JudikaturVfGH

G403/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
25. November 2015

Aufhebung der Wortfolge "Entziehung der Gewerbeberechtigung," in §26 Z2 litc des Gesetzes über das Verwaltungsgericht Wien - VGWG, LGBl 83/2012.

Obgleich §26 Z2 litc VGWG nicht an konkrete Bestimmungen der Gewerbeordnung anknüpft, bezieht sich der Terminus "Entziehung der Gewerbeberechtigung," insbesondere auf die Entziehungsfälle der §§87, 88 und 91 Abs2 GewO 1994. Durch die bekämpfte Bestimmung werden pauschal alle Beschwerdeverfahren über die Entziehung der Gewerbeberechtigung Rechtspflegern übertragen, obgleich die Gründe für die Entziehung in unterschiedlicher Weise gestaltet sind; zum einen wird lediglich an feststehende Tatsachen angeknüpft, zum anderen sind insbesondere im Rahmen von Verfahren gemäß §87 Abs1 Z1, Z3 und Z4 leg cit Wertungen, Gewichtungen und Prognosen im Hinblick auf das Verhalten des Betroffenen vorzunehmen: So knüpft §87 Abs1 Z1 leg cit neben dem Bestehen eines Ausschlussgrundes nach §13 Abs1 oder Abs2 leg cit an eine Prognose an, bei der auf die Eigenart der strafbaren Handlung und die Persönlichkeit des Verurteilten Bedacht zu nehmen und zu prüfen ist, ob die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist. §87 Abs1 Z3 leg cit knüpft daran an, dass infolge schwerwiegender Verstöße gegen die im Zusammenhang mit dem betreffenden Gewerbe zu beachtenden Rechtsvorschriften oder Schutzinteressen die für die Ausübung dieses Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit beim Gewerbeinhaber nicht mehr gegeben ist. Somit werden jedoch auch Verfahren umfasst, in denen regelmäßig auch Prognose- und Wertungsentscheidungen zu treffen sind und sich insbesondere auch im Rahmen einer allenfalls durchzuführenden mündlichen Verhandlung entsprechende Fragen der Beweiswürdigung stellen (vgl VfGH 03.03.2015, G181/2014 ua).

Da die bekämpfte Bestimmung sohin auch die Besorgung von Arten von Geschäften an Rechtspfleger überträgt, die sich ihrem Wesen nach hiefür nicht eignen, verstößt sie gegen Art135 Abs1 iVm Art135a Abs1 B-VG.

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