G167/2014, V83/2014 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Abweisung des - zulässigen - Individualantrags eines Jagdhundeführers auf Aufhebung der Wortfolge "und Ausbildung" in §3 Abs4 Z1 TierschutzG - TSchG, BGBl I 118/2004 idF BGBl I 35/2008.
Das Verbot der Tierquälerei gem §5 TSchG, einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen (insbesondere durch Verwendung von Stachelhalsbändern, Korallenhalsbändern oder elektrisierenden oder chemischen Dressurgeräten, Hetzen eines Tieres auf ein anderes Tier oder Abrichten an einem anderen Tier auf Schärfe) trifft den Antragsteller - folgte man seinen Behauptungen, dass die Ausbildung eines Jagdhundes nur unter Verstoß gegen die Bestimmungen des TSchG erfolgen könne, - unmittelbar und aktuell in seiner Rechtssphäre.
Kein zumutbarer Umweg; verwaltungsbehördliches Strafverfahren nicht zumutbar. Möglichkeit der Beseitigung der behaupteten Verfassungswidrigkeiten durch die Aufhebung der angefochtenen Wortfolge.
Der Begriff "Tierschutz" war vor dem 01.01.2005 in der Bundesverfassung nicht näher umschrieben. Verfassungsrechtliche Begriffe, die in der Verfassung selbst nicht näher umschrieben sind, sind in dem Sinn zu verstehen, der ihnen nach dem Stand und der Systematik der Rechtsordnung zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens der die entsprechenden Begriffe enthaltenden Verfassungsnormen zugekommen ist (sog "Versteinerungstheorie", vgl zB VfSlg 14266/1995 mwH).
Gemäß §3 Abs4 Z1 TSchG in seiner am 01.01.2005 in Kraft getretenen Stammfassung BGBl I 118/2004 gilt "die Haltung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd oder der Fischerei eingesetzt werden" nicht als eine - gemäß Art15 B-VG dem Landesgesetzgeber zur Regelung vorbehaltene - Ausübung der Jagd oder Fischerei. Vor diesem Hintergrund steht außer Zweifel, dass es dem Bundesgesetzgeber zusteht, Regelungen betreffend die Haltung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd (oder der Fischerei) eingesetzt werden, auf Basis des Kompetenztatbestandes "Tierschutz" zu erlassen.
Mit BGBl I 35/2008 wurde der Wortlaut des §3 Abs4 Z1 TSchG dahingehend geändert, dass "die Haltung und Ausbildung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd oder der Fischerei eingesetzt werden," nicht unter den Kompetenztatbestand der Jagd bzw der Fischerei fallen solle.
Das TSchG selbst enthält bereits seit der Stammfassung unter Inanspruchnahme der Kompetenzgrundlage des Art11 Abs1 Z8 B-VG Regelungen über die Ausbildung von Tieren, die zu Jagdzwecken gehalten werden (vgl §16 TSchG betr Greifvögel).
Die Erläuterungen zur Stammfassung haben auch festgehalten, dass im Jagdrecht der Länder enthaltene Bestimmungen "hinsichtlich des Erfordernisses des Nachweises von Kenntnissen betreffend die Jagdhundehaltung und Jagdhundeführung im Rahmen der Jagdprüfung (...) unberührt (bleiben)".
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Kompetenztatbestand des Art11 Abs1 Z8 B-VG Angelegenheiten der Haltung und Ausbildung von Tieren, die zur Unterstützung der Jagd eingesetzt werden, sohin auch von Jagdhunden, umfasst und diesbezügliche Regelungen in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes fallen. Der Bundesgesetzgeber verstößt auch nicht gegen das Berücksichtigungsprinzip, wenn er die zulässigen Maßnahmen der Ausbildung von Jagdhunden beschränkt und tierquälerisches Verhalten im Rahmen der Ausbildung verwaltungsstrafrechtlich ahndet. Den Ländern steht nach Art15 B-VG offen, nähere Regelungen über die Anforderungen an die von einem Jagdhund zu erwerbenden Kenntnisse zu erlassen.
Keine Verletzung des Eigentumsrechts, der Erwerbsausübungsfreiheit und des Gleichheitsrechts.
Die Regelungen über das Verbot der Tierquälerei im Rahmen der Ausbildung von Jagdhunden hindern den Antragsteller nicht, einen Jagdhund zu besitzen und ihn auszubilden, sondern beschränken ihn durch das Verbot der Tierquälerei lediglich in den zulässigen Methoden seiner Ausbildung. Wie oben bereits dargestellt, dienen die in den Z3a, 4, 9 und 10 des §5 Abs2 TSchG festgelegten Verbotstatbestände dem öffentlichen Interesse des Tierschutzes und sind zur Sicherung dieses Interesses erforderlich und verhältnismäßig. Es fällt nämlich in den rechtspolitischen Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers, eine Wertung darüber zu treffen, welche Verhaltensweisen als Formen der Tierquälerei verpönt sind, und konkretisierende Regelungen hiezu vorzusehen (VfSlg 18150/2007).
Dem Tierschutzgesetzgeber kann nicht entgegengetreten werden, wenn er eine einzige Ausnahme vom umfassenden Verbot der Tierquälerei (die Verwendung von näher umschriebenen Korallenhalsbändern) nur für die Ausbildung von Diensthunden der Sicherheitsexekutive für die Zwecke der Aufrechterhaltung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit bzw die Ausbildung von Diensthunden des Bundesheeres für die Zwecke der umfassenden Landesverteidigung und anderer Aufgaben des Bundesheeres vorsieht.
Zurückweisung der Anträge auf Aufhebung der Diensthunde-AusbildungsV, BGBl II 494/2004, sowie der Verordnung über die tierschutzkonforme Ausbildung von Hunden, BGBl II 56/2012, mangels (konkreter) Darlegung eines unmittelbaren Eingriffs in die Rechtssphäre des Antragstellers.