JudikaturVfGH

G404/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
25. November 2015

Abweisung des Antrags des Verwaltungsgerichtes Wien auf Aufhebung der Wortfolge "Baupolizeiliche Aufträge," in §26 Z1 litb des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien (VGWG), LGBl 83/2012.

Auch wenn §26 Z1 litb VGWG nicht an konkrete Bestimmungen der Bauordnung für Wien (BO für Wien) anknüpft, sind mit der Wortfolge "Baupolizeiliche Aufträge," zweifellos insbesondere die Aufträge gemäß §129 Abs4 und Abs10 BO für Wien gemeint. §129 Abs4 leg cit eröffnet dabei die Möglichkeit der Vorschreibung baupolizeilicher Aufträge zur Behebung von Baugebrechen, Abs10 dieser Bestimmung sieht die Erteilung baupolizeilicher Aufträge zur Behebung von Abweichungen von den Bauvorschriften einschließlich der Bebauungsvorschriften vor. Auch Abbruchaufträge sind im Rahmen dieser Vorschriften möglich. Obgleich diesen Verfahren verschiedene Fallkonstellationen zugrunde liegen können, laufen sie in einer regelmäßig vorgegebenen und vergleichbaren Weise ab; es liegt ihnen ein insgesamt sachlich eng begrenztes Rechtsgebiet zugrunde, in welchem sich weitestgehend vorhersehbare und in ihrem Umfang überschaubare Sach- und Rechtsfragen stellen (vgl VfGH 28.09.2015, G256/2015 ua). Dass die Erteilung baupolizeilicher Aufträge grundsätzlich in den Schutzbereich von Grundrechten eingreifen kann, begründet entgegen der Ansicht des antragstellenden Gerichtes für sich keine Komplexität des Verfahrens, die die wesensmäßige Eignung zur Übertragung dieser Agenden an Rechtspfleger in Zweifel zieht. Auch die ausnahmsweise aufwändige Verfahrensführung in diesen Angelegenheiten vermag an dieser Einschätzung nichts zu ändern, da sie nicht das Wesen der Angelegenheit berührt.

Dass ausnahmsweise in einzelnen Verfahren komplexere Rechtsfragen - die insbesondere in Beschwerdeverfahren zu lösen sind - bzw Abweichungen von den grundsätzlich standardisierten Verfahren auftreten können, ändert nichts daran, dass die Angelegenheiten ihrem Wesen nach geeignet sind, auf Rechtspfleger übertragen zu werden (vgl VfSlg 19825/2013, VfGH 03.03.3015, G181/2014 ua, VfGH 28.09.2015, G256/2015 ua).

Anders als in Verwaltungsstrafverfahren stellen sich in den hier maßgeblichen Verfahren vorrangig Rechtsfragen, deren Sachverhaltsgrundlagen in der Regel auf Grund der Aktenlage beurteilt werden können, weshalb die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auch nicht immer zwingend geboten.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor einem Gericht iSd Art6 EMRK ist nach Erhebung der Vorstellung gemäß §54 VwGVG gewährleistet.

Kein Verstoß der bekämpften Bestimmung gegen Art135 Abs1 iVm Art135a Abs1 B-VG.

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