JudikaturVfGH

G264/2022 (G264/2022-7) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
06. Dezember 2022

§53 Abs2 Z6 FremdenpolizeiG 2005 - FPG idF BGBl I 87/2012 wird aufgehoben.

Abgesehen von Ziffer 6 stellen die sonstigen Tatbestände des §53 Abs2 FPG jeweils darauf ab, dass aus bestimmten, dem Drittstaatsangehörigen zurechenbaren Verhaltensweisen im Rahmen einer Prognoseentscheidung auf eine entsprechende Gefährdung öffentlicher Ordnungsinteressen zu schließen und daher dieser Gefahr durch ein zeitlich angemessen begrenztes Einreiseverbot zu begegnen ist. Demgegenüber stellt der Tatbestand des §53 Abs2 Z6 FPG darauf ab, dass aus der aktuellen Mittellosigkeit des Drittstaatsangehörigen seine auch künftig nicht gegebene Selbsterhaltungsfähigkeit und damit bei neuerlicher Einreise in das Bundesgebiet eine entsprechende finanzielle Belastung der Gebietskörperschaften folgt. Auch ein aus diesem Grund ausgesprochenes Einreiseverbot kann - auf Antrag des Drittstaatsangehörigen - später nur verkürzt oder aufgehoben werden, wenn der Drittstaatsangehörige zuvor fristgerecht ausgereist ist.

Dem Drittstaatsangehörigen allein auf Grund im Zeitpunkt der Rückkehrentscheidung bestehender Mittellosigkeit auch künftig für einen bestimmten Zeitraum die legale Einreise in das Bundesgebiet zu untersagen, ist schon deswegen unsachlich, weil auf Grund der fremden- und aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen im Fall einer neuerlichen Einreise grundsätzlich sichergestellt ist, dass der Drittstaatsangehörige ohne entsprechende finanzielle Mittel nicht legal in das Bundesgebiet einreisen darf und deswegen an der Einreise gehindert wird.

Es ist daher sachlich nicht gerechtfertigt, dass §53 Abs2 Z6 FPG im Anschluss an eine ohnedies verhängte Rückkehrentscheidung und die damit bereits beendete allfällige finanzielle Belastung der Gebietskörperschaften die Verhängung eines bis zu fünfjährigen Einreiseverbotes anordnet, nur weil der Drittstaatsangehörige im Zeitpunkt der Erlassung der Rückkehrentscheidung den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

(Anlassfall E3763/2021 ua, E v 06.12.2022 sowie die Quasi-Anlassfälle E v 28.02.2023, E2029/2022 ua, E v 28.02.2023, E1106/2022; Aufhebung der angefochtenen Erkenntnisse).

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