JudikaturVfGH

B1741/10 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
28. Februar 2012

Spruch

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

II. Der Antrag auf Abtretung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wird abgewiesen.

Begründung:

I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren

1. Die Beschwerdeführerin ist ein seit 1982

bestehender wirtschaftlicher Interessenverband mit Sitz in Salzburg, der im Vereinsregister der Bundespolizeidirektion Salzburg eingetragen ist. Zweck des Vereins ist es, lauteren und fairen Wettbewerb - insbesondere auch bei Ausschreibungen - zu fördern und unfairen Wettbewerb zu bekämpfen. Mitglieder der Beschwerdeführerin sind u.a. mehrere Innungen und Fachgruppen verschiedener Wirtschaftskammern, insbesondere das Landesgremium Salzburg für Abfall- und Abwasserwirtschaft und somit sämtliche Abfallentsorger im Bundesland Salzburg.

2. Mit ihren am 5. November 2010 an den Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (in der Folge: UVS) gerichteten Anträgen begehrte die Beschwerdeführerin u.a. die Durchführung eines Nachprüfungsverfahrens bzw. die Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe der Abfallabfuhr im Gebiet der Marktgemeinde Bad Wimsbach-Neydharting sowie den Erlass einer einstweiligen Verfügung hinsichtlich der erfolgten Direktvergabe. Hiezu brachte die Beschwerdeführerin im Wesentlichen vor, die Wahl der Direktvergabe durch die Marktgemeinde Bad Wimsbach-Neydharting sei im vorliegenden Fall gesetzwidrig erfolgt, zumal Direktvergaben im Oberschwellenbereich unzulässig seien.

3. Mit Bescheid des UVS vom 9. November 2010 wurden die Anträge der Beschwerdeführerin auf Nichtigerklärung der Wahl der Direktvergabe und auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung als unzulässig zurückgewiesen. Dabei führte die belangte Behörde insbesondere aus, dass die Beschwerdeführerin einerseits nicht die für die Antragstellung notwendigen Voraussetzungen für den Begriff eines Unternehmers bzw. einer Unternehmerin erfülle, und dass ihr andererseits auch nicht der vom Gesetz geforderte Schaden entstanden sei bzw. zu entstehen drohe. Der Beschwerdeführerin fehle daher die Antragslegitimation, weshalb die von ihr gestellten Anträge zurückzuweisen seien.

4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die

vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung der verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und auf Freiheit der Erwerbstätigkeit geltend gemacht sowie die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheids - wegen Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte und wegen Anwendung einer gesetzwidrigen Verordnung - beantragt wird.

5. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II. Rechtslage

1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Landesgesetzes über den Rechtsschutz gegen Entscheidungen im Rahmen der Vergabe von öffentlichen Aufträgen, LGBl. 130/2006 idF LGBl. 68/2010 (in der Folge: Oö. VergRSG), lauten auszugsweise wie folgt:

"§1

Geltungsbereich

(1) Dieses Landesgesetz regelt den Rechtsschutz gegen Entscheidungen der Auftraggeber bzw. Auftraggeberinnen in Verfahren nach den bundesrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens (Vergabeverfahren), die gemäß Artikel 14b Abs2 Z2 B-VG in den Vollzugsbereich des Landes fallen.

(2) [...]

§2

Zuständigkeit

(1) Die Gewährung von Rechtsschutz im Sinn des §1

Abs1 obliegt dem unabhängigen Verwaltungssenat.

(2) Nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Landesgesetzes ist der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag zur Durchführung von Nachprüfungsverfahren, zur Erlassung einstweiliger Verfügungen und zur Durchführung von Feststellungsverfahren zuständig.

(3) - (6) [...]

§3

Nachprüfungsantrag

(1) Ein Unternehmer bzw. eine Unternehmerin kann bis zur Zuschlagserteilung bzw. bis zur Widerrufserklärung die Nachprüfung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung des Auftraggebers bzw. der Auftraggeberin im Vergabeverfahren wegen Rechtswidrigkeit beantragen, sofern ein Interesse am Abschluss eines den bundesgesetzlichen Bestimmungen auf dem Gebiet des öffentlichen Auftragswesens unterliegenden Vertrags behauptet wird und durch die behauptete Rechtswidrigkeit ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(2) - (3) [...]

§8

Antrag auf einstweilige Verfügung

(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat auf Antrag eines Unternehmers bzw. einer Unternehmerin, dem bzw. der die Antragsvoraussetzungen nach §3 Abs1 nicht offensichtlich fehlen, durch einstweilige Verfügung unverzüglich vorläufige Maßnahmen anzuordnen, die nötig und geeignet scheinen, um eine durch die behauptete Rechtswidrigkeit einer gesondert anfechtbaren Entscheidung entstandene oder unmittelbar drohende Schädigung von Interessen des Antragstellers bzw. der Antragstellerin zu beseitigen oder zu verhindern.

(2) - (5) [...]"

2. Die hier maßgebliche Bestimmung des Bundesgesetzes über die Vergabe von Aufträgen, BGBl. I 17/2006 idF BGBl. I 15/2010 (in der Folge: BVergG), lautet auszugsweise folgendermaßen:

"Begriffsbestimmungen

§2. Im Geltungsbereich dieses Bundesgesetzes sind folgende Begriffsbestimmungen maßgebend:

1. - 36. [...]

37. Unternehmer sind Rechtsträger wie natürliche oder juristische Personen, öffentliche Einrichtungen oder Zusammenschlüsse dieser Personen und/oder Einrichtungen, eingetragene Personengesellschaften oder Arbeits- und Bietergemeinschaften, die auf dem Markt die Ausführung von Bauleistungen, die Lieferung von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen anbieten.

38. - 50. [...]"

III. Erwägungen

Die Beschwerde ist unzulässig.

1. Wie der VfGH wiederholt ausgesprochen hat, ist die Beschwerdelegitimation nur dann gegeben, wenn durch den bekämpften Bescheid irgendein subjektives Recht der bf. Partei verletzt worden sein kann, wenn mithin die bescheidmäßige Anordnung oder Feststellung die subjektive Rechtssphäre berührt, der Bescheid also subjektive Rechte begründet, (verändert) oder feststellt (s. zB VfSlg. 3669/1959, 6716/1972, 7226/1973, 9107/1981, 9354/1982, 10.627/1985, 14.104/1995).

2. Die Zulässigkeit der vorliegenden Beschwerde setzt somit voraus, dass der Beschwerdeführerin ein subjektives Recht auf rechtmäßige Entscheidung im vergabegesetzlichen Nachprüfungsverfahren zukommt. §3 Oö. VergRSG nennt als Voraussetzungen zur Antragslegitimation die Unternehmereigenschaft und einen bereits entstandenen oder drohenden Schaden. Der belangten Behörde ist dahingehend zuzustimmen, dass die Beschwerdeführerin als Verein mit dem Zweck der Förderung des fairen bzw. der Bekämpfung des unfairen Wettbewerbs die vom Gesetz in §2 Z37 BVergG geforderten Eigenschaften zur Erfüllung des Begriffs eines Unternehmers jedenfalls nicht erfüllt, weshalb sie im vorliegenden Fall auch nicht beschwerdelegitimiert ist. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass einzelnen ihrer Mitglieder die Beschwerdelegitimation aufgrund der Erfüllung der Unternehmereigenschaft und einer allfälligen Verletzung in subjektiven Rechten möglicherweise zukommt.

3. Insofern hat die Beschwerdeführerin somit kein subjektives Recht, am Verfahren nach §3 Oö. VergRSG teilzunehmen, womit ihr auch keine Legitimation zur Erhebung der vorliegenden Beschwerde zukommt (vgl. hiezu auch VfSlg. 15.733/2000, 16.075/2001).

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Die Beschwerde war daher zurückzuweisen.

2. Der Antrag, die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten, war abzuweisen, weil nach Art144 Abs3 B-VG (§87 Abs3 VfGG) eine solche Abtretung nur in den - hier nicht gegebenen - Fällen einer abweisenden Sachentscheidung oder einer Ablehnung der Behandlung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof in Betracht kommt.

3. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 VfGG

ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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