WI3/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Stattgabe der Wahlanfechtung und Aufhebung des Verfahrens zum zweiten Wahlgang für die Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Bludenz am 29.03.2015.
Zulässigkeit der Wahlanfechtung.
Im vorliegenden Fall strebt die anfechtungswerbende Partei in ihrer Anfechtungsschrift nicht die Nachprüfung ziffernmäßiger Ermittlungen einer Wahlbehörde an (insoweit Möglichkeit eines Einspruches gem §50 Vlbg GWG, der gem §58 Vlbg GWG für die Stichwahl sinngemäß anzuwenden ist); sie rügt vielmehr sonstige Rechtswidrigkeiten des Wahlverfahrens, wofür die unmittelbare Anfechtung nach Art141 Abs1 litb B-VG eröffnet wird.
Maßgebender Zeitpunkt für den Beginn des Laufes der Anfechtungsfrist ist die Beendigung des Wahlverfahrens, das ist bei der Wahl des Bürgermeisters nach dem Vlbg GWG für den Fall eines zweiten Wahlganges gemäß dem 8. Abschnitt des Vlbg GWG die der jeweiligen Gemeindewahlbehörde obliegende Veröffentlichung des Namens des Wahlwerbers, der zum Bürgermeister gewählt wurde, durch Anschlag an der Amtstafel. Aus dem vorgelegten Wahlakt ergibt sich, dass die Gemeindewahlbehörde den Namen des Wahlwerbers, der im zweiten Wahlgang zum Bürgermeister gewählt wurde, am 30.03.2015 durch Anschlag an der Amtstafel veröffentlicht hat. Die am 24.04.2015 beim VfGH eingebrachte Anfechtung erweist sich sohin als rechtzeitig (ebenso WI4/2015 vom selben Tag).
Die Beantragung einer Wahlkarte muss zwingend durch den jeweiligen Wahlberechtigten selbst erfolgen (vgl §5 Abs4 Vlbg GWG), bei der Ausfolgung der Wahlkarte und der Rückübermittlung an die Gemeindewahlbehörde kann sich der Antragsteller eines Bevollmächtigten bzw Boten bedienen. Diese strengere Regelung bei der Beantragung der Wahlkarte dient jedenfalls dazu, die Möglichkeit von Manipulationen und Missbräuchen im Wahlverfahren auszuschließen; die vorgenommene Differenzierung begegnet somit keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (ebenso WI4/2015).
Die Beantragung einer Wahlkarte durch vom jeweiligen Wähler verschiedene Personen stand unabhängig davon, ob bei der Antragstellung eine - allenfalls mündlich - erteilte diesbezügliche Vollmacht vorlag und nachgewiesen wurde oder nicht, nicht mit den maßgeblichen Bestimmungen des Vlbg GWG im Einklang (vgl §5 Abs4 Vlbg GWG). Inwieweit sich die handelnden Personen untereinander kannten, spielt für die Beurteilung dieser Frage keine Rolle, kann dies doch nichts an dem Umstand ändern, dass nach dem Vlbg GWG die Beantragung einer Wahlkarte zwingend vom jeweiligen Wahlberechtigten selbst vorgenommen werden muss und jegliche Form der Vertretung ausscheidet. Die Beantragung der Wahlkarten durch dritte Personen, etwa durch "Funktionäre" bzw "Wahlwerber" der Wählergruppe "Bürgermeister Mandi Katzenmayer - Bludenzer Volkspartei" und durch eine Bedienstete des LKH B, erfolgte somit rechtswidrig. Die Ausstellung von Wahlkarten auf Grund dieser rechtswidrigen Anträge war unzulässig.
Möglicher Einfluss der festgestellten Rechtswidrigkeiten auf das Wahlergebnis; Manipulationen und Missbräuche nicht ausgeschlossen.
Im vorliegenden Fall wurden in zumindest 89 Fällen Anträge auf Ausstellung einer Wahlkarte von Dritten gestellt und daher eine 27 Stimmen übersteigende Anzahl an Wahlkarten (der Niederschrift über die Feststellung des Gemeindewahlergebnisses zufolge lagen beim zweiten Wahlgang für die Wahl des Bürgermeisters der Gemeinde Bludenz 27 Stimmen zwischen Josef Katzenmayer und Mario Leiter) ohne entsprechenden Antrag der Wahlberechtigten ausgegeben. Da eine Antragstellung durch dritte Personen - unabhängig davon, ob diese dazu bevollmächtigt wurden oder nicht - unzulässig ist, hätten in diesen Fällen mangels Vorliegens der Voraussetzungen des §5 Abs4 Vlbg GWG keine Wahlkarten ausgestellt werden dürfen. Somit besteht kein Zweifel daran, dass die festgestellten Rechtswidrigkeiten von Einfluss auf das Wahlergebnis sein konnten.
Eine §53 Vlbg GWG entsprechende Gestaltung des Stimmzettels führt zwangsläufig zu einer zweifachen Anführung der Bezeichnung "Bürgermeister" im Zusammenhang mit dem Wahlwerber Josef Katzenmayer. Die gemäß §53 Vlbg GWG anzugebenden Informationen zu den Wahlwerbern, insbesondere der Name, Beruf und die Bezeichnung der Partei, sind bei beiden Wahlwerbern in derselben Schriftart und -größe abgedruckt; Bedenken gegen eine solche Gestaltung der amtlichen Stimmzettel bestehen nicht.