KI-3/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung:
1. Mit dem vorliegenden, auf Art138 Abs1 Z3 B-VG gestützten Antrag begehrt die antragstellende Behörde die Entscheidung eines negativen Kompetenzkonflikts zwischen dem Bund und dem Land Salzburg. Diesem Begehren liegt der im Folgenden aus dem Antrag wiedergegebene Sachverhalt zugrunde:
Am 12. Juli 2011 beschlagnahmte die Finanzpolizei des Finanzamtes Salzburg-Land mehrere Glücksspielautomaten. In der Folge wurden sowohl das Beschlagnahmeprotokoll als auch die Anzeige des Finanzamtes an die Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung (in der Folge: BH Salzburg-Umgebung) übermittelt. Mit Schreiben vom 20. Dezember 2011 trat diese die Anzeige nach §29a VStG an die antragstellende Behörde mit der Begründung ab, dass die Beschuldigte in deren Behördenbereich wohnhaft sei. Mit Schreiben vom 10. Jänner 2012 wurde der Verwaltungsstrafakt an die BH Salzburg-Umgebung "rückabgetreten": Die isolierte Führung des Verwaltungsstrafverfahrens stelle keine Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens dar, da das Strafverfahren zum Beschlagnahmeverfahren akzessorisch und vom rechtlichen Schicksal des Beschlagnahmebescheides abhängig sei. Das Beschlagnahmeverfahren selbst sei kein Verwaltungsstrafverfahren und könne nicht nach §29a VStG abgetreten werden. Mit Schreiben vom 17. Jänner 2012 trat die BH Salzburg-Umgebung den Verwaltungsstrafakt wiederum an die antragstellende Behörde mit der Begründung ab, dass der BH Salzburg-Umgebung auf Basis einer Verfahrensanordnung die Befugnis eingeräumt sei, die Entscheidung über die Abtretung nach §29a VStG zu treffen.
2. Die antragstellende Behörde führt aus, dass das Kriterium der Vereinfachung und Beschleunigung des Verwaltungsstrafverfahrens nicht vorliege; für das Verwaltungsstrafverfahren sei es notwendig, die Einzelheiten über das Beschlagnahmeverfahren zu kennen, sodass Akteneinsicht genommen und bei einer anderen Behörde ständig Rückfrage gehalten werden müsste. Außerdem habe die BH Salzburg-Umgebung der antragstellenden Behörde mitgeteilt, dass sie bereits mit einer Aufforderung zur Rechtfertigung das Strafverfahren eingeleitet habe, um die Identität der in das Verfahren involvierten Personen zu klären und Aufschlüsse für das Beschlagnahmeverfahren zu gewinnen.
3. Zum Vorliegen eines Kompetenzkonflikts iSd Art138 Abs1 Z3 B-VG wird im Antrag näher ausgeführt, dass es sich bei der BH Salzburg-Umgebung jedenfalls um eine Landesbehörde handle, wenngleich diese im Glücksspielwesen in der mittelbaren Bundesverwaltung tätig werde; die antragstellende Behörde selbst sei eine "ausschließliche Bundesbehörde". Es bestehe keine sachlich in Betracht kommende Oberbehörde. Der negative Kompetenzkonflikt könne anders als durch Entscheidung des Verfassungsgerichtshofes nicht geklärt werde. Es wird beantragt, zu erkennen, dass für das Verwaltungsstrafverfahren nach dem Glücksspielgesetz die BH Salzburg-Umgebung örtlich und sachlich zuständig sei.
4. Gemäß Art138 Abs1 Z3 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof unter anderem über Kompetenzkonflikte zwischen einem Land und dem Bund. Diese Bestimmung erfasst Zuständigkeitskonflikte von Verwaltungsbehörden zweier Gebietskörperschaften, wobei bei Beurteilung der Frage, ob ein Kompetenzkonflikt vorliegt, auf die funktionelle Zuständigkeit der beteiligten Verwaltungsbehörden abzustellen ist (zB VfSlg. 2289/1952, 17.678/2005).
In Fällen eines verneinenden Kompetenzkonflikts
zwischen zwei Ländern oder zwischen einem Land und dem Bund ist nur die abgewiesene Partei berechtigt, den Antrag auf Entscheidung an den Verfassungsgerichtshof zu stellen (§50 VfGG). Hingegen wurde der vorliegende Antrag von einer Behörde eingebracht, die dem Antragsvorbringen zufolge an dem Kompetenzkonflikt beteiligt ist, indem sie selbst ihre Zuständigkeit zur Entscheidung in der Sache ablehnt.
Mangels Antragslegitimation ist der Antrag daher als unzulässig zurückzuweisen, ohne dass auf die Frage einzugehen ist, ob überhaupt ein Kompetenzkonflikt iSd Art138 Abs1 Z3 B-VG vorliegt.
5. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita VfGG ohne
weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.