JudikaturVfGH

E3796/2018 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
11. Juni 2019

Das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) hat sich in nicht ausreichendem Ausmaß mit der individuellen Situation des Beschwerdeführers im Falle der Rückkehr nach Afghanistan auseinandergesetzt und hat die für diese Auseinandersetzung maßgeblichen Ermittlungsschritte unterlassen. Insbesondere fehlt neben einer Würdigung der Suizidgefahr (Auseinandersetzung mit der Schwere der Erkrankung) auch eine konkrete Auseinandersetzung mit dem Zugang des Beschwerdeführers zu medizinischer Versorgung, psychotherapeutischer Behandlung und Medikamenten im Heimatstaat (s EGMR 13.12.2016 [GK], Fall Paposhvili, Appl 41738/10, Z189 f). Weiters verkennt das BVwG, dass afghanische Männer nach den Ausführungen im Länderinformationsblatt zwar sehr wahrscheinlich eine Familie in Afghanistan haben, zu der sie zurückkehren können, jedoch möglicherweise jene Fälle eine Ausnahme darstellen, deren familiäre Netze in den Nachbarstaaten Iran oder Pakistan liegen. Da das BVwG fälschlicherweise davon ausgeht, dass der Beschwerdeführer über ein familiäres Netzwerk in Afghanistan verfügt, setzt es sich mit der individuellen Situation des auf Grund seines Gesundheitszustandes vulnerablen Beschwerdeführers im Fall der Rückkehr nach Afghanistan unzureichend auseinander. Die Arbeitsfähigkeit und Arbeitswilligkeit des Beschwerdeführers entbindet das BVwG nicht davon, eine Prüfung des Einzelfalles anhand der Kriterien aus der jüngeren Rsp des EGMR durchzuführen und dementsprechende Erhebungen anzustellen.

Im Übrigen: Ablehnung der Beschwerdebehandlung hinsichtlich der Abweisung des Status des Asylberechtigten.

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