JudikaturVfGH

V85/2019 (V85/2019-12) – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
24. Februar 2021

Aufhebung des allgemeinen und ergänzenden Bebauungsplans "Palmersbachweg - Langgasse - Kapellenweg, AE/026/05/2000" der Stadtgemeinde Imst vom 30.05.2000, betreffend das - präjudizielle - Grundstück Nr 3434/1, KG Imst. Das LVwG hat den Bebauungsplan im Beschwerdeverfahren betreffend die Erteilung einer Baubewilligung hinsichtlich eben dieses Grundstückes anzuwenden. Die Baubehörde erster Instanz hat auch den in Rede stehenden Bebauungsplan im Bescheid zur Erteilung der Baubewilligung vom 29.09.2018 zur Begründung der Abweisung der Einwendungen der Nachbarn angewandt. Die Nachbarn im verwaltungsbehördlichen Verfahren haben Einwendungen hinsichtlich der Bauhöhe vorgebracht, wozu sich im Bebauungsplan Festlegungen über die Anzahl der Vollgeschosse finden. Die Präjudizialität des Bebauungsplanes ist daher im aufgezeigten Umfang auf Grund der Einwendungen der Nachbarn hinsichtlich der Bauhöhe gegeben. Zurückweisung des Hauptantrags des Landesverwaltungsgerichts Innsbruck (LVwG) auf Aufhebung des gesamten Bebauungsplans: Wie sich aus der Darstellung des Verfahrensgangs in der Begründung des Antrages und aus den mit dem Antrag vorgelegten Verwaltungsakten ersehen lässt, betrifft das anhängige Verfahren nur das Baugrundstück Nr 3434/1, KG Imst, und daher ist der Bebauungsplan in seiner Gesamtheit nicht präjudiziell.

Im angefochtenen Bebauungsplan wurden die Baudichten gemäß §61 Abs1 TROG 1997 mit Geschossflächendichten (Mindest- und Höchstgrenzen) festgelegt. Die Bauhöhen wurden gemäß §62 Abs1 und 2 TROG 1997 mit der Anzahl der Vollgeschosse und der talseitigen Wandhöhe (jeweils Höchstgrenzen) festgelegt. Der Bebauungsplan enthält im Planungsbereich weiters eine Baufluchtlinie, eine Straßenfluchtlinie und die Festlegung der höchsten Bauplatzgröße sowie der offenen Bauweise und erfüllte damit die Mindesterfordernisse nach §56 Abs1 und 2 TROG 1997.

Mit der Übergangsbestimmung des §112 Abs3 TROG 2006 traten die Festlegungen über Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschosse in Bebauungsplänen, die am 30.09.2001 bestanden haben oder die bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen worden sind, spätestens am 31.12.2013 außer Kraft. Zudem wurden gemäß §112 Abs7 TROG 2006 die allgemeinen und ergänzenden Bebauungspläne überführt, die am 30.06.2011 bestanden haben.

Im gegenständlichen Fall hat der Gesetzgeber nicht nur die allgemeinen und ergänzenden Bebauungspläne überführt, sondern auch die Festlegungen über die Geschossflächendichten und hinsichtlich der Anzahl der Vollgeschosse außer Kraft treten lassen. Die Invalidation wurde also vom Gesetzgeber nicht verhindert, sondern - nach Ablauf einer Übergangszeit - angeordnet.

Der hier maßgebliche Bebauungsplan wies nach dem Außerkrafttreten der erwähnten Festlegungen nicht mehr die erforderlichen Festlegungen gemäß §56 TROG 1997 über die Bauhöhen und über die Mindestbaudichten auf. Der Gesetzgeber hat der verordnungserlassenden Behörde mit §112 Abs3 TROG 2006 eine Frist eingeräumt, damit der Bebauungsplan um die notwendigen Festlegungen ergänzt werden kann, um eine Gesetzwidrigkeit des Bebauungsplanes zu verhindern. Der gegenständliche Bebauungsplan hatte demnach nach Ablauf der Frist des §112 Abs3 TROG 2006 die Mindesterfordernisse nach §56 Abs1 TROG 2006 zu erfüllen (E v 27.11.2020, V10/2019).

Nach dieser Vorschrift sind aber "im Bebauungsplan hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien, die Bauweisen, die Mindestbaudichten und die Bauhöhen festzulegen."

An dieser Rechtslage hat sich durch das Inkrafttreten des TROG 2016 nichts geändert: Im Bebauungsplan sind gemäß §56 Abs1 TROG 2016 hinsichtlich der verkehrsmäßigen Erschließung die Straßenfluchtlinien und hinsichtlich der Bebauung die Baufluchtlinien, die Bauweisen, die Mindestbaudichten und die Bauhöhen von Gebäuden festzulegen. Da somit der angefochtene Bebauungsplan keine nach §56 Abs1 TROG 2016 gesetzlich vorgeschriebenen Festlegungen über die Bauhöhe von Gebäuden und Mindestbaudichten enthält, weil die darin enthaltenen Festlegungen über die Geschossflächendichten und über die Anzahl der Vollgeschoße entsprechend der Übergangsbestimmung des §112 Abs3 TROG 2006 am 31.12.2013 außer Kraft traten, ist er gesetzwidrig.

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