JudikaturVfGH

E1003/2014 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
18. September 2015

Die Beschwerdeführerin hat vor dem Bundesasylamt sowie in ihrer noch an den Asylgerichtshof gerichteten Beschwerde als Fluchtgrund vorgebracht, dass sie in ihrem Herkunftsland Dagestan nach einer bereits erfolgten Zwangsverheiratung und nachfolgender Ehescheidung ein weiteres Mal von ihrem Bruder zwangsverheiratet werden sollte. Sie hat damit der Sache nach einen drohenden Eingriff in ihr Recht auf sexuelle Selbstbestimmung behauptet.

Der VfGH hat in seiner Entscheidung VfSlg 19739/2013 - vor dem Hintergrund eines Falles, in dem der Asylwerber als Fluchtgrund drohenden sexuellen Missbrauch geltend gemacht hatte - ausgesprochen, dass nach der Absicht des Gesetzgebers die Einvernahme bzw gemäß §20 Abs2 AsylG 2005 auch die Verhandlungsführung vor dem AsylGH schon dann durch Personen desselben Geschlechts durchzuführen ist, wenn die Flucht aus dem Heimatstaat nicht mit bereits stattgefundenen, sondern mit Furcht vor sexuellen Übergriffen begründet wurde. In seinem Erkenntnis vom 12.06.2015, U1099/2013 ua, hat der VfGH dies auf Fälle eines Eingriffs in die sexuelle Selbstbestimmung durch drohende Zwangsverheiratung übertragen.

Der vorliegende Fall ist in diesem Punkt gleich gelagert. §20 Abs2 AsylG 2005 war daher anzuwenden (vgl zB VfSlg 19671/2012). Demgegenüber wurde die vorliegende Rechtssache vom Bundesverwaltungsgericht durch einen Richter männlichen Geschlechts sowohl verhandelt als auch entschieden.

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