JudikaturVfGH

G95/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2012

Spruch

Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.

Begründung:

1. Mit selbstverfasster Eingabe vom 13. August 2011 begehrt die Antragstellerin die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung des §47 Abs1 des Bundesgesetzes über das gerichtliche Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen (Außerstreitgesetz - AußStrG), BGBl. I 111/2003, idF BGBl. I 111/2010 (Budgetbegleitgesetz 2010). Da die Einbringung eines Rekurses nicht mehr protokolliert werden könne und ihre finanziellen Mittel nicht ausreichen, um einen Rekurs durch einen Rechtsvertreter einzubringen, sei der Zugang zu Gericht "nicht mehr offen und frei".

2. §47 AußStrG lautet:

"Form und Inhalt des Rekurses

§47. (1) Der Rekurs ist durch Überreichung eines Schriftsatzes beim Gericht erster Instanz zu erheben; er kann nicht zu gerichtlichem Protokoll erklärt werden.

(2) Der Rekurs hat neben den allgemeinen

Erfordernissen eines Anbringens die Bezeichnung des Beschlusses zu enthalten, gegen den er erhoben wird.

(3) Der Rekurs muss kein bestimmtes Begehren

enthalten, aber hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt (Rekursbegehren); im Zweifel gilt der Beschluss, gegen den Rekurs erhoben worden ist, als zur Gänze angefochten. §9 ist nicht anzuwenden."

3. Abgesehen davon, dass §47 Abs1 AußStrG lediglich die Rekurserhebung in schriftlicher Form festlegt und auch im gerichtlichen Verfahren in Rechtsangelegenheiten außer Streitsachen das Institut der Verfahrenshilfe (§7 Abs1 AußStrG) besteht, erweist sich der intendierte Antrag jedenfalls als unzulässig:

3.1. Voraussetzung der Antragslegitimation nach

Art140 Abs1 B-VG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (seit dem Beschluss VfSlg. 8009/1977) einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar und aktuell durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides, wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist daher, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt (zB VfSlg. 11.803/1988, 13.871/1994, 15.343/1998, 16.722/2002, 16.867/2003).

3.2. Selbst bei Vorliegen einer rechtlichen Betroffenheit auf Grund eines allenfalls anhängigen gerichtlichen Verfahrens in einer Rechtssache in Außerstreitsachen stünde ihr die Möglichkeit offen, verfassungsrechtliche Bedenken gegen §47 Abs1 AußStrG beim Rekursgericht vorzutragen, das - sofern es die Bedenken teilte - einen Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof einbringen müsste. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes stellt eine solche Möglichkeit der Rechtsverfolgung vor Gerichten einen zumutbaren Weg im Sinne des Art140 Abs1 B-VG dar (vgl. zB VfSlg. 15.418/1999).

4. Da die Antragstellerin somit jedenfalls die Zurückweisung des intendierten Individualantrages zu gewärtigen hätte, erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof von vornherein als offenbar aussichtslos.

5. Der Antrag auf Verfahrenshilfe war daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.

6. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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