B1303/2012 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Kein Verstoß des §114 Abs2 BDG 1979 gegen Art94 B-VG.
Das Disziplinarverfahren stellt ein eigenes, vom gerichtlichen Strafverfahren getrenntes Verfahren dar, das von den Disziplinarbehörden zu führen ist; gem §114 Abs2 BDG 1979 Unterbrechung eines Disziplinarverfahrens ex lege ua bei Kenntnis der Disziplinarbehörde von einem anhängigen Strafverfahren.
Die subsidiäre Strafbefugnis der Disziplinarbehörden und die damit zusammenhängende Bindungswirkung sind bereits in §95 BDG 1979 normiert und dienen den rechtsstaatlichen Anliegen der Rechtssicherheit und des Vertrauensschutzes, weil durch die grundsätzliche Bindungswirkung sichergestellt werden soll, dass zu einem sachgleichen historischen Geschehensablauf nicht unterschiedliche tatsächliche Feststellungen in verschiedenen Verfahren rechtskräftig getroffen werden.
Die Ausnahme zur Erlassung eines Einleitungsbeschlusses wurde normiert, um einer Verjährung der Verfolgung nach §94 BDG 1979 vorzubeugen.
Keine Willkür.
Es ist nicht als denkunmöglich zu qualifizieren, wenn die Berufungskommission die Bedeutung des Einleitungsbeschlusses darin erblickt, den Umfang des Disziplinarverfahrens zu begrenzen; dasselbe trifft für die Auffassung der Berufungskommission zu, beim Einleitungsbeschluss handle es sich um eine Entscheidung, die noch im bloßen Verdachtsbereich zu treffen sei. Es ist daher auch nicht unvertretbar, wenn die Berufungskommission die Ansicht vertritt, dass die Tatsache, dass die Tatvorwürfe zum Zeitpunkt der Erlassung des Bescheides noch Gegenstand eines strafgerichtlichen Verfahrens waren, als ausreichende Verdachtsmomente für die Einleitung ausreichen.
Es ist auch nicht als denkunmöglich zu qualifizieren, wenn die belangte Behörde unter Berücksichtigung der Rechtsprechung zu §46 AVG (Grundsatz der Unbeschränktheit der Beweismittel) für die Erlassung des Einleitungsbeschlusses teilweise auch auf die Beweisergebnisse der Hausdurchsuchung abstellt, um den Umfang des Disziplinarverfahrens abzustecken; dies vor allem im Hinblick darauf, dass lediglich ein Verdacht zur Einleitung des Verfahrens ausreicht, der sich schon aus der Anhängigkeit eines Strafverfahrens ergeben kann. Im Übrigen stellen Einleitungsbeschlüsse keine Entscheidungen über eine strafrechtliche Anklage dar.
Durch einen verfahrensrechtlichen Bescheid - wie dem hier vorliegenden - kann in ein anderes verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht als in das Gleichheitsrecht und das Recht auf den gesetzlichen Richter nicht eingegriffen werden.