtssphäre (vgl. VfSlg. 12.827/1991 - Landesinnungen gegen Erklärung eines Kollektivvertrages zur Satzung durch das Bundeseinigungsamt; ebenso VfSlg. 15.530/1999 - Österr. Ärztekammer gegen eine gesetzliche Ermächtigung des Gesamtvertrages betreffend kasseneigene Ambulatorien; VfSlg. 16.667/2002 - Wirtschaftskammer und Arbeiterkammer gegen an die Betreiber von Verteilernetzen gerichtete Verordnungsbestimmungen über Systemnutzungstarife; hingegen die Antragslegitimation gegen eine gesetzliche Verpflichtung der Ärztekammer zur Einrichtung eines Entschädigungsfonds - als die Rechtsposition der Ärztekammer selbst unmittelbar betreffend - bejahend VfSlg. 18.257/2007). Auch eine bloße Kompetenz zur Anhörung einer Interessenvertretung durch eine Behörde vor Erteilung einer Erlaubnis schafft keine Rechtssphäre der Interessenvertretung (VfSlg. 9064/1981 - keine Parteistellung in Bewilligungsverfahren nach dem KAG aufgrund bloßen Anhörungsrechtes). Im zuletzt genannten Erkenntnis hat es der Verfassungsgerichtshof in diesem Zusammenhang als maßgeblich angesehen, ob die gesetzlich geregelte Mitwirkung der Interessenvertretung auf die Klärung eines Tatbestandselementes durch Information über eine bestimmte faktische Situation gerichtet ist, maW ob bloß der bei der Selbstverwaltungseinrichtung vorhandene Sachverstand (im Hinblick auf die konkrete Faktenlage) nutzbar gemacht werden soll (vgl. Korinek, Wirtschaftliche Selbstverwaltung, 1970, 144) oder ob die Mitwirkung der Interessenvertretung auf eine umfassende Einflussnahme auf die Entscheidung selbst gerichtet ist.

1.3. Die gemäß §343 Abs1 ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 105/2004 (seit der 71. Novelle zum ASVG, BGBl. I 147/2009, §343 Abs1a ASVG), vom Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen erlassene Verordnung, BGBl. II 487/2002 idF der Verordnung des Bundesministers für Gesundheit BGBl. II 239/2009 (3. Änderung der Reihungskriterien-Verordnung), legt die Auswahlkriterien für die Reihung der ärztlichen Bewerberinnen und Bewerber um Einzelverträge mit den Krankenversicherungsträgern fest. Maßgebliche Kriterien sind gemäß §2 Abs1 leg.cit. die fachliche Eignung, zusätzliche fachliche Qualifikationen, der Zeitpunkt der ersten Eintragung in eine Bewerberliste um Einzelverträge, sowie die Zusage, sich ernsthaft zu bemühen, einen behindertengerechten Zugang zur Praxis zu schaffen. Als weitere Kriterien für die Reihung können u. a. ein geleisteter Präsenz- oder Zivildienst berücksichtigt werden. Diese Kriterien sind nach einem in §3 Abs1 leg.cit. festgelegten Punktesystem zu bewerten.

1.4. Die Auswahl der Vertragsärzte und der Abschluss der Einzelverträge zwischen dem zuständigen Träger der Krankenversicherung und dem Arzt erfolgt gemäß §343 Abs1 ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 105/2004, nach den Bestimmungen des Gesamtvertrages und im Einvernehmen mit der zuständigen Ärztekammer. Nach §5 Abs2 des Gesamtvertrages für Kärnten können die Parteien des Gesamtvertrages - das sind die Ärztekammer für Kärnten sowie der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die in §2 dieses Gesamtvertrages angeführten Krankenversicherungsträger -, für die Punktevergabe bei der Auswahl der Vertragsärzte Richtlinien vereinbaren.

1.5. Die Bestimmungen des ASVG über die Vergabe von Einzelverträgen dienen nicht dem Schutz rechtlicher Interessen der Standesvertretung der Ärzte. Auch räumt keine gesetzliche Bestimmung einer Ärztekammer ein subjektiv-öffentliches Recht auf eine bestimmte Gestaltung der Kriterien für die Auswahl der Vertragsärzte ein. Von der Reihungskriterien-Verordnung sind - wie auch die jeweils auf Klagen nicht zum Zug gekommener Bewerber hin ergangene Rechtsprechung des OGH zeigt (vgl. OGH 11.7.2001, 7 0b 299/00x [SZ 74/129]; s. auch OGH 19.2.2009, 2 Ob 48/08k) - vielmehr nur Rechte der Bewerber und Bewerberinnen um eine Kassenplanstelle betroffen. Auch durch den Umstand, dass sich durch jede Änderung der Reihungskriterien-Verordnung bei künftigen Ausschreibungen von Vertragsarztstellen eine andere Reihung der Bewerber und Bewerberinnen ergeben kann, als sich ohne diese Änderung ergeben hätte, wird nicht aktuell in die Rechtssphäre der Ärztekammer eingegriffen, mag die Ärztekammer - ebenso wie der vertragsschließende Krankenversicherungsträger - auch verpflichtet sein, sich künftig bei ihrer Mitwirkung im Verfahren zur Vergabe eines Einzelvertrages an der Reihungskriterien-Verordnung zu orientieren.

2. Soweit die Ärztekammer für Kärnten in ihrem Antrag behauptet, dass bei der Erlassung der in Rede stehenden Reihungskriterien-Verordnung die Verfahrensvorschriften des §343 Abs1 zweiter Satz ASVG, BGBl. 189/1955 idF BGBl. I 105/2004, wonach die Reihungskriterien auf Vorschlag der Österreichischen Ärztekammer festzulegen seien, nicht eingehalten worden seien, übersieht die antragstellende Ärztekammer, dass auch dieses Recht nicht ihr, sondern der Österreichischen Ärztekammer zukommt.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Aus all dem ergibt sich, dass sich die Ärztekammer für Kärnten zwar bei ihrer Mitwirkung im Verfahren zur Vergabe des Einzelvertrages an der Reihungskriterien-Verordnung zu orientieren hat, dass durch die angegriffene Verordnungsbestimmung aber nicht aktuell und nach Art und Umfang bestimmt in die Rechtssphäre der Ärztekammer für Kärnten eingegriffen wird. Es fehlt der Antragstellerin daher an der Antragslegitimation, weshalb der Antrag schon aus diesen Gründen zurückzuweisen war.

2. Dies konnte ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden (§19 Abs4 erster Satz VfGG).

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