V40/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
Der Antrag wird zurückgewiesen.
Begründung:
I. Antragsvorbringen und Vorverfahren
1. Mit dem auf Art139 Abs1 letzter Satz B-VG
gestützten Antrag begehrt der Antragsteller, die auf §32 Abs2 ZTKG gestützte Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten, mit der die Standesregeln festgesetzt werden, in der Fassung der 114. Verordnung mit den Änderungen der 124., 142., 187., 194. und 203. Verordnung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (im Folgenden: Standesregeln der Ziviltechniker) zur Gänze, in eventu die Punkte 1.1., 5.1., 5.5. und 7. dieser Verordnung, in eventu in Punkt 1.1. den zweiten Satz, in eventu die Worte "und außerhalb", in eventu in Punkt 5.1. den dritten Satz, in eventu in Punkt 5.5. die Wortfolge "in einem hiefür unumgänglich notwendigen Ausmaß", in eventu in Punkt 7.1. den zweiten Satz, in eventu den Punkt 7.2. zur Gänze, als gesetzwidrig aufzuheben. Der Antragsteller macht geltend, dass die angefochtenen Bestimmungen gegen Art18 B-VG verstießen, das Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz (Art7 B-VG, Art2 StGG) und das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG beeinträchtigten sowie eine "Gefährdung" des Rechts auf Achtung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art8 EMRK, des Rechts auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit gemäß Art9 EMRK, des Rechts auf Freiheit der Meinungsäußerung gemäß Art10 EMRK und des Rechts auf Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit gemäß Art11 EMRK darstellten.
2. Zur Antragslegitimation führt der Antragsteller aus, er sei aktiver österreichischer Ziviltechniker. Durch die genannten Bestimmungen würden ihm in den Standesregeln zum Teil nicht gesetzlich gedeckte Verhaltensweisen abverlangt, die auch nicht der heutigen Verfassungsrechtslage (Art7 Abs1 B-VG, Art2 und 6 StGG, Art6, 8-11 EMRK) entsprechen würden. Es stehe ihm auch kein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung, um sich gegen die genannten Bestimmungen der Standesregeln zur Wehr zu setzen. Diese würden ohne gerichtliche Entscheidung und ohne Erlassung eines Bescheides unmittelbar verpflichtend und der Antragsteller würde Gefahr laufen, dadurch einem Disziplinarverfahren unterzogen zu werden.
3. Im Detail führt der Antragsteller zur Frage, die Prüfung der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Bestimmungen der Standesregeln der Ziviltechniker auf andere Weise als mittels eines Individualantrags gemäß Art139 Abs1 letzter Satz B-VG an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen, wörtlich aus:
"Ich werde durch sie daher nicht nur potentiell,
sondern aktuell in meiner Rechtssphäre beeinträchtigt. Meine Antragslegitimation ist daher gegeben.
Durch die bekämpften Bestimmungen werde ich in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie in meinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt.
a) Vorhandensein einer Rechtssphäre
Zur Antragslegitimation ist es notwendig, dass es
eine Rechtsposition gibt, in die die bekämpfte generelle Norm eingreifen kann. Im vorliegenden Fall werden mir durch die bekämpften Bestimmungen konkrete Verhaltensweisen auferlegt, deren Nichtbeachtung ein Disziplinarvergehen darstellt.
b) Eingriff in die Rechtssphäre
Nach ständiger Rechtsprechung des VfGH (so zB VfSlg. 12.330/1990; VfSlg. 13.814/1994; VfSlg. 14.476/1996 u.a.) ist nur ein Normadressat[,] an den sich die anzufechtende Norm richtet, anfechtungsberechtigt.
Ich bin Mitglied der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten mit aufrechter Befugnis und österreichischer Staatsbürger. Die Standesregeln greifen in meine Dispositions- und Erwerbsfreiheit ein.
c) Unmittelbarkeit des Eingriffs in die Rechtssphäre
Nach der Rechtsprechung des VfGH liegt ein
unmittelbarer Eingriff in die Rechtssphäre dann vor, wenn der Eingriff durch die bekämpfte Norm nach Art und Ausmaß eindeutig bestimmt ist (VfSlg. 13.425/1993, VfSlg. 14.716/1996 u. a.) und die rechtlich geschützten Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt sind (VfSlg. 13.102/1992, VfSlg. 14.500/1996 u. a.).
Im gegenständlichen Fall ist es offenkundig, dass ich durch Bestimmungen der angefochtenen Verordnung unmittelbar betroffen bin, weil[] jede Zuwiderhandlung unter Sanktion steht.
In den bekämpften Rechtsvorschriften werden mir unmittelbare Pflichten auferlegt, die ich bei sonstiger Strafe einhalten muss.
d) Verletzung der Rechtssphäre
Die Verordnung muss tatsächlich in meine rechtlich geschützten Interessen eingreifen (VfSlg. 10.127/1984 u.a.).
Im vorliegenden Fall werden mir nicht ausreichend definierte Verhaltenspflichten innerhalb und außerhalb meines Berufes vorgeschrieben, wodurch ich benachteiligt werde. Dadurch werde ich in meinen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz sowie auf Freiheit der Erwerbsausübung verletzt.
e) Unzumutbarkeit eines Umweges
Es steht mir auch kein anderer Weg zur Verfügung, um die angefochtenen Bestimmungen zu bekämpfen. Im Fall des Zuwiderhandelns gegen die bekämpften Bestimmungen müsste ich gemäß Punkt 12 der Standesregeln iVm §§55 und 56 ZTKG mit Disziplinarstrafen, unter anderem Verhängung einer Geldstrafe oder sogar Verlust der Befugnis rechnen. Es ist mir daher nicht zumutbar, zur Anfechtung der angeführten Bestimmungen ein rechtswidriges Verhalten zu setzen, welches mit Strafen sanktioniert ist, um die Rechtsverletzungen allenfalls im Rahmen eines Bescheidverfahrens an den Verfassungsgerichtshof heranzutragen."
4. Der Antragsteller bringt folgende Bedenken ob der Gesetzmäßigkeit der angefochtenen Verordnung vor:
"Zu den Wirkungen der angefochtenen Bestimmungen
Gemäß Punkt 1.1. zweiter Satz der Standesregeln hat sich der Ziviltechniker innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit gegenüber seinem Stand würdig zu erweisen.
Die gesetzliche Deckung für ein Verhalten außerhalb des Berufes fehlt in §32 ZTKG. Daneben ist der Begriff der Würde ein moralischer und somit keiner rechtlichen Auslegung zugänglich. Eine Definition findet sich weder im Ziviltechnikergesetz noch im Ziviltechnikerkammergesetz 1993. Bei vielen Verhaltensformen außerhalb der eigentlichen beruflichen Tätigkeit besteht damit die Gefahr eines Disziplinarvergehens.
Gemäß Punkt 5.1. dritter Absatz der Standesregeln
gilt folgendes: 'Die Wahrung der Auftraggeberinteressen darf jedoch nicht zur Verletzung der Grundsätze der Kollegialität führen'.
Auch hier sind sehr oft Interessenskollisionen unvermeidlich; der betreffende Ziviltechniker hätte nur die Möglichkeit, die Beauftragung zurückzulegen. Als Beispiel seien etwa Behördenverhandlungen genannt. Der Ziviltechniker ist nach §10 AVG zur berufsmäßigen Parteienvertretung berechtigt. Wenn etwa in einer Bauverhandlung ein Ziviltechniker als Vertreter des Projektanten einschreitet und die Anrainer ebenfalls von einem Ziviltechniker fachlich beraten oder vertreten werden, sind Interessenskonflikte vorprogrammiert. Dies ist häufig der Fall.
Es ist aber für die betroffenen Parteien unzumutbar, auf eine fachliche Beratung zu verzichten, weil dies die Gegenseite begünstigt. Die Verordnung greift weiters damit auch in die Freiheit der Erwerbsbetätigung ein, ohne dass dies durch §32 ZTKG gedeckt wäre. Standesrücksichten können nicht zu einem Quasiberufsverbot führen.
Gemäß Punkt 5.5. der Standesregeln dürfen im Zusammenhang mit der Abwendung straf,- zivil,- verwaltungsrechtlicher oder disziplinärer Nachteile oder zur Durchsetzung der mit vom Ziviltechniker entfalteten Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Ansprüche wie Honorarforderungen, Schadenersatz und dgl. die erforderlichen Angaben nur in einem hiefür unumgänglich notwendigen Ausmaß gemacht werden.
Diese Bestimmung ist grob gleichheitssatzwidrig. Eine Geltendmachung der rechtlichen Position mit allen zur Verfügung stehenden legalen Mitteln ist damit ein Disziplinarvergehen!
Gemäß Punkt 7.1. zweiter Absatz der Standesregeln
gehört zu den Standespflichten auch die vollständige und pünktliche Begleichung aller finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Kammer. Nach Punkt 12 der Standesregeln sind Verstöße gegen die Bestimmungen der Standesregeln, des ZTG und des ZTKG sowie auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen ein Disziplinarvergehen, also auch die nicht pünktliche Bezahlung, ohne etwa dass es einer Mahnung bedürfte. Was ist bei Terminverlust wegen einer Dienstreise, bei Krankenhausaufenthalt oder längerem Urlaub? Auch diese Regelung ist durch §32 ZTKG nicht gedeckt.
Gemäß Punkt 7.2. der Standesregeln verstößt die Nichtbefolgung von Aufträgen der gesetzlich zuständigen Kammerorgane ebenfalls gegen die Standespflicht.
Hier kommt es nicht darauf an, ob ein Bescheid
ergeht, ob Rechtsmittel bestehen oder welchen Inhaltes ein solcher Auftrag ist. Das bedeutet schrankenloses Ermessen und möglicherweise Willkür, unabhängig, ob damit ein privatrechtlicher oder öffentlicher Bereich des betreffenden Ziviltechnikers erfasst wird. Dies erregt Bedenken im Hinblick auf Art18 B-VG und die vom VfGH dazu entwickelte Rechtsprechung.
Zu den Bedenken im Einzelnen
Zu Punkt 1.1. der Standesregeln:
Der Begriff der Würde bzw. würdig ist nicht näher definiert. Als moralische Verpflichtung sei hier Art1 des dt. GG zitiert, wo es heißt: '[D]ie Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen, ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. So will aber das Ziviltechnikerkammergesetz 1993 diese Bestimmung offenbar nicht verstanden wissen. Als politische Regelung gewährt sie aber keine Vorrechte, sondern verbindet damit einen bestimmten, im Gesetz nicht näher definierten Verhaltenskodex, dessen Interpretation dem Ermessen der Disziplinarbehörde überlassen wird. Diese Bestimmung gibt der Standesbehörde die Möglichkeit, nach ihrem Ermessen für ein Verhalten gegen das nicht näher definierte Würdig sein ein Disziplinarverfahren einzuleiten. Diese Überlegung wird auch durch §32 ZTKG gestützt, wonach die Standesregeln die Standespflichten festzulegen haben, und dies jedoch nur 'insbesondere', also demonstrativ.
Die Bereiche sind hier weit gestreut und stellen die Normunterworfenen - schon wiederholt - vor a priori nicht lösbare Fragen - insbesondere auch für ein Verhalten außerhalb des Berufes, wie:
a) kann man in einem Leserbrief an eine Zeitung eine bestimmte Meinung vertreten bzw. jemanden (einen politischen Entscheidungsträger) kritisieren?
b) kann man an einer Demonstration teilnehmen (etwa gegen den Opernball)?
c) kann man an einer Fernsehdiskussion teilnehmen, ohne eine Krawatte zu tragen?
d) kann man der Religionsgemeinschaft 'Scientology' angehören?
e) kann man an einem Ball der Burschenschafter, allenfalls mit Orden der Republik, teilnehmen?
f) kann man als Autofahrer dafür disziplinär zur Verantwortung gezogen werden, dass man den Vorrang nicht beachtet hat?
g) kann man zur Verantwortung gezogen werden, wenn man - was sehr häufig vorkommt - eine Bestimmung der Bauordnung bei einer Diskussion als 'Schmarrn' bezeichnet bzw. dies gegenüber einem Beamten der Baupolizei äußert?
h) kann man unter Bezugnahme auf die Beachtung der 'Würde' deswegen einem Disziplinarverfahren unterzogen werden, wenn man gegenüber einem Beamten der Baupolizei, der einen Akt ein Jahr liegen lässt, die Vermutung äußert, dies könne nicht allein an einer Überbelastung liegen?
Es kommt hier nicht auf die Frage an, ob hier andere Möglichkeiten bestünden, sondern darauf, dass ein bestimmtes Verhalten - beruflich oder außerberuflich - mit unmittelbaren Konsequenzen bedroht sein kann, ohne dass das Verhalten überhaupt in den Standesregeln näher umschrieben ist.
Die EMRK - im Verfassungsrang - garantiert das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens (Art8), auf Gedanken-, Gewissens- und Religionsfreiheit (Art9), Freiheit der Meinungsäußerung (Art10) sowie die Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit (Art11). Diese Rechte könnten gefährdet sein.
Zu Punkt 5.1. dritter Satz der Standesregeln:
Bereits oben wurde dazu ausgeführt, dass sich -
gerade in Bauverfahren - kontradiktorische Standpunkte gegenüberstehen, wobei die Rechtsprechung des VwGH verlangt, dass Gutachten auf gleicher fachlicher Ebene begegnet werden muss. Das betrifft nicht nur Fachgutachten der Behörde, sondern im zunehmenden Ausmaß werden von der Baupolizei private Gutachten, die das staatliche Siegel tragen, verlangt. Die Bestimmung blockiert mit dem Verlangen auf Kollegialität ein faires Verfahren.
Damit wird nicht nur die Waffengleichheit eines Verfahrens zum Nachteil einer beteiligten Partei blockiert, sie beeinträchtigt auch die Freiheit der Erwerbsbetätigung.
Zu Punkt 5.5. der Standesregeln:
Nach Art6 EMRK hat jedermann Anspruch darauf, dass seine Sache von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht in billiger Weise öffentlich und innerhalb angemessener Frist gehört wird. Diese Regelung greift damit in mein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht ein, wenn nur Angaben im unumgänglich notwendigen Ausmaß gemacht werden dürfen. Darüber hinaus erscheint die Regelung auch hinsichtlich des Gleichheitssatzes bedenklich.
Zu Punkt 7.1. zweiter Absatz der Standesregeln:
Dass die Nichtbezahlung von finanziellen
Verpflichtungen - abgesehen von der Frage des Verschuldens - ein Disziplinarvergehen ist, ist weder durch §32 ZTKG gedeckt, noch vom Standpunkt der EMRK (Art6) verständlich. Es darf nicht übersehen werden, dass man auch bei unverschuldetem Zahlungsverzug der Gefahr einer Strafe, nämlich einer Disziplinarstrafe, nach dem Text der Standesregeln ausgesetzt ist.
Zu Punkt 7.2. der Standesregeln:
Diese Bestimmung erlaubt - ohne Deckung durch §32
ZTKG - eine von einer gesetzlichen Determinierung völlig losgelöste Vorgangsweise der Kammerbehörde gegenüber den Kammermitgliedern, ohne Festlegung auf einen bestimmten Bereich, sei es beruflich oder außerberuflich. Die Bestimmung widerspricht daher vor allem Art18 B-VG.
Die angefochtenen Bestimmungen verletzen daher vor allem den Gleichheitssatz und mein Recht auf Freiheit der Erwerbsausübung in einer unzulässigen Weise sowie das Rechtsstaatsprinzip."
5. Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten als verordnungserlassende Stelle erstattete dazu eine Äußerung, in der sie beantragt, der Verfassungsgerichtshof möge den Antrag als unzulässig zurückweisen, in eventu abweisen. Im Einzelnen hält sie den im Antrag dargelegten Bedenken Folgendes entgegen:
"I. Zur Antragslegitimation des Antragstellers
Der Antragsteller behauptet, durch die Standesregeln der Ziviltechniker nicht nur potentiell, sondern aktuell in seiner Rechtssphäre beeinträchtigt zu sein und keinen anderen zumutbaren Weg zur Verfügung zu haben, um sich gegen die genannten Bestimmungen der Standesregeln zur Wehr zu setzen.
Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten kann dieser Behauptung nicht folgen, da gegen den Antragsteller kein Bescheid auf Grundlage der von ihm bekämpften Bestimmungen der Standesregeln ergangen ist, er somit auch keiner Sanktion ausgesetzt war und er daher auch nicht unmittelbar, sondern nur potentiell von diesen Bestimmungen betroffen ist.
Darüber hinaus wäre dem Antragsteller ein anderer zumutbarer Weg zur Verfügung gestanden, sich gegen den - durch die behauptete Gesetzwidrigkeit der angefochtenen Verordnung ihm gegenüber bewirkten - rechtswidrigen Eingriff zur Wehr zu setzen. Es wäre nicht, wie der Antragsteller behauptet, die Provozierung eines Strafbescheides erforderlich. Vielmehr hätte er die Möglichkeit gehabt, beim Disziplinarausschuss der zuständigen Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten einen Bescheid über die im Rahmen seines Antrages zu prüfenden Rechtsfragen zu erwirken, um klarzustellen, ob er mit gewissen Verhaltensweisen gegen die Standespflichten verstößt (vgl. z. B. VfGH 13.12.1991, V188/90; VfGH 1.7.1982, V40/80; VfGH 14.12.1991, G150/91).
Eine ausdrückliche Regelung über die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist im Ziviltechnikerkammergesetz 1993 (im Folgenden: ZTKG) zwar nicht vorgesehen. Die Erlassung eines Feststellungsbescheides ist aber auch zulässig, wenn eine gesetzliche Regelung zwar nicht besteht, die Erlassung eines Bescheides aber im öffentlichen Interesse liegt oder wenn sie für eine Partei ein notwendiges Mittel zweckentsprechender Rechtsverteidigung ist und somit im Interesse der Partei liegt. Dieses rechtliche Interesse ist dann gegeben, wenn dem Feststellungsbescheid im konkreten Fall die Eignung zukommt, ein Recht oder Rechtsverhältnis für die Zukunft klarzustellen und dadurch eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen (vgl. z.B. VwGH 17.12.1999, ZI. 97/12/0265; VfGH B938/09 vom 21.02.2011; VfGH G82/08 vom 11.03.2009).
Im Sinne dieser Ausführungen hätte der Antragsteller DI Dr. Z T jedenfalls ein rechtliches Interesse, da der Bescheid eine Rechtsgefährdung des Antragstellers zu beseitigen geeignet wäre.
II. Zu den Bedenken des Antragstellers
Zu Punkt 1.1. zweiter Satz der Standesregeln;
Gemäß Punkt 1.1. zweiter Satz der Standesregeln hat sich der Ziviltechniker innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit gegenüber seinem Stand würdig zu erweisen.
Der Antragsteller führt aus, dass der Begriff der Würde keiner rechtlichen Auslegung zugänglich sei und die gesetzliche Deckung für ein Verhalten außerhalb des Berufes in §32 ZTKG fehle.
Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten teilt die Bedenken des Antragstellers nicht:
In §55 ZTKG ist geregelt, dass Ziviltechniker ein Disziplinarvergehen begehen, wenn sie das Ansehen oder die Würde des Standes durch ihr Verhalten beeinträchtigen oder die Berufs- oder Standespflichten verletzen. Ähnliche Vorschriften finden sich auch in den Standesregeln oder Berufsgesetzen anderer freier Berufe.
Auch in der Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) werden die Begriffe 'Ehre' und 'Würde' verwendet, ohne diese näher zu definieren:
§10 Abs2 RAO: 'Der Rechtsanwalt ist überhaupt verpflichtet, durch Redlichkeit und Ehrenhaftigkeit in seinem Benehmen die Ehre und Würde des Standes zu wahren'.
§23 Abs2 RAO: 'Die Rechtsanwaltskammer hat innerhalb ihres Wirkungsbereiches die beruflichen, sozialen und wirtschaftlichen Interessen der der Rechtsanwaltskammer angehörenden Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter wahrzunehmen, zu fördern und zu vertreten. Dabei obliegt der Rechtsanwaltskammer insbesondere auch die Wahrung der Ehre, des Ansehens und der Unabhängigkeit des Rechtsanwaltsstandes sowie die Wahrung der Rechte und die Überwachung der Pflichten ihrer Mitglieder'.
Das Disziplinarstatut für Rechtsanwälte und Rechtsanwaltsanwärter (im Folgenden: DSt 1990) legt zum Beispiel in §1 Abs1 fest, dass ein Rechtsanwalt, der schuldhaft die Pflichten seines Berufes verletzt oder inner- oder außerhalb seines Berufes durch sein Verhalten die Ehre oder das Ansehen des Standes beeinträchtigt, ein Disziplinarvergehen begeht.
Zu §1 Abs1 DSt 1990 hat der Verfassungsgerichtshof ausdrücklich festgehalten, dass dieser verfassungsrechtlich unbedenklich ist (vgl. z.B. VfGH 25.9.2001, B436/99; VfGH 29.9.1997, B481/97). Weiters hat der Verfassungsgerichtshof zu dieser Bestimmung ausgesprochen, dass die Begriffe 'Ehre und Ansehen des Standes' einer vernünftigen Interpretation zugänglich sind und daher das aus Art7 EMRK erfließende Klarheitsgebot nicht verletzt ist (vgl. z.B. VfGH 26.9.2006, B508/06).
Deutlich wird der Verfassungsgerichtshof auch zu den 'Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes, für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und für die Ausbildung des Rechtsanwaltsanwärter' (nunmehr 'Richtlinien für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufes und für die Überwachung der Pflichten des Rechtsanwaltes und des Rechtsanwaltsanwärters', im Folgenden: RL-BA 1977), die mit den Standesregeln der Ziviltechniker unmittelbar vergleichbar sind (VfGH 4.12.2008, G15/08):
'Richtig ist, dass auch im Bereich der Selbstverwaltung den Vorgaben des Art18 B-VG zu entsprechen ist und damit auch eine ausreichende Determinierung des Inhalts einer Verordnung durch das Gesetz zu erfolgen hat. Dieses 'Prinzip der Vorausbestimmung des Verordnungsinhalts durch das Gesetz' kann aber nicht so weit gehen, dass das Verwaltungshandeln bis in jedes Detail gesetzlich vorherbestimmt sein muss. Dies hat gerade im Bereich der Selbstverwaltung zu gelten, weil die insoweit eingeräumte Autonomie ansonsten nur eine leere Hülle wäre.'
Ausdrücklich hält der VfGH weiter fest, dass die den Verordnungsgeber bei Erlassung von Verordnungen determinierenden Gesetzesbegriffe jedenfalls einer Auslegung zugänglich sind, allenfalls auch unter Heranziehung gefestigter Standesauffassungen, allgemeinen gesellschaftlichen Anschauungen und gefestigten Gewohnheiten des Standes für die Ausübung des Berufes (vgl. auch VfGH 3.10.1988, B1290/87).
Der Begriff 'Würde' in Punkt 1.1. zweiter Satz der Standesregeln der Ziviltechniker ist also sehr wohl einer rechtlichen Auslegung zugänglich.
Auch der Vorwurf des Antragstellers, dass für die disziplinäre Ahndung eines Verhaltens außerhalb des Berufes gemäß Punkt 1.1. der Standesregeln der Ziviltechniker in §32 ZTKG die gesetzliche Deckung fehle, geht aufgrund der obigen Ausführungen ins Leere (vgl. z.B. VfGH 3.10.1988, B1290/87).
Aber auch aus dem Gesetzeswortlaut des §32 ZTKG
selbst kann dies abgeleitet werden, da §32 Abs1 ZTKG nicht abschließend aufzählt, welche Bestimmungen die Standesregeln zu enthalten haben, sondern nur demonstrativ ('insbesondere').
Zu Punkt 5.1. dritter Absatz der Standesregeln:
Nach Punkt 5.1. dritter Absatz der Standesregeln darf die Wahrung der Auftraggeberinteressen nicht zur Verletzung der Grundsätze der Kollegialität führen.
Der Antragsteller behauptet, dass diese Bestimmung die Waffengleichheit eines Verfahrens zum Nachteil einer beteiligten Partei blockiere, da Interessenskonflikte zwischen Ziviltechnikern oft unvermeidlich seien, und in die Freiheit der Erwerbsbetätigung eingreife, ohne dass sie durch §32 ZTKG gedeckt wäre.
Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten hält dieses Vorbringen nicht für stichhaltig.
Die Waffengleichheit ist keineswegs zum Nachteil
eines Ziviltechnikers blockiert, da diese Regelung der Standesregeln für alle Ziviltechniker gleichermaßen gilt und diese sich daher auf gleicher Ebene begegnen.
Durch das Gebot, die Grundsätze der Kollegialität einzuhalten, wird auch nicht unverhältnismäßig in die Erwerbsfreiheit von Ziviltechnikern eingegriffen, da die Einhaltung dieses Gebots die bestmögliche Wahrung der Auftraggeberinteressen keineswegs behindert oder gar ausschließt. Somit ist der Ziviltechniker auch keineswegs gezwungen, Aufträge abzulehnen, sondern er wird lediglich dazu angehalten, bei seiner Berufsausübung darauf zu achten, sich auch gegenüber Kollegen in angemessener Art und Weise zu verhalten.
Zu Punkt 5.5. der Standesregeln:
Punkt 5.5. der Standesregeln regelt eine Ausnahme vom Grundsatz der Verschwiegenheitspflicht der Ziviltechniker und lautet: 'Zur Abwendung eigener straf-, zivil-, verwaltungsstrafrechtlicher oder disziplinärer Nachteile oder zur Durchsetzung seiner mit der entfalteten Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Ansprüche, wie Honorarforderungen, Schadenersatz und dgl., ist der Ziviltechniker jedoch berechtigt, die erforderlichen Angaben in einem hierfür unumgänglich notwendigen Ausmaß zu machen.'
Der Antragsteller hält diese Regelung für gleichheitswidrig, da die Geltendmachung der rechtlichen Position mit allen zur Verfügung stehenden legalen Mitteln damit ein Disziplinarvergehen sei. Weiters greife diese Bestimmung in den gemäß Art6 EMRK jedermann zustehenden Anspruch ein, dass seine Sache von einem unabhängigen und unparteiischen Gericht in billiger Weise öffentlich und innerhalb angemessener Frist gehört werde.
Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten sieht diese Bedenken als unzutreffend an.
Ziviltechniker sind gemäß §15 Ziviltechnikergesetz 1993 (im Folgenden: ZTG) zur Verschwiegenheit über die ihm in Ausübung seines Berufes vertrauten oder bekanntgewordenen Angelegenheiten seines Auftraggebers verpflichtet. Diese Verschwiegenheitspflicht erfließt aus dem Umstand, dass Ziviltechniker als Treuhänder der Auftraggeber agieren. Diese Position als 'technischer Notar' wird auch durch andere zahlreiche Regelungen des ZTG untermauert, wie das Gebot der Trennung von Planung und Ausführung, das Recht zur berufsmäßigen Parteienvertretung vor Behörden und Körperschaften öffentlichen Rechts, Unabhängigkeits- und Objektivitätsgebote usw.
Die Verschwiegenheitspflicht kann daher als zentrales Wesenselement des Ziviltechnikerberufes angesehen werden. In diesem Sinne hat auch der Verfassungsgerichtshof für den Beruf der Rechtsanwälte, der mit dem Ziviltechnikerstand in dieser Hinsicht direkt vergleichbar ist, in seinem Erkenntnis vom 06.10.1993, B568/93 ausgesprochen, dass die Verschwiegenheitspflicht der Rechtsanwälte im Rechtsschutzsystem insgesamt, namentlich unter dem Blickwinkel der durch Art6 EMRK verbrieften verfassungsrechtlichen Garantien eine zentrale Bedeutung zukommt. Der Verfassungsgerichtshof hegt auch keine Bedenken, wenn die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht auch über das vertragliche Vertretungsverhältnis hinaus als beachtlich und den betreffenden Anwalt grundsätzlich bindend angesehen wird.
Aus dieser Bedeutung der Verschwiegenheitspflicht der Ziviltechniker ergibt sich, dass Einschränkungen dieser Pflicht nur in begründeten Ausnahmefällen und nur soweit als unbedingt erforderlich zulässig sind. Der Ziviltechniker wird dadurch in keiner Weise gehindert, seine Ansprüche zu wahren und mit allen legalen Mitteln zu verteidigen, da ihm das Vorbringen der notwendigen Angaben ohnehin gestattet ist. Die Zulässigkeit von Angaben, die nicht notwendig sind, würde dem Ziviltechniker keinen Vorteil bringen.
Punkt 5.5. der Standesregeln ist somit weder gleichheitswidrig noch greift dieser in den gemäß Art6 EMRK jedermann zustehenden Anspruch ein.
Zu Punkt 7.1. zweiter Absatz der Standesregeln:
Gemäß Punkt 7.1. zweiter Absatz der Standesregeln
gehört zu den Standespflichten auch die vollständige und pünktliche Begleichung aller finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Kammer.
Laut dem Antragsteller sei diese Regelung nicht von §32 ZTKG gedeckt und vom Standpunkt der EMRK (Art6) nicht verständlich, da der Ziviltechniker auch bei unverschuldetem Zahlungsverzug der Gefahr einer Strafe ausgesetzt sei.
Nach Meinung der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten ist dieses Vorbringen nicht schlüssig.
In §32 ZTKG wird ausdrücklich geregelt, dass die Standesregeln insbesondere Bestimmungen über das aus Standesrücksichten gebotene Verhalten gegenüber der Standesvertretung zu enthalten haben. Eine Deckung der genannten Standespflicht im ZTG liegt also vor. Zum Bestimmtheitsgebot von Verordnungen darf auf die obigen Ausführungen zu Punkt 1.1. der Standesregeln verwiesen werden.
Auch das Recht auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK wird durch diese standesrechtliche Bestimmung nicht beeinträchtigt. Art6 EMRK regelt das Recht auf ein faires Verfahren, sagt jedoch nichts darüber aus, ob auch ein unverschuldetes Verhalten zur einer Strafe führen darf. Die Frage des Verschuldens ist Gegenstand des Disziplinarverfahrens, Art und Schwere der Disziplinarstrafen sind in §56 ZTKG geregelt.
Zu Punkt 7.2. der Standesregeln:
Gemäß Punkt 7.2. der Standesregeln verstößt die Nichtbefolgung von Aufträgen der gesetzlich zuständigen Kammerorgane gegen die Standespflicht.
Der Antragsteller vertritt die Meinung, dass diese Bestimmung schrankenloses Ermessen und möglicherweise Willkür der Kammerbehörde bedeute, ohne von §23 ZTKG gedeckt zu sein, und somit v.a. Art18 B-VG widerspreche.
Auch diese Bestimmung ist laut der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten von §32 ZTKG gedeckt. Wie unter dem vorigen Punkt bereits ausgeführt, haben die Standesregeln insbesondere Bestimmungen über das aus Standesrücksichten gebotene Verhalten gegenüber der Standesvertretung zu enthalten."
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten (Ziviltechnikerkammergesetz 1993 - ZTKG), BGBl. I 157/1994, in der Fassung BGBl. I 55/2011, lauten:
"Standesregeln
§32. (1) Die Bundeskammer hat die Standespflichten der Ziviltechniker durch Verordnung (Standesregeln) festzulegen. Die Standesregeln haben insbesondere Bestimmungen zu enthalten über
1. die Unzulässigkeit von Tätigkeiten, von Arbeitsgemeinschaften sowie von Gesellschafts- und Dienstverhältnissen, die mit der beruflichen Tätigkeit eines Ziviltechnikers oder mit dem Ansehen und der Würde des Standes unvereinbar sind;
2. das aus Standesrücksichten gebotene Verhalten gegenüber der Standesvertretung, Kollegen und Dritten.
(2) Die Standesregeln bedürfen der Genehmigung durch den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Standesregeln dem Abs1 entsprechen und gesetzliche Bestimmungen nicht verletzen. Über den Genehmigungsantrag ist binnen drei Monaten zu entscheiden.
(3) Die Standesregeln sind unter Berufung auf die Genehmigung des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten in den Nachrichten der Bundeskammer und der Länderkammern kundzumachen. Sie treten, wenn darin nicht ein späterer Tag bestimmt ist, mit dem der Kundmachung folgenden Tag in Kraft.
[...]
Disziplinarvergehen
§55. (1) Ziviltechniker begehen ein Disziplinarvergehen, wenn sie das Ansehen oder die Würde des Standes durch ihr Verhalten beeinträchtigen oder die Berufs- oder Standespflichten verletzen.
(2) Die Tatsache, daß dieselbe Handlung oder Unterlassung auch von einem Gericht oder einer Verwaltungsbehörde zu ahnden ist, schließt die disziplinäre Verfolgung nicht aus.
(3) Die Organe der Kammern gemäß §1 Abs1, die von Disziplinarvergehen eines Ziviltechnikers Kenntnis erhalten, haben dies der Länderkammer, deren Mitglied der Ziviltechniker ist, mitzuteilen.
(4) Ein Ziviltechniker darf wegen eines Disziplinarvergehens nicht mehr verfolgt werden, wenn gegen ihn nicht innerhalb von sechs Monaten, gerechnet von jenem Zeitpunkt, ab dem der Disziplinarausschuß von einem Disziplinarvergehen Kenntnis erlangt hat, ein Disziplinarverfahren eingeleitet worden ist; sind seit der Beendigung des Disziplinarvergehens zehn Jahre verstrichen, so darf ein Erkenntnis nicht mehr gefällt oder vollstreckt werden."
2. Die maßgeblichen Bestimmungen der Standesregeln der Ziviltechniker lauten:
"1. Allgemeine Pflichten
1.1. Der Ziviltechniker hat die ihm verliehene
Befugnis unter Beachtung der einschlägigen Gesetze gewissenhaft auszuüben. Er hat sich innerhalb und außerhalb seines Berufes der Achtung und des Vertrauens der Öffentlichkeit gegenüber seinem Stand würdig zu erweisen.
[...]
5. Verhalten gegenüber dem Auftraggeber
5.1. Der Ziviltechniker ist verpflichtet, die ihm beauftragten Leistungen in Wahrung der Interessen des Auftraggebers und unbeeinflusst von eigenen und den Interessen Dritter zu erbringen. Er hat seine Arbeiten unter Beachtung der Gesetze, Rechtsvorschriften, Normen und des Standes der Technik gewissenhaft und sorgfältig zu erbringen, wobei er unter Berücksichtigung des Auftragsumfanges auf die in den Honorarleitlinien enthaltenen Leistungsbilder Bedacht nehmen soll.
Der Ziviltechniker ist verpflichtet, den Auftraggeber über die zur bestmöglichen Erreichung des definierten Auftragszieles notwendigen Auftragsvergaben und Verfahrensschritte zu unterrichten.
Die Wahrung der Auftraggeberinteressen darf jedoch nicht zur Verletzung der Grundsätze der Kollegialität führen.
[...]
5.5. Zur Abwendung eigener straf-, zivil-, verwaltungsstrafrechtlicher oder disziplinärer Nachteile oder zur Durchsetzung seiner mit der entfalteten Tätigkeit im Zusammenhang stehenden Ansprüche, wie Honorarforderungen, Schadenersatz und dgl., ist der Ziviltechniker jedoch berechtigt, die erforderlichen Angaben in einem hiefür unumgänglich notwendigen Ausmaß zu machen.
[...]
7. Verhalten gegenüber den Kammern der Architekten und Ingenieurkonsulenten
7.1. Der Ziviltechniker hat die zuständige Kammer
sowie die Bundeskammer in ihren Aufgaben zu unterstützen.
Zu den Standespflichten gehört auch die vollständige und pünktliche Begleichung aller finanziellen Verpflichtungen gegenüber der Kammer.
7.2. Die Nichtbefolgung von Aufträgen der gesetzlich zuständigen Kammerorgane verstößt gegen die Standespflicht.
[...]
12. Schlussbestimmungen
Verstöße gegen Bestimmungen dieser Standesregeln, des ZTG und des ZTKG sowie der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Verordnungen sind ein Disziplinarvergehen (§55 Abs1 ZTKG)."
III. Erwägungen
1. Prozessvoraussetzungen
1.1. Voraussetzung der Antragslegitimation gemäß
Art139 Abs1 letzter Satz B-VG ist einerseits, dass der Antragsteller behauptet, unmittelbar durch die angefochtene Verordnung - im Hinblick auf deren Gesetzwidrigkeit - in seinen Rechten verletzt worden zu sein, dann aber auch, dass die Verordnung für den Antragsteller tatsächlich, und zwar ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides wirksam geworden ist. Grundlegende Voraussetzung der Antragslegitimation ist, dass die Verordnung in die Rechtssphäre des Antragstellers nachteilig eingreift und diese - im Falle ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt.
1.2. Nicht jedem Normadressaten kommt aber die Anfechtungsbefugnis zu. Es ist darüber hinaus erforderlich, dass die Verordnung selbst tatsächlich in die Rechtssphäre des Antragstellers unmittelbar eingreift. Ein derartiger Eingriff ist jedenfalls nur dann anzunehmen, wenn dieser nach Art und Ausmaß durch die Verordnung selbst eindeutig bestimmt ist, wenn er die (rechtlich geschützten) Interessen des Antragstellers nicht bloß potentiell, sondern aktuell beeinträchtigt und wenn dem Antragsteller kein anderer zumutbarer Weg zur Abwehr des - behaupteterweise - rechtswidrigen Eingriffes zur Verfügung steht
(VfSlg. 13.944/1994, 15.234/1998, 15.947/2000).
2. Wie der Verfassungsgerichtshof in seiner mit
VfSlg. 8058/1977 beginnenden ständigen Rechtsprechung ausgeführt hat, ist daher grundlegende Voraussetzung für die Antragslegitimation, dass die Verordnung in die Rechtssphäre der betroffenen Person unmittelbar eingreift und sie - im Fall ihrer Gesetzwidrigkeit - verletzt. Hiebei hat der Verfassungsgerichtshof vom Antragsvorbringen auszugehen und lediglich zu prüfen, ob die vom Antragsteller ins Treffen geführten Wirkungen solche sind, wie sie Art139 Abs1 letzter Satz B-VG als Voraussetzung für die Antragslegitimation fordert (vgl. zB VfSlg. 8594/1979, 15.527/1999, 16.425/2002 und 16.426/2002).
3. Der Antragsteller tut im vorliegenden Antrag nicht dar, inwiefern er durch die angefochtene Verordnung bzw. durch die in eventu angefochtenen Teile der Verordnung in seinen rechtlich geschützten - die im Antrag benannten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte betreffenden - Interessen überhaupt, geschweige denn aktuell beeinträchtigt ist (vgl. VfSlg. 11.505/1987, 16.530/2002). Das Antragsvorbringen geht ausschließlich dahin, dass der Antragsteller mit einer Disziplinarstrafe zu rechnen hätte, wenn er ein bestimmtes, gegen die Standesregeln für Ziviltechniker verstoßendes Verhalten setzen würde. Die Ausführungen des Antragstellers beschränken sich auf einen Verweis auf seine Mitgliedschaft in der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten und die daraus folgende unmittelbare Verpflichtung, die angefochtene Verordnung bzw. die in eventu angefochtenen einzelnen Teile der Verordnung bei sonstiger Strafe einhalten zu müssen. Das Vorbringen lässt nicht erkennen, inwiefern die einzelnen Punkte der angefochtenen Verordnung ("würdiges Verhalten innerhalb und außerhalb des Berufes"; "Verhalten gegenüber dem Auftraggeber"; "Verhalten gegenüber der Kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten") einen Konnex zum tatsächlichen und aktuellen Verhalten des Antragstellers im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit als Ziviltechniker oder seiner außerberuflichen Tätigkeit herstellen könnten oder wodurch die in den Standesregeln für Ziviltechniker verankerten Disziplinarvergehen samt den daraus resultierenden Strafen aktuell Konsequenzen für den Antragsteller nach sich ziehen würden.
4. Da der Antragsteller in seinem Antrag seine
aktuelle Betroffenheit nicht dargelegt hat, war der Individualantrag als unzulässig zurückzuweisen (vgl. VfSlg. 12.632/1991).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Antrag ist mangels Legitimation des Antragstellers als unzulässig zurückzuweisen.
2. Dies konnte gemäß §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.