E2618/2023 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Nach Art2 Abs2 4. ZPEMRK steht es jedermann frei, jedes Land (einschließlich seines eigenen) zu verlassen. Eine Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf Ausreisefreiheit gemäß Art2 4. ZPEMRK liegt unter anderem dann vor, wenn das Verwaltungsgericht bei Erlassung der Entscheidung eine verfassungsrechtlich unbedenkliche Rechtsgrundlage in denkunmöglicher Weise anwendet, ein Fall, der nur dann vorliegt, wenn das Verwaltungsgericht einen so schweren Fehler begeht, dass dieser mit Gesetzlosigkeit auf eine Stufe zu stellen ist. Vor dem Hintergrund des Urteils des EGMR 14.06.2022, 38.121/20, L.B., (idS E v 16.06.2023, E3489/2022) hat das BVwG mit der Abweisung der Beschwerde gegen die Abweisung des Antrages auf Ausstellung eines Fremdenpasses in das Recht auf Ausreisefreiheit eingegriffen.
Das BVwG folgert aus der Zurückweisung des Antrages des Beschwerdeführers auf Verlängerung der befristeten Aufenthaltsberechtigung für subsidiär Schutzberechtige gemäß §8 Abs4 AsylG 2005, dass dessen Status als subsidiär Schutzberechtigter mit 19.07.2021 ausgelaufen sei. Mit dieser Annahme verkennt es allerdings, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten - auch nach Ablauf einer befristeten Aufenthaltsberechtigung nach §8 Abs4 AsylG 2005 - bis zu einer allfälligen Aberkennung gemäß §9 AsylG 2005 aufrecht bleibt. Ferner bewirkte auch der Umstand, dass dem Beschwerdeführer eine Aufenthaltskarte für Angehörige eines EWR-Bürgers ausgestellt wurde, keine Änderungen an dessen Status als subsidiär Schutzberechtigter, zumal in §54 Abs1 letzter Satz NAG festgehalten wird, dass §1 Abs2 Z1 NAG in diesen Fällen nicht gilt. Es liegt somit eine vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehene Ausnahme davon vor, dass das NAG grundsätzlich für Fremde, die nach dem AsylG 2005 zum Aufenthalt berechtigt sind oder faktischen Abschiebeschutz genießen, nicht gilt.