JudikaturVfGH

V30/11 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
27. Juni 2012

Spruch

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Begründung:

I. Sachverhalt

1. Mit ihrem auf Art139 B-VG gestützten Antrag

begehrt die antragstellende Gesellschaft, "der Verfassungsgerichtshof möge die §§1 Abs1 Z3, 1 Abs2, 2 Abs2 und 2 Abs3 Salzburger Bioabfallverordnung 2010, Sbg. LGBl. Nr. 40/2010, jeweils zur Gänze", in eventu "die Wendung des §1 Abs1 Z3 'aus der Zubereitung und dem Verzehr von Nahrungsmitteln (Küchen- und Speisereste)' sowie die §§1 Abs2, 2 Abs2 und 2 Abs3 Salzburger Bioabfallverordnung 2010, jeweils zur Gänze", in eventu "die §§1 Abs2, 2 Abs2 und 2 Abs3 Salzburger Bioabfallverordnung 2010, jeweils zur Gänze", in eventu "die §§2 Abs2 und 2 Abs3 Salzburger Bioabfallverordnung 2010, jeweils zur Gänze", in eventu "die in §1 Abs2 Salzburger Bioabfallverordnung 2010 enthaltene Wendung 'in Küchen von Gastgewerbebetrieben oder ähnlichen Großküchen' und die in §2 Abs2 Salzburger Bioabfallverordnung 2010 enthaltene Wendung 'gemeinsam mit den sonstigen biogenen Abfällen'", in eventu "die in §2 Abs2 Salzburger Bioabfallverordnung 2010 enthaltene Wendung 'gemeinsam mit den sonstigen biogenen Abfällen'", in eventu "die in §2 Abs2 Salzburger Bioabfallverordnung 2010 enthaltene Wendung 'biogenen'", in eventu "die Salzburger Bioabfallverordnung 2010, Sbg. LGBl. Nr. 40/2010, zur Gänze" als verfassungswidrig (gesetzwidrig) aufheben.

1.1. Ihren Angaben zufolge betreibt die

antragstellende Gesellschaft ein Abfallverwertungsunternehmen, das u.a. im Bundesland Salzburg auf Grund privatwirtschaftlicher Verträge mit Gastronomiebetrieben die fachgerechte Sammlung, Lagerung, Beförderung und Entsorgung von Küchenabfällen und Speiseresten anbietet. Darunter fallen insbesondere als Spültrank bezeichnete Speiseabfälle aus Restaurants und Küchenbetrieben. Zufolge der Verordnung (EG) Nr. 1774/2002 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 3. Oktober 2002 mit Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte, ABl. L 273 vom 10. Oktober 2002, dürfen Küchen- und Speiseabfälle aus Gründen der Seuchenprävention nicht mehr an Tiere verfüttert werden, sondern sind einer anderweitigen Verwertung zuzuführen.

1.2. Die antragstellende Gesellschaft verfüge über eine Betriebsbewilligung gemäß §3 des Bundesgesetzes betreffend Hygienevorschriften für nicht für den menschlichen Verzehr bestimmte tierische Nebenprodukte und Materialien (Tiermaterialiengesetz), BGBl. I 141/2003 idF BGBl. I 13/2006 (im Folgenden: TMG), die sie zur Sammlung und Entsorgung des in Gastronomiebetrieben anfallenden Spültranks auf Basis der Verordnung der Bundesministerin für Gesundheit, Familie und Jugend über nähere Bestimmungen zum Umgang mit tierischen Nebenprodukten (Tiermaterialien-Verordnung), BGBl. II 484/2008 idF BGBl. II 141/2010 (im Folgenden: TMV) berechtigt. Sie stehe in einem Wettbewerbsverhältnis zu anderen gewerblichen Unternehmen, die ebenfalls auf die Entsorgung von Spültrank spezialisiert seien.

1.2.1. Das Salzburger Abfallwirtschaftsgesetz 1998, LGBl. 35/1999 idgF (im Folgenden: S.AWG) gelte für die geordnete Sammlung, Lagerung und Behandlung von Hausabfällen (u.a. Restmüll und Biomüll). Die jeweiligen Gemeinden hätten für das Erfassen der Hausabfälle zu sorgen; sie können dies selbst vornehmen, aber auch durch eine andere Gemeinde oder ein gewerbliches Unternehmen durchführen lassen. Aus dem S.AWG sowie den einzelnen Abfuhrordnungen ergebe sich daher eine "Andienungspflicht".

1.2.2. Durch die (auf die §§11 Abs3, 14a und 18 Abs2 S.AWG gestützte) Bioabfallverordnung 2010 werde eine unterschiedslose Zuordnung aller Küchenabfälle und Speisereste aus Haushalten sowie Gastronomiebetrieben - einschließlich des von Flüssigkeitsanteilen getrennten Spültranks - zur Kategorie Biomüll vorgenommen. Diese Abfälle unterlägen auf Grund der angeführten Verordnung einem "Andienungszwang", weshalb ihre Entsorgung nur mehr durch die Gemeinden erfolge (bzw. erfolgen dürfe). Dadurch entstünden der Antragstellerin unmittelbare Wettbewerbsnachteile, weil vor Inkrafttreten der in Rede stehenden Verordnung kein Konkurrenzverhältnis zu Salzburger Gemeinden bestanden habe. Die Pinzgauer Gemeinden hätten zudem eine eigene Abfallverwertungsanlage gegründet.

1.3. Ausdrücklich führt die antragstellende

Gesellschaft zu ihrer Legitimation aus:

"Mit dem Tiermaterialiengesetz bzw. der Tiermaterialien-Verordnung des Bundes wird im Zusammenhang mit der Entsorgung von Material der Kategorie 3 (Küchenabfälle und Speisereste von Gastronomiebetrieben) ein Funktionsvorbehalt für behördlich bewilligte Entsorger normiert. In diesen Funktionsvorbehalt wird mit der Zuordnung von Küchenabfällen und Speiseresten, einschließlich des von Flüssigkeitsanteilen getrennten Spültranks, zu biogenen Abfällen, über deren Entsorgung die Gemeinden im Rahmen der 'Andienungspflicht' entscheiden, wobei die Entsorgungen auch durch eigene Gemeindeeinrichtungen erfolgen kann, unmittelbar eingegriffen." Auf Grund der Bioabfallverordnung 2010 sehe sie sich "in der Gestalt der Salzburger Gemeinden mit einem Mitbewerber konfrontiert, dem auf Grund der weiteren gesetzlichen Rahmenbedingungen deutliche Wettbewerbsvorteile zukommen, ohne dass von diesem die Nachteile, die insbesondere in dem Erfordernis der Erlangung einer behördlichen Bewilligung als Entsorger und der Einhaltung der strengen Bestimmungen des TMG und der TiermaterialienVO, aber auch der Möglichkeit der wettbewerbsfernen Festlegung von Entsorgungsgebühren, zu sehen sind, zu tragen wären". Dadurch fände eine "deutliche Erschwerung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu Lasten der Antragstellerin statt"; sie hätte "deutliche Umsatzeinbußen und damit einen erheblichen finanziellen Schaden hinzunehmen, der auf die Verzerrung der Wettbewerbsbedingungen durch die angefochtene Verordnung zurückzuführen" wäre.

Art und Ausmaß des Eingriffs seien durch die Verordnung eindeutig bestimmt. Der Eingriff ergebe sich daraus, dass die Gemeinden nicht nur über die Entsorgung selbst, sondern auch über die in diesem Zusammenhang anfallenden Gebühren bestimmen würden. Die Beeinträchtigung sei nicht nur potentiell, sondern tatsächlich gegeben, weil das antragstellende Unternehmen Wettbewerbern (insbesondere den Pinzgauer Gemeinden) ausgesetzt werde, denen vor Erlassung der Bioabfallordnung 2010 hinsichtlich in Gastronomiebetrieben anfallendem Spültrank keine Entsorgungskompetenz zugekommen sei.

1.4. Die Salzburger Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Äußerung, in der sie mit näherer Begründung die Zulässigkeit des Individualantrages bestreitet.

II. Rechtslage

1. Die Verordnung der Salzburger Landesregierung vom 10. Mai 2010 über die getrennte Erfassung biogener Abfälle (Bioabfallverordnung 2010), LGBl. 40/2010, lautet (die im Hauptantrag bekämpften Bestimmungen sind hervorgehoben):

"Begriffsbestimmungen

§1 (1) Biogene Abfälle im Sinn dieser Verordnung sind die nachstehend genannten Abfälle, die auf Grund ihres hohen organischen, biologisch abbaubaren Anteils für die stoffliche (aerobe und anaerobe) Verwertung besonders geeignet sind:

1. natürliche, organische Abfälle aus dem Garten- und Grünflächenbereich, wie insbesondere Grasschnitt, Baumschnitt, Laub, Blumen und Fallobst;

2. feste pflanzliche Abfälle, wie insbesondere aus der Zubereitung von Nahrungsmitteln;

3. andere als in Z2 genannte feste organische Abfälle aus der Zubereitung und dem Verzehr von Nahrungsmitteln (Küchen- und Speisereste), soweit sie für eine aerobe oder anaerobe Verwertung geeignet sind;

4. pflanzliche Rückstände aus der gewerblichen und industriellen Verarbeitung und dem Vertrieb land- und forstwirtschaftlicher Produkte;

5. Papier, sofern es sich um unbeschichtetes Papier handelt, das mit Nahrungsmitteln in Berührung steht oder zur Erfassung und Verwertung von biogenen Abfällen geeignet ist.

(2) Als Spültrank im Sinn dieser Verordnung gelten jene biogenen Abfälle gemäß Abs1 Z2, 3 und 5, die in Küchen von Gastgewerbebetrieben oder ähnlichen Großküchen bei der Zubereitung von Speisen oder als Reste nach dem Verzehr von Speisen gemeinsam mit Flüssigkeiten anfallen und die ohne vorherige Abtrennung des Flüssigkeitsanteils in Sammelgefäßen erfasst werden.

(3) Als Eigenkompostierung im Sinn dieser Verordnung gilt die Benützung und Betreuung einer Einrichtung, die zur Umwandlung von biogenen Abfällen, die auf der betreffenden Liegenschaft oder einer unmittelbar angrenzenden Liegenschaft angefallen sind, in humusähnliche Stoffe (Kompost) dient.

Trennung der biogenen Abfälle

§2 (1) Biogene Abfälle sind von den anderen Abfällen getrennt zu erfassen und zu behandeln.

(2) Unter Bedachtnahme auf die Wahrung der

öffentlichen Interessen (§1 Abs3 AWG 2002 in der gemäß §26 Z1 S.AWG geltenden Fassung) kann die Gemeinde in der Abfuhrordnung festlegen, dass Spültrank nach einer Abtrennung der flüssigen Bestandteile und deren Entsorgung über die Abwasserbeseitigungseinrichtungen gemeinsam mit den sonstigen biogenen Abfällen erfasst werden kann. Vor der Erlassung einer solchen Bestimmung ist die Betreiberin oder der Betreiber jener Abwasserreinigungsanlage zu hören, über die der flüssige Anteil entsorgt werden soll.

(3) Die Abtrennung der flüssigen Bestandteile des Spültranks darf nur mit einer Anlage vorgenommen werden, die folgende Voraussetzungen erfüllt:

1. der Abtrennvorgang darf nur ohne mechanische Unterstützung mittels Sieb, dessen Maschenweite nicht mehr als 6 mm betragen darf, erfolgen, sodass sich der flüssige Anteil allein auf Grund der Schwerkraft von den festen Anteilen trennt und

2. der Abfluss muss in einen Fettabscheider münden, der regelmäßig gewartet wird.

(4) Die Gemeinde hat für eine von den anderen

Abfällen getrennte Erfassung der biogenen Abfälle entweder durch die Abholung von den einzelnen Liegenschaften oder durch die Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von Sammeleinrichtungen zur öffentlichen Benützung zu sorgen.

(5) Hausabfälle können in die Erfassung und Behandlung der biogenen Abfälle einbezogen werden, soweit sie auf Grund der vorgesehenen Behandlungsart dafür geeignet und nicht im Sinn des §3 Abs2 belastet sind. Darüber und über die Art der jeweils geeigneten Hausabfälle hat die Gemeinde die Liegenschaftseigentümerinnen und -eigentümer in ortsüblicher Weise, insbesondere auch über die Abfallberatung, zu informieren.

(6) Gartenabfälle können auch ohne Benützung der

sonst vorgeschriebenen Sammeleinrichtungen zu den von der Gemeinde vorgesehenen Plätzen (zB Grünabfallkompostieranlage, Recyclinghof) angeliefert werden.

(7) Fallen biogene Abfälle in einer Menge an, die den üblichen Anfall in einem Haushalt erheblich übersteigt, dürfen die von der Gemeinde zur Erfassung bereitgestellten Sammeleinrichtungen nur mit Zustimmung der Gemeinde in Anspruch genommen werden. Liegt eine derartige Zustimmung nicht vor, hat der Liegenschaftseigentümer (§1 Abs2 S.AWG) selbst für die Erfassung und Verwertung der biogenen Abfälle zu sorgen.

Ausnahmen von der getrennten Erfassung und Behandlung

§3 (1) Von der getrennten Erfassung ausgenommen sind biogene Abfälle, die einer fachgerechten Eigenkompostierung (§1 Abs3) zugeführt werden. Werden durch eine nicht fachgerechte Eigenkompostierung die öffentlichen Interessen gemäß §1 Abs3 AWG 2002 in der gemäß §26 Z1 S.AWG geltenden Fassung verletzt, hat die Gemeinde die Teilnahme an der Erfassung der biogenen Abfälle mit Bescheid anzuordnen.

(2) Biogene Abfälle, die auf Grund ihres Schadstoffgehaltes die Verwertung der übrigen biogenen Abfälle gefährden oder erschweren, dürfen nicht zusammen mit unbelasteten biogenen Abfällen erfasst oder behandelt oder auch für sich allein zu Behandlungsanlagen für biogene Abfälle (§2 Abs7) angeliefert werden. Das Gleiche gilt für biogene Abfälle, die auf Grund von pflanzenschutzrechtlichen Bestimmungen verbrannt oder auf andere Art vernichtet werden müssen.

Behälter für biogene Abfälle

§4 (1) Die für die fortlaufende Sammlung der biogenen Abfälle bestimmten Behälter müssen den ÖNORMEN EN 840-1 bis 840-6, Ausgabe Juni 2004, entsprechen.

(2) Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit können anstelle der im Abs1 beschriebenen Behälter oder in Ergänzung dazu auch andere Behälter aus Papier oder einem anderen kompostierbaren Material verwendet werden, die nur für eine einmalige Benützung geeignet sind, wenn dadurch den öffentlichen Interessen (§1 Abs3 AWG 2002 in der gemäß §26 Z1 S.AWG geltenden Fassung) entsprochen wird. In diesem Fall tritt an die Stelle der Entleerung der Behälter die Abholung der Behälter samt ihrem Inhalt.

Benützung der Behälter für biogene Abfälle

§5 (1) Die Liegenschaftseigentümerinnen bzw -eigentümer (§2 Abs2 S.AWG) haben die Behälter an einer den Benützern leicht zugänglichen, windgeschützten Stelle so aufzustellen, dass eine unnötige Belästigung der Hausbewohner oder der Nachbarschaft insbesondere durch Geruch, Lärm oder Staub vermieden und das Ortsbild nicht unnötig beeinträchtigt wird.

(2) Die Behälter sind von den Liegenschaftseigentümerinnen bzw -eigentümern am Vorabend oder am Tag der Sammlung am Straßenrand bereitzustellen, soweit von der Gemeinde nicht anderes bestimmt wird. Die Bereitstellung zur Sammlung hat so zu erfolgen, dass dadurch keine Gefahr für Personen oder Sachen entsteht, die Verkehrssicherheit nicht beeinträchtigt wird, und die Sammlung möglichst rasch und leicht durchgeführt werden kann. Behälter gemäß §4 Abs2 sind verschlossen zur Sammlung bereitzustellen. Nach erfolgter Sammlung sind die geleerten Behälter möglichst rasch wieder zum Aufstellungsort (Abs1) zurückzubringen.

(3) Die Behälter sowie deren Aufstellungsorte sind von den Liegenschaftseigentümerinnen bzw -eigentümern bei Bedarf zu reinigen. Öffentlich zugängliche Behälter und Aufstellungsorte sind von der Gemeinde bei Bedarf zu reinigen.

Anzahl und Größe der Behälter; Häufigkeit der Entleerung

§6 Bei der Festlegung der Anzahl und Größe der für die fortlaufende Sammlung der biogenen Abfälle bestimmten Behälter sowie des Entleerungsintervalls gemäß §14 Abs1 Z2 S.AWG ist auch auf folgende Gesichtspunkte zu achten:

1. darauf, dass die Sammelgefäße bei Benützung durch den vorgesehenen Personenkreis und unter Beachtung der Häufigkeit der Entleerungen immer dicht geschlossen werden können;

2. auf die Sicherstellung der ordnungsgemäßen und hygienisch einwandfreien Erfassung und Behandlung der biogenen Abfälle.

Das Entleerungsintervall darf, auch bei nur

teilweiser Befüllung der Behälter, zwei Wochen nicht überschreiten.

Verbotene Behandlung von biogenen Abfällen

§7 Die Behandlung von biogenen Abfällen mit Vorrichtungen, die deren Struktur zerstören (zB Häcksler im Spülbeckenabfluss), um eine anschließende Entsorgung über Einrichtungen zur Abwasserbeseitigung zu ermöglichen, ist verboten.

In- und Außerkrafttreten

§8 Diese Verordnung tritt mit 1. Juni 2010 in Kraft. Gleichzeitig tritt die Bioabfallverordnung, LGBl. Nr 37/1992, außer Kraft. "

2. Maßgebliche Bestimmungen des Salzburger Abfallwirtschaftsgesetzes 1998 (S.AWG), LGBl. 35/1999 idgF, haben folgenden Wortlaut:

"1. Abschnitt

Allgemeine Bestimmungen

Begriffsbestimmungen

§1 (1) Abfälle im Sinn dieses Gesetzes sind

bewegliche Sachen, die unter die in Anhang 1 des AWG 2002 angeführten Gruppen fallen und

1. deren sich der Besitzer entledigen will oder entledigt hat oder

2. deren Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall erforderlich ist, um die öffentlichen Interessen (§1 Abs3 AWG 2002) nicht zu beeinträchtigen.

(2) Als Abfälle gelten Sachen, deren ordnungsgemäße Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, auch dann, wenn sie eine die Umwelt beeinträchtigende Verbindung mit dem Boden eingegangen sind. Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall kann im öffentlichen Interesse auch dann erforderlich sein, wenn für eine bewegliche Sache ein Entgelt erzielbar ist.

(3) Die geordnete Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung einer Sache als Abfall ist jedenfalls solange nicht im öffentlichen Interesse erforderlich, solange

1. eine Sache nach allgemeiner Verkehrsauffassung neu ist oder

2. eine Sache in einer nach allgemeiner Verkehrsauffassung für sie bestimmungsgemäßen Verwendung steht.

Die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung von Mist, Jauche, Gülle und organisch kompostierbarem Material als Abfall ist dann nicht im öffentlichen Interesse erforderlich, wenn diese im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes anfallen und im unmittelbaren Bereich eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes einer zulässigen Verwendung zugeführt werden.

(4) Hausabfälle sind:

1. alle nicht flüssigen Siedlungsabfälle (§2 Abs4 Z2 AWG 2002), die üblicherweise in privaten Haushalten anfallen wie Asche, Küchenabfälle, Speisereste, Verpackungsabfälle, Papier, Garten- und Blumenabfälle, Glas (eigentliche Hausabfälle);

2. die im Rahmen von Anstalten, Betrieben und

sonstigen Arbeitsstätten anfallenden Abfälle ähnlicher Art und Zusammensetzung wie Abfälle gemäß Z1, die sowohl für die gemeinsame Erfassung als auch für die gemeinsame Behandlung mit Abfällen gemäß Z1 geeignet sind (hausabfallähnliche Abfälle).

(5) Sperrige Hausabfälle sind jene Hausabfälle, die wegen ihrer Größe oder Form nicht in den dafür vorgesehenen Abfallbehältern gesammelt werden können.

(6) Sonstige Abfälle sind alle diesem Gesetz unterliegenden festen oder flüssigen Abfälle, soweit sie nicht Hausabfälle sind, insbesondere Fäkalien, Straßenkehricht udgl.

(7) Die Landesregierung kann durch Verordnung nähere Bestimmungen über die Zuordnung von Stoffen zu den einzelnen Abfallarten (Abs4 bis 6) erlassen, soweit dafür nicht bundesrechtliche Vorschriften gelten.

(8) Die Erfassung von Abfällen ist das Sammeln (Bereitstellen von Sammeleinrichtungen und/oder Entgegennehmen) und die Abfuhr (Abholung einschließlich des Transports bis zur Behandlung) von Abfällen.

(9) Im Übrigen sind die in diesem Gesetz verwendeten Begriffe im Sinn des §2 AWG 2002 zu verstehen. "

"Ziele und Grundsätze der Abfallwirtschaft

§3 (1) Die Abfallwirtschaft ist im Sinn des Vorsorgeprinzips und der Nachhaltigkeit danach auszurichten, dass

1. schädliche oder nachteilige Einwirkungen auf

Mensch, Tier und Pflanze, deren Lebensgrundlagen und deren natürliche Umwelt vermieden oder sonst das allgemeine menschliche Wohlbefinden beeinträchtigende Einwirkungen so gering wie möglich gehalten werden;

2. die Emission von Luftschadstoffen und

klimarelevanten Gasen so gering wie möglich gehalten wird;

3. Ressourcen (Rohstoffe, Wasser, Energie, Landschaft, Flächen, Deponievolumen) geschont werden;

4. bei der stofflichen Verwertung die Abfälle oder die aus ihnen gewonnenen Stoffe kein höheres Gefährdungspotential aufweisen als vergleichbare Primärrohstoffe oder Produkte aus Primärrohstoffen; und

5. nur solche Abfälle zurückbleiben, deren Ablagerung keine Gefährdung für nachfolgende Generationen darstellt.

(2) Für die Abfallwirtschaft gelten folgende

Grundsätze:

1. Die Abfallmengen und deren Schadstoffgehalte sind so gering wie möglich zu halten (Abfallvermeidung).

2. Abfälle sind zu verwerten, soweit dies ökologisch zweckmäßig und technisch möglich ist und die dabei entstehenden Mehrkosten im Vergleich zu anderen Verfahren der Abfallbehandlung nicht unverhältnismäßig sind und ein Markt für die gewonnenen Stoffe oder die gewonnene Energie vorhanden ist oder geschaffen werden kann (Abfallverwertung).

3. Nach Maßgabe der Z2 nicht verwertbare Abfälle sind je nach ihrer Beschaffenheit durch biologische, thermische, chemische oder physikalische Verfahren zu behandeln. Feste Rückstände sind möglichst reaktionsarm und ordnungsgemäß abzulagern (Abfallbeseitigung).

4. Die Behandlung von Abfällen hat so zu erfolgen, dass keine oder eine möglichst geringe Verdünnung von Schadstoffen oder Verlagerung von Schadstoffen in die Umweltmedien Luft, Boden oder Wasser oder in Produkte stattfindet (Schadstoffverdünnungs- und Schadstoffverlagerungsverbot).

5. Die stoffliche Verwertung hat Vorrang vor der thermischen Verwertung, wenn dies ökologisch vorteilhaft ist und sich daraus nicht unverhältnismäßig hohe Mehrkosten ergeben (Vorrang der stofflichen Verwertung).

6. Bei der Ausrichtung der Abfallwirtschaft ist auf die geographischen und die abfallwirtschaftlichen Gegebenheiten der unmittelbar an die Abfallwirtschaftsregion angrenzenden Regionen Bedacht zu nehmen (kooperative Abfallwirtschaft).

7. Die Beseitigung von Abfällen soll unter

Bedachtnahme auf die kooperative Abfallwirtschaft (Z6) in einer der zum Ort des Abfallanfalls nächstgelegenen, dafür geeigneten, genehmigten und verfügbaren Abfallbehandlungsanlage erfolgen (Prinzip der Nähe).

8. Weiters soll für die Beseitigung von Abfällen vorbehaltlich des Prinzips der Nähe und der kooperativen Abfallwirtschaft innerhalb der Abfallwirtschaftsregion Entsorgungsautarkie angestrebt werden.

9. Das Land Salzburg bildet eine Abfallwirtschaftsregion.

(3) [...]"

"2. Abschnitt

Erfassung von sonstigen Abfällen und Altstoffen

§11 (1) Im Sinn der Ziele und Grundsätze gemäß §3 hat die Gemeinde im erforderlichen Umfang gesonderte Einrichtungen zur getrennten Erfassung von Altstoffen anzubieten. §10 Abs6 gilt sinngemäß.

(2) Fallen auf einer Liegenschaft Altstoffe in einer Menge an, die zur Erfassung durch die Gemeinde nicht geeignet ist, ist die Gemeinde zur Erfassung dieser Altstoffe nicht verpflichtet.

(3) Wenn es zur Wahrung der öffentlichen Interessen (§1 Abs3 AWG 2002) erforderlich ist oder es zur Verwirklichung der Ziele und Grundsätze des §3 notwendig erscheint, kann die Landesregierung durch Verordnung festlegen, dass im gesamten Gebiet des Landes oder in genau zu bezeichnenden Gebieten bestimmte Altstoffe oder auch bestimmte sonstige Abfälle durch die Gemeinde zu erfassen sind. In einer solchen Verordnung können auch nähere Regelungen über die Art und die Häufigkeit der Erfassung einschließlich der Festlegung von Ausnahmen von der Pflicht zur Erfassung durch die Gemeinde, die Art der Behandlung sowie über die Art der zu entrichtenden Gebühren (§18 Abs2) getroffen werden."

"5. Abschnitt

Gebühren

Gebührenarten und Gebührenschuldner

§18 (1) Die Liegenschaftseigentümer (Gebührenschuldner) haben für folgende Leistungen der Gemeinde eine Gebühr (Abfallwirtschaftsgebühr) als Gemeindeabgabe zu entrichten:

1. für die Erfassung und Behandlung von Hausabfällen und sperrigen Hausabfällen gemäß §10 und von Altstoffen gemäß §11 Abs1;

2. für die Erfassung und Behandlung von sonstigen Abfällen oder Altstoffen gemäß §11 Abs3;

3. für die Erfassung und Behandlung von

Problemstoffen; sowie

4. für die sonstigen abfallwirtschaftlichen Maßnahmen (zB Entfernung und Behandlung unzulässiger Abfallablagerungen, Öffentlichkeitsarbeit, Abfallberatung, Abfallvermeidung).

(1a) [...]

(2) In einer Verordnung gemäß §11 Abs3 kann die Landesregierung festlegen, dass die Liegenschaftseigentümer (Gebührenschuldner) für die Teilnahme an der Erfassung oder Behandlung der in der Verordnung bestimmten sonstigen Abfälle oder Altstoffe durch die Gemeinde eine gesonderte Gebühr (Zusatzgebühr) als Gemeindeabgabe zu entrichten haben.

(3) - (5) [...]"

III. Erwägungen

1. Der Antrag ist nicht zulässig.

2. Nach der - mit dem Beschluss VfSlg. 8060/1977 beginnenden - ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes erfordert die Zulässigkeit eines Individualantrages nach Art139 B-VG, dass der Antragsteller behauptet, durch die Rechtswidrigkeit der Verordnung in seinen Rechten verletzt zu sein, und dass die Verordnung für ihn ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation im Normenprüfungsverfahren bildet der Umstand, dass die angefochtene Norm in einer nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmten Weise in die Rechtssphäre der einschreitenden Person (nicht bloß potentiell, sondern aktuell) eingreift. Anfechtungsberechtigt kann folglich von vornherein - wie der Verfassungsgerichtshof gleichfalls in ständiger Judikatur dargetan hat (vgl. zB VfSlg. 8670/1979, 12.751/1991, 12.909/1991, 13.814/1994, 14.274/1995, 14.488/1996, 15.184/1998) - nur ein Rechtsträger sein, an den sich die bekämpfte Regelung unmittelbar wendet. Der bloße Umstand, dass der Antragsteller von der Bestimmung faktisch (etwa durch Beeinträchtigung wirtschaftlicher Interessen) betroffen ist ("Reflexwirkung"), reicht grundsätzlich nicht hin.

3.1. Unabhängig von der Frage, ob die antragstellende Gesellschaft überhaupt Normadressatin der bekämpften Bestimmungen ist, vermag sie mit ihrem gesamten Vorbringen nicht darzulegen, dass ihre Rechtsposition durch die angefochtenen Verordnungsstellen unmittelbar und aktuell betroffen wird. Sie leitet ihre Betroffenheit im Ergebnis nämlich überwiegend bloß allgemein und ohne konkreten Bezug zu den einzelnen bekämpften Bestimmungen daraus ab, dass mit dem Hinzukommen von Salzburger Gemeinden als Mitbewerber nicht näher bezifferte Umsatzeinbußen verbunden wären; damit führt sie aber lediglich allfällige potentielle wirtschaftliche Reflexwirkungen ins Treffen, die keinen unmittelbaren Eingriff in die Rechtsspähre der antragstellenden Gesellschaft bewirken (vgl. zB VfSlg. 16.015/2000, 16.186/2001, 17.443/2005, 18.571/2008).

3.2. Abgesehen davon würde ein allfälliger Eingriff im vorliegenden Fall nicht durch die Bioabfallverordnung 2010 bewirkt, sondern erst durch die auf §2 Abs2 Bioabfallverordnung 2010 gestützte - hier nicht angefochtene - Abfuhrordnung der jeweiligen Gemeinde. Erst auf Grund der Erlassung von Abfuhrordnungen können die Gemeinden Liegenschaftseigentümern bzw. Abfallverursachern die Entsorgung des von Flüssigkeiten getrennten Spültranks über das kommunale Abfallentsorgungssystem ermöglichen. Jene Bestimmungen des S.AWG, welche die gesetzliche Grundlage für die Bioabfallverordnung 2010 bilden (insbesondere §11 Abs3 S.AWG), blieben gleichfalls unbekämpft.

3.3. In Bezug auf die (auch) angefochtene Vorschrift des §2 Abs3 Bioabfallverordnung 2010, die bestimmte Anforderungen an die Beschaffenheit an eine zur Abtrennung der flüssigen Bestandteile des Spültranks geeignete Anlage stellt, hat die antragstellende Gesellschaft überdies die Bestimmung des §57 Abs1 zweiter Satz VfGG vernachlässigt, wonach die Bedenken, die gegen die Gesetzmäßigkeit einer Verordnung sprechen, im Einzelnen vorzutragen sind.

IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen

1. Zusammenfassend ergibt sich mithin, dass es der antragstellenden Gesellschaft in Ansehung sämtlicher vom Hauptantrag und von den Eventualanträgen erfassten Vorschriften am Erfordernis der Legitimation zur Stellung eines Individualantrages mangelt. Dieser war daher zur Gänze als unzulässig zurückzuweisen.

2. Dies konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lite VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

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