B898/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. Sachverhalt
1. Die Beschwerdeführerin ist eine gemäß §19 Abs7 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (im Folgenden: UVP-G 2000) anerkannte Umweltschutzorganisation.
2. Mit Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 27. Mai 2011, wurde der ÖBB-Infrastruktur AG die Genehmigung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zur Verwirklichung des Bauvorhabens "Semmering-Basistunnel neu" von km 75,561 bis km 118,122 der ÖBB-Strecke Wien Süd-Spielfeld/Straß, erteilt.
3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf ein faires Verfahren, unter anderem wegen Anwendung des für verfassungswidrig erachteten §31a Eisenbahngesetz 1957, BGBl. 60/1957 idF BGBl. I 125/2006, behauptet sowie die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt wird. Unter einem wird in der Beschwerde unter genauer Angabe der näheren Gründe, ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hinsichtlich der Versäumung der Frist für die Erhebung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gestellt. Im Rubrum der Beschwerde wird ein "Antrag auf aufschiebende Wirkung" angeführt. In der Beschwerde selbst wird zu diesem "Antrag auf aufschiebende Wirkung" nichts Näheres vorgebracht.
II. Rechtslage
1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des UVP-G 2000, BGBl. 697/1993 idF BGBl. I 87/2009, lauten auszugsweise wie folgt:
"Partei- und Beteiligtenstellung sowie Rechtsmittelbefugnis
§19. (1) Parteistellung haben
1. Nachbarn/Nachbarinnen: Als Nachbarn/Nachbarinnen gelten Personen, die durch die Errichtung, den Betrieb oder den Bestand des Vorhabens gefährdet oder belästigt oder deren dingliche Rechte im In- oder Ausland gefährdet werden könnten, sowie die Inhaber/Inhaberinnen von Einrichtungen, in denen sich regelmäßig Personen vorübergehend aufhalten, hinsichtlich des Schutzes dieser Personen; als Nachbarn/Nachbarinnen gelten nicht Personen, die sich vorübergehend in der Nähe des Vorhabens aufhalten und nicht dinglich berechtigt sind;
hinsichtlich Nachbarn/Nachbarinnen im Ausland gilt für Staaten, die nicht Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, der Grundsatz der Gegenseitigkeit;
2. die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften vorgesehenen Parteien, soweit ihnen nicht bereits nach Z1 Parteistellung zukommt;
3. der Umweltanwalt gemäß Abs3;
4. das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß §55 Abs4 WRG 1959;
5. Gemeinden gemäß Abs3;
6. Bürgerinitiativen gemäß Abs4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs2) und
7. Umweltorganisationen, die gemäß Abs7 anerkannt wurden.
(2) - (5) ...
(6) Umweltorganisation ist ein Verein oder eine Stiftung,
1. der/die als vorrangigen Zweck gemäß Vereinsstatuten oder Stiftungserklärung den Schutz der Umwelt hat,
2. der/die gemeinnützige Ziele im Sinn der §§35 und 36 BAO, BGBl. Nr. 194/1961, verfolgt und
3. der/die vor Antragstellung gemäß Abs7 mindestens drei Jahre mit dem unter Z1 angeführten Zweck bestanden hat.
(7) (Verfassungsbestimmung) Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im Einvernehmen mit dem Bundesminister/der Bundesministerin für Wirtschaft und Arbeit auf Antrag mit Bescheid zu entscheiden, ob eine Umweltorganisation die Kriterien des Abs6 erfüllt und in welchen Bundesländern die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist. Gegen die Entscheidung kann auch Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden.
(8) Dem Antrag gemäß Abs7 sind geeignete Unterlagen anzuschließen, aus denen hervorgeht, dass die Kriterien des Abs6 erfüllt werden und auf welches Bundesland/welche Bundesländer sich der Tätigkeitsbereich der Umweltorganisation erstreckt. Eine Ausübung der Parteienrechte ist in Verfahren betreffend Vorhaben möglich, die in diesem Bundesland/in diesen Bundesländern oder daran unmittelbar angrenzenden Bundesland/Bundesländern verwirklicht werden sollen. Der Bundesminister/die Bundesministerin für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft veröffentlicht auf der Homepage des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft eine Liste jener Umweltorganisationen, die mit Bescheid gemäß Abs7 anerkannt wurden. In der Liste ist anzuführen, in welchen Bundesländern die Umweltorganisation zur Ausübung der Parteienrechte befugt ist.
(9) ...
(10) Eine gemäß Abs7 anerkannte Umweltorganisation hat Parteistellung und ist berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß §9 Abs1 schriftlich Einwendungen erhoben hat. Sie ist auch berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
(11) ..."
III. Erwägungen
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Zur Beschwerdeerhebung vor dem Verfassungsgerichtshof sind nur physische und juristische Personen sowie Gebilde legitimiert, denen durch die Rechtsordnung zumindest Teilrechtsfähigkeit zuerkannt wird (vgl. VfSlg. 3193/1957 und - zur Frage der Beschwerdelegitimation einer Bürgerinitiative in einem konzentrierten Genehmigungsverfahren nach dem 2. Abschnitt des UVP-G 2000 - VfSlg. 17.389/2004).
1.2. Gegenstand des angefochtenen Bescheides ist die Genehmigung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 zur Verwirklichung des Vorhabens "Semmering-Basistunnel neu" von km 75,561 bis km 118,122 der ÖBB-Strecke Wien Süd-Spielfeld/Straß.
1.3. Gemäß §23b UVP-G 2000 ist für Vorhaben von Hochleistungsstrecken, die nicht bloß in Ausbaumaßnahmen auf bestehenden Eisenbahnen bestehen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem dritten Abschnitt des UVP-G 2000 durchzuführen. Gemäß §24 leg.cit. hat die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die Umweltverträglichkeitsprüfung und ein teilkonzentriertes Genehmigungsverfahren durchzuführen, wenn ein Vorhaben gemäß §23b leg.cit. einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu unterziehen ist. Parteistellung haben gemäß §19 Abs1 Z7 leg.cit. Umweltorganisationen die gemäß §19 Abs7 leg.cit. anerkannt wurden. Gemäß §19 Abs10 leg.cit. ist eine anerkannte Umweltorganisation berechtigt, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften im Verfahren geltend zu machen, soweit sie während der Auflagefrist gemäß §9 Abs1 leg.cit. schriftliche Einwendungen erhoben hat und sie ist auch berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
1.4. Die Beschwerdeführerin ist eine gemäß §19 Abs7 UVP-G 2000 anerkannte Umweltschutzorganisation. Sie ist nach dem Wortlaut des §19 Abs10 leg.cit. berechtigt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben. Eine Beschwerdelegitimation gemäß Art144 B-VG kommt ihr hingegen nicht zu (vgl. VfSlg. 17.220/2004).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die Beschwerde war daher gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurückzuweisen.
2. Angesichts dieses Ergebnisses erübrigt sich sowohl ein Abspruch über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, als auch über den Antrag der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.