G318/2022 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der VfGH hat wiederholt darauf hingewiesen, dass es grundsätzlich im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers liegt, festzulegen, wann eine neue, den Normadressaten begünstigende Bestimmung in Kraft treten soll und für welche Fälle sie zu gelten hat. Dabei bleibt es ihm im Prinzip überlassen, den Stichtag festzulegen, ohne dass es für die Wahl des Stichtages einer Rechtfertigung bedarf. In diesem Sinn weist jede Stichtagsregelung auch ein gewisses Maß an Beliebigkeit auf. Es müsste besondere Gründe geben, warum gerade ein bestimmter Stichtag unsachlich ist. Mit Blick auf den vorliegenden Anlassfall und die vorgebrachten Bedenken (das Ziel der Frauenförderung werde zum Großteil auf Grund der angefochtenen Wortfolge "deren Kind ab diesem Zeitpunkt geboren (oder adoptiert oder in unentgeltliche Pflege genommen) wird" nicht erreicht) ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Festsetzung des Stichtages in §40 Abs29 MSchG idF BGBl I 68/2019 die Grenzen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraumes überschritten hätte.
(vgl B v 12.06.2023, G182/2023, Ablehnung der Behandlung eines Parteiantrags betreffend das Vorbringen, ältere Arbeitnehmerinnen, die früher Kinder bekommen hätten, seien gegenüber jüngeren Arbeitnehmerinnen, die erst ab August 2019 Kinder bekommen hätten, aus Gründen des Alters und des Geschlechts benachteiligt).