G36/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung:
1. Der Einschreiter beantragt die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur Einbringung eines Individualantrages auf Aufhebung des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G). Zur Antragslegitimation bringt der Einschreiter vor, er sei durch die Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen des ORF-G durch die "GIS GmbH" zur Zahlung der ORF-Gebühr verpflichtet, obwohl er DVB-S und nicht DVB-T empfange, keine "ORF-Karte" besitze und "(aus heutiger Sicht) nie eine besitzen" werde.
2. Voraussetzung der Antragslegitimation ist
einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch das angefochtene Gesetz - im Hinblick auf dessen Verfassungswidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass das Gesetz für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass das Gesetz in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle seiner Verfassungswidrigkeit - verletzt.
Nicht jedem Normadressaten aber kommt die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass das Gesetz selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch das Gesetz selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht (VfSlg. 11.868/1988, 15.632/1999, 16.616/2002, 16.891/2003).
3. Ein solcher zumutbarer Weg steht dem Einschreiter im vorliegenden Fall jedoch offen:
3.1. Gemäß §31 Abs10 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G) idF BGBl. I 126/2011 ist das Programmentgelt unabhängig von der Häufigkeit und Güte der Sendungen oder ihres Empfanges zu zahlen, jedenfalls aber dann, wenn der Rundfunkteilnehmer (iSd §2 Abs1 des Bundesgesetzes betreffend die Einhebung von Rundfunkgebühren - RGG) an seinem Standort mit den Programmen des Österreichischen Rundfunks gemäß §3 Abs1 ORF-G terrestrisch (analog oder DVB-T) versorgt wird. Der Beginn und das Ende der Pflicht zur Entrichtung des Programmentgeltes sowie die Befreiung von dieser Pflicht richten sich nach den für die Rundfunkgebühren geltenden bundesgesetzlichen Vorschriften. Das Programmentgelt ist gemäß §31 Abs17 ORF-G gleichzeitig mit den Rundfunkgebühren und in gleicher Weise wie diese einzuheben. Die Einbringung der Gebühren und sonstiger damit verbundener Abgaben und Entgelte einschließlich der Entscheidung über Befreiungsanträge obliegt gemäß §4 Abs1 RGG der "GIS Gebühren Info Service GmbH". Über Berufungen gegen Bescheide der "GIS Gebühren Info Service GmbH" entscheidet gemäß §6 Abs1 leg.cit. das zuständige Finanzamt als Abgabenbehörde zweiter Instanz.
3.2. Dem Einschreiter steht daher die Möglichkeit
offen, einen (letztinstanzlichen) Bescheid zu erwirken und seine Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit der den Bescheid tragenden Rechtsgrundlagen im Rahmen einer Beschwerde nach Art144 B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen.
4. Da der Einschreiter schon deshalb die Zurückweisung des intendierten Individualantrages zu gewärtigen hätte, erscheint die beabsichtigte Rechtsverfolgung vor dem Verfassungsgerichtshof von vorneherein als offenbar aussichtslos.
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe ist sohin mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §63 Abs1 ZPO (§35 Abs1 VfGG) abzuweisen.
Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.