G282/2015 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Abweisung des - insoweit zulässigen - (Haupt-)Antrags auf Aufhebung der Wortfolgen "längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014" und "(Übergangszeit)" in §60 Abs25 Z2 erster Satz sowie des §60 Abs25 Z2 zweiter Satz GlücksspielG - GSpG idF BGBl I 73/2010.
Unmittelbare Betroffenheit der Antragstellerin in ihrer Rechtssphäre; kein zumutbarer anderer Weg über ein verwaltungsbehördliches oder gerichtliches Verfahren.
Das im Verfahren zu G205/2014 ua ergangene E v 12.03.2015 steht der Zulässigkeit der Anfechtung der Wortfolge "längstens bis zum Ablauf des 31. Dezember 2014" in §60 Abs25 Z2 erster Satz GSpG im vorliegenden Verfahren nicht entgegen, weil die Antragstellerin über die in jenem Verfahren behandelten Bedenken hinaus nunmehr zusätzliche Bedenken an den VfGH heranträgt, welche der VfGH bisher noch nicht im Rahmen eines Gesetzesprüfungsverfahrens behandelt hat.
Die beantragte Aufhebung des Klammerausdrucks "(Übergangszeit)" in §60 Abs25 Z2 erster Satz GSpG ist zulässig, weil dieser Klammerausdruck in einem Zusammenhang mit den anderen angefochtenen Wortfolgen in §60 Abs25 Z2 erster Satz GSpG steht.
§60 Abs25 Z2 zweiter Satz GSpG steht in einem untrennbaren Zusammenhang mit der angefochtenen Wortfolge in §60 Abs25 Z2 erster Satz GSpG. Der Antrag auf Aufhebung (auch) des §60 Abs25 Z2 zweiter Satz GSpG ist daher geboten.
Zurückweisung des Antrags auf Aufhebung der Wortfolge "nach diesem Bundesgesetz" in §2 Abs4 GSpG idF BGBl I 54/2010.
Würden die vom Hauptantrag umfassten Teile des §60 Abs25 Z2 GSpG aufgehoben, ergäbe sich aus dem verbleibenden Teil dieser Bestimmung ein Erlaubnissatz. Der verbleibende Teil der Regelung wäre als lex specialis gegenüber §2 Abs4 GSpG anzusehen.
§2 Abs4 GSpG hätte - bei Aufhebung der angefochtenen Teile des §60 Abs25 Z2 GSpG - keine unmittelbare Auswirkung auf die Rechtsposition der Antragstellerin, weswegen die Anfechtung der genannten Wortfolge durch die Antragstellerin unzulässig ist.
Da durch die Aufhebung der mit dem Hauptantrag zulässigerweise angefochtenen Bestimmungen die von der Beschwerdeführerin behauptete Verfassungswidrigkeit beseitigt würde, erübrigt sich ein weiteres Eingehen auf die Eventualanträge.
Keine Verletzung des Rechtsstaatsprinzips, des Bestimmtheitsgebots gemäß Art18 B-VG und des Art7 EMRK.
Mit der GSpG-Novelle 2010 hat der Bundesgesetzgeber in §60 Abs25 Z2 GSpG den weiteren Betrieb jener Glücksspielautomaten geregelt, die auf Grund landesgesetzlicher Bestimmungen iSd §4 Abs2 GSpG idF vor der GSpG-Novelle 2010 bewilligt worden waren. Der Bundesgesetzgeber hat dabei eindeutig bezeichnet, auf welche Glücksspielautomaten sich §60 Abs25 Z2 GSpG bezieht und welches weitere Schicksal diesen Glücksspielautomaten zuteil wird. So lässt §60 Abs25 Z2 GSpG unzweifelhaft erkennen, dass eine landesrechtliche Bewilligung für den Betrieb von Glücksspielautomaten bis zum Ablauf der in dieser Bestimmung genannten Fristen weiter ausgeübt werden darf und es sich daher nach Ablauf dieser Fristen um verbotene Ausspielungen iSd §2 Abs4 GSpG handelt. Das Bedenken der Antragstellerin, wonach die angefochtenen Bestimmungen nicht klar erkennen ließen, ob die in §60 Abs25 Z2 GSpG genannten Ausspielungen mit Glücksspielautomaten erlaubt oder verboten seien, trifft somit nicht zu.
§60 Abs25 Z2 GSpG sieht zwei unterschiedliche Fristen für den Betrieb von landesrechtlich bewilligten Glücksspielautomaten vor und stellt zur Anwendung der jeweiligen Fristen darauf ab, ob "in einem Bundesland die nach §5 Abs1 höchstzulässige Anzahl an Glücksspielautomaten zum 31.12.2009 um mehr als das Doppelte überschritten worden ist". Der VfGH geht zunächst davon aus, dass §60 Abs25 Z2 GSpG dabei nur auf bewilligte und nicht auf bewilligungslos betriebene Glücksspielautomaten abstellt, weil nur landesrechtlich bewilligte Glücksspielautomaten auf der Grundlage des §60 Abs25 Z2 GSpG weiter betrieben werden dürfen; für bislang verbotene Ausspielungen wird durch diese Bestimmung keine gesetzliche Grundlage geschaffen.
Der Gesetzgeber verstößt auch im Bereich von Strafnormen nicht gegen das Bestimmtheitsgebot des Art18 B-VG, wenn er an das allgemeine Erfahrungswissen von Personen knüpft, die einer Materie besonders nahe stehen und in einem bestimmten Sachgebiet somit Fachleute sind. Die angefochtenen Bestimmungen richten sich an die Betreiber von Glücksspielautomaten, für die eine befristete Bewilligung erteilt worden war, von denen angenommen werden kann, dass sie - nicht zuletzt auf Grund der Einbindung von Interessenvertretungen im Verfahren zur Erlassung der GSpG-Novelle 2010 - wissen, dass für das Betreiben von Münzgewinnspielapparaten für einen Standort in Wien der erste (und nicht der zweite) Satz des §60 Abs25 Z2 GSpG gilt.
Keine Verletzung des Gleichheitssatzes im Hinblick auf den Betrieb von Video-Lotterie-Terminals (VLT).
Der Betrieb eines auf einer landesrechtlichen Bewilligung iSd §4 Abs2 GSpG idF vor der GSpG-Novelle 2010 beruhenden Glücksspielautomaten und der Betrieb eines VLT iSd §12a Abs2 iVm §14 GSpG sind auf Grund der unterschiedlichen für sie geltenden rechtlichen Voraussetzungen nicht miteinander vergleichbar, weshalb deren unterschiedliche Behandlung durch den Bundesgesetzgeber nicht den Gleichheitssatz verletzt.
Da die Antragstellerin im Hinblick auf die behauptete Verletzung des Vertrauensschutzes dieselben Bedenken gegen §60 Abs25 Z2 GSpG vorbringt, die der VfGH bereits im E v 12.03.2015, G205/2014 ua, behandelte (und die Bestimmung nicht als verfassungswidrig aufhob), liegt entschiedene Rechtssache vor.
Keine Verletzung des Rechts auf Freiheit der Erwerbsbetätigung gemäß Art6 StGG und des Rechts auf Unversehrtheit des Eigentums gemäß Art5 StGG und Art1 1. ZPEMRK.
Soweit die Antragstellerin behauptet, dem Eingriff in verfassungsgesetzlich gewährleistete Rechte durch die angefochtenen Bestimmungen liege kein öffentliches Interesse zugrunde, liegt entschiedene Sache vor.
Der Eingriff in das Recht auf Freiheit der Erwerbsbetätigung und das Recht auf Unversehrtheit des Eigentums ist schließlich nicht deshalb unverhältnismäßig, weil der Bundesgesetzgeber die von ihm verfolgten - im öffentlichen Interesse liegenden - Ziele gegebenenfalls auch mit anderen Mitteln, etwa der Vorschreibung gesetzlicher Auflagen, erreichen hätte können. Mit der GSpG-Novelle 2010 hat der Bundesgesetzgeber den Weg eingeschlagen, den Betrieb landesrechtlich bewilligter Glücksspielautomaten iSd §4 Abs2 GSpG idF vor der GSpG-Novelle 2010 unter Einhaltung einer angemessenen Übergangsfrist von etwa viereinhalb (§60 Abs25 Z2 erster Satz GSpG) bzw fünfeinhalb (§60 Abs25 Z2 zweiter Satz GSpG) Jahren ab Inkrafttreten der Novelle zeitlich zu beschränken. Es liegt im rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, dass er den Betrieb dieser Glücksspielautomaten nach Ablauf dieser Übergangsfristen gänzlich untersagt, statt den Betrieb unter bestimmten Bedingungen weiter zu ermöglichen.