B757/12 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung
Spruch
I. 1. Der Beschwerdeführer ist durch den
angefochtenen Bescheid, soweit damit der Vorstellung gegen die Verpflichtung zur Rückgabe der für Frau Mag. T. mit Beschluss des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abteilung I, vom 10. Februar 2011 ausgestellten Legitimationsurkunde keine Folge gegeben wurde, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
2. Der Bescheid wird insoweit aufgehoben.
3. Die Tiroler Rechtsanwaltskammer ist schuldig, dem Beschwerdeführer die mit € 2.620,- bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
II. 1. Im Übrigen wird die Behandlung der Beschwerde abgelehnt.
2. Die Beschwerde wird insoweit dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Entscheidungsgründe:
I. Sachverhalt, Beschwerdevorbringen und Vorverfahren
1. Der Beschwerdeführer, ein Rechtsanwalt in Innsbruck, wurde mit Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abteilung I, vom 21. Oktober 2011 aufgefordert, die für Frau Mag. T. mit Beschluss des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abteilung I, vom 10. Februar 2011 ausgestellte Legitimationsurkunde innerhalb einer Frist von 14 Tagen an die Tiroler Rechtsanwaltskammer zurückzustellen sowie der Tiroler Rechtsanwaltskammer das Verwendungszeugnis für die in der Zeit von 1. Februar 2011 bis 31. Mai 2011 bei ihm als Rechtsanwaltsanwärterin beschäftigte Frau Mag. T. vorzulegen.
2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung wurde mit Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Plenum) vom 26. April 2012 keine Folge gegeben. Begründend führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer habe für Frau Mag. T. die Eintragung in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter sowie die Ausstellung einer entsprechenden Legitimationsurkunde beantragt. Nach erfolgter Eintragung sei der Beschwerdeführer mit Schreiben der Tiroler Rechtsanwaltskammer vom 14. Februar 2011 dahingehend informiert worden, dass die Legitimationsurkunde nach Austritt der Frau Mag. T. aus der Kanzlei des Beschwerdeführers an die Kammerkanzlei zurückzusenden sei. Der Beschwerdeführer sei somit der korrekte Adressat der Rückgabeverpflichtung. Er habe weiters die Möglichkeit, die Herausgabe der Legitimationsurkunde bei Frau Mag. T. rechtlich durchzusetzen. Schließlich bestehe auch für den Beschwerdeführer ein eminentes rechtliches Interesse daran, dass Frau Mag. T. nicht mehr die Möglichkeit habe, sich vor Gerichten oder Behörden als Vertretungsbefugte des Beschwerdeführers auszugeben.
Hinsichtlich der Aufforderung zur Ausstellung eines Verwendungszeugnisses führte die belangte Behörde aus, dass die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt gemäß §2 Rechtsanwaltsordnung (im Folgenden: RAO) nur anrechenbar sei, soweit die Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt werde. Die Erfüllung dieser Voraussetzungen könne nur vom ausbildenden Rechtsanwalt bestätigt werden.
3. Gegen den Bescheid des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer (Plenum) vom 26. April 2012 richtet sich die vorliegende auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung in Rechten wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen und die Verletzung von verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten gerügt wird. Der Beschwerdeführer ist der Ansicht, die §§27 und 28 RAO stünden in Widerspruch zu Art6 EMRK, weil die belangte Behörde kein Tribunal iSd EMRK sei. Weiters verletzen die Bestimmungen der §§5 Abs1 und 2 sowie 11 Abs2 der Geschäftsordnung für die Tiroler Rechtsanwaltskammer und deren Ausschuss (beschlossen in der Vollversammlung am 27.4.2006, genehmigt mit Bescheid der BMJ vom 14.7.2006) (im Folgenden: GO) Art6 EMRK, weil ein faires Verfahren verlange, dass die Protokollierung von (nichtöffentlichen) Sitzungen auch für den Betroffenen einsehbar sei. In den verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten auf ein faires Verfahren gemäß Art6 EMRK sowie auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter erachtet sich der Beschwerdeführer verletzt, weil es ihm mangels Einsichtsmöglichkeit in das Protokoll der Plenarsitzung nicht möglich gewesen sei, von seinem Ablehnungsrecht hinsichtlich der Zusammensetzung des Ausschusses Gebrauch zu machen. Weiters rügt der Beschwerdeführer die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz und begründet dies dahingehend, dass er niemals im Besitz der für Frau Mag. T. ausgestellten Legitimationsurkunde gewesen sei und diese daher auch nicht zurückgeben könne. In Bezug auf die Aufforderung, ein Verwendungszeugnis für Frau Mag. T. auszustellen, führt der Beschwerdeführer schließlich aus, dass ihm dies auf Grund der mangelhaft erbrachten Leistung seitens Frau Mag. T. nicht möglich sei.
4. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie den Beschwerdeausführungen entgegen tritt und die Abweisung der Beschwerde beantragt.
II. Rechtslage
1. Die maßgeblichen Bestimmungen der Rechtsanwaltsordnung, RGBl. 96/1868 idF StGBl. 95/1919 (§31), BGBl. I 141/2009 (§§27, 28) bzw. BGBl. I 111/2010 (§§2, 15), lauten:
"§. 2. (1) Die zur Ausübung der Rechtsanwaltschaft erforderliche praktische Verwendung hat in der rechtsberuflichen Tätigkeit bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft und bei einem Rechtsanwalt zu bestehen; [...]
Die praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt ist nur anrechenbar, soweit diese Tätigkeit hauptberuflich und ohne Beeinträchtigung durch eine andere berufliche Tätigkeit ausgeübt wird; [...]
(2) - (4) [...]
§15. (1) Ist die Beiziehung eines Rechtsanwalts
gesetzlich vorgeschrieben, so kann sich der Rechtsanwalt vor allen Gerichten und Behörden auch durch einen bei. ihm in Verwendung stehenden, substitutionsberechtigten Rechtsanwaltsanwärter unter seiner Verantwortung vertreten lassen; die Unterfertigung von Eingaben an Gerichte und Behörden durch einen Rechtsanwaltsanwärter ist jedoch unzulässig.
(2) Substitutionsberechtigt ist ein Rechtsanwaltsanwärter, der die Rechtsanwaltsprüfung mit Erfolg abgelegt hat. Das Erfordernis der Rechtsanwaltsprüfung kann auf Ansuchen eines Rechtsanwalts vom Ausschuß der Rechtsanwaltskammer aus rücksichtswürdigen Gründen denjenigen bei ihm in Verwendung stehenden Rechtsanwaltsanwärtern erlassen werden, die ein Studium des österreichischen Rechts (§3) abgeschlossen haben und mindestens eine fünfmonatige Praxis bei Gericht oder einer Staatsanwaltschaft sowie eine achtzehnmonatige praktische Verwendung bei einem Rechtsanwalt oder bei der Finanzprokuratur nachzuweisen vermögen. Die Nachsicht der Rechtsanwaltsprüfung gilt jedoch nur für die Dauer der Verwendung des Rechtsanwaltsanwärters bei demjenigen Rechtsanwalt, auf dessen Ansuchen sie bewilligt wurde.
(3) Ist die Beiziehung eines Rechtsanwalts gesetzlich nicht vorgeschrieben, so kann sich der Rechtsanwalt vor allen Gerichten und Behörden auch durch einen anderen bei ihm in Verwendung stehenden Rechtsanwaltsanwärter unter seiner Verantwortung vertreten lassen; die Unterfertigung von Eingaben an Gerichte und Behörden durch einen Rechtsanwaltsanwärter ist jedoch unzulässig.
(4) Der Ausschuß der Rechtsanwaltskammer hat den bei einem Rechtsanwalt in Verwendung stehenden Rechtsanwaltsanwärtern Legitimationsurkunden auszustellen, aus denen die Substitutionsberechtigung nach Abs2 (große Legitimationsurkunde) oder die Vertretungsbefugnis nach Abs3 (kleine Legitimationsurkunde) ersichtlich ist.
§27. (1) Der Plenarversammlung sind folgende Angelegenheiten zugewiesen:
a) die Festsetzung ihrer Geschäftsordnung und der des Ausschusses sowie der Satzung der Versorgungseinrichtung;
b) die Wahl des Präsidenten, der Präsidenten-Stellvertreter und der Mitglieder des Ausschusses der Kammer, der Delegierten zur Vertreterversammlung (§39) sowie der dem Rechtsanwaltsstand angehörigen Prüfungskommissäre zur Rechtsanwaltsprüfung und der Rechnungsprüfer;
c) die Festsetzung der Ausgaben der Kammer für
humanitäre Standeszwecke, soweit diese über die nach den §§49 und 50 vorgesehenen Leistungen aus der Versorgungseinrichtung hinausgehen, wobei auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kammermitglieder Bedacht zu nehmen ist;
d) die Festsetzung der Jahresbeiträge der Kammermitglieder zur Bestreitung der Verwaltungsauslagen der Kammer, der Aufwendungen für Maßnahmen im Interesse der Kammermitglieder, insbesondere für Versicherungen und die Standeswerbung, sowie der Beiträge der Kammermitglieder zur Deckung der Ausgaben im Sinn des Buchstaben c;
e) der Voranschlag der Einnahmen und Ausgaben sowie die Prüfung und Genehmigung der Rechnungen der Kammer;
f) die Anträge auf Änderung der Sprengel bestehender und Bildung neuer Rechtsanwaltskammern;
g) die Erlassung von Richtlinien für die Errichtung und Führung der Treuhandeinrichtung, die dem Schutz der Abwicklung von Treuhandschaften nach §10a Abs2 dient und die auch automationsunterstützt geführt werden kann, insbesondere über Gestaltung, Organisation und Form dieser Treuhandeinrichtung, über die Modalitäten und Vorgehensweisen bei der Überprüfung der ordnungsgemäßen Abwicklung der von einem Rechtsanwalt übernommenen Treuhandschaften einschließlich von Regelungen dazu, wo und in welcher Form der Rechtsanwalt seinen Mitwirkungspflichten bei der Überprüfung nachzukommen hat, über die Gestaltung, den Deckungsumfang und die Deckungssumme der zur Sicherung der Rechte der Treugeber abzuschließenden Versicherung und die Festsetzung der Beiträge der Rechtsanwälte zur Aufbringung der Prämien für diese Versicherung sowie über Form und Inhalt der den Treugebern zu erteilenden Informationen über die Sicherung der Treuhandschaft.
(2) Die Beiträge nach Abs1 litd dürfen sich für Rechtsanwaltsanwärter höchstens auf die Hälfte der für Rechtsanwälte festgesetzten Beitragshöhe belaufen; im Übrigen sind die Beiträge grundsätzlich für alle Kammermitglieder gleich hoch zu bemessen. Die Plenarversammlung kann beschließen, dass die Beiträge der Rechtsanwaltsanwärter jeweils bei dem Rechtsanwalt einzuheben sind, bei dem sie in praktischer Verwendung stehen. In Rechtsanwaltskammern, in denen es wegen besonders großer Unterschiede in der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der einzelnen Kammermitglieder erforderlich ist, hat die Beitragsordnung zu bestimmen, daß die Höhe der Beiträge nach Maßgabe des personellen Umfanges oder der Ertragslage der Kanzlei abgestuft wird. Die Beiträge können durch den Ausschuß in berücksichtigungswürdigen Fällen gestundet oder nachgesehen werden.
(3) In der Plenarversammlung führen der Präsident und in seiner Verhinderung ein Präsidenten-Stellvertreter, bei deren Verhinderung das an Lebensjahren älteste anwesende Mitglied des Ausschusses den Vorsitz. Ist auch kein Mitglied des Ausschusses anwesend, führt das an Lebensjahren älteste anwesende Mitglied der Plenarversammlung den Vorsitz.
(4) Die Plenarversammlung ist beschlußfähig, wenn mindestens ein Zehntel der Kammermitglieder an der Abstimmung teilnimmt; sie faßt ihre Beschlüsse mit einfacher Mehrheit. Zur Beschlußfassung über die Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammer und des Ausschusses sowie über die Satzung der Versorgungseinrichtung ist jedoch die Teilnahme von mindestens einem Fünftel der Kammermitglieder und eine Mehrheit von zwei Dritteln erforderlich. Der Vorsitzende hat nur bei Stimmengleichheit ein Stimmrecht.
(5) Die Geschäftsordnung der Rechtsanwaltskammer kann vorsehen, dass Abstimmungen über die nach Abs1 der Plenarversammlung zugewiesenen Angelegenheiten auch im Weg der Übermittlung eines verschlossenen Kuverts an die Rechtsanwaltskammer (Briefabstimmung) erfolgen können. Diesfalls ist §24a sinngemäß anzuwenden.
(6) Die Geschäftsordnungen der Rechtsanwaltskammern und der Ausschüsse sowie die Satzungen der Versorgungseinrichtungen bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Genehmigung durch den Bundesminister für Justiz. Sie sind diesem innerhalb eines Monats nach der Beschlußfassung vorzulegen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die Geschäftsordnungen und die Satzungen dem Gesetz entsprechen. Wird die Genehmigung nicht innerhalb von drei Monaten versagt, so gilt sie als erteilt.
§28. (1) Zu dem Wirkungskreise des Ausschusses
gehören:
a) die Führung der Rechtsanwaltsliste (§§1 und 5 ff), insbesondere die Entscheidung über die Eintragung in dieselbe, sowie über die Resignation eines Mitgliedes, die Ausstellung der Ausweiskarte für die elektronische Anwaltssignatur (amtliche Lichtbildausweise), die Überwachung der Rückstellungspflichten in Ansehung der Ausweiskarte und die Führung der Liste der Rechtsanwalts-Gesellschaften, insbesondere die Entscheidung über die Verweigerung der Eintragung oder die Streichung einer Gesellschaft;
b) die Führung der Liste der Rechtsanwaltsanwärter, die Bestätigung der Rechtsanwaltspraxis, sowie die Ausfertigung der Legitimation zur Substituirung an dieselben und der Beglaubigungsurkunde für Kanzleibeamte (§31 Abs3 ZPO);
c) die Ausführung der Beschlüsse der Rechtsanwaltskammer;
d) die Besorgung der ökonomischen Geschäfte der Rechtsanwaltskammer und Einbringung der Jahresbeiträge;
e) der Verkehr mit den Behörden und den außerhalb der Kammer stehenden Personen;
f) die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars und Vergütung für Dienstleistungen des Rechtsanwalts, sowie die angesuchte gütliche Beilegung des Streites über selbe (§. 19);
g) die Vermittlung bei Meinungsverschiedenheiten im Rahmen der Berufsausübung zwischen Mitgliedern der Kammer;
h) die Bestellung eines mittlerweiligen
Stellvertreters in den von diesem Gesetz oder dem Disziplinarstatut angeordneten Fällen;
i) die Bestellung eines Rechtsanwalts nach den §§45 oder 45a und die Entscheidung über Ansprüche nach §16 Abs4;
k) die Einberufung der ordentlichen und
außerordentlicher Plenarversammlungen der Rechtsanwaltskammer;
l) bezogen auf das Bundesland, für das die Rechtsanwaltskammer errichtet wurde, die Erstattung von Gesetzvorschlägen und Gutachten über Gesetzentwürfe, von Berichten über den Zustand der Rechtspflege sowie von Mitteilungen über Mängel und Wünsche, die mit der Rechtspflege zusammenhängen; bezogen auf andere Bundesländer bzw. das ganze Bundesgebiet die Erstattung derartiger Äußerungen an den Österreichischen Rechtsanwaltskammertag;
m) die Durchführung, gegebenenfalls die Anerkennung von für Rechtsanwaltsanwärter verbindlichen Ausbildungsveranstaltungen gemäß den vom Österreichischen Rechtsanwaltskammertag erlassenen Richtlinien;
n) die Festsetzung einer angemessenen Vergütung für die Erstattung von Gutachten über die Angemessenheit des Honorars insbesondere in Gerichtsverfahren.
(2) Dem Ausschuß obliegen außerdem alle Aufgaben, die nicht durch Gesetz einem anderen Organ zugewiesen sind.
(3) Eine außerordentliche Plenarversammlung ist einzuberufen, wenn es der Ausschuß beschließt oder wenn es ein Zehntel der Kammermitglieder verlangt.
§31. Die zur Ausübung des im §. 15 gedachten Substitutionsrechtes erforderliche Legitimation wird über Einschreiten des Rechtsanwaltes, bei welchem der Candidat in Verwendung steht, ausgefertigt und verliert ihre Geltung, sobald diese Verwendung aufhört."
2. Die §§5 Abs1 und 2, 11 Abs2 und 14 Abs2 der Geschäftsordnung für die Tiroler Rechtsanwaltskammer und deren Ausschuss (beschlossen in der Vollversammlung am 27.4.2006, genehmigt mit Bescheid der BMJ vom 14.7.2006) lauten:
"II. Die Plenarversammlung
[...]
§5 - Teilnehmerkreis
(1) Die Plenarversammlungen sind nicht öffentlich. Teilnehmen können nur Kammermitglieder und das Personal der Kammerkanzlei.
Der Ausschuss kann beschließen, dass kammerfremde
Personen an der Plenarversammlung teilnehmen, sofern dies aus sachlichen Gründen ratsam erscheint. Das Recht der Beschlussfassung steht ausschließlich den Kammermitgliedern zu.
(2) Die Plenarversammlung kann Beschlüsse oder Verhandlungspunkte über Antrag des Vorsitzenden oder von mindestens 10 Kammermitgliedern ganz oder teilweise als vertraulich erklären, wodurch die Teilnehmer zur Wahrung der Geheimhaltung als Standespflicht gegenüber Nichtkammermitgliedern verhalten sind.
§11 - Protokoll der Plenarversammlung
(2) Das Protokoll ist im Kammeramt spätestens 14 Tage nach der Plenarversammlung zur Einsicht aufzulegen. Einwendungen gegen das Protokoll sind binnen weiterer 14 Tage ab Auflage im Kammeramt schriftlich einzubringen. Über diese Einwendungen entscheidet die nächste Plenarversammlung. Abschriften können gegen Kostenersatz ausgefolgt werden, soweit nicht Vertraulichkeit beschlossen wurde.
§14 - Befangenheit von Ausschussmitgliedern
(2) Von der Abstimmung über Entscheidungen von Rechtsmitteln gegen Bescheide der Abteilungen sind jene Ausschussmitglieder ausgeschlossen, die bei der Beschlussfassung der angefochtenen Entscheidung mitgewirkt haben."
III. Erwägungen
Der Verfassungsgerichtshof hat über die - zulässige - Beschwerde erwogen:
1. Soweit die Verfassungswidrigkeit von §27 RAO sowie die Rechtswidrigkeit der §§5 Abs1 und 2 sowie 11 Abs2 GO behauptet wird, wendet sich die Beschwerde gegen von der Behörde nicht angewendete und auch nicht anzuwendende Rechtsvorschriften (zur ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes zur Präjudizialität von Rechtsvorschriften vgl. VfSlg. 11.401/1987, 11.979/1989, 14.078/1995, 15.634/1999 und 15.673/1999).
2. Der Beschwerdeführer behauptet weiters die Verfassungswidrigkeit von §28 RAO. Inwiefern §28 RAO gegen Art6 EMRK verstoßen soll, ist dem Verfassungsgerichtshof nicht ersichtlich. Da beim Verfassungsgerichtshof aus Anlass dieses Beschwerdeverfahrens keine Bedenken gegen die dem Bescheid zu Grunde liegenden Rechtsvorschriften entstanden sind, ist auszusprechen, dass der Beschwerdeführer nicht durch die Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt wurde.
3. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz kann nach der ständigen Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes (zB VfSlg. 10.413/1985, 14.842/1997, 15.326/1998 und 16.488/2002) nur vorliegen, wenn der angefochtene Bescheid auf einer dem Gleichheitsgebot widersprechenden Rechtsgrundlage beruht, wenn die Behörde der angewendeten Rechtsvorschrift fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt oder wenn sie bei Erlassung des Bescheides Willkür geübt hat.
3.1. Angesichts der verfassungsrechtlichen Unbedenklichkeit der angewendeten Rechtsvorschriften und des Umstandes, dass kein Anhaltspunkt dafür besteht, dass die Behörde diesen Vorschriften fälschlicherweise einen gleichheitswidrigen Inhalt unterstellt hat, könnte der Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz nur verletzt worden sein, wenn die Behörde Willkür geübt hätte.
3.2. Ein willkürliches Verhalten der Behörde, das in die Verfassungssphäre eingreift, liegt unter anderem in einer gehäuften Verkennung der Rechtslage, aber auch im Unterlassen jeglicher Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt oder dem Unterlassen eines ordnungsgemäßen Ermittlungsverfahrens überhaupt, insbesondere in Verbindung mit einem Ignorieren des Parteivorbringens und einem leichtfertigen Abgehen vom Inhalt der Akten oder dem Außer-Acht-Lassen des konkreten Sachverhaltes (zB
VfSlg. 8808/1980 mwN, 14.848/1997, 15.241/1998 mwN, 16.287/2001, 16.640/2002).
3.3. Ein derartiges Verkennen der Rechtslage ist der belangten Behörde vorzuwerfen:
3.3.1. Die belangte Behörde geht davon aus, dass der Beschwerdeführer als ausbildender Rechtsanwalt die für seine ehemalige Rechtsanwaltsanwärterin Frau Mag. T. ausgestellte Legitimationsurkunde dem Kammeramt zurückzugeben hat, weil er die Eintragung der Frau Mag. T. in die Liste der Rechtsanwaltsanwärter und die Ausstellung einer Legitimationsurkunde für Frau Mag. T. beantragt hat. Über die Verpflichtung zur Rückgabe sei der Beschwerdeführer in einem Schreiben der Tiroler Rechtsanwaltskammer auch informiert worden.
3.3.2. Die belangte Behörde verkennt dabei, dass sich im Gesetz keine Grundlage für eine Verpflichtung des Beschwerdeführers als Ausbildungsrechtsanwalt zur Rückgabe der für seine Rechtsanwaltsanwärterin ausgestellten Legitimationsurkunde findet. Die Legitimationsurkunde enthält gemäß §§15 iVm 31 RAO die Berechtigung eines bei einem Rechtsanwalt in Verwendung stehenden Rechtsanwaltsanwärters zur Vertretung des Rechtsanwalts vor Gerichten und Behörden. Gemäß §31 RAO erfolgt die Ausfertigung der Legitimationsurkunde über Einschreiten jenes Rechtsanwalts, bei dem der Rechtsanwaltsanwärter in Verwendung steht. Sofern die belangte Behörde nun davon ausgeht, dass die physische Rückgabe der Legitimationsurkunde durch den Beschwerdeführer gleichsam den contrarius actus zur Beantragung der Ausstellung einer Legitimationsurkunde für Frau Mag. T. durch den Beschwerdeführer bildet, übersieht sie, dass die Legitimationsurkunde dem Beschwerdeführer niemals übergeben, sondern direkt Frau Mag. T. ausgehändigt wurde.
3.3.3. Dadurch, dass die belangte Behörde davon
ausgeht, dass der Beschwerdeführer als ausbildender Rechtsanwalt zur Rückgabe der für seine ehemalige Rechtsanwaltsanwärterin ausgestellten Legitimationsurkunde ausgeht, hat sie die Rechtslage grob verkannt und den Beschwerdeführer im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt.
3.3.4. Der Bescheid war daher, soweit der Vorstellung gegen die Verpflichtung zur Rückgabe der für Frau Mag. T. mit Beschluss des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abteilung I, vom 10. Februar 2011 ausgestellten Legitimationsurkunde keine Folge gegeben wurde, aufzuheben.
4. Die Behandlung der Beschwerde wird, soweit sie
sich gegen die Abweisung der Vorstellung gegen die Aufforderung zur Vorlage eines Verwendungszeugnisses für Frau Mag. T. richtet, abgelehnt:
4.1. Der Verfassungsgerichtshof kann die Behandlung einer Beschwerde in einer nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossenen Angelegenheit ablehnen, wenn sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat oder von der Entscheidung die Klärung einer verfassungsrechtlichen Frage nicht zu erwarten ist (Art144 Abs2 B-VG). Eine solche Klärung ist dann nicht zu erwarten, wenn zur Beantwortung der maßgebenden Fragen spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen nicht erforderlich sind.
4.2. Die behaupteten Rechtsverletzungen wären zum erheblichen Teil nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen sind zur Beantwortung der maßgeblichen Fragen nicht anzustellen. Die Sache ist auch nicht von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ausgeschlossen.
4.3. Demgemäß wurde beschlossen, von einer Behandlung der Beschwerde, soweit sie sich gegen die Abweisung der Vorstellung gegen die Aufforderung zur Vorlage eines Verwendungszeugnisses für Frau Mag. T. richtet, abzusehen und sie insoweit gemäß Art144 Abs3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten (§19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG).
IV. Ergebnis und damit zusammenhängende Ausführungen
1. Der Beschwerdeführer ist durch den angefochtenen Bescheid, soweit der Vorstellung gegen die Verpflichtung zur Rückgabe der für Frau Mag. T. mit Beschluss des Ausschusses der Tiroler Rechtsanwaltskammer, Abteilung I, vom 10. Februar 2011 ausgestellten Legitimationsurkunde keine Folge gegeben wurde, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt worden.
1.1. Der angefochtene Bescheid war daher insoweit aufzuheben.
1.2. Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VfGG. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in der Höhe von € 400,- und eine Eingabengebühr in der Höhe von € 220,-
enthalten.
2. Im Übrigen war die Behandlung der Beschwerde
abzulehnen und gemäß Art144 Abs3 B-VG antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof abzutreten.
3. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z1 iVm §31 letzter Satz VfGG sowie §19 Abs4 erster Satz VfGG ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.