JudikaturVfGH

KI-3/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
28. November 2011

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung:

I.

1. Mit dem vorliegenden, auf Art138 Abs1 Z1 B-VG

gestützten Antrag begehrt die antragstellende Partei die Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und dem Unabhängigen Umweltsenat. Diesem Begehren liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1.1. Mit Bescheid vom 7. April 2010 erteilte die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie die von der mitbeteiligten Partei beantragte Genehmigung u.a. nach den Bestimmungen des UVP-G 2000, des Hochleistungsstreckengesetzes und des Eisenbahngesetzes für das Vorhaben "ÖBB-Strecke Wien Matzleinsdorf (Meidling) - Wiener Neustadt, zweigleisiger Ausbau der Pottendorfer Linie im Abschnitt Hennersdorf - Münchendorf" und "ÖBB-Strecke Wien Zvbf. - Felixdorf, Trassenverschwenkung Aspangbahn".

1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde der antragstellenden Partei an den Verwaltungsgerichtshof wurde von diesem mit Beschluss vom 21. Oktober 2010, 2010/03/0059, 0064, mit der Begründung zurückgewiesen, dass gegen den bekämpften Bescheid noch das Rechtsmittel der Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat zulässig sei.

1.3. Dem daraufhin von der antragstellenden Partei gestellten, mit der Einbringung der Berufung gegen den Genehmigungsbescheid verbundenen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde mit Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 25. Mai 2011 stattgegeben. Gleichzeitig übermittelte diese Behörde die Berufung und die damit in Zusammenhang stehenden Verwaltungsakten an den Unabhängigen Umweltsenat.

1.4. Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2011, B823/11, wurde der gegen diesen Bescheid erhobenen, auf Art144 B-VG gestützten Beschwerde der mitbeteiligten Partei stattgegeben und der Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom 25. Mai 2011 auf Grund der Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter aufgehoben.

2. Die antragstellende Partei stützt den vorliegenden Antrag darauf, dass die Berufung an den Unabhängigen Umweltsenat auf Grund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes gegenstandslos geworden sei. Näher wird im Antrag Folgendes ausgeführt:

"Für das Vorliegen eines verneinenden Kompetenzkonfliktes ist nicht erforderlich, dass die Ablehnung der Zuständigkeit rechtskräftig ist (VfSlg. 2856, 3348, 13.087, 15.352, 15.870). Es reicht eine formlose Ablehnung (VfSlg. 3798, 11.861).

Eine solche liegt etwa bereits dann vor, wenn die Verwaltungsbehörde der Partei nur unter Aufnahme einer Niederschrift zur Kenntnis bringt, dass sie nicht die Absicht habe, im Gegenstand einen Bescheid zu erlassen (VfSlg. 3262/1957).

[...]

Obwohl noch keine (Unzuständigkeits )Entscheidung des Umweltsenates vorliegt, ist aufgrund des oben genannten Erk damit zu rechnen, dass dieser sich für unzuständig erklären wird, weil die Berufung durch die Aufhebung des Bescheides über die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegenstandslos geworden ist.

Unter Hinweis auf die oben zitierte Judikatur des VfGH wird ausdrücklich geltend gemacht, dass

eine formlose Ablehnung (VfSlg. 3798, 11.861) für die Begründung einer Unzuständigkeit auch ausreichend ist.

Mit dem oben zitierten Erk des VfGH über die Aufhebung der gegenständlichen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist jedenfalls von einer formlosen Ablehnung auszugehen."

II.

Der Antrag ist nicht zulässig.

1. Gemäß Art138 Abs1 Z1 B-VG iVm §46 Abs1 VfGG besteht ein vom Verfassungsgerichtshof zu entscheidender verneinender Kompetenzkonflikt u.a. dann, wenn ein Gericht und eine Verwaltungsbehörde ihre Zuständigkeit in derselben Sache verneint haben, obwohl eine der beiden Behörden zuständig gewesen wäre.

2. Ein solcher Fall liegt hier nicht vor, da der Unabhängige Umweltsenat seine Zuständigkeit (noch) nicht abgelehnt hat:

Weder hat der Unabhängige Umweltsenat einen Bescheid erlassen, mit dem er seine Zuständigkeit zur Entscheidung über die Berufung abgelehnt hätte, noch ist eine formlose, dh. nicht bescheidförmige Ablehnung (vgl. VfSlg. 3262/1957, 3798/1960, 11.861/1988) erfolgt.

Eine Übertragung der genannten, von der antragstellenden Partei herangezogenen Rechtsprechung auf den vorliegenden Fall kommt nicht in Betracht, da der Unabhängige Umweltsenat selbst in keiner Weise eine Ablehnung seiner Zuständigkeit zum Ausdruck gebracht hat. Entgegen der Auffassung der antragstellenden Partei lässt sich auch aus dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 5. Oktober 2011, B823/11, mit dem dieser den Wiedereinsetzungsbescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie aufgehoben hat, keine Ablehnung der Zuständigkeit des Unabhängigen Umweltsenates ableiten.

3. Da ein negativer Kompetenzkonflikt nicht vorliegt, ist der Antrag wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.

4. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne vorangegangene mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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