E1600/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Der damals minderjährige Beschwerdeführer wurde am 15.06.2011 um 11.05 Uhr am Flughafen Schwechat "gemäß den Bestimmungen der Strafprozessordnung" festgenommen und in der Folge von Organen der Landeskriminalamtes Niederösterreich wegen des Verdachts der Begehung eines Urkundendelikts bei der versuchten Ausreise aus dem Bundesgebiet vernommen. Nachdem am 16.06.2011 um 3.00 Uhr die Haftgründe nach der StPO weggefallen waren, wurde der Beschwerdeführer - offenbar nachdem er einen Antrag auf internationalen Schutz gestellte hatte - gemäß §47 Abs1 Z1 AsylG 2005 (aufgehoben mit BGBl I 87/2012) festgenommen. Wenige Stunden später, nämlich von 6.18 Uhr bis 7.00 Uhr wurde er nach §19 Abs1 AsylG 2005 von Organen des Stadtpolizeikommandos Schwechat befragt.
Diese Umstände lassen darauf schließen, dass sich der damals minderjährige Beschwerdeführer schon auf Grund der Art der Ereignisse am 15./16. Juni 2011 (insbesondere seiner Festnahme) und ihrer zeitlich engen Abfolge, die in der "Erstbefragung" des Beschwerdeführers in den frühen Morgenstunden des 16.06.2011 gipfelten, allenfalls in einer Art Ausnahmezustand befand. Das Bundesverwaltungsgericht konnte daher zulässigerweise die von ihm angenommene Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers jedenfalls nicht ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung auf einen "krassen Aussagewiderspruch" stützen, den das Bundesverwaltungsgericht auf Grund einer bloß auf dem Aktenstudium beruhenden Beweiswürdigung angenommen hatte.