JudikaturVfGH

U1446/2012 ua – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
29. Juni 2013

Der AsylGH geht in der angefochtenen Entscheidung davon aus, dass Ungarn, wo die Beschwerdeführer zuerst Asylanträge gestellt hatten, zur Prüfung der Asylanträge zuständig sei. Dieses Auslegungsergebnis ist (nunmehr) im Lichte des Urteils des EUGH vom 06.06.2013, Rs C-648/11, nicht mit der Dublin-II-VO vereinbar (siehe U2465/2012, E v 29.06.2013).

Das Bundesasylamt und auch der AsylGH gehen offenbar davon aus, dass es sich bei der 15jährigen Zweit- und der 13jährigen Drittbeschwerdeführerin um unbegleitete Minderjährige handelt. Dies ist im Hinblick auf den Umstand, dass der 19jährige Erstbeschwerdeführer erst vier Monate nach der Stellung der Asylanträge zum gesetzlichen Vertreter seiner minderjährigen Schwestern bestellt wurde, auch naheliegend (vgl Art2 lith Dublin-II-VO).

Im Hinblick auf die durch den EuGH geklärte Rechtslage hätte der AsylGH hinsichtlich der von der 15jährigen Zweit- und der 13jährigen Drittbeschwerdeführerin gestellten Asylanträge nicht von einer Zuständigkeit Ungarns ausgehen dürfen. Das muss dann auch bei Beurteilung der Frage, ob Österreich im Hinblick auf den 19jährigen Bruder - bei dem es sich zwar um keinen Familienangehörigen iSv Art2 liti Dublin-II-VO handelt, der mit seinen minderjährigen Schwestern aber ein durch Art8 EMRK geschütztes Familienleben führt - von seinem Selbsteintrittsrecht Gebrauch machen hätte müssen, eine Rolle spielen.

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