V20/79 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
§ 1 Abs. 1, § 3 und § 14 Abs. 1 und 3 der Geschäftsordnung für den Disziplinarrat der Rechtsanwaltskammer für Oberösterreich (Beschluß der Plenarversammlung dieser Kammer vom 20. März 1883, genehmigt mit Erlaß des Justizministeriums vom 26. Juni 1883, Z 9534/83) werden als gesetzwidrig aufgehoben.
§ 1 Abs. 1 steht in Widerspruch zu § 5 Abs. 2 Disziplinarstatut.
§ 3 Abs. 1 und § 14 Abs. 1 und 3 verstoßen gegen § 7 Abs. 4 und § 25 DSt. Der aus dem Präsidenten und acht bzw. nach {Disziplinarstatut 1990 § 5, § 5 Abs. 2 DSt} 14 Mitgliedern bestehende Disziplinarrat ist die zur Behandlung der Disziplinarangelegenheiten zuständige Behörde. Diese Zusammensetzung ist vom Gesetzgeber als Regel für die Fällung der dieser Kollegialbehörde obliegenden Entscheidungen vorgesehen. Dies wird durch die Bestimmungen des § 25 Abs. 1 und 2 über das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses nicht berührt. Eine Regelung, nach der an der Beschlußfassung des Disziplinarrates nur die für das Zustandekommen eines gültigen Beschlusses erforderliche Mindestzahl von stimmberechtigten Personen teilnehmen darf und sohin eine Beschlußfassung durch das aus der Gesamtzahl der Mitglieder bestehende Kollegium ausgeschlossen wird, steht mit dem Gesetz in Widerspruch. Es bedarf keines weiteren Hinweises, daß nach dem Inhalt der Regelung des § 3 Abs. 1 und des § 14 Abs. 1 und 3 eine Beiziehung von Ersatzmitgliedern des Disziplinarrates nur bis zur Zahl von stimmberechtigten Mitgliedern vorgesehen ist, die zur Fassung eines gültigen Beschlusses notwendig ist. Eine Beschlußfassung in Anwesenheit der Gesamtzahl der stimmberechtigten Mitglieder ist ausgeschlossen. Ebenso bedarf es im Hinblick auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 GeschäftsO und den Inhalt des § 7 Abs. 4 DSt keiner weiteren Begründung, daß die in § 3 Abs. 2 GeschäftsO festgelegte Reihenfolge des Eintrittes von Ersatzmitgliedern mit der in {Disziplinarstatut 1990 § 7, § 7 Abs. 4 DSt} vorgesehenen Reihenfolge in Widerspruch steht.