B184/78 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz
Parteien des Gesamtvertrages sind die Ärztekammer und die Träger der Krankenversicherung, für die der Hauptverband der Sozialversicherungsträger lediglich abschließt ({Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 341, § 341 Abs. 1 ASVG}) . Streitigkeiten zwischen den Parteien eines Gesamtvertrages (§ 345 Abs. 1 ASVG) können gleichfalls nur solche zwischen den Ärztekammern und den Trägern der Krankenversicherung sein. Daß nicht etwa der Inhalt eines aufgekündigten Gesamtvertrages festgestellt wird (was gegebenenfalls der Hauptverband bei der Bundesschiedskommission beantragen könnte) , steht außer Zweifel.
Wie immer man daher die Entscheidungen der Schiedskommissionen beurteilen will, in keinem der in Betracht kommenden Fälle kommt dem Hauptverband selbst Parteistellung zu. Er kann daher auch nicht gegen die Berufungsentscheidung der Bundesschiedskommission Beschwerde beim VfGH erheben.
Der Hinweis auf die Anerkennung der Beschwerdeberechtigung im Erk. Slg. 7266/1974 ist nicht stichhältig, weil es sich dort um die Festsetzung von Pflegegebühren gehandelt und die Parteistellung des Hauptverbandes sich aus § 63 Abs. 3 der Salzburger Krankenanstaltenordnung 1968 ergeben hatte. Verträge über die Pflegegebühren sind i. S. des § 28 Abs. 4 Krankenanstaltengesetz zwischen dem Hauptverband und dem Rechtsträger der Krankenanstalt abzuschließen. Die Rechtslage ist also hier eine andere.
Der sogenannte Stellenplan ist ein wesentlicher Bestandteil des Gesamtvertrages. Die Vertragsparteien haben die Planstellen selbst festzusetzen. Eine Zuständigkeit der Landesschiedskommission, mangels Einigung der Vertragsparteien Stellen festzusetzen, enthält das Gesetz nicht. Welche Wirkung es hat, wenn der Gesamtvertrag eine generelle Regel über die Schaffung von Stellen enthält und im Streitfall einem Dritten die Entscheidung überläßt, kann hier dahinstehen. Die Zuständigkeit der Landesschiedskommission - also einer Verwaltungsbehörde - kann jedenfalls auf vertraglichem Weg nicht begründet werden. Sie hätte diesfalls nicht über eine Streitigkeit aus dem Gesamtvertrag (§ 345) zu entscheiden, sondern den Inhalt des Gesamtvertrages (teilweise) festzusetzen oder abzuändern (vgl. Selb., Der privatrechtliche Vertrag als Instrument zur Leistungserbringung in der Sozialversicherung II, ZAS 1976, 94 ff.; und denselben in: Tomandl, Sozialversicherungssystem, 5.3.2.3., S. 533) . Hiefür sind aber weder die Voraussetzungen noch die Zuständigkeit der Landeskommission gegeben. Durch Parteiwillkür kann eine nach dem Gesetz fehlende Zuständigkeit nicht geschaffen werden ({Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz § 6, § 6 Abs. 2 AVG} in Verbindung mit {Allgemeines Sozialversicherungsgesetz § 347, § 347 Abs. 4 ASVG}) .
Der Einwand der Ärztekammer, der Gesetzgeber habe durch die Bestimmungen der §§ 345 f. ASVG nicht bezweckt, vertragliche Vereinbarungen über die Entscheidung von Streitigkeiten über die Abänderung der vertraglich festgesetzten Zahl der Vertragsärzte durch Schiedskommissionen auszuschließen, unterstellt die Zulässigkeit solcher Vereinbarungen, wenn sie nicht durch das Gesetz ausgeschlossen werden. Diese Prämisse ist jedoch unrichtig. Die privatautonome Begründung der Zuständigkeit einer Behörde müßte vielmehr ausdrücklich für zulässig erklärt sein. Daß die Landesschiedskommission als Verwaltungsbehörde kein Schiedsgericht i. S. der ZPO darstellt, bedarf keiner weiteren Begründung. Die Entscheidungsbefugnis einer Behörde kann aber auch nicht dadurch herbeigeführt werden, daß die Berufung auf die fehlende Kompetenz für sittenwidrig und damit unbeachtlich erklärt wird. Eine solche Vorgangsweise würde das Erfordernis der gesetzlichen Festlegung behördlicher Zuständigkeiten beseitigen.