JudikaturVfGH

B1209/12 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Entscheidung

Entscheidung
12. Dezember 2012

Spruch

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgewiesen.

II. Die Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe werden abgewiesen.

Begründung:

1. Mit am 1. Oktober 2012 eingebrachten Anträgen

begehrt der Einschreiter die Bewilligung der Verfahrenshilfe (einschließlich der Beigebung eines Rechtsanwaltes) zur Erhebung von Beschwerden gegen die oben angeführten Bescheide. Diese Bescheide wurden dem Antragsteller seinen eigenen Angaben zufolge jeweils am 13. August 2012 zugestellt. Die Beschwerdefrist des §88a iVm §82 Abs1 VfGG ist somit am 24. September 2012 abgelaufen.

Mit am 1. Oktober 2012 postalisch aufgegebenem Schriftsatz wird nunmehr die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung von Beschwerden begehrt. Begründend wird dabei ausgeführt, dass die Sozialhilfebehörde dem Einschreiter für den Kalendermonat September 2012 keine Sozialhilfe ausbezahlt habe und er die Notstandshilfe für den Überlebensbedarf seiner Kinder habe aufwenden müssen, da diese ebenfalls die zustehende Sozialhilfe nicht erhalten hätten. Deshalb seien ihm ab Mitte September keine Barmittel mehr zur Verfügung gestanden, und habe er erst, nachdem ihm sein ältester Sohn Geld für die Papieranschaffung und Kopienkosten geborgt habe, nach Wegfall des Hindernisses die entsprechenden Verfahrenshilfeanträge einbringen können.

2.1. Gemäß §33 VfGG kann in den Fällen des Art144

B-VG wegen Versäumung einer Frist eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand stattfinden. Da das VfGG in seinem §33 die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht selbst regelt, sind nach §35 dieses Gesetzes die entsprechenden Bestimmungen des §146 Abs1 ZPO sinngemäß anzuwenden: Danach ist einer Partei, soweit das Gesetz nichts anderes bestimmt, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein "unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis" an der rechtzeitigen Vornahme einer befristeten Prozesshandlung verhindert wurde und die dadurch verursachte Versäumung für sie den Rechtsnachteil des Ausschlusses von der vorzunehmenden Prozesshandlung zur Folge hatte. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt. Unter einem "minderen Grad des Versehens" ist nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes leichte Fahrlässigkeit zu verstehen, die dann vorliegt, wenn ein Fehler unterläuft, den gelegentlich auch ein sorgfältiger Mensch begeht (s. etwa VfSlg. 9817/1983, 14.639/1996, 15.913/2000 und 16.325/2001 mwN).

2.2. Im vorliegenden Fall kann von einem minderen

Grad des Versehens nicht gesprochen werden.

Die angefochtenen Bescheide wurden dem Einschreiter nach seinen Angaben am 13. August 2012 zugestellt. An diesem Tag begann die Beschwerdefrist zu laufen, womit der Einschreiter Gelegenheit hatte, alle notwendigen Vorkehrungen für die Einbringung der Verfahrenshilfeanträge zu treffen. Der Einschreiter bringt vor, dass eine rechtzeitige Einbringung seiner Anträge unmöglich wurde, da für ihn unerwartet eine Leistung aus der Sozialhilfe Mitte September nicht ausbezahlt wurde. Es ist jedoch nicht erschließbar, weshalb er nicht früher entsprechend Vorkehrungen getroffen hat, wie er es offensichtlich später auch gemacht hat, zumal dem Einschreiter offenbar der Fristenlauf bekannt war. Im Übrigen hätte der Einschreiter - fristwahrend - Verfahrenshilfeanträge mittels Formblatt unmittelbar beim Verfassungsgerichtshof stellen sowie die angefochtenen Bescheide im Original vorlegen können, ohne dass ihm daraus Kosten entstanden wären. Auf diese Möglichkeit ist der Einschreiter bereits mehrfach hingewiesen worden (vgl. hg. Beschluss vom 14. März 2007, B1687/06 ua.).

2.3. Damit lagen aber die Voraussetzungen für die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vor, weshalb der darauf gerichtete Antrag abzuweisen war.

3. Da die sechswöchige Beschwerdefrist des §88a iVm §82 Abs1 VfGG zum Zeitpunkt der Überreichung der Verfahrenshilfeanträge schon verstrichen war, aber nur ein innerhalb dieser Frist gestellter Antrag auf Bewilligung der Verfahrenshilfe deren Unterbrechung zu bewirken vermag (§464 Abs3 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG), erwiesen sich künftige Beschwerden als verspätet.

Bei dieser Sach- und Rechtslage waren die - nicht auf das Vorliegen sämtlicher Formalerfordernisse hin geprüften - Anträge auf Bewilligung der Verfahrenshilfe wegen offenbarer Aussichtslosigkeit der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§63 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) mit in nichtöffentlicher Sitzung gefasstem Beschluss (§72 Abs1 ZPO iVm §35 Abs1 VfGG) abzuweisen (vgl. zB VfSlg. 14.582/1996; VfGH 17.3.1999, B311/99).

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