JudikaturVfGH

G265/2023 (G265/2023-9) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
05. Dezember 2023

Gesetzwidrigkeit des §10 Wirtschaftliche Eigentümer RegisterG (WiEReG) idF BGBl I 62/2019. Keine Gesetzwidrigkeit des §10a WiEReG BGBl I 62/2018.

Der VfGH hegte im Prüfungsbeschluss das Bedenken, dass §10 und §10a WiEReG betreffend die Möglichkeit der öffentlichen Einsicht in das Wirtschaftliche Eigentümer Register für jedermann bzw betreffend die Einschränkung der Einsicht bei Vorliegen von außergewöhnlichen Umständen gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte auf Datenschutz gemäß §1 DSG und auf Achtung des Privatlebens gemäß Art8 EMRK sowie gegen die verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechte gemäß Art7 und Art8 GRC verstoßen könnten. Der VfGH hat ausgeführt, dass er bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des §10 WiEReG (und des damit in einem Zusammenhang stehenden §10a WiEReG) darauf einzugehen haben werde, ob und inwieweit sich die innerstaatliche Rechtslage von der vom EuGH behandelten Geldwäsche-RL unterscheidet.

In der vom EuGH mit Urteil vom 22.11.2022, C-37/20 und C-601/20, WM ua, für ungültig erkannten Richtlinienbestimmung des Art30 Abs5 Unterabs 1 litc Geldwäsche-RL war vorgesehen, dass alle Mitglieder der Öffentlichkeit Zugang "mindestens" zum Namen, Monat und Jahr der Geburt, zu dem Wohnsitzland und der Staatsangehörigkeit des wirtschaftlichen Eigentümers sowie zu Art und Umfang des wirtschaftlichen Interesses haben müssen. Die im Register zugänglichen Daten waren somit nach dieser Richtlinienbestimmung nicht taxativ festgelegt. §10 WiEReG enthält eine taxative Regelung in Bezug auf jene Daten, die der öffentlichen Einsicht durch jedermann unterliegen. Der Offenlegung unterlagen Daten über den Rechtsträger (Name und Adressmerkmale, Stammzahl und Stammregister, Rechtsform und Information über den Bestandszeitraum des Rechtsträgers) und Daten über direkte bzw indirekte wirtschaftliche Eigentümer (Vor- und Zuname, Geburtsdatum, Staatsbürgerschaft, Wohnsitzland). Aus dem öffentlichen Registerauszug ergaben sich zudem die Art und der Umfang des wirtschaftlichen Interesses eines wirtschaftlichen Eigentümers (Bestehen einer Kapitalbeteiligung, Zugehörigkeit zur obersten Führungsebene bei subsidiären Meldungen, Ausübung einer Funktion bei einem Trust, bei Privatstiftungen, Stiftungen, vergleichbaren juristischen Personen und trustähnlichen Rechtsvereinbarungen sowie Stiftungen und Fonds gemäß Bundes- oder Landesgesetz, Ausüben von Kontrolle). Im Übrigen weichen die Regelungen im Wirtschaftlichen Eigentümer Registergesetz nicht von der vom EuGH für ungültig erklärten Bestimmung der Geldwäsche-RL ab. Nach Auffassung des VfGH stimmen die im Wirtschaftliche Eigentümer Register Gesetz verankerten Regelungen in §10a WiEReG im Wesentlichen mit den Bestimmungen der Geldwäsche-RL überein, welche der EuGH in seinem zitierten Urteil mit zu berücksichtigen hatte.

Da §10 WiEReG mit BGBl I 97/2023 geändert wurde, hat der VfGH festzustellen, dass die Bestimmung verfassungswidrig war. Es reicht aus, die Verfassungswidrigkeit des §10 WiEReG festzustellen. Eine entsprechende Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §10a WiEReG in der Fassung BGBl I 62/2018 ist hingegen zur Beseitigung der Verfassungswidrigkeit nicht vonnöten.

(Anlassfall E3129/2022, E v 06.12.2023, Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).

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