E3365/2022 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Das BVwG differenziert in seinen Ausführungen nicht zwischen der Überprüfung des vorangegangenen Schubhaftbescheides nach §22a Abs1 BFA-VG einerseits und dem Ausspruch der Fortsetzung der Anhaltung in Schubhaft nach §22a Abs3 BFA-VG. Der pauschale Verweis des BVwG auf einen unrechtmäßigen Aufenthalt und die Missachtung einer nicht näher begründeten Ausreiseverpflichtung lässt nicht erkennen, welchen - die Fluchtgefahr erst konstituierenden - Tatbestand iSd §76 Abs3 FPG das BVwG als erfüllt erachtet. Das BVwG verkennt, dass es für eine auf Art28 Dublin III-Verordnung gestützte Verhängung bzw Aufrechterhaltung der Schubhaft auf das Vorliegen einer "erheblichen" Fluchtgefahr ankommt. Ausführungen dazu fehlen dementsprechend zur Gänze. Das BVwG begründet die Verhältnismäßigkeit der Anordnung bzw Aufrechterhaltung der Schubhaft mit bloß formelhafter Begründung und lässt zudem wesentliches Parteivorbringen außer Acht; so etwa das in der Beschwerde erstattete Vorbringen, wonach der Beschwerdeführer zwischenzeitig von einer gemäß §66 Abs2 StPO beauftragten Opferschutzeinrichtung als Opfer von Menschenhandel identifiziert worden und ihm von dieser Einrichtung als gelinderes Mittel die Unterbringung in einer Schutzwohnung angeboten worden sei.