JudikaturVfGH

B252/76 – Verfassungsgerichtshof (VfGH) Rechtssatz

Rechtssatz
19. Oktober 1979

{Dienstrechtsverfahrensgesetz 1984 § 1, § 1 Abs. 3 Dienstrechtsverfahrensgesetz} (in der hier maßgeblichen, vor der Abänderung durch {Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 § 133, § 133 Beamten-Dienstrechtsgesetz} 1977 geltenden Fassung) schließt die Anwendung der Bestimmungen des DVG in "Qualifikationsangelegenheiten (Dienstbeschreibungsangelegenheiten)" - und damit die des § 6 DVG - bereits dann aus, wenn die Gesetze und Verordnungen dafür ein besonderes Verfahren, also eine verfahrensrechtliche Regelung überhaupt vorsehen; die Anwendung des {Dienstrechtsverfahrensgesetz § 6, § 6 DVG} ist nicht erst in dem Fall ausgeschlossen, daß die Vorschriften des Dienstbeurteilungsverfahrens "keine Verfahrensbestimmung des Inhaltes (enthalten) , daß in Dienstbeurteilungsangelegenheiten die Dauer des Laufes des Dienstweges in den Fristenlauf einzurechnen sei " . Zuzustimmen ist dem Bf. jedoch darin, daß eine die Anwendbarkeit des § 27 Abs. 1 Dienstpragmatik ausschließende gesetzliche Regelung hier nicht gegeben ist.

§ 20 a DP (i. d. F. der Nov. BGBl. 148/1969) regelt sowohl das Verfahren über die Vorstellung gegen einen Beschluß der Dienstbeurteilungskommission über die Gesamtbeurteilung als auch das über die Berufung gegen den auf Grund dieser Vorstellung zu erlassenden Bescheid. Während für das Rechtsmittel der Vorstellung eine Einbringungsstelle nicht angeführt wird (Abs. 2 besagt in seinem ersten Satz bloß, daß gegen den Beschluß nach Abs. 1 binnen zwei Wochen schriftlich Vorstellung erhoben werden kann) , bestimmt Abs. 3 für das Rechtsmittel der Berufung ausdrücklich die Dienstbeurteilungskommission (nämlich die Dienstbeurteilungskommission erster Instanz) als Einbringungsstelle.

Wollte man nun aus der letzteren Regelung wegen der ausdrücklichen Anführung einer Einbringungsstelle einen Ausschluß der Bestimmung des § 27 Abs. 1 DP über die Einhaltung des Dienstweges ableiten, so unterstellte man damit dem Gesetzgeber, daß er den Beamten im Bereich desselben Verfahrens mit demselben Gegenstand je nachdem, ob jener ein remonstratives oder ein devolutives Rechtsmittel ergreift, vom Grundsatz der Einhaltung des Dienstweges befreit oder nicht. Daß für eine solche unterschiedliche Regelung kein rechtspolitischer Grund gefunden werden könnte, bedarf jedoch keines Nachweises, sondern liegt auf der Hand. Nach Ansicht des VfGH müssen beide Vorschriften in bezug auf § 27 Abs. 1 DP gleich, und zwar mangels einer deutlichen Aussage über die Einhaltung des Dienstweges dahin ausgelegt werden, daß sie keine Ausnahme von dieser Vorschrift schaffen; § 20 a Abs. 3 DP ist also in der hier maßgeblichen Beziehung nicht anders zu verstehen als {Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz § 63, § 63 Abs. 5 AVG} im Bereich des Dienstrechtsverfahrens.

Entgegen der in der Gegenschrift vertretenen Ansicht kann die unterschiedliche Regelung in bezug auf die Anführung einer Einbringungsstelle für Vorstellung und Berufung durchaus zwanglos damit erklärt werden, daß der Gesetzgeber die ausdrückliche Festlegung einer Einbringungsstelle für ein nicht aufsteigendes Rechtsmittel anscheinend deshalb für entbehrlich hielt, weil hier die Behörde, von der die anzufechtende Entscheidung herrührt, mit der sodann durch das Rechtsmittel angerufenen identisch ist. Schaffen die bezogenen Vorschriften, insbesondere die Bestimmung des § 20 a Abs. 3 DP über die Einbringung der Berufung, für die Dienstbeurteilungskommissionen aber keine Ausnahme vom Grundsatz der Einhaltung des Dienstweges, so hat dies notwendig die Annahme einer Regel über die Nichteinrechnung der Tage des Laufes des Dienstweges in den Fristenlauf zur Folge, wie sie für den Anwendungsbereich des DVG in dessen § 6 ausdrücklich festgelegt ist.

Die Dienstbeurteilungskommissionen wurden durch § 15 DP i. d. F. der Nov. BGBl. 148/1969 eingerichtet, der infolge § 130 Abs. 2 Z 2 im Zusammenhalt mit § 144 Abs. 1 Z 2 BDG 1977, BGBl. 329/1977, mit 1. Jänner 1978 außer Kraft getreten ist. Der Umstand, daß ein Übergang der Zuständigkeiten der demnach nicht mehr bestehenden Dienstbeurteilungskommissionen auf andere Behörden gesetzlich nicht vorgesehen ist, hindert jedoch nicht die Weiterführung des anhängigen Beschwerdeverfahrens, insbesondere die Durchführung einer mündlichen Verhandlung, zu der allerdings eine zur Vertretung des aus der Gegenschrift ersichtlichen Standpunktes der Dienstbeurteilungskommission beim BM für Finanzen berufene Behörde nicht geladen werden konnte. Es kann in diesem Zusammenhang dahingestellt bleiben, ob im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides überhaupt eine Verwaltungsbehörde zur Erlassung eines Ersatzbescheides berufen wäre; denn selbst wenn dies zu bejahen wäre, könnte daraus - mangels einer diesbezüglichen Rechtsvorschrift - nicht etwa der Schluß gezogen werden, daß die zur Erlassung des Ersatzbescheides berufene Behörde im verfassungsgerichtlichen Beschwerdeverfahren an die Stelle der mit der vorliegenden Beschwerde bel. Beh. zu treten hätte.

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