B127/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. Sachverhalt und Beschwerdevorbringen
1.1. Am 30. Mai 2010 fand die mit Verordnung der Burgenländischen Landesregierung, LGBl. 24/2010, ausgeschriebene Wahl des Burgenländischen Landtages statt. Das endgültige Wahlergebnis wurde am 7. Juni 2010 festgestellt und kundgemacht.
1.2. Mit ihren Einsprüchen vom 8. Juni 2010 begehrte die wahlwerbende Partei Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) durch ihren zustellungsbevollmächtigten Vertreter gemäß §84 Bgld. Landtagswahlordnung 1995, LGBl. 4/1996 idF LGBl. 12/2010 (im Folgenden: Bgld. LTWO 1995), die Überprüfung der ziffernmäßigen Feststellungen der Kreiswahlbehörden in allen sieben Wahlkreisen. Diese Einsprüche wurden mit "Erkenntnis" der Bgld. Landeswahlbehörde vom 17. Juni 2010 rechtskräftig abgewiesen.
1.3. Mit Eingabe vom 20. Juli 2011 begehrte die wahlwerbende Partei FPÖ die Wiederaufnahme dieses Verfahrens, weil die Liste Burgenland den Einzug in den Landtag lediglich auf Grund einer Stimme geschafft habe und mittlerweile bekannt geworden sei, dass es im Zuge der Landtagswahl zur Fälschung von Wahlkarten gekommen sei. Ein Bürgermeister sei deshalb am 30. Juni 2011 strafrechtlich verurteilt worden.
1.4. Mit "Erkenntnis" der Bgld. Landeswahlbehörde vom 22. Dezember 2011 wurde der Wiederaufnahmeantrag als unzulässig zurückgewiesen. Begründend wird darin ausgeführt, dass das AVG allgemein und daher auch §69 AVG, der die Wiederaufnahme regle, auf Wahlangelegenheiten nicht anzuwenden sei. Die Bgld. LTWO 1995 kenne das Rechtsinstitut der Wiederaufnahme nicht. Darüber hinaus sei die Frage der Bewertung von Stimmzetteln nicht im Verfahren nach §84 LTWO 1995, sondern nur im Rahmen einer allfälligen Wahlanfechtung vor dem Verfassungsgerichtshof zu prüfen.
2. Gegen dieses "Erkenntnis" richtet sich die vorliegende, ausdrücklich auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, in der die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter geltend gemacht wird.
II. Erwägungen
Gemäß Art141 Abs1 lita B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof u.a. über Anfechtungen von Wahlen zu den allgemeinen Vertretungskörpern, so auch über die Anfechtung einer Landtagswahl bzw. die Überprüfung der ziffernmäßigen Ermittlung. Gemäß §68 Abs1 VfGG muss die Wahlanfechtung binnen vier Wochen nach Beendigung des Wahlverfahrens, wenn aber in dem betreffenden Wahlgesetz ein Instanzenzug vorgesehen ist, binnen vier Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides eingebracht werden. Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass zur Anfechtung von Wahlen zu allgemeinen Vertretungskörpern vor dem Verfassungsgerichtshof nur der Weg nach Art141 B-VG offensteht. Sieht das betreffende Wahlgesetz einen Instanzenzug vor (so wie im vorliegenden Fall §84 Bgld. LTWO 1995 für den Einspruch gegen ziffernmäßige Ermittlungen), so bildet eine solche Entscheidung der Wahlbehörde nur einen Teilakt des Wahlverfahrens. Der Verfassungsgerichtshof ist nicht berufen, auf Grund einer gemäß Art144 B-VG erhobenen Beschwerde über die Rechtmäßigkeit eines wahlbehördlichen Bescheides dieser Art zu erkennen (VfSlg. 13.602/1993 und 12.532/1990 mwH). Dies gilt auch für damit im Zusammenhang stehende verfahrensrechtliche Anträge wie zB den Wiederaufnahmeantrag.
III. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die Beschwerde war daher wegen offenbarer Nichtzuständigkeit des Verfassungsgerichtshofes zurückzuweisen.
2. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita
VfGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.