JudikaturVfGH

B658/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Februar 2012

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1.1. Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer eines Bauunternehmens und für die Durchführung von damit zusammenhängenden Transporten verantwortlich. Er wurde am 21. Jänner 2003 von der Vorarlberger Landesregierung als Straßenaufsichtsorgan gemäß §97 Abs2 StVO 1960 vereidigt und mit einem Dienstabzeichen, einem Dienstausweis und einer Dienstanweisung für die Durchführung von Transportbegleitungen ausgestattet. Der Dienstausweis wurde zuletzt bis zum 7. März 2011 verlängert. Mit Antrag vom 4. April 2011 beantragte er die neuerliche Verlängerung seines Ausweises.

1.2. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 1. Dezember 2010 wurde der Beschwerdeführer gemäß §5 Abs1 iVm §99 Abs1a StVO 1960 bestraft, weil er am 5. November 2010 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt hatte.

1.3. Mit Bescheid vom 19. April 2011 widerrief die Vorarlberger Landesregierung seine Vereidigung zum Straßenaufsichtsorgan für die Transportbegleitung gemäß §97 Abs2 StVO 1960 mit sofortiger Wirkung und forderte ihn auf, das Dienstabzeichen unverzüglich dem Amt der Vorarlberger Landesregierung zu übermitteln.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die auf Art144 Abs1 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter, ein Verbot einer Bestrafung ohne Gesetz und ein Verbot der Doppelbestrafung, Freiheit der Erwerbsausübung sowie auf Unversehrtheit des Eigentums behauptet und - für den Fall der Abweisung oder Ablehnung der Beschwerde - ein Abtretungsantrag an den Verwaltungsgerichtshof gestellt wird.

2.1. Der Beschwerdeführer bringt vor, auf Grund der Vereidigung zum Straßenaufsichtsorgan für die Transportbegleitung gemäß §97 Abs2 StVO 1960 finde das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 idgF auf den vorliegenden Fall analoge Anwendung. Dies ergebe sich aus dem an alle Landeshauptleute gerichteten Erlass des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. September 2003, in dem ausgeführt werde, dass "hinsichtlich des Dienstrechtes bei vereidigten Straßenaufsichtsorganen [...] aus Ermangelung anderer rechtlicher Bestimmungen das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 analog heranzuziehen" sei. Dieser Erlass sei vom Verfassungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 16. Dezember 2004, B129/04, offensichtlich nicht berücksichtigt worden.

2.2. Weiters stehe seine Bestrafung gemäß §5 Abs1

StVO 1960 iVm §99 Abs1a StVO 1960 in keinem sachlichen Zusammenhang mit der Durchführung von Transportbegleitungen. Im Widerrufsverfahren sei ihm entgegen §106 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 idgF keine Parteistellung eingeräumt und ihm auch nicht Parteiengehör gewährt worden. Hätte man ihm, so wie es in den §§91 ff Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 idgF vorgesehen sei, Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, hätte sich ergeben, dass er ein verantwortungsbewusster und verlässlicher Geschäftsmann sei, welcher eine einmalige private Entgleisung zu verantworten habe, die jedoch den - lediglich aufgrund der Aktenlage und ohne Durchführung eines Ermittlungsverfahrens ausgesprochenen - Widerruf der Vereidigung nicht rechtfertige.

3. Die um eine Stellungnahme ersuchte

Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hält dem entgegen, dass die Rahmenbestimmungen betreffend die Vorgehensweise bei der Bewilligung und Durchführung von Sondertransporten nach Besprechungen mit den zuständigen Ländervertretern im Erlass an die Landeshauptmänner vom 10. September 2003 festgelegt worden seien. Auf Wunsch der Länder seien aus Gründen der Übersichtlichkeit die damaligen Vereinbarungen der Länder in einem Erlass zusammengefasst worden. Dieser Erlass sei aber nur hinsichtlich der das KFG betreffenden Punkte (Kapitel I bis III) als Erlass zu verstehen und damit verbindlich. Hinsichtlich der die StVO betreffenden Punkte (Kapitel IV), wo es um die Bestellung der Straßenaufsichtsorgane gehe, könne die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie hingegen aufgrund verfassungsrechtlicher Vorgaben keine Anordnungen mittels Erlass treffen. Insoweit gäben die diesbezüglichen Ausführungen im Kapitel IV lediglich jene Lösung wieder, auf die sich die Ländervertreter zum damaligen Zeitpunkt geeinigt hätten, diese blieben aber letztendlich unverbindlich.

Zur Anwendung dienstrechtlicher Bestimmungen sei zu bemerken, dass mit der Vereidigung privater Personen zu Organen der Straßenaufsicht systembedingt auch gewisse dienstrechtliche Fragestellungen berührt würden, durch die Vereidigung würde jedoch weder ein privatrechtliches noch ein öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis begründet.

Diesbezüglich fehle es an der organisatorischen Zugehörigkeit zu einer Behörde, was aber jedenfalls Voraussetzung dafür zu sein scheine, die Abwicklung eines Disziplinarverfahrens überhaupt denkbar erscheinen zu lassen. Eine analoge Anwendung der disziplinarrechtlichen Bestimmungen sei schon aus diesem Grund auszuschließen. Im Übrigen bestehe kein Rechtsanspruch auf erneute Betrauung bzw. Wiederbestellung als Straßenaufsichtsorgan.

4. Die Vorarlberger Landesregierung erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Bescheid verteidigt, jedoch unter Hinweis auf den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes VfSlg. 17.427/2004 vom 16. Dezember 2004 schon die Beschwerdelegitimation bestreitet.

II. Erwägungen

1. Prozessvoraussetzungen

Der Verfassungsgerichtshof hat im Beschluss VfSlg. 17.427/2004 ausgesprochen, dass dem mit der Funktion der Straßenaufsicht nach §97 StVO 1960 betrauten Organwalter weder landes- noch bundesgesetzlich (Verfahrens )Rechte im Verfahren anlässlich des Widerrufs seiner staatlichen Funktion eingeräumt sind. Mit der Ausübung dieser staatlichen Funktion sind auch keine weiteren durch Gesetz eingeräumten wirtschaftlichen Rechte verbunden, deren Entzug einen Eingriff in die Rechtssphäre des Organwalters bewirken würde. Durch den angefochtenen Bescheid wird daher in subjektive Rechte des Beschwerdeführers nicht eingegriffen, sodass dieser zur Erhebung der Beschwerde nicht legitimiert sei.

Die im Beschluss VfSlg. 17.427/2004 getroffenen

Erwägungen sind aufgrund der vergleichbaren Sach- und Rechtslage für den vorliegenden Fall heranzuziehen. Es genügt daher, auf die darin enthaltene Begründung zu verweisen. Der Hinweis auf den Erlass des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie vom 10. September 2003 vermag daran nichts zu ändern.

Da der Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom 19. April 2011 nicht in subjektive Rechte des Beschwerdeführers eingreift, fehlt es dem Beschwerdeführer an der erforderlichen Beschwerdelegitimation.

III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

Die Beschwerde ist mangels Legitimation

zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigt sich ein gesonderter

Abspruch über die in der Beschwerde gestellten Anträge auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung und Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG in

nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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