JudikaturVfGH

B52/79 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
21. Dezember 1979

Der VfGH hält die in den Erk. 5319/1966 und 5750/1968 angestellten Überlegungen auf die Regelung des § 224 Abs. 1 Z 4 GSVG 1938 in Verbindung mit § 229 Abs. 1 ASVG nicht für übertragbar: Zunächst ist festzuhalten, daß die Ausnahme familieneigener Arbeitskräfte durch frühere (nach § 229 Abs. 1 Z. 2 ASVG maßgebliche) sozialversicherungsrechtliche Vorschriften infolge der Regelung des § 229 Abs. 1 Z 4 ASVG zwar mit Ausnahme des Ehegatten überholt zu sein scheint; da die Regelung des § 229 Abs. 1 Z 4 ASVG aber erst auf Versicherungsfälle anzuwenden ist, deren Stichtag nach dem 31. Dezember 1972 liegt (Art. VI Abs. 24 der 29. Nov., BGBl. 31/1973) , bleibt die Ausnahme des § 224 Abs. 1 Z 4 GSVG 1938 nicht nur für den Ehegatten, sondern für eine ganze Fallgruppe ihrem gesamten Inhalt nach wirksam. Die Bedenken der Beschwerde können also schon deshalb nicht etwa durch den bloßen Hinweis auf {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 229, § 229 Abs. 1 Z 4 ASVG} zerstreut werden. Bei ihrer verfassungsmäßigen Beurteilung muß vielmehr der § 229 Abs. 1 Z 4 ASVG zunächst außer Betracht bleiben.

§ 224 Abs. 1 Z 4 GSVG 1938 ist aber nicht mehr für die Versicherungspflicht, sondern nur für die Frage des Erwerbes von beitragslosen Ersatzzeiten für Zeiträume vor dem 1. Jänner 1939 maßgeblich. Dabei erfordert die Vollziehung des {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 229, § 229 ASVG} eine Untersuchung von Sachverhalten, die mehr als dreißig Jahre zurückliegen. Nun wäre der Gesetzgeber durch den Gleichheitssatz höchstens verhalten, die auf Grund einer Anstellung beschäftigten Familienangehörigen den (damals allein versicherungspflichtigen) familienfremden Dienstnehmern gleichzuhalten. Er müßte den Erwerb von Ersatzzeiten keineswegs ohne Rücksicht auf den Bestand eines Dienstverhältnisses oder Lehrverhältnisses anordnen, wie dies seit der 20. Nov., BGBl. 201/1967, {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 4, § 4 Abs. 1 Z 4 ASVG} (offenbar zur Vermeidung diffiziler Unterscheidungen) für die Versicherungspflicht von Kindern tut. Wenn der Gesetzgeber unter diesen Umständen lediglich an damals sozialversicherungspflichtig gewesene Beschäftigungen anknüpft und damit nur auf den Bestand der Sozialversicherungspflicht und als solcher abstellt und die oft nur schwer von familienhaften oder gelegentlichen Mithilfen abgrenzbaren Beschäftigungsverhältnisse von Ehegatten und Kindern ausgenommen hat, so ist das ein sachliches Motiv.

§ 229 Abs. 1 Z 4 ASVG ist jedoch nur das Gegenstück zu {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 4, § 4 Abs. 1 Z 3 ASVG}, der (nunmehr) die Beschäftigung der bei den Eltern, Großeltern, Wahleltern oder Stiefeltern (nicht aber im Betrieb des Ehegatten) ohne Entgelt regelmäßig Beschäftigten (die das 17. Lebensjahr vollendet hatten und keiner anderen Erwerbstätigkeit hauptberuflich nachgehen) für versicherungspflichtig erklärt. Die Begünstigung von mitarbeitenden Kindern und Enkeln ist verfassungsrechtlich auch im Verhältnis zum nicht begünstigten (gegenüber anderen Dienstnehmern aber auch nicht benachteiligten) Ehegatten unbedenklich, weil die familienhafte Mitarbeit des Ehegatten sich regelmäßig unter anderen Voraussetzungen, aus anderen Motiven und mit anderem Erfolg abspielt, als die der Kinder. Wenn durch {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 229, § 229 Abs. 1 Z 4 ASVG} auch jenen Kindern und Enkeln Ersatzzeiten zuwachsen, die gegen Entgelt mitgearbeitet haben, aber von der Versicherungspflicht ursprünglich (bis zur Aufhebung des {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 5, § 5 Abs. 1 Z 1 ASVG} durch den VfGH ausgenommen waren, während der gleichfalls ausgenommen gewesene Ehegatte einen solchen Ersatz nicht zugebilligt erhält, so wird die Differenzierung damit noch nicht unsachlich. Denn ihr liegt derselbe Unterschied im Tatsächlichen zugrunde wie der eben dargestellten Regelung der Versicherungspflicht.

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