G2/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wird abgewiesen.
Begründung:
1.1. Mit (selbst verfasstem) Schreiben vom 28. Dezember 2011 beantragte der Antragsteller die Bewilligung der Verfahrenshilfe zur "Überprüfung des §65 Abs1 SPG ua. (Erkennungsdienstliche Behandlung etc.)", somit der Sache nach einen Verfahrenshilfeantrag zur Einbringung eines Antrages gemäß Art140 Abs1 letzter Satz B-VG.
1.2. Zur Beurteilung der Erfolgsaussichten dieses Antrages wurde der Antragsteller vom Verfassungsgerichtshof mit Schreiben vom 4. Jänner 2012 aufgefordert, binnen vier Wochen
"1. die über §65 Abs1 SPG hinaus anzufechtenden Gesetzesbestimmungen konkret zu bezeichnen,
2. die eine Betroffenheit durch die anzufechtenden Gesetzesbestimmungen belegenden Umstände in groben Umrissen bekanntzugeben sowie insbesondere darzutun, inwieweit die anzufechtenden Gesetzesbestimmungen ohne Erlassung eines Bescheides oder Fällung einer gerichtlichen Entscheidung für Sie wirksam geworden sind, sowie
3. die Bedenken gegen die anzufechtenden Gesetzesbestimmungen zu umschreiben."
1.3. In seinem Schreiben vom 10. Jänner 2012 führte der Antragsteller aus, dass er am 8. Juli 2010 verhaftet und dass ihm die erkennungsdienstliche Behandlung unter Androhung von Zwangsmaßnahmen auferlegt worden sei. Er habe mehrmals gesagt, dass er das nicht machen möchte, dies habe er auch bei vorangegangenen Vernehmungen durch die Polizei immer wieder bekräftigt.
Dem Antragsteller sei mit den Worten "wenn nicht freiwillig dann mit 5 Beamten und am Boden" die erkennungsdienstliche Behandlung abgenötigt worden. Es seien Fotos angefertigt und Fingerabdrücke abgenommen worden.
Er habe die erkennungsdienstliche Behandlung aus dem Grund immer verweigert, da er kein Gewaltverbrecher, Einbrecher, Dieb, Räuber oder Mörder sei; er sei auf Grund eines Wirtschaftsdeliktes verurteilt worden. Die Polizei habe ihm nie erklären können, welchen Sinn die Abnahme von Fingerabdrücken und die Anfertigung von Fotos mache.
Der Antragsteller sei der Meinung, dass das SPG - die genauen Paragraphen und Absätze seien ihm nicht bekannt und auch nicht zugänglich, da er sich nach wie vor in Haft befinde - seine Grundrechte beschneide und nicht verfassungskonform sei. Er gehe auch davon aus, dass die Androhung von Gewalt für die Abnahme nicht verfassungs- und grundrechtskonform sei. Ersucht werde die Gewährung der Verfahrenshilfe sowie, dass der Verfassungsgerichtshof seine Entscheidungen in einer öffentlichen Sitzung verkünde und den Antragsteller hierfür persönlich vorlade.
2. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist das dem einzelnen Normunterworfenen mit Art140 Abs1 letzter Satz B-VG eingeräumte Rechtsinstrument dazu bestimmt, Rechtsschutz gegen rechtswidrige generelle Normen - gleichsam lückenschließend - nur insoweit zu gewähren, als ein anderer zumutbarer Weg hierfür nicht zur Verfügung steht, weil man anderenfalls zu einer Doppelgleisigkeit des Rechtsschutzes gelangte, die mit dem Charakter eines sog. Individualantrages als eines subsidiären Rechtsbehelfes nicht in Einklang stünde (vgl. zB VfSlg. 11.479/1987, 15.927/2000, 18.739/2009 uva.).
Der Verfassungsgerichtshof geht - unter
Zugrundelegung des vom Antragsteller geschilderten Sachverhaltes, wonach ihm durch die Androhung "wenn nicht freiwillig dann mit 5 Beamten und am Boden" die erkennungsdienstliche Behandlung abgenötigt worden sei - davon aus, dass dem Antragsteller ein bescheidmäßiger Abspruch über seine Angelegenheit in Form einer Beschwerde an den örtlich zuständigen unabhängigen Verwaltungssenat gemäß §88 Abs1 SPG offen gestanden wäre (vgl. darüber hinaus auch die durch §90 SPG eingeräumte Beschwerdemöglichkeit an die Datenschutzkommission).
Dass dieser Weg zur Geltendmachung der behaupteten Verfassungswidrigkeit (nachdem die erkennungsdienstliche Behandlung bereits durchgeführt war) nicht zumutbar gewesen wäre, ist nicht ersichtlich und wird vom Antragsteller weder in seinem auf Grund des Verbesserungsauftrages (vgl. VfSlg. 8743/1980) eingebrachten Schriftsatz vom 10. Jänner 2012 noch im Antrag selbst dargelegt.
3. Die angestrebte Rechtsverfolgung erweist sich aus diesem Grund - da ein einzubringender Individualantrag jedenfalls mangels Antragslegitimation zurückzuweisen wäre (vgl. etwa VfGH 6.10.2011, G83/11, mwN) - als offenkundig aussichtslos, weshalb der Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe schon deshalb gemäß §63 Abs1 ZPO iVm §35 VfGG abzuweisen war.
4. Dies konnte gemäß §72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.