G379/2021 (G379/2021-9) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Die Wortfolgen "gemäß §49 Abs4 BDG 1979" sowie "und 2. für Überstunden gemäß §49 Abs5 BDG 1979 25%" in §16 Abs4 (GehaltsG 1956 - GehG) idF BGBl I 96/2007 werden aufgehoben.
Richter in Teilauslastung, die Überstunden durch die tatsächliche Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft während der Nachtstunden leisten, bekommen (bloß) einen Überstundenzuschlag iHv 25%, während Richter in Vollauslastung, die durch die tatsächliche Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft Überstunden während der Nachtstunden leisten, einen gegenüber dem außerhalb der Nachtstunden zustehenden Überstundenzuschlag von 50% erhöhten Überstundenzuschlag iHv 100% erhalten. Der Ausgangspunkt der im Prüfungsbeschluss geäußerten Bedenken ist somit die tatsächliche Inanspruchnahme teilausgelasteter Richter im Rahmen der Rufbereitschaft während der Nachtstunden.
Bei der tatsächlichen Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft während der Nachtstunden handelt es sich um eine besondere Form der Überstundenleistung außerhalb der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit von sowohl voll- als auch teilausgelasteten Richtern während einer ungünstigen Arbeitszeit. Diese Abweichung von der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit bringt der Gesetzgeber auch insofern zum Ausdruck, als er - zumindest für Personen in Vollauslastung - in §16 Abs4 Z1 GehG eine Erhöhung des Überstundenzuschlags von 50% für Überstunden während der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit auf 100% für die Leistung von Überstunden während der Nachtzeit - sohin während der "Ausnahmezeit" - vorsieht. Die mit der Abweichung von der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit einhergehende und vom Gesetzgeber durch die Erhöhung des Überstundenzuschlags auch (implizit) anerkannte Belastung wird nach der bestehenden Rechtslage somit ausschließlich für vollausgelastete Personen abgegolten. Dies steht in einem Wertungswiderspruch dazu, dass für dieselbe Tätigkeit - nämlich die Erbringung von Überstunden außerhalb der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit während der Nachtstunden - für Teilausgelastete keine solche Erhöhung des Überstundenzuschlags eintritt.
Dienstleistungen während der tatsächlichen Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft ist nicht nur immanent, dass sie regelmäßig auch in Abweichung von der gewöhnlich tagsüber zu leistenden Regelarbeitszeit während der Nachtzeiten (22.00 bis 6.00 Uhr) stattfinden, sondern dass sie - wie der vorliegende Fall zeigt und von der Bundesregierung auch nicht bestritten wurde - tatsächlich sowohl von vollausgelasteten als auch von teilausgelasteten Richtern - wenn auch bei diesen nur in engen Grenzen - durchzuführen sind. Dem Einwand, dass die tatsächliche Inanspruchnahme im Rahmen der Rufbereitschaft während der Nachtstunden eine Person in Vollauslastung mehr belastet, kann vor dem Hintergrund des §23 Abs11 iVm §15h Abs1 MutterschutzG 1979 (bzw korrespondierend gemäß §10 Abs13 Väter-KarenzG oder gemäß §50b Abs1 BDG 1979) nicht gefolgt werden, legt diese Bestimmung doch ein eigenes Regelungssystem für diese Personen fest, indem der Gesetzgeber sie zugunsten ihrer privaten Betreuungsverpflichtungen vor außerordentlichen beruflichen Belastungen schützen möchte; dies ergibt sich insbesondere aus §23 Abs10 MutterschutzG 1979 (bzw korrespondierend §10 Abs12 Väter-KarenzG bzw §50c Abs3 BDG 1979), wonach Personen in Teilauslastung über die für sie maßgebende Wochendienstzeit hinaus zur Dienstleistung nur herangezogen werden dürfen, wenn die Dienstleistung zur Vermeidung eines Schadens unverzüglich notwendig ist und ein Bediensteter, dessen Wochendienstzeit nicht herabgesetzt ist, nicht zur Verfügung steht.
(Anlassfall E3024/2021, E v 17.06.2022; Aufhebung des angefochtenen Erkenntnisses).