B1394/11 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Beschwerdeführer ist durch die angefochtenen Bescheide weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden.
Die Beschwerde wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer steht - nunmehr im Ruhestand - in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zur Stadt Wien. Mit Bescheid der "gemeinderätlichen Personalkommission" vom 13. Oktober 2006 wurde der Beschwerdeführer "wegen Organisationsänderung" mit Wirksamkeit 1. November 2006 in den Ruhestand versetzt. Dieser Bescheid wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 12. Mai 2010, 2006/12/0210, aufgehoben; in der Begründung wurde ausgesprochen, dass die Ruhestandsversetzung rückwirkend ihre Wirksamkeit verliere und der Beschwerdeführer so zu behandeln sei, als ob er erst mit Ablauf des Monats, in dem er das 65. Lebensjahr vollendet hat, demnach mit Ablauf des 30. Juni 2008, in den Ruhestand getreten wäre.
2. Der dem Beschwerdeführer gebührende Ruhebezug, bestehend aus Ruhegenuss und Ruhegenusszulage, wurde mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien vom 28. November 2007 festgestellt. Die dagegen eingebrachte Berufung wurde mit Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 19. August 2008 als unbegründet abgewiesen. Mit Bescheid des Magistrates des Stadt Wien vom 21. August 2008 wurde festgestellt, dass dem Beschwerdeführer die Personalzulage (Beilage B des Nebengebührenkataloges 2006) ab 1. Mai 2006 nicht mehr gebühre (Spruchpunkt I.); der Antrag auf Vergütung der für eine im Jahr 2004 durchgeführte und genehmigte Dienstreise angefallenen Reisekosten wurde abgewiesen (Spruchpunkt II.). In dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 10. Juni 2009 wurde der angefochtene Bescheid insoweit abgeändert, als der Spruchpunkt II. behoben wurde und gemäß §36 zweiter Satz der Besoldungsordnung 1994 festgestellt wurde, dass eine Personalzulage für den Zeitraum Mai 2006 bis einschließlich Oktober 2006 nicht gebühre. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof erhoben.
3. Aufgrund des unter Punkt 1. genannten
Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes wurde das mit Bescheid vom 19. August 2008 abgeschlossene Verfahren zur Bemessung des Ruhebezuges von Amts wegen mit Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 6. September 2010 wiederaufgenommen. Gegen die in Folge vom Magistrat der Stadt Wien mit Bescheid vom 20. September 2010 festgestellte Bemessung des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage erhob der Beschwerdeführer Berufung, die mit dem nunmehr bekämpften Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 1. Juli 2011 abgewiesen wurde. Weiters wies der Dienstrechtssenat der Stadt Wien mit dem nunmehr ebenfalls bekämpften Bescheid vom 1. Juli 2011 die Anträge des Beschwerdeführers vom 22. Oktober 2010 auf Wiederaufnahme der mit den Bescheiden vom 19. August 2008 und vom 10. Juni 2009 abgeschlossenen Verfahren als verspätet zurück.
4. Gegen beide Bescheide vom 1. Juli 2011 des Dienstrechtssenates der Stadt Wien richtet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, mit welcher der Beschwerdeführer die Verletzung in den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter und auf Unversehrtheit des Eigentums geltend macht und die Aufhebung der angefochtenen Bescheide begehrt. Begründend führt der Beschwerdeführer aus, dass er sich darauf verlassen habe, dass sämtliche auf der "Organisationsänderung" beruhenden Bescheide amtswegig aufgehoben werden würden; zur Sicherheit habe er in der Behörde wiederholt auf die ausstehenden Entscheidungen aufmerksam gemacht. Dem Beschwerdeführer sei, da er unvertreten gewesen sei, nicht bewusst gewesen, dass zur Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 10. Juni 2009 abgeschlossenen Verfahrens betreffend die Personalzulage eine Antragstellung notwendig gewesen sei. Der Entzug der Personalzulage stütze sich ausdrücklich auf die "Organisationsänderung", die vom Verwaltungsgerichtshof als objektiv nicht nachvollziehbar und real nicht existent bezeichnet worden sei. Anders als die Bemessung des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage (Bescheid vom 19. August 2008) sei der Bescheid vom 10. Juni 2009 betreffend die Personalzulage jedoch nicht von Amts wegen behoben worden, wodurch ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliege. Weiters stelle es eine Altersdiskriminierung dar, dass dem Beschwerdeführer als einzigem (ihm bekanntem) Mitarbeiter die Personalzulage entzogen worden sei. Der Beschwerdeführer sei zum Zeitpunkt des Zugangs des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes unvertreten gewesen und habe davon ausgehen können, dass die belangte Behörde die Bescheide vom 10. Juni 2009 bzw. vom 19. August 2009 von Amts wegen aufheben oder den Beschwerdeführer zumindest im Sinne der Manuduktionspflicht auf die zu stellenden Anträge hinweisen würde. Der Beschwerdeführer habe sofort nach Zugang des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes bei der zuständigen Behörde vorgesprochen, es aber nicht für notwendig gehalten, Kopien der angefertigten Niederschriften einzuverlangen. Die belangte Behörde habe es unterlassen, Aktenvermerke bzw. etwaige Niederschriften von der Magistratsabteilung 2 hinsichtlich der behördlichen Manuduktion bzw. des fristgerechten Anbringens des Wiederaufnahmeantrags einzuholen. Die Ruhebezüge des Beschwerdeführers seien nicht nur vom Grundgehalt ausgehend zu berechnen; vielmehr hätte auch die Abgeltung für die geleisteten Überstunden in die Berechnung einzufließen.
5. Der Dienstrechtssenat der Stadt Wien als die im verfassungsgerichtlichen Verfahren belangte Behörde legte die Verwaltungsakten zu den angefochtenen Bescheiden lediglich in "rekonstruierter Form" vor. Weiters erstattete der Dienstrechtssenat der Stadt Wien eine Gegenschrift, in der er die Abweisung der Beschwerde beantragt. Im Wesentlichen führt er darin aus, dass hinsichtlich des Verfahrens zur Gebührlichkeit der Personalzulage kein Anhaltspunkt für das Vorliegen eines Wiederaufnahmetatbestandes gegeben sei, da die Einstellung der Personalzulage bereits mehrere Monate vor der Ruhestandsversetzung des Beschwerdeführers erfolgt sei und der Beschwerdeführer somit zu diesem Zeitpunkt keinen Anspruch auf Bezug der Personalzulage gehabt habe. Eine in einem anderen Verfahren geäußerte Rechtsansicht könne niemals einen Wiederaufnahmegrund nach §69 Abs1 Z2 AVG darstellen. Der betreffende Bescheid vom 10. Juni 2009 sei nicht nur nicht - wie vom Beschwerdeführer behauptet - "auf Grundlage der angeblichen Organisationsänderung" erlassen worden, sondern auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens vor dem Verfassungsgerichtshof, da die Wiederaufnahmeanträge im bekämpften Bescheid wegen Verspätung zurückgewiesen worden seien. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, dass ihm die Notwendigkeit einer Antragstellung nicht bewusst gewesen sein, sei zu entgegnen, dass die Unkenntnis der Gesetzeslage weder eine neue Tatsache noch ein neues Beweismittel darstelle, das im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht hätte geltend gemacht werden können. Die Frist zur Stellung des Wiederaufnahmeantrags beginne mit dem Zeitpunkt, an dem der Antragsteller vom Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt habe, in diesem Fall somit mit der Zustellung des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes an den Rechtsvertreter des Beschwerdeführers. Auf eine Wiederaufnahme von Amts wegen habe der Beschwerdeführer keinen Rechtsanspruch. Die behördliche Manuduktionspflicht reiche nicht so weit, dass die Behörde eine Partei zur Stellung eines Wiederaufnahmeantrags anzuleiten hätte. Fristgebundene Rechtsmittel und Anbringen seien nach §13 Abs1 zweiter Satz AVG schriftlich einzubringen, weswegen die belangte Behörde die Ermittlungstätigkeit erst im Fall eines fristgerecht schriftlich gestellten Wiederaufnahmeantrags aufzunehmen hätte. In das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums werde durch einen rein verfahrensrechtlichen Bescheid nicht eingegriffen.
II. Rechtslage
1. §13 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51 idF BGBl. I 5/2008 lautete:
"§13. (1) Soweit in den Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmt ist, können Anträge, Gesuche, Anzeigen, Beschwerden und sonstige Mitteilungen bei der Behörde schriftlich, mündlich oder telefonisch eingebracht werden. Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, sind schriftlich einzubringen. Erscheint die telefonische Einbringung eines Anbringens der Natur der Sache nach nicht tunlich, so kann die Behörde dem Einschreiter auftragen, es innerhalb einer angemessenen Frist schriftlich oder mündlich einzubringen.
(2) Schriftliche Anbringen können der Behörde in
jeder technisch möglichen Form übermittelt werden, mit E-Mail jedoch nur insoweit, als für den elektronischen Verkehr zwischen der Behörde und den Beteiligten nicht besondere Übermittlungsformen vorgesehen sind. Etwaige technische Voraussetzungen oder organisatorische Beschränkungen des elektronischen Verkehrs zwischen der Behörde und den Beteiligten sind im Internet bekanntzumachen.
(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht.
(4) - (8) [...]"
2. §69 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 - AVG, BGBl. 51 idF BGBl. I 158/1998 lautet:
"§69. (1) Dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens ist stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde,
falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß §38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
(2) Der Antrag auf Wiederaufnahme ist binnen zwei
Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann der Antrag auf Wiederaufnahme nicht mehr gestellt werden. Die Umstände, aus welchen sich die Einhaltung der gesetzlichen Frist ergibt, sind vom Antragsteller glaubhaft zu machen.
(3) Unter den Voraussetzungen des Abs1 kann die Wiederaufnahme des Verfahrens auch von Amts wegen verfügt werden. Nach Ablauf von drei Jahren nach Erlassung des Bescheides kann die Wiederaufnahme auch von Amts wegen nur mehr aus den Gründen des Abs1 Z1 stattfinden.
(4) Die Entscheidung über die Wiederaufnahme steht der Behörde zu, die den Bescheid in letzter Instanz erlassen hat, wenn jedoch in der betreffenden Sache ein unabhängiger Verwaltungssenat entschieden hat, diesem."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Feststellung des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage:
Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
Angesichts der verfassungsrechtlichen
Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB
VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
Hinsichtlich des Vorbringens des Beschwerdeführers, dass seine Ruhebezüge nicht nur vom Grundgehalt zu berechnen seien, sondern auch die Abgeltung der geleisteten Überstunden darin einzufließen hätte, ist ein willkürliches Verhalten der belangten Behörde nicht zu erkennen. Insbesondere ist es keinesfalls denkunmöglich, wenn sie bei der Berechnung des Ruhegenusses und der Ruhegenusszulage hinsichtlich der von ihr als Mehrdienstleistungsvergütung qualifizierten Personalzulage davon ausgeht, dass mit Bescheid des Dienstrechtssenates der Stadt Wien vom 10. Juni 2009 rechtskräftig festgestellt worden sei, dass diese Personalzulage dem Beschwerdeführer ab 1. Mai 2006 nicht mehr gebühre, auch wenn in diesem Bescheid tatsächlich lediglich das Nichtgebühren der Personalzulage von Mai bis einschließlich Oktober 2006 festgestellt wurde. Auf Grund der Aufhebung des Bescheides, mit dem der Beschwerdeführer mit 1. November 2006 in den Ruhestand versetzt worden war, durch den Verwaltungsgerichtshof ist die belangte Behörde denkmöglich davon ausgegangen, dass dem Beschwerdeführer ab Mai 2006 bis zu seinem vom Verwaltungsgerichtshof mit Ablauf des 30. Juni 2008 festgelegten fiktiven Übertritt in den Ruhestand die Personalzulage als Mehrdienstleistungsvergütung nicht zustand. Daher liegt der Nichtberücksichtigung der Personalzulage ab 1. Mai 2006 bei der Berechnung der Ruhegenusszulage keine denkunmögliche Gesetzesanwendung zugrunde.
Zum Vorbringen des Beschwerdeführers, dass das mit Bescheid vom 10. Juni 2009 abgeschlossene Verfahren amtswegig wiederaufgenommen werden hätte sollen, ist festzuhalten, dass die Parteien auf eine amtswegige Wiederaufnahme keinen Rechtsanspruch haben (vgl. VwGH 5.9.2008, 2005/12/0078 mwN).
Bei der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der Rechtsgrundlagen des angefochtenen Bescheides würde dieser das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums nur verletzen, wenn die Behörde das Gesetz in denkunmöglicher Weise angewendet hätte, ein Fall, der nur dann vorläge, wenn die Behörde einen so schweren Fehler begangen hätte, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen wäre (vgl. zB VfSlg. 15.001/1997, 16.113/2001, 16.701/2002).
Im Hinblick auf die Ausführungen zur behaupteten Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz ist auch auszuschließen, dass der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurde.
2. Zurückweisung der Wiederaufnahmeanträge:
Mit dem ebenfalls mit der vorliegenden Beschwerde bekämpften Bescheid wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme der mit den Bescheiden vom 19. August 2008 und vom 10. Juni 2009 abgeschlossenen Verfahren gemäß §69 Abs2 AVG als verspätet zurückgewiesen. Begründend führt die belangte Behörde u.a. aus, dass dem Einwand des Beschwerdeführers, er habe zwischen 9. und 21. Juni 2010 bei der Behörde vorgesprochen, entgegenzuhalten sei, dass gemäß §13 Abs1 AVG Rechtsmittel und Anbringen, die an eine Frist gebunden sind oder durch die der Lauf einer Frist bestimmt wird, schriftlich einzubringen seien, was im vorliegenden Fall de facto nicht geschehen sei.
Selbst wenn man wie der Verwaltungsgerichtshof in
einer im verstärkten Senat getroffenen Entscheidung (VwSlg. 16.356 A/2004) davon ausgeht, dass ein gemäß §13 AVG dem Schriftlichkeitsgebot unterliegendes Anbringen oder Rechtsmittel dem Zweck dieser Norm entsprechend auch dann als rechtswirksam eingebracht zu erachten ist, wenn ein mündliches Anbringen in einer Niederschrift protokolliert wird (vgl. dazu Thienel/Schulev-Steindl, Verwaltungsverfahrensrecht5, 2009, 114; Hengstschläger/Leeb, AVG §69 Rz. 52 sowie §63 Rz. 97 f.), ergibt sich aus den vorliegenden Verwaltungsakten und dem Vorbringen des Beschwerdeführers nicht, dass eine solche förmliche Niederschrift im Sinne des §14 AVG abgefasst wurde. Der Beschwerdeführer brachte in der Beschwerde erstmals vor, er habe es nicht für notwendig gehalten, "Kopien der angefertigten Niederschriften einzuverlangen"; so könne lediglich bestätigt werden, dass der Beschwerdeführer "vorgesprochen" habe; die Anfertigung einer vom Beschwerdeführer unterfertigten Niederschrift wird vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Mit Schriftsatz vom 31. März 2011 hatte der Beschwerdeführer hingegen noch vorgebracht, dass ihm nicht bekannt sei, ob über seine Vorsprache ein Aktenvermerk angelegt worden sei. Es sei ihm allerdings erinnerlich, dass er einen solchen Aktenvermerk verlangt und sich darauf verlassen habe, dass dieser auch entsprechend dokumentiert werde. In den dem Verfassungsgerichtshof auf Urgenz vorgelegten Aktenteilen findet sich ein Aktenvermerk vom 25. März 2011, aus dem hervorgeht, dass der Beschwerdeführer "im Sommer 2010" (das genaue Datum sei nicht mehr erinnerlich) vorgesprochen habe und "seiner Meinung nach nicht verrechnete Überstunden bzw. eine unberücksichtigte Außendienstzulage geltend machen und die Sache mit dem zuständigen Juristen besprechen wollte", sowie eine E-Mail des zuständigen Magistratsbediensteten, wonach dieser selbst keinen Aktenvermerk über eine persönliche Vorsprache des Beschwerdeführers habe, da eine solche nicht stattgefunden habe. Da auch in der Beschwerde nichts Näheres über eine etwaige Anfertigung einer förmlichen Niederschrift ausgeführt wird, ist es nicht als willkürlich zu werten, wenn die belangte Behörde davon ausgeht, dass eine solche nicht abgefasst wurde und die Wiederaufnahmeanträge rechtswirksam erst am 22. Oktober 2010 gestellt wurden. Der belangten Behörde ist daher keine Willkür vorzuwerfen, wenn sie die letztlich am 22. Oktober 2010 eingebrachten Wiederaufnahmeanträge als verspätet zurückgewiesen hat, zumal sie nachvollziehbar davon ausgeht, dass der Lauf der Frist zur Stellung von Wiederaufnahmeanträgen auf Grund des Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes mit dessen Zustellung an die Rechtsvertreterin des Beschwerdeführers begonnen hat. Ein Eingriff in das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Unversehrtheit des Eigentums kann durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid nicht bewirkt werden (vgl. etwa VfSlg. 13.681/1994 mwN).
Der Beschwerdeführer erachtet sich weiters in seinem Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter dadurch verletzt, dass die Behörde ihrer Manuduktionspflicht nicht nachgekommen sei, im Rahmen derer sie ihn auf die zu stellenden Wiederaufnahmeanträge hinweisen hätte müssen. Ob dieser Verfahrensmangel vorliegt, kann dahingestellt bleiben, da durch bloßes Zuwiderhandeln gegen Verfahrensvorschriften das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt wird (vgl. zB VfSlg. 10.140/1984, 11.102/1986 und 11.897/1988).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.
Das Beschwerdeverfahren hat auch nicht ergeben, dass der Beschwerdeführer in einem von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht verletzt worden wäre; ebenso wenig entstanden - aus der Sicht dieser Beschwerdesache - verfassungsrechtliche Bedenken gegen die den bekämpften Bescheiden zugrunde liegenden Rechtsvorschriften. Der Beschwerdeführer wurde mithin auch nicht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt.
Ob die angefochtenen Bescheide in jeder Hinsicht dem Gesetz entsprechen, ist vom Verfassungsgerichtshof nicht zu prüfen, und zwar auch dann nicht, wenn sich die Beschwerde - wie im vorliegenden Fall - gegen die Entscheidung einer Kollegialbehörde nach Art133 Z4 B-VG richtet, die beim Verwaltungsgerichtshof nicht bekämpft werden kann (vgl. zB VfSlg. 10.659/1985, 12.915/1991, 14.408/1996, 16.570/2002 und 16.795/2003).
Die Beschwerde war daher als unbegründet abzuweisen.
2. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.